LG Hamburg |
UWG §§ 13 Abs. 2 Ziff. 2; 3 |
Leitsatz (der Redaktion) |
Zur Begründung der Eigenschaft des Störers einer wettbewerbswidrigen Werbung für eine Internet-Apotheke reicht es nicht aus, wenn sich der Beitrag des Betreffenden darauf beschränkt, dass er zunächst eine Internet-Domain auf sich eintragen ließ, die nicht einmal auf eine Apotheke hinweist und die vom späteren Erwerber der Domain als Portal für den Internet-Versandhandel mit Arzneimitteln genutzt wird. |
Tatbestand |
Der Antragsteller ist ein eingetragener Verein zur Förderung gewerblicher Belange und zur Einhaltung der Regeln des lauteren Wettbewerbs. Zu seinen Mitgliedern zählen u.a. 59 Hersteller und Vertreiber pharmazeutischer Produkte inklusive dreier Apotheken sowie zumindest zweier großer, international tätiger Pharma-Konzerne. | JurPC Web-Dok. 97/2001, Abs. 1 |
Auf den unter den Internet domains: ... sowie ... erscheinenden Internet-Seiten wird für den Bezug von apothekenpflichtigen Arzneimitteln im Versandhandel geworben. Inhaber des Unternehmens ist der niederländische Apotheker Jacques Waterval. Die beworbenen Arzneimittel werden auf Bestellung von den Niederlanden aus auch nach Deutschland versandt. | Abs. 2 |
Der Antragsgegner war ausweislich der Internet-Recherche vom 8. Juni 2000 Inhaber der Internet domains: ... sowie ... . | Abs. 3 |
Auf Antrag des Antragstellers hat das Gericht mit einstweiliger
Verfügung vom 29. Juni 2000 dem Antragsgegner unter Androhung gesetzlicher
Ordnungsmittel verboten,
im geschäftlichen Verkehr Arzneimittel a) für den Endverbraucher im Wege des Versandes in den Verkehr zu bringen, b) für den Bezug im Wege des Versandhandels durch den letzten Verbraucher zu bewerben. Der Antragsteller begründete seinen Verbotsantrag wie folgt: Der Antragsgegner werbe im Internet unter den Bezeichnungen ... sowie ... für den Bezug von apothekenpflichtigen Arzneimitteln. Der Versand apothekenpflichtiger Arzneimittel verstoße gegen § 43 Abs. 1 AMG, wonach es verboten sei, apothekenpflichtige Arzneimittel im Wege des Versandes in den Verkehr zu bringen. Die Werbung für derartige Arzneimittel verstoße zudem gegen § 8 Abs. l HWG. Daneben sei die Werbung aber auch irreführend im Sinne des § 3 UWG. | Abs. 4 |
Gegen die Verbotsverfügung wendet sich der Antragsgegner
mit seinem Widerspruch. Zu dessen Begründung trägt er vor:
Der Antragsteller sei nicht aktivlegitimiert. Er verfüge nicht über die nach § 1 3 Abs. 2 Ziff. 2 UWG erforderliche erhebliche Zahl von Gewerbetreibenden, die Waren gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertrieben. So weise sein Mitgliederverzeichnis im Bereich der Pharmabranche lediglich 59 Betriebe aus, welche im wesentlichen Klein- und Kleinstunternehmen sowie Zwischenhändler seien, die noch dazu über ganz Deutschland verteilt seien und daher keine repräsentative Gruppe darstellten. Das Fehlen der Aktivlegitimation werde umso deutlicher dadurch, daß sogar nur drei Apotheken Mitglied des Antragstellers seien. Diese Zahl könne jedenfalls nicht als erheblich angesehen werden, so daß die einstweilige Verfügung schon aus diesem Grund aufzuheben sei. Er, der Antragsgegner, sei nicht passivlegitimiert. Nicht nur habe er noch nicht eine einzige Tablette verkauft. Er werbe auch nicht in der ihm vorgeworfenen Weise für den Versand apothekenpflichtiger Arzneimittel; er sei lediglich Inhaber einer Vielzahl von Internet-Adressen gewesen, worunter sich auch die streitgegenständliche Adresse befunden habe; diese habe er jedoch schon mit Vertrag vom 1. Juni 2000 an den niederländischen Apotheker Waterval verkauft (auf Anlage AG 2 wird Bezug genommen); auch eine Umschreibung der Internet Adressen sei schon erfolgt. Da allein Jacques Waterval die streitgegenständliche Internet-Apotheke von Beginn an von den Niederlanden aus betreibe, sei dieser auch allein Verkäufer sowie Versender aller Arzneimittel. Darüber hinaus sei der Versandhandel mit Arzneimitteln aus dem europäischen Ausland - solange er dem Eigenverbrauch diene - vom Europäischen Gerichtshof für rechtlich zulässig befunden worden. Der Betrieb der Internet-Apotheke, die der Apotheker Waterval in den Niederlanden führe, sei in Holland zulässig. Die Internet-Apotheke sei von den niederländischen Behörden ordnungsgemäß abgenommen worden; aus ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen ergebe sich, daß sie Arzneimittel ausschließlich an solche Kunden verkaufe, die diese bei ihr bestellten. Bestellten Deutsche, so erfolge die Lieferung ausschließlich nach den in Holland gültigen Gesetzen und Bestimmungen. | Abs. 5 |
Der Antragsgegner beantragt,
| Abs. 6 |
Der Antragsteller beantragt,
| Abs. 7 |
Zur Begründung bezieht er sich im wesentlichen auf die Begründung seines Verbotsantrags und vertieft wie folgt: Es ändere nichts, wenn der Antragsgegner zwischenzeitlich behaupte, die domains an den niederländischen Apotheker Waterval verkauft zu haben. Der Antragsgegner habe das Versandgeschäft mit Arzneimitteln vielmehr selbst geplant und unternommen. Durch seine Verletzungshandlungen habe er eine Wiederholungsgefahr begründet. Diese sei auch durch einen angeblichen Verkauf der domains nicht beseitigt worden. Letztlich belege die von ihm, dem Antragsteller, durchgeführte Internet-Recherche vom 8. Juni 2000 (Anlage A-2), daß der Antragsgegner auch noch nach dem Verkauf der domains als für die domains verantwortlich Handelnder eingetragen gewesen sei und demnach das streitgegenständliche Geschäft auch danach noch jedenfalls im Zusammenwirken mit Dritten weiterbetrieben habe. | Abs. 8 |
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird ergänzend auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. | Abs. 9 |
Entscheidungsgründe |
Die einstweilige Verfügung vom 29. Juni 2000 ist aufzuheben. Nach dem Ergebnis der Widerspruchsverhandlung hat sie sich als unberechtigt ergangen erwiesen. | Abs. 10 |
Der Antragsteller ist aktivlegitimiert im Sinne des § 13 Abs. 2 Ziff. 2 UWG. Danach sind rechtsfähige Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen aktivlegitimiert, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Gewerbetreibenden angehört, die Waren oder gewerbliche Leistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, wenn sie nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsgemäßen Aufgaben tatsächlich wahrzunehmen. Das Merkmal der Waren oder gewerblichen Leistungen gleicher oder verwandter Art im Sinne des § 13 Abs. 2 Ziff. 2 UWG bedeutet hierbei nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes weder, daß die Waren oder gewerblichen Leistungen miteinander identisch sein müssen noch daß die betreffenden Gewerbetreibenden unmittelbar miteinander im Wettbewerb stehen müssen. Es genügt ein abstraktes Wettbewerbsverhältnis, bei dessen Ermittlung all diejenigen Mitgliedsunternehmen des Verbandes einzubeziehen sind, bei denen eine nicht gänzlich unbedeutende (potentielle) Beeinträchtigung durch die beanstandete Werbemaßnahme mit einer gewissen - sei es auch nur geringen - Wahrscheinlichkeit in Betracht gezogen werden kann (BGH WRP 1998, 177 - Fachliche Empfehlung III; Köhler/Piper, UWG, § 13 Rn. 13). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, daß zu seinen Mitgliedern nicht nur drei Apotheken sowie diverse kleine und mittelständische Unternehmen der Pharmabranche gehören. Ihm gehören mit den Firmen Smithkline Beacham sowie Whitehall-Much mindestens auch zwei internationale, auf dem Weltmarkt führende Großkonzerne auf dem Arzneimittelsektor an. Da im Bereich des Heilmittelrechts grundsätzlich sämtliche Mitglieder des Antragsteller zu berücksichtigen sind, welche dem Pharmabereich im weitesten Sinne zuzuordnen sind (BGH WRP 1998, 983 - Neurotrat Forte), besteht für das Gericht keine Veranlassung, an der Aktivlegitimation des Antragstellers zu zweifeln. | Abs. 11 |
Die Verbotsverfügung ist gleichwohl aufzuheben, weil der Antragsgegner nicht passivlegitimiert ist. | Abs. 12 |
Als Störer haftet nach ständiger Rechtsprechung neben dem Hauptstörer auch jeder, der an der Herbeiführung eines wettbewerblichen Erfolges willentlich und adäquat ursächlich mitwirkt, sei es durch positives Tun, sei es dadurch, daß er es trotz bestehender rechtlicher Möglichkeiten unterläßt, den Wettbewerbsverstoß zu verhindern. Auf die Art und den Umfang des Tatbeitrags des Störers kommt es hierbei nicht an. Es genügt, es ist auf der anderen Seite aber auch erforderlich, daß überhaupt eine wettbewerbswidrige Beeinträchtigung besteht und daß der Störer an der Schaffung und Aufrechterhaltung des wettbewerbswidrigen Zustandes mitgewirkt hat (BGH GRUR 1990, 373, 374 - Schönheitschirurgie; GRUR 1991, 540, 541 - Gebührenausschreibung; Köhler / Piper, a.a.O., Einf. Rn. 171 und Vor § 13, Rn. 36; Pastor/Ahrens/Jestaedt, 4. Aufl., Kap.26 Rn.6). Störer ist, wer die rechtswidrige Handlung eines eigenverantwortlich Handelnden unterstützt, obwohl er die rechtliche Möglichkeit gehabt hat, den Dritten an seiner Störungshandlung zu hindern (Pastor/Ahrens/Jestaedt, a.a.O. Rn.6). Eine derartige Mitwirkungshandlung des Antragsgegners ist indes nicht ersichtlich. | Abs. 13 |
Der Antragsgegner hat glaubhaft gemacht, daß er sog. Domain-Händler ist und daß er sich die streitgegenständliche Domain "0800DocMorris.com" ursprünglich hat eintragen lassen, um sie weiterzuveräußern. Ausweislich der Auszüge aus WHOIS vom 21.06.2000 (Anlage AG 2) sind die Adressen am 08.12.1999 registriert worden. Der Antragsgegner hat die streitgegenständliche Domain unter dem 1. Juni 2000 an den Apotheker Jack Waterval veräußert (Anlage AG 1). Er hat ferner glaubhaft gemacht, daß am 21. Juni 2000 die Domain an den Käufer umgeschrieben worden ist (Anlage AG 2). | Abs. 14 |
Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, daß der Antragsgegner das Versandgeschäft mit Arzneimitteln vielmehr selbst geplant und unternommen hat und daß er an dem Versandhandel aktiv beteiligt ist, sei es auch nur, daß er die Domain für den Versandhandel unterhält. Daß die Internet-Recherche vom 8. Juni 2000 (Anlage AS 2, vorletzte Seite) den Antragsgegner unverändert als Domain-Inhaber auswies, ist nichtssagend; Grund war lediglich, daß die Domain noch nicht umgeschrieben war. Die Adresse ist als Portal nicht apotheken-typisch, vielmehr vielseitig verwendungsfähig; so ist dem Gericht bekannt, daß eine Schuh-Marke den Namen DocMarten trägt, eine Bezeichnung, die dicht an der streitgegenständlichen Domain liegt und letztlich als Portal für eine Apotheke ebenso geeignet wie ungeeignet ist wie die streitgegenständliche. Seine Beitrag beschränkt sich darauf daß er eine Internet-Domain sich hat eintragen lassen, die nicht einmal auf eine Apotheke hinwies und die von deren Erwerber nach dem Erwerb als Portal für einen Versandhandel benutzt wird. Das reicht zur Begründung der Störereigenschaft nicht aus. Gegenstand des Verfügungsverbotes ist, im geschäftlichen Verkehr apothekenpflichtige Arzneimittel für den Endverbraucher im Wege des Versandes in den Verkehr zu bringen und für den Bezug im Wege des Versandhandels durch den letzten Verbraucher zu bewerben. Unbeschadet dessen, ob ein solcher Unterlassungsanspruch nach §§ 1 UWG, 43 Abs. 1 AMG im Licht des europäischen Rechts gerechtfertigt ist, fehlte dem Antragsgegner die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit, die Störung zu verhindern; denn für den Versandhandel mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln - dagegen wendet sich der Antragsteller - ist das Internet-Portal letztlich beliebig und austauschbar. Die angegriffene Störung - in der konkreten angegriffenen Form - hätte der Antragsgegner nicht verhindert, wenn er die Domain nicht an den Apotheker Waterval verkauft hätte. | Abs. 15 |
Zu dem vom Antragsgegner vorgetragenen Einwand, der Versandhandel mit Arzneimitteln aus dem europäischen Ausland - solange er dem Eigenverbrauch diene - sei entgegen § 43 Abs. 1 AMG nach europäischem Recht zulässig, bedurfte es danach keiner Entscheidung mehr. | Abs. 16 |
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 , 708 Ziff.
6, 711 ZPO.
| JurPC Web-Dok. 97/2001, Abs. 17 |
[online seit: 14.05.2001] |
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok., Abs. |
Zitiervorschlag: Hamburg, LG, Internet-Apotheke - JurPC-Web-Dok. 0097/2001 |