BGH |
DRiG § 26 Abs. 3 |
Leitsatz |
Die Weigerung der Dienstaufsicht, einem mit Handelsregistersachen befassten Richter die elektronisch eingereichten Eingaben zum Handelsregister in ausgedruckter Form zur Bearbeitung vorzulegen, stellt keine Verletzung der richterlichen Unabhängigkeit dar. |
Tatbestand |
Der Antragsteller sieht sich in seiner richterlichen Unabhängigkeit dadurch verletzt, dass ihm elektronisch eingereichte Eingaben zum Handelsregister nicht in ausgedruckter Form zur Bearbeitung vorgelegt werden. | JurPC Web-Dok. 9/2011, Abs. 1 |
Der Antragsteller ist Richter am Amtsgericht B. und bearbeitet dort unter anderem Handelsregistersachen. Im Dezember 2006 bat er den Geschäftsleiter des Amtsgerichts, die Geschäftsstellen/Servicekräfte der Handelsregisterabteilung des Amtsgerichts zu veranlassen, ihm elektronisch eingereichte Eingaben zum Handelsregister zukünftig stets in ausgedruckter Form vorzulegen, weil er die Registersachen zum weitaus überwiegenden Teil zu Hause bearbeite. Diesen Antrag lehnte der Direktor des Amtsgerichts ab. Er verwies darauf, dass den Gerichten im Hinblick auf die mit der Einführung des elektronischen Handelsregisters erfolgten Einsparungen an Arbeitsleistungen ein reduzierter Umfang an Personal zugewiesen worden sei. Die gewünschten Ausdrucke würden einen erheblichen Aufwand an Arbeitszeit und Kosten verursachen, der von den Servicekräften der ohnehin schon bis zur Obergrenze belasteten Serviceeinheiten des Handelsregisters nicht zu dem Zweck geleistet werden könne, einem Richter die Bearbeitung der Sache zu ermöglichen. | Abs. 2 |
Der Antragsteller machte daraufhin gegenüber der Präsidentin des Landgerichts B. geltend, er werde durch die Ablehnung seines Antrags in seiner richterlichen Unabhängigkeit verletzt. Eine Arbeitsgrundlage in elektronischer Form erhöhe die richterliche Arbeitszeit deutlich und begründe ein verstärktes Haftungsrisiko, da ein strukturiertes, Fehler minimierendes Arbeiten nicht möglich sei. Die Bearbeitung insbesondere komplizierter Registervorgänge erfordere ein hohes Maß an Konzentration. Zur Gewährleistung optimaler richterlicher Arbeitsergebnisse sei daher die Sachbearbeitung außer Haus zu ermöglichen. Ein Ausdruck der in elektronischer Form eingereichten Anträge durch den Registerrichter selbst sei mit dem Grundsatz sparsamer Haushaltsführung unvereinbar. | Abs. 3 |
Mit Bescheid vom 19. Januar 2007 teilte die Präsidentin des Landgerichts dem Antragsteller mit, nichts zu seinen Gunsten veranlassen zu können. Durch den Bescheid des Direktors des Amtsgerichts werde ihm eine bestimmte Arbeitsweise weder vorgeschrieben noch untersagt. Es sei dem Antragsteller weiterhin möglich, die elektronischen Eingaben zum Handelsregister in der von ihm gewünschten Papierform zu bearbeiten, indem er die Eingaben selbst aus-drucke. Ein Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit lasse sich daher nicht feststellen. | Abs. 4 |
In seinem dagegen erhobenen Widerspruch machte der Antragsteller erneut einen Eingriff in seine richterliche Unabhängigkeit geltend. Ergänzend führte er aus, ein Ausdruck der elektronisch eingereichten Eingaben sei für ihn unzumutbar, weil der ihm zur Verfügung gestellte Drucker zu langsam sei. Der personelle Aufwand der Servicekräfte sei dagegen angesichts der technischen Ausstattung der Verwaltung zumutbar und zudem kostengünstiger. Außerdem entspreche es der richterlichen Unabhängigkeit, die Art der Bearbeitung selbst zu wählen. | Abs. 5 |
Der Präsident des Oberlandesgerichts H. wies mit Bescheid vom 11. Juli 2007 den Widerspruch des Antragstellers zurück. In den Bescheiden des Direktors der Amtsgerichts und der Präsidentin des Landgerichts liege keine die richterliche Unabhängigkeit des Antragstellers beeinträchtigende Maßnahme der Dienstaufsicht im Sinne des § 26 Abs. 3 DRiG. Es sei bereits zweifelhaft, ob überhaupt eine Maßnahme der Dienstaufsicht vorliege, soweit mit der Umstellung auf die elektronische Registerführung zwangsläufig Änderungen der Arbeitsabläufe innerhalb des Gerichts verbunden seien. Damit einhergehende mögliche Beschwernisse und Veränderungen der Arbeitsbedingungen stellten keine gegen den Antragsteller oder auch nur eine bestimmte Gruppe von Richtern gerichtete Maßnahme der Dienstaufsicht dar. Auswirkungen auf die richterliche Unabhängigkeit oder gar deren Beeinträchtigung seien mit der Veränderung der Arbeitsabläufe nicht verbunden. Dem Antragsteller bleibe es unbenommen, in elektronischer Form eingereichte Dokumente ganz oder teil-weise selbst auszudrucken, soweit ihm dies im Einzelfall erforderlich erscheine. | Abs. 6 |
Eine generelle Weisung an die Geschäftsstellen bzw. Serviceeinheiten des Gerichts, sämtliche elektronisch eingehenden Anmeldungen unbeschadet ihres Umfangs und der Notwendigkeit im Einzelfall auszudrucken und dem Antragsteller in Papierform zur Bearbeitung vorzulegen, widerspräche der vom Gesetzgeber beabsichtigten Beschleunigung und Vereinfachung des Verfahrens. Es stelle auch keinen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit dar, wenn die Arbeit des Richters infolge der gesetzgeberischen Entscheidung, die bisher in Papierform erfolgte Registerführung auf eine elektronische Form umzustellen, die Anwesenheit des Richters an seinem PC-unterstützten Arbeitsplatz im Gericht erfordere. Die richterliche Unabhängigkeit bleibe gewahrt, da es dem Richter unbenommen sei, sich etwa umfänglichere Registeranmeldungen auszudrucken und diese sodann am häuslichen Arbeitsplatz zu bearbeiten und etwaige Eintragungen oder sonstige Entscheidungen dort vorzubereiten. Dass die Änderung der Arbeitsabläufe möglicherweise in Teilen zu einem in zeitlicher Hinsicht erhöhten Arbeitsaufwand führe, stelle eine Frage der Bewertung der Geschäftsvorfälle und der sich daran anschließenden Personalbedarfsberechnung dar, nicht aber eine solche der richterlichen Unabhängigkeit. | Abs. 7 |
Der Antragsteller hat am 15. August 2007 bei dem Dienstgericht für Richter bei dem Landgericht Düsseldorf unter Wiederholung und Vertiefung seines bis dahin erfolgten Vorbringens einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt und beantragt, unter Aufhebung des Bescheides der Präsidentin des Landgerichts B. vom 19. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Präsidenten des Oberlandesgerichts H. vom 11. Juli 2007 festzustellen, dass die Ablehnung des Antrags, Anmeldungen zum Handelsregister in gedruckter Form durch die Geschäftsstelle zur Verfügung gestellt zu bekommen, als Maßnahme der Dienstaufsicht unzulässig sei. Zur Begründung hat er ausgeführt, er sehe sich nicht in der Lage, ohne den von ihm gewünschten Ausdruck eine Registeranmeldung zu prüfen. Es greife in seine richterliche Unabhängigkeit ein, wenn er die Unterlagen, die für seine Arbeit zwingend erforderlich seien, selbst ausdrucken müsse. Abgesehen davon, dass seine Büroausstattung hierfür nicht ausgelegt sei, werde er bei der Bearbeitung der Druckaufträge an seinen Arbeitsplatz gebunden und sei daher in der Erledigung seiner Arbeit nicht frei. Seine Arbeitskraft werde durch Tätigkeiten belastet, die mit seiner richterlichen Tätigkeit nichts zu tun hätten. Der Hinweis darauf, dass Mittel für die von ihm gewünschte Verfahrensweise nicht zur Verfügung stünden, verfange nicht; Mittel hätten zur Verfügung zu stehen. Zudem habe der Hauptrichterrat der Einführung von Personalcomputern am richterlichen Arbeitsplatz nur mit dem ausdrücklichen Vorbehalt zugestimmt, dass es dem jeweiligen Richter selbst überlassen bleibe, ob er mit dem System arbeiten wolle oder nicht. | Abs. 8 |
Das Dienstgericht für Richter bei dem Landgericht Düsseldorf hat mit Ur-teil vom 29. Januar 2008 antragsgemäß festgestellt, dass der Bescheid der Präsidentin des Landgerichts B. vom 19. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Präsidenten des Oberlandesgerichts H. vom 11. Juli 2007 eine unzulässige Maßnahme der Dienstaufsicht sei. | Abs. 9 |
Die dagegen vom Antragsgegner eingelegte Berufung hat der Dienstgerichtshof für Richter bei dem Oberlandesgericht Hamm mit Beschluss vom 20. Oktober 2009 gemäß § 130a VwGO zurückgewiesen und diese Entscheidung mit Beschluss vom 21. Januar 2010 klarstellend dahin ergänzt, dass die Revision zugelassen wird. Zur Begründung seiner Sachentscheidung hat der Dienstgerichtshof im Wesentlichen ausgeführt: Die Weigerung, dem Antragsteller die gewünschten Ausdrucke vorzulegen, stelle eine Dienstaufsichtsmaßnahme im Sinne des § 26 Abs. 3 DRiG dar. Denn sie sei geeignet, das künftige dienstliche Verhalten des Antragstellers in der Weise zu beeinflussen, dass er die Ausdrucke selbst erstelle oder unter Inkaufnahme von Fehlern auf Ausdrucke verzichte. Die Maßnahme greife auch in die richterliche Unabhängigkeit ein. Aus der richterlichen Unabhängigkeit folge, dass der Richter seine Arbeit grundsätzlich nach Maßgabe seiner individuellen Arbeitsgestaltung verrichten könne. Es sei Sache der Justizverwaltung, ihm hierfür die sachlichen Voraussetzungen zur Verfügung zu stellen. Hierzu zähle auch die Vorlage papierner Ausdrucke elektronischer Eingaben, wenn der Richter willkürfrei meine, diese zur sachgerechten Bearbeitung seines Dezernats zu benötigen. Die Zulässigkeit, der Richterschaft eine neue Technik zur Verfügung zu stellen, führe nicht dazu, dass der Richter auch ausnahmslos verpflichtet sei, diese Technik tat-sächlich anzuwenden. Die vom Antragsteller zur Begründung seines Wunsches nach papiernen Ausdrucken beschriebenen Probleme bei der Arbeit am Computerbildschirm seien unter Berücksichtigung der von ihm zu bearbeitenden Materie, die mit umfänglichen elektronischen Eingaben bei hohem Haftungsrisiko verbunden sei, leicht nachvollziehbar. Der Antragsteller müsse sich nicht darauf verweisen lassen, die Ausdrucke selbst anzufertigen. Denn der nicht nur gelegentliche, sondern in der Regel notwendige Ausdruck von Dokumenten in großem Volumen sei eine typische Hilfstätigkeit der Verwaltung zur Unterstützung des Richters. | Abs. 10 |
Gegen diese Entscheidung hat der Antragsgegner Revision eingelegt. Er beantragt, den Beschluss des Dienstgerichtshofs für Richter bei dem Oberlandesgericht Hamm vom 20. Oktober 2009 und das Urteil des Dienstgerichtshofs für Richter beim Landgericht Düsseldorf vom 29. Januar 2008 abzuändern und den Antrag des Antragstellers zurückzuweisen. Der Antragsteller beantragt, die Revision zurückzuweisen. | Abs. 11 |
Beide Parteien haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. | Abs. 12 |
Entscheidungsgründe: |
I. Die fristgerecht eingelegte Revision ist zulässig. Sie wurde vom Dienstgerichtshof bereits mit Beschluss vom 20. Oktober 2009 zugelassen. Die Zulassung ist zwar weder im Tenor noch in den Gründen des angefochtenen Beschlusses erfolgt. Sie ergibt sich aber aus der von den Unterschriften der Richter gedeckten Rechtsmittelbelehrung, wonach der Antragsgegner gegen diesen Beschluss Revision einlegen kann. Dies genügt für die nach § 80 Abs. 2 DRiG zu treffende Zulassungsentscheidung (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2007 - RiZ(R) 4/07, NJW 2008, 1448). Der Beschluss vom 21. Januar 2010 hat daher lediglich klarstellende Wirkung. | Abs. 13 |
II. Die Revision ist auch begründet. Der Antragsteller kann nicht verlangen, dass die in elektronischer Form zum Handelsregister eingereichten Anträge und Eingaben ihm in ausgedruckter Form zur Bearbeitung vorgelegt werden. Ein Eingriff in seine richterliche Unabhängigkeit ist mit der angegriffenen Weigerung nicht verbunden. | Abs. 14 |
1. Der Dienstgerichtshof hat den Rechtsweg zu den Dienstgerichten zutreffend als eröffnet angesehen, weil der Antragsteller behauptet, durch eine Maßnahme der Dienstaufsicht in seiner richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigt zu sein. | Abs. 15 |
a) Der Begriff "Maßnahme der Dienstaufsicht" im Sinne des § 26 Abs. 3 DRiG ist nach ständiger Rechtsprechung des Dienstgerichts des Bundes im Interesse eines wirkungsvollen Schutzes der richterlichen Unabhängigkeit weit zu fassen. Es genügt jede Einflussnahme der Dienstaufsicht führenden Stelle, die sich auch nur mittelbar auf die Tätigkeit des Richters auswirkt. Erforderlich ist lediglich, dass ein konkreter Bezug zu der Tätigkeit des Richters besteht (BGH, Urteil vom 25. September 2002, RiZ(R) 2/01, NJW 2003, 282; Urteil vom 24. November 1994 - RiZ(R) 4/94, NJW 1995, 731; Urteil vom 16. November 1990 - RiZ(R) 2/90, BGHZ 113, 36, 38 f.; Urteil vom 10. Januar 1985 - RiZ(R) 7/84, BGHZ 93, 238, 241). | Abs. 16 |
Die Einführung des elektronischen Handelsregisters durch das Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) vom 10. November 2006 (BGBl. I 2006, 2553) stellt keine Maßnahme der Dienstaufsicht dar. Etwas anderes gilt aber für die Weigerung, dem Antragsteller die elektronisch eingehenden Anträge auf Eintragung im Handelsregister in der gewünschten Papierform vorzulegen. Denn diese Weigerung hat zur Folge, dass der Antragsteller die Bearbeitung der Anträge am Computer vornehmen oder selbst die von ihm gewünschten Ausdrucke erstellen muss; der erforderliche Bezug zu der richterlichen Tätigkeit des Antragstellers ist damit gegeben. | Abs. 17 |
b) Gegen eine Maßnahme der Dienstaufsicht kann mit der - nachvollziehbaren - Behauptung, sie verletze die richterliche Unabhängigkeit, das Richterdienstgericht angerufen werden (BGH, Urteil vom 16. November 1990 - RiZ(R) 2/90, NJW 1991, 1103), das darüber im Prüfungsverfahren befindet (BGH, Urteil vom 14. September 1990 - RiZ(R) 1/90, BGHZ 112, 189, 191). Auch diese Voraussetzung ist erfüllt. Die Prüfungskompetenz der Richterdienstgerichte beschränkt sich auf die Frage, ob die angegriffene Maßnahme der Dienstaufsicht die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigt. Die Vereinbarkeit der Maßnahme mit anderen Gesetzen und Rechtsvorschriften nachzuprüfen, ist den Verwaltungsgerichten vorbehalten (BGH, Urteil vom 24. November 1994 - RiZ(R) 4/94, NJW 1995, 731; Urteil vom 14. Januar 1991 - RiZ(R) 5/90, NJW 1992, 46, 47; Urteil vom 31. Januar 1984 - RiZ(R) 3/83, BGHZ 90, 41, 48 ff.). | Abs. 18 |
2. Die vom Antragsteller beanstandete Zurückweisung seines Antrags, ihm sämtliche elektronisch eingehenden Anträge auf Eintragung im Handelsregister in Papierform zur Bearbeitung vorzulegen, verletzt die richterliche Unabhängigkeit des Antragstellers nicht. | Abs. 19 |
a) Eine Verletzung der richterlichen Unabhängigkeit kommt durch Maßnahmen in Betracht, die dazu bestimmt oder geeignet sind, die richterliche Rechtsfindung durch psychischen Druck oder auf andere Weise unmittelbar oder mittelbar zu beeinflussen. Ausgehen kann ein solcher Einfluss auch von Anordnungen der Dienstaufsicht im Zusammenhang mit der Benutzung von Geräten und Hilfsmitteln, die der Richter für seine Arbeit benötigt. In den Schutzbereich der richterlichen Unabhängigkeit sind nach ständiger Rechtsprechung des Dienstgerichts des Bundes nämlich nicht nur die Endentscheidung, sondern alle der Rechtsfindung auch nur mittelbar dienenden - vorbereitenden und nachfolgenden - Sach- und Verfahrensentscheidungen einbezogen (BGH, Urteil vom 24. November 1994 - RiZ(R) 4/94, NJW 1995, 731; Urteil vom 10. Januar 1985 - RiZ(R) 7/84, BGHZ 93, 238, 234 mwN; Urteil vom 31. Januar 1984 - RiZ(R) 3/83, BGHZ 90, 41, 45). So hat das Dienstgericht des Bundes (Urteil vom 24. November 1994 - RiZ(R) 4/94 aaO) entschieden, dass Maßnahmen der Dienstaufsicht, die einen Richter veranlassen können, sein Diensttelefon zur Erledigung seiner Aufgaben nicht in dem von ihm für sachgerecht gehaltenen Umfang zu benutzen, die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigen können. Gleiches gilt, wenn durch die Dienstaufsicht auf den Richter psychologischer Druck ausgeübt wird, den Inhalt des Protokolls mit einem Aufnahmegerät vorläufig aufzuzeichnen, statt für die Protokollierung einen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zuzuziehen (BGH, Urteil vom 21. April 1978 - RiZ(R) 4/77, NJW 1978, 2509). | Abs. 20 |
b) Der Antragsteller wird durch die angegriffene Weigerung der Dienstaufsicht nicht dazu beeinflusst, ihm zur Verfügung stehende Geräte und Hilfsmittel in einer bestimmten Weise zu benutzen oder sich auf eine von mehreren gegebenen Möglichkeiten der Verfahrensgestaltung bei der Bearbeitung der Eingaben zum Handelsregister zu beschränken. | Abs. 21 |
aa) Das Handelsregister wird mit Wirkung vom 1. Januar 2007 gemäß § 8 Abs. 1 HGB elektronisch geführt. Anmeldungen zur Eintragung in das Handelsregister und die sonstigen dort genannten Unterlagen sind gemäß § 9 Abs. 1 HGB elektronisch in öffentlich beglaubigter Form einzureichen. Von diesen Unterlagen werden grundsätzlich keine Ausdrucke auf Papier erstellt. Eine Ausnahme ist insoweit lediglich für den Fall einer Beschwerde vorgesehen. In-soweit bestimmt § 8 Abs. 3 Satz 5 der Handelsregisterverordnung, dass von den ausschließlich elektronisch vorliegenden Dokumenten Ausdrucke für das Beschwerdegericht zu fertigen sind, soweit dies zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens notwendig ist. Die elektronischen Eingaben zum Handelsregister sind daher vom Gesetz- und Verordnungsgeber als Grundlage für die Sachbearbeitung durch den Richter des Registergerichts bestimmt. Zu diesem Zweck ist dem Richter ein computergestützter Arbeitsplatz zugewiesen, der eine Bearbeitung dieser Eingänge am Bildschirm ermöglicht. | Abs. 22 |
bb) Eine alternative Bearbeitung auf der Grundlage von Ausdrucken auf Papier ist trotz der praktischen Probleme bei der Aktenbearbeitung in elektronischer Form (Bildschirmgröße, Übersichtlichkeit, ergonomische Nachteile längerer Bildschirmarbeit) zur Vermeidung von Medienbrüchen (vgl. Berlit, E-Justice - Chancen und Herausforderungen in der freiheitlich demokratischen Gesellschaft, JurPC Web-Dok. 171/2007, Abs. 122) nicht vorgesehen. Dem Antragsteller steht daher ein Anspruch, zur Bearbeitung der Eingaben von der Geschäftsstelle generell mit papiernen Ausdrucken versorgt zu werden, nicht zu. Daran ändert auch die Einschätzung des Antragstellers nichts, dass die Bearbeitung der elektronischen Eingaben gegenüber denjenigen in Papierform fehleranfälliger ist und eine sorgfältige Bearbeitung einen größeren Arbeitsaufwand erfordert. Ein Anspruch des Richters gegenüber der Justizverwaltung auf eine über das vom Gesetz- und Verordnungsgeber vorgesehene Maß hinausgehende Gestaltung der Arbeitsgrundlagen besteht nicht. So hat das Dienstgericht des Bundes bereits ausgesprochen, dass ein Richter keinen Anspruch gegen die Justizverwaltung auf Schaffung und Bereitstellung der sachlichen, institutionellen und personellen Ausstattung hat, die er zur Ausschöpfung seiner richterlichen Unabhängigkeit für erforderlich und wünschenswert hält (BGH, Urteil vom 3. November 2004 - RiZ(R) 2/03, NJW 2005, 905). Es besteht lediglich ein Anspruch des Richters darauf, dass er bei der Zuteilung der vorhandenen, für die Arbeit erforderlichen personellen und sächlichen Mittel in ermessensfehlerfreier Weise berücksichtigt wird (BGH, Urteil vom 25. September 2002 - RiZ(R) 2/01, NJW 2003, 282). Ob sich die Erforderlichkeit insoweit nach der - willkürfreien - subjektiven Wertung des Richters oder nach objektiven Kriterien bestimmt, kann hier dahingestellt bleiben, da nach dem vom Antragsteller nicht bestrittenen Vorbringen des Antragsgegners die Serviceeinheiten des Handelsregisters bereits jetzt bis zur Obergrenze belastet sind. | Abs. 23 |
c) Die beanstandete Weigerung des Antragsgegners verstößt auch nicht deshalb gegen die richterliche Unabhängigkeit des Antragstellers, weil ihm ohne Vorlage der Ausdrucke auf Papier die Möglichkeit genommen ist, die eingegangenen Anträge ohne weiteres von zu Hause aus zu bearbeiten. | Abs. 24 |
Aus der Unabhängigkeit - Art. 97 GG - des Richters folgt, dass er grundsätzlich seine Arbeit nicht innerhalb fester Dienstzeiten und nicht an der Gerichtsstelle erledigen muss (BGH, Urteil vom 25. September 2002 - RiZ(R) 2/01, NJW 2003, 282; Urteil vom 16. November 1990 - RiZ(R) 2/90, BGHZ 113, 36, 38 f.). Das gilt aber nicht, wenn die Ausführung der ihm obliegenden Dienstgeschäfte die Anwesenheit an der Gerichtsstelle erfordert. Denn die richterliche Unabhängigkeit ist kein Standesprivileg der Richter (BGH, Urteil vom 27. September 1976 - RiZ(R) 3/75, BGHZ 67, 184, 187). Erfordert die Bearbeitung der gemäß den Anforderungen des Gesetzgebers in elektronischer Form vorliegenden Eingaben zum Handelsregister die Anwesenheit des Richters an seinem computergestützten Arbeitsplatz, liegt darin keine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit durch die Dienstaufsicht. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller zudem eingeräumt, die für die Bearbeitung der Eingaben zum Handelsregister vom häuslichen Arbeitsplatz aus erforderlichen Ausdrucke auf Papier selbst zu fertigen. Ein weitergehender Anspruch auf Verschaffung der vom Antragsteller gewünschten Arbeitsunterlagen besteht nicht. | Abs. 25 |
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 80 Abs. 1 Satz 1 DRiG, § 154 Abs. 1 VwGO. | Abs. 26 |
Der Wert des Streitgegenstandes für das Revisionsverfahren war auf 5.000 €
festzusetzen (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 2 GKG).
| JurPC Web-Dok. 9/2011, Abs. 27 |
Hinweis der Redaktion: Bitte beachten Sie auch die Anmerkung von Christopher Brosch zu diesem Urteil unter JurPC Web-Dok. 1/2011. |
[ online seit: 18.01.2011] |
Zitiervorschlag: BGH, Weigerung der Vorlage von Ausdrucken elektronischer Eingaben zum Handelsregister kein Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit - JurPC-Web-Dok. 0009/2011 |