JurPC Web-Dok. 15/2024 - DOI 10.7328/jurpcb202439115

OLG Frankfurt a.M.

Urteil vom 30.11.2023

16 U 206/21

Unterlassung gutachtlicher Äußerungen über einen Fußballschiedsrichter

JurPC Web-Dok. 15/2024, Abs. 1 - 80


Leitsatz (der Redaktion):

Äußerungen in Sachverständigengutachten, die Ergebnis der sachverständigen Entscheidungsfindung sind, sind nach höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich als Werturteil anzusehen. Dies gilt auch, wenn sie äußerlich in die Form einer Tatsachenbehauptung gekleidet sind. Dies bezieht sich auch auf die sog. Befundtatsachen. Es ist Aufgabe eines Gutachters, kraft seiner Sachkunde zu bestimmten Tatsachen Stellung zu nehmen, sie zu untersuchen und daraus Schlussfolgerungen zu ziehen. Dies rechtfertigt die Einordnung der Ergebnisse und Schlussfolgerungen als Werturteil.

Gründe:

A.Abs. 1
Der Kläger ist ein (…)-Schiedsrichter. Der Beklagte ist ein Rechtsanwalt, der für den Deutschen Fußball Bund (nachfolgend „DFB“) ein Gutachten nebst Ergänzungen und einer Zusammenfassung erstellt hat. Der Kläger nimmt den Beklagten auf Unterlassung und den Widerruf von Äußerungen in Anspruch, die in diesem Gutachten enthalten sind. Wegen des Inhalts des Gutachtens wird auf Anlagen K2, K3 und K8 Bezug genommen. Ferner verlangt der Kläger vom Beklagten die Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von 15.000,- EUR und Schadensersatz wegen seiner vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten.Abs. 2
Der Kläger war zuletzt (…) Schiedsrichter beim Deutschen Fußball-Bund und leitete dort seit 20XX vor allem Spiele der ersten Bundesliga. (…) Der Kläger hatte in der Folgezeit gegenüber Verantwortlichen des DFB weitere Missstände beanstandet und in die Öffentlichkeit getragen. (…).Abs. 3
Der DFB beauftragte deswegen am Anfang Dezember 2017 den Beklagten mit der Untersuchung der vom Kläger (…) erhobenen Vorwürfe. Der Beklagte fertigte nach Gesprächen mit Schiedsrichtern, dem Kläger und den (…) einen Bericht (…), in denen die vom Kläger angegriffenen Äußerungen enthalten sind. Der Beklagte kommt darin zu dem Ergebnis, dass die vom Kläger erhobenen Vorwürfe unzutreffend seien. Er empfahl im Dokument „Empfehlungen/Impulse“, den Kläger nicht mehr mit Spielleitungen zu betrauen, weil der Kläger nicht glaubwürdig sei. Dieser Empfehlung kam der DFB nicht nach, sondern beauftragte den Kläger (…) weiter mit der Leitung von Bundesligaspielen. Die Berichte und die Handlungsempfehlung wurden beim DFB an den Vizepräsidenten des DFB A und den Abteilungsleiter Schiedsrichterwesen B übergeben. Der DFB leitete dem Kläger (…) Vorversionen der Berichte zur Stellungnahmen zu, dies geschwärzt, soweit Angaben den jeweiligen Adressaten nicht betrafen - und lud alle Beteiligten zu persönlichen Gesprächen ein. Die Vorversion wurde schließlich um Anmerkungen (…) ergänzt, ein Zeuge hatte noch seine Aussage an einem Punkt korrigiert (vgl. K7, Anlagenband). Der Kläger fertigte mit anwaltlichem Schreiben vom 19. April 2018 eine eigene anwaltliche Stellungnahme, in der der Bericht des Beklagten ausführlich bewertet wurde. Der Kläger führte dort aus, dass und warum die Berichte des Beklagten die Anschuldigungen des Klägers gegen (…) nicht widerlegen würden. Auf Anlage K10, Anlagenband, wird Bezug genommen.Abs. 4
Der Kläger hat erstinstanzlich behauptet, der Beklagte habe Äußerungen von Zeugen in seinem Bericht nicht vollständig und zum Teil falsch oder sinnentstellend wiedergegeben, habe deshalb falsche Schlussfolgerungen gezogen und unhaltbare Anschuldigen gegen den Kläger erhoben. Falsch sei ferner die Behauptung, der Kläger habe interne Informationen aus einem Gespräch mit dem Beklagten an den Reporter der Zeitung1 D gegeben. Er meint, das Gutachten sei methodisch grob mangelhaft, in der Sache falsch und rein spekulativ.Abs. 5
Wegen der vom Kläger erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Seiten 4 bis 7 Bezug genommen.Abs. 6
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.Abs. 7
Er hat die Auffassung vertreten, er habe ein Sachverständigengutachten und dies für seinen Mandanten als Rechtsanwalt erstellt, so dass ihm ein Gutachterprivileg zukomme. Sein Gutachten sei inhaltlich und methodisch zutreffend und fachlich sorgfältig erstellt. Er habe die Grundlagen und den Gang seiner Untersuchungen nachvollziehbar und vollständig dargestellt. Es fehle ferner am Schaden, da der Kläger inzwischen (…) nicht mehr als Schiedsrichter tätig sei.Abs. 8
Das Landgericht hat die Unterlassungsklage wegen Fehlens der Wiederholungsgefahr abgewiesen. Ein neuer Eingriff in etwa verletzte Persönlichkeitsrechte des Klägers sei unwahrscheinlich, weil der Beklagte sein Gutachten als Rechtsanwalt für den DFB als Mandanten erstellt habe, dies nur intern im DFB genutzt werden sollte und absprachegemäß nur an die Herren A und B vom Vorstand übergeben worden sei. Wegen des Widerrufsanspruchs und der weitergehenden Ansprüche hat es die Klage ebenfalls als unbegründet abgewiesen, weil ein Sachverständigengutachten vorliege und die im Gutachten enthaltenen Äußerungen als Werturteile i.S. der Entscheidung des Bundesgerichtshofs, Urteil vom 18. Oktober 1977, VI ZR 171/76, anzusehen seien. Auf die Gründe des landgerichtlichen Urteils wird wegen der weiteren Einzelheiten zur Begründung Bezug genommen.Abs. 9
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er seine ursprünglichen Klageanträge weiterverfolgt.Abs. 10
(Von der Darstellung des folgenden Textes wird abgesehen - die Red.)Abs. 11
Wegen der weiteren Argumentation des Klägers nimmt der Senat auf den als Anlage K10 (Anlagenband) vorgelegten Schriftsatz der Kanzlei C vom 19. April 2018 Seiten 1 bis 107 Bezug. Wegen der vom Kläger auch im Berufungsverfahren gestellten Anträge nimmt der Senat auf den Tatbestand der angegriffenen Entscheidung Bezug.Abs. 12
Der Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung.Abs. 13
Er ist der Ansicht, es fehle vorliegend bereits an einer Erstbegehung, weshalb auch keine Wiederholungsgefahr bestehe. Der Beklagte habe keine falschen Tatsachenbehauptungen verbreitet, sondern einen Bericht über die Ergebnisse seiner Untersuchungen im Rahmen seines anwaltlichen Mandatsverhältnisses zwei Vorstandsmitgliedern des Deutschen Fußballbundes übergeben. Es bestehe keine Wiederholungsgefahr, weil das Gutachten seinem Auftraggeber zugegangen sei und daneben nicht an Dritte gerichtet wurde. Keiner der vom Kläger vorgelegten Presseartikel enthalte die beanstandeten Aussagen aus dem Gutachten, was zeige, dass die Vertraulichkeit gewahrt worden sei.Abs. 14
Das Gutachten des Beklagten sei neutral und unvoreingenommen erstellt. Er habe den Gutachtenauftrag aufgrund seiner besonderen fachlichen Expertise im Compliance-Bereich als Rechtsanwalt ausgeführt, (…). Sein Vertrag mit dem Deutschen Fußballbund garantiere seine Unabhängigkeit bei der Ausarbeitung des Gutachtens, was er durch Vorlage eines Auszugs aus dem Vertrag in Anlage B16 (Bl. 376 d.A.), auf die der Senat Bezug nimmt, erstinstanzlich belegt habe.Abs. 15
Er wiederholt sein erstinstanzliches Argument, dass es sich bei allen beanstandeten Aussagen um Werturteile handele, weshalb auch ein Widerrufsanspruch nicht bestehe. Er habe das Gutachten als Sachverständiger erstellt, hierzu gehöre die Beurteilung, ob die in einer Beweisfrage formulierten Tatsachen zuträfen.Abs. 16
Der Bericht sei insgesamt sorgfältig, methodisch einwandfrei und auf der Grundlage ausreichender Tatsachengrundlagen unter Würdigung aller erheblichen Umstände erstellt. Der Kläger sei einbezogen gewesen, habe das Gutachten vor der Fertigstellung der Schlussfassung bereits Anfang Januar 2018 erhalten und habe ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt, wovon der Kläger aber keinen Gebrauch gemacht habe.Abs. 17
Auch unabhängig vom Sachverständigenprivileg seien alle Aussagen als im Rahmen des Art. 5 GG zulässige Meinungsäußerungen anzusehen. Sie beruhten auf hinreichender Tatsachengrundlage, die nachvollziehbar dargestellt seien. Die Weitergabe des Berichts innerhalb des DFB sei ausschließlich unter Schwärzung der auf Personen hindeutenden Passagen erfolgt.Abs. 18
Ein Schaden sei dem Kläger aufgrund des Gutachtens nicht entstanden, weil der Kläger weiterhin als Schiedsrichter eingesetzt worden ist.Abs. 19
Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im Übrigen wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.Abs. 20
B.Abs. 21
Die Berufung ist zulässig, insbesondere frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511, 517, 519 ZPO), hat aber in der Sache keinen Erfolg.Abs. 22
Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass dem Kläger hinsichtlich aller angegriffenen Äußerungen kein Unterlassungsanspruch aus den §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zusteht (dazu I.). Zu Recht hat das Landgericht ferner entschieden, dass der Kläger von dem Beklagten auch nicht deren Widerruf (dazu II.) verlangen kann. Auch ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz besteht nicht (dazu ebenfalls II.).Abs. 23
I.Abs. 24
Nach den gefestigten Grundsätzen des Bundesgerichtshofs zu Unterlassungsansprüchen hinsichtlich von Äußerungen, die Persönlichkeitsrechte verletzen können, ist die zutreffende Sinndeutung jeder Äußerung unabdingbare Voraussetzung für die rechtliche Würdigung ihres Aussagegehaltes. Dabei sind die Äußerungen aus der Perspektive eines unvoreingenommen und verständigen Adressatenkreises (vgl. BGH, Urteile vom 17. Mai 2022 - VI ZR 141/21, AfP 2022, 429 Rn. 29 mwN und vom 14. März 2023 - VI ZR 338/21 -, Rn. 16, juris) im Gesamtkontext auszulegen. Dabei ist am Wortlaut der Äußerung anzusetzen. Dieser legt ihren Sinn aber nicht abschließend fest. Er wird vielmehr auch von dem sprachlichen Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, und von den erkennbaren Begleitumständen, unter denen sie fällt, bestimmt (BGH, Urteil vom 16. Januar 2018 - VI ZR 498/16 -, Rn. 20, juris; BGH, Urteil vom 29. November 2016, VI ZR 382/15 -, Rn. 22, juris). Dabei ist zu prüfen, ob Meinungsäußerungen oder Tatsachenbehauptungen vorliegen und dies aus der Perspektive des mit der Äußerung angesprochenen Adressaten.Abs. 25
1. a) Adressaten der Äußerungen zu 1. a) lit. aa) bis ff), auf deren Auslegungshorizont hier abzustellen ist, sind die verbandsintern mit der Untersuchung der Vorwürfe, die der Kläger in dem Presseartikel mit der Überschrift (…) vom 20. August 20XX (Anlage K1, Anlagenband Kläger) öffentlich erhoben hatte, betrauten Personen im Deutschen Fußballbund (DFB), der Vizepräsident A und der Abteilungsleiter Schiedsrichterwesen B. Denn diese sollten die beiden „Berichte“ vom 15. Januar 2018 (Anlagen K2, K3) und den Text „Empfehlungen/Impulse“ (Anlage K8) des Beklagten bestimmungsgemäß lesen. Dies ergibt sich aus dem auf der ersten Seite stehenden „Verteiler“ der Anlagen K2, K3 und K8.Abs. 26
b) Für die Auslegung sind Tatsachenbehauptungen und Werturteile voneinander abzugrenzen. Dabei sind Tatsachenbehauptungen durch die objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisiert. Demgegenüber werden Werturteile und Meinungsäußerungen durch die Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt. Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist danach, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. April 2016 - VI ZR 505/14; BGH, Urteil vom 2. Juli 2019 - VI ZR 494/17 -, Rn. 40 - 41, juris; BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 17. September 2012 - 1 BvR 2979/10 -, juris Rn 27; BGH, Urteil vom 16. Januar 2018 - VI ZR 498/16 -, Rn. 35, juris.). Für die Auslegung hat das Landgericht dabei daneben zu Recht darauf abgestellt, dass alle Äußerungen in einem als Sachverständigengutachten einzuordnenden Text aufgestellt sind.Abs. 27
aa) Für die Einordnung von Äußerungen, die in Sachverständigengutachten und im Bereich von fachwissenschaftlichen Untersuchungen aufgestellt werden, gelten nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Besonderheiten, die auch bei der hier vorzunehmenden Auslegung zu berücksichtigen sind. Danach sind diejenigen Äußerungen des Gutachters, die Ergebnis der sachverständigen Entscheidungsfindung sind, grundsätzlich als Werturteile anzusehen, auch wenn sie äußerlich in die Form einer Tatsachenbehauptung gekleidet sind. Dies schließt regelmäßig die Befundtatsachen ein (Ahrens, Der Beweis im Zivilprozess, 1. Aufl. 2015, Rz. 61). Denn es ist Aufgabe des Gutachters, kraft seiner Sachkunde zu bestimmten Tatsachen Stellung zu nehmen, fachwissenschaftlich oder sachverständig zu untersuchen und ihre Ergebnisse und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen darzustellen, was ihre Einordnung als Werturteil ohne Tatsachenqualität rechtfertigt (vgl. bereits: RG, Urteil vom 14. März 1914, I 242/13, RGZ 84, 294 bis 298, zitiert nach juris; BGH, Urteil vom 18.Oktober 1977 - VI ZR 171/76 - „Schriftgutachten“, Rz. 17, zitiert nach juris; BGH, Urteil vom 2. Juli 2019 - VI ZR 494/17 -, „Stasiunterlagenbehörde“, Rn. 41 ff., zitiert nach juris; Ahrens in: Ahrens, Der Beweis im Zivilprozess, 1. Aufl. 2015, Kapitel 43: Die Rechtsstellung des Sachverständigen, Rn. 61 und 63; Staudinger/Haager, § 823 Rn. C 144 Burkhardt/Pfeifer in Wenzel: Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl. 2018, Kap. 3 Rn. 40). Denn wenn der Sachverständige meint, aufgrund seiner Untersuchungen und Überlegungen Gewissheit über die erfragte Tatsache erlangt zu haben, so wird er deren Existenz im Ergebnis uneingeschränkt behaupten (BGH, Urteil vom 18. Oktober 1977 - VI ZR 171/76 -, Rn. 17, juris). Zwar kann eine solche Behauptung im Einzelfall auch auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft werden, nämlich durch Verwendung besserer wissenschaftlicher Erkenntnismittel oder Aufdeckung von Irrtümern bei der dem Ergebnis vorangehenden Untersuchungen. Es liegt aber im Wesen eines solchen Gutachtens, dass es auf der Grundlage bestimmter Verfahrensweisen zu einem Urteil kommen will, das, selbst wenn es äußerlich als Tatsachenbehauptung formuliert worden ist, auf Wertungen beruht. (BGH, Urteil vom 18. Oktober 1977 - VI ZR 171/76 -, Rn. 17, juris; RGZ 84, 294, 296 ff.; Ahrens, aaO) Dies folgt unmittelbar aus der prinzipiellen Unabgeschlossenheit jeglicher wissenschaftlichen Erkenntnis (vgl. BVerfGE 35, 79, 113, juris Rn. 92). Schließlich ließe es sich - so der Bundesgerichtshof - mit dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung aus Art 5 GG nicht vereinbaren, den Verfasser eines solchen Gutachtens im Wege des staatlichen Zwangs zum Widerruf oder zur Unterlassung dieser seiner subjektiven, auf seinen speziellen Kenntnissen, Erfahrungen und Untersuchungen beruhenden Überzeugung zu zwingen (BGH, Urteil vom 18. Oktober 1977 - VI ZR 171/76 -, Rn. 17, juris; BGH, Urteil vom 11. April 1989, VI ZR 293/88, Rz 21, zitiert nach juris; Ahrens, aaO.).Abs. 28
bb) Ohne Erfolg wendet die Berufung ein, das Sachverständigenprivileg gelte für den Beklagten nicht, weil dieser als privater Ermittler des DFB beauftragt worden sei. Denn nach der vorgenannten ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind private Gutachter mit öffentlich bestellten Sachverständigen gleichgestellt. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs macht es keinen Unterschied in wessen Auftrag eine gutachterliche Untersuchung erstellt worden ist. Ferner kann das in der Verfassung (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) gewährleistete Recht der Informationsfreiheit nur wirksam ausgeübt werden, wenn sich jedermann zu seiner Unterrichtung auch der Sachkunde von Sachverständigen bedienen kann (BGH, Urteil vom 18.Oktober 1977 - VI ZR 171/76. „Schriftgutachten“, Rz. 21, zitiert nach juris). Auch die Weitergabe des Gutachtens an den Auftraggeber ändert nichts an dessen Charakter als Werturteil (BGH aaO., Rz. 21).Abs. 29
Soweit der Kläger geltend macht, der Beklagte könne schon deshalb kein Sachverständiger sein, weil er zugleich (…) gewesen war und er deshalb ein Interesse an einem für den DFB günstigen Ergebnis gehabt habe, liegen hierfür keine tatsächlichen Anhaltspunkte vor. Denn der Beklagte war unstreitig in seiner beruflichen Rolle als Rechtsanwalt mit besonderer Expertise auf dem Gebiet des Sportrechts, Compliance und Wirtschaftsstrafrecht mit der Untersuchung der vom Kläger (…) erhobenen Vorwürfe betraut worden, um den DFB in die Lage zu versetzen, den Sachverhalt weiter aufzuklären. Dies ergibt sich aus der Aufgabenbeschreibung in den Berichten und der vom Beklagten vorgelegten Auftragskorrespondenz in Anlage B17 (Bl. 377 d.A.), die als solche auch nicht bestritten ist. Konkrete Anhaltspunkte, dass der Beklagte wegen seiner Stellung als (…) persönlich voreingenommen gewesen sein könnte, liegen nicht vor. Im Übrigen ist auch die Ausübung (…) mit der Verpflichtung zur Neutralität verbunden. Dies entnimmt der Senat Anlage B16, (Bl. 376 d.A), die in Ziff. 3. (…) diese Festlegung enthält.Abs. 30
c) aa) Gemessen an diesen Grundsätzen zur Auslegung von Äußerungen in Sachverständigengutachten handelt es sich bei der Äußerung im Antrag zu Ziffer 1 a) aa)Abs. 31
„es ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass Herr E am (…) vertrauliche Informationen an den Journalisten D von der Zeitung1 weitergegeben hat;“Abs. 32
und/oderAbs. 33
„damit steht nach Überzeugung des Unterzeichners fest, dass Herr E die vertraulichen Informationen an den Journalisten D von der Zeitung1 weitergegeben hat;Abs. 34
um Meinungsäußerungen. Bereits ihrem Wortlaut werden hier Schlussfolgerungen gezogen, die sprachlich mit den Wendungen „nach der Überzeugung des Unterzeichners…“ und „danach steht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest…“ jeweils eingeleitet werden. Auch die Auslegung im Kontext des Berichts, z.B. Seite 5, stützt diese Einordnung als Werturteil. Denn dem unbefangenen Berichtsleser wird mitgeteilt, auf welchen konkreten Annahmen dieser Schluss aus der Perspektive des Beklagten beruhe. Es wird dargelegt, wie der Ablauf des Gesprächs am (…) mit dem Kläger zeitlich war (angegeben wird eine Zeit von 16.30 Uhr bis 20 Uhr) und auf welcher Grundlage der Beklagte zu der Bewertung gelangt ist, dass es der Kläger gewesen sei, der bestimmte Informationen aus dem - unstreitig - vertraulichen Gespräch an den Journalisten D weitergegeben hat. Dies wird für den Leser mit dem nachvollziehbaren Umstand begründet, dass zwei der Informationen, die in dem späteren Zeitung1-Artikel enthalten waren, tatsächlich unzutreffend gewesen seien und der Beklagte diese zu Testzwecken in das Gespräch eingestreut haben will. Zwar rügt der Kläger hierzu, dass dieser Ablauf tatsächlich nach den internen Abläufen der Zeitung1-Redaktion nicht stimme und nach dem zeitlichen Verlauf die Informationen auch vom Beklagten selbst stammen und dieser es gewesen sein müsse, der die Presse informiert habe. Dieser Umstand ist aber für die Frage, ob eine Meinungsäußerung oder eine Tatsachenbehauptung vorliegt, auf der Ebene der Auslegung unerheblich. Denn die Äußerungen geben ersichtlich nur die Schlussfolgerungen des Beklagten wieder, warum er der Meinung ist, dass das Erscheinen der vertraulichen und zum Teil falschen Informationen in der Zeitung1 auf den Kläger zurückzuführen sei.Abs. 35
bb) Bei der Äußerung zu Ziff. 1 a) bb)Abs. 36
„wahrscheinlicher ist deshalb, dass Herr E überwiegend persönliche Ziele verfolgt: Herr F hat ihn im Ranking und international überholt, womit Herr E offensichtlich nicht zurechtkommt. Gegenüber dem Zeugen G hat Herr E während eines SCI-Urlaubes geäußert, dass er Herrn F schaden will, weil dieser an ihm vorbeigezogen ist. Ziel sei der Rücktritt von F“;Abs. 37
und / oder im Zusammenhang mit dieser Äußerung:Abs. 38
„Der Zeuge G hat seine Aussage, die vom Kläger richtig protokolliert wurden, im selben Rahmen wie folgt korrigiert:Abs. 39
Richtig ist, dass Herr E mir gegenüber während einer zufälligen Begegnung im Skiurlaub geäußert hat, dass er (…), nicht Herrn F, schaden will. Deshalb spreche er (E) das Thema F wieder an;“Abs. 40
trifft die Einordnung als Meinungsäußerung der gesamten Passage durch das Landgericht im Ergebnis ebenfalls zu. Dabei ist es zwar richtig, dass die ersten drei Sätze nach dem Doppelpunkt („Herr F hat… sei der Rücktritt von F“) Aussagen enthalten, die dem Wortlaut nach Tatsachen darstellen, die für sich gesehen auch dem Wahrheitsbeweis zugänglich sein können. Dabei enthält der Satz „Der Zeuge G hat seine Aussage,“ nur die schlichte Mitteilung über die tatsächlich erfolgte Korrektur der Aussage des Herrn G. Bei Einordnung der Sätze in den Kontext des Berichts stellen sich diese insgesamt, wie auch die nachfolgenden im Antrag zur Ziff. 1 a) bb) angegriffenen Aussagen, dennoch als Meinungsäußerungen dar. Denn sie fügen sich in den Argumentationszusammenhang des Textes in Anlage K3 und die Stellungnahme des Beklagten zu den Bewertungen seiner Recherchen in Anlage K2 ein. So wird der Leser auf Seite 2, Unterüberschrift „1. Teil Hintergrund“ in den weiteren Text eingeführt. Mit der Wendung dort „zudem kristallisierte sich nach vielen Gesprächen… eine Methodik heraus, die dem Handeln von Herrn E zugrunde liegen kann“ wird deutlich gemacht, dass nachfolgend nur eine mögliche Interpretation von Gesprächsergebnissen mitgeteilt wird, die aus der Perspektive des Beklagten besonders überzeugend war. Diese einleitenden Gedanken führen den Leser wie ein Vorspann auf die angegriffenen Äußerungen auf Seite 9 interpretationsleitend hin. Zudem ist der Abschnitt, in dem die Äußerungen zu 1. a) bb) enthalten sind, mit „3. Motive von Herrn E“ überschrieben. Der Leser erkennt damit, dass nachfolgend innere Vorgänge „im Kopf“ des Klägers dargestellt werden, deren Feststellung auf wertenden Schlussfolgerungen des Beklagten beruht. Dies wird betont durch den einleitenden weiteren Satz „kann über die Motive nur spekuliert werden,“ Auch aus subjektiven Wendungen wie „… entstand bei dem Unterzeichner der Eindruck…“ (Seite 2, K3), „kamen dem Unterzeichner zunehmend Zweifel an der Glaubwürdigkeit…“, kristallisierte sich eine Methodik heraus“ (Seite 2, K3) und „… ein ähnliches Muster zeigte sich…. „(S. 7. K3) versteht der Leser, dass diese Schlussfolgerungen zugleich als jederzeit durch weitere Untersuchungen und Befragungen als prinzipiell widerlegbar dargestellt werden sollen. Hierin liegt die Kundgabe der subjektiven gutachterlichen Überzeugung des Sachverständigen, die als Meinung einzuordnen sind (BGH, Urteil vom 2. Juli 2019 - VI ZR 494/17 -, Rn. 43, juris). Ob diese Schlussfolgerung des Sachverständigen als solche unzutreffend sein mögen, ist für deren Einordnung als Meinung unerheblich (vgl. auch: Ahrens, Der Beweis im Zivilprozess, 1. Aufl. 2015, Kapitel 43: Die Rechtsstellung des Sachverständigen, Rn. 63).Abs. 41
cc) Gleiches gilt für die Äußerung zu 1. a) cc)Abs. 42
„Herrn H macht Herr E dafür verantwortlich, dass er international nicht in die Elite Gruppe aufgestiegen ist“;Abs. 43
und/oderAbs. 44
„zuletzt ist er bei den Leistungstests nicht mehr angetreten, offenbar aus Sorge, dass er diese nicht besteht“;Abs. 45
und die Äußerung zu 1.a) dd)Abs. 46
„Herr E nennt in der Öffentlichkeit anscheinend bewusst Namen von Personen, die seine Behauptungen angeblich stützen. Dazu gehören (…). (…) Die genannten Personen haben sich gegenüber dem Unterzeichner von den pauschalen Vorwürfen und von ihrer namentlichen Nennung durch Herrn E distanziert;“Abs. 47
die im Textzusammenhang der Berichte aus der Leserperspektive als Werturteil einzuordnen sind. Dabei gibt der Eingangssatz der Äußerung zu Ziffer (1. a) cc) eine zutreffende Befürchtung des Klägers selbst wieder, weil dieser Herrn H tatsächlich dafür verantwortlich gemacht hatte, dass der Kläger in die sog. „internationale Elite“ der Schiedsrichter nicht aufgestiegen ist, mithin nie Champions-League oder sonstige internationale Fußballspiele geleitet hat und er ferner zu den Leistungstests hierzu nicht „mehr angetreten“ ist. Die Wendung „offenbar aus Sorge,“ und „nennt anscheinend bewusst Namen, die seine Behauptungen angeblich stützen“ leiten den Leser zu dem Verständnis hin, dass hier die subjektive Überzeugung des Beklagten über innere Vorgänge und Motive des Klägers geäußert wird, wobei es sich um wertende Zwischenergebnisse des Beklagten aus den stichprobenhaft wiedergegebenen tatsächlichen Anhaltspunkten handelt.Abs. 48
dd) Auch bei der Äußerung zu 1.a) ee)Abs. 49
„Herr E bezichtigt (...) systematischen Mobbings;“Abs. 50
liegt eine Meinungsäußerung vor. Zwar ist es richtig, dass dieser Satz seinem Wortlaut nach als Tatsachenaussage formuliert ist. Dem Zusammenhang des Berichts und dem ebenfalls mitgeteilten - und den DFB- Vorständen auch bekannten - Anlass der Untersuchung entnimmt der Leser, dass es sich hierbei um eine zusammenfassende Arbeitshypothese handelt, deren Überprüfung im weiteren Text erfolgen soll. Es wird dabei der Anlass des Gutachtenauftrages, die Äußerungen des Klägers im (…) (Anlage K1) in der Überschrift (…) in der Überschrift mit dem Begriff „Mobbing“ wertend zusammengefasst. Der Begriff „Mobbing“ war dabei von dem das Interview mit dem Kläger führenden Journalisten I mit der Frage „J hat die damalige Führung scharf kritisiert, er fühlte sich gemobbt…“. eingeführt worden. Die Einzelfälle werden unter diesem Stichwort weiter diskutiert und aus der Perspektive des das Gutachten lesenden Vorstands unter diesem Schlagwort untersucht, wobei die Definition des Begriffs „Mobbing“ durch den Beklagten unter Ziff. 5.2. mitgeteilt wird. Die weiteren Ausführungen (Seite 18 unten, K2), insbesondere das Zitat des Klägers, die Vorgänge seien - dies im Kontext der Nennung der Namen (…) durch den Kläger als „Opfer“ - „exemplarisch dafür, wie Schiedsrichter auf allen Ebenen behandelt werden“ benennen ausreichende tatsächliche Grundlagen für die vom Kläger im Interview benannten Missstände im DFB, nämlich die Behandlung von Schiedsrichterkollegen (…).Abs. 51
ee) Auch die Äußerung zu 1.a) ff)Abs. 52
„es wird empfohlen, den Schiedsrichter E ab sofort nicht mehr mit Spielleitungen zu betrauen (…) Die Freistellung erfolgt zum einen aufgrund der Verfehlungen von Herrn E, insbesondere wegen (1) des auf nichtzutreffenden Behauptungen basierenden diskreditierenden Angriffs auf DFB-Funktionäre…“Abs. 53
ordnet der Senat als Werturteil ein. Denn es werden hier die Berichtsergebnisse abschließende bewertet und es wird die sich aus der Untersuchung ergebende Handlungsempfehlung des Beklagten an den Vorstand des DFB ausgesprochen.Abs. 54
2. a) Die Äußerungen greifen in die Sozialsphäre des Klägers ein. Das ist der Bereich, in dem sich die persönliche Entfaltung der Person im Kontakt mit der Umwelt, vollzieht, wozu insbesondere das berufliche Wirken gerechnet wird (Grüneberg/ Sprau, BGB, 82. Aufl. 2023, § 823 Rn. 87 mwN.). Hierzu gehören auch die Berufsehre und die soziale Anerkennung. Verletzt ist die Sozialsphäre, wenn die Äußerungen ihrem Sinngehalt nach geeignet sind, den Kläger in seinem Geltungsanspruch in der Öffentlichkeit zu beeinträchtigen. Das ist hier der Fall. Denn die Äußerungen enthalten - zusammengefasst - die Aussage, dass der Kläger, der in der Welt der Fußballbundesliga unstreitig bis zu seinem (…) Ausscheiden ein hochangesehener und hochqualifizierter Berufsschiedsrichter war, sich bei seiner erheblichen und massiven öffentlichen Kritik von Missständen im Schiedsrichterbereich von persönlichen Zielen und nicht von sachlichen Motiven habe leiten lassen. Ferner wird dem Kläger in Ziff. 1. a) aa) vorgeworfen, er habe sich zum Nachteil seines Arbeitgebers pflichtwidrig über eine Vertraulichkeitsabsprache in einem „Vieraugen“-Gespräch hinweggesetzt, und dies gegenüber einem Journalisten der Zeitung1, bei der es sich um ein besonders verbreitungsstarkes Medium handelt. Ein solche Diskreditierung des Arbeitgebers in der Öffentlichkeit durch Preisgabe vertraulicher Informationen wird im Allgemeinen sozial missbilligt. Dies gilt umso mehr, als der Beklagte als besonders angesehener Bundesligaschiedsrichter zu den sog. „Unparteiischen“ im Umfeld von Bundesligaspielen zählt und hierbei ein besonderes Ansehen als Vertrauensperson genießt.Abs. 55
b) Das Persönlichkeitsrecht des Klägers wird aber nicht schwerwiegend verletzt. Denn zum einen fällt ins Gewicht, dass das Gutachten des Beklagten nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war, sondern nur an zwei verbandsintern bestimmte Mitglieder der Leitungsebene zugänglich gemacht wurde. Die Äußerungen sind auch nicht allgemein verbandsöffentlich geworden. Denn es wurden an Dritte nur geschwärzte und sie betreffende Passagen mitgeteilt. Es sind tatsächlich auch keine konkreten Erkenntnisse oder Äußerungen des Beklagten aus dem Gutachten veröffentlicht worden. Alle vorgelegten Zeitungsartikel zeigen, dass lediglich insgesamt zusammenfassend über die Position des DFB zu den Angriffen des Klägers berichtet wird, dies aber neutral und ohne Inhalte aus dem Gutachten. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Eingriffsintensität in das Persönlichkeitsrecht des Klägers dadurch vermindert ist, dass es der Kläger selbst war, der die Auseinandersetzung durch seinen öffentlichen Angriff auf die Arbeitsweisen im Schiedsrichterwesen des DFB in der Presse eröffnet hatte. Er hat dabei selbst die verbandsinternen Ermittlungen provoziert und muss es dabei hinnehmen, dass sich der DFB hierbei mit seinen veröffentlichten Vorwürfen befasst, dies auch in schärfer Form, da er sich selbst scharf geäußert hat. Er muss dabei auch eine Debatte über und die interne Untersuchung seiner persönlichen Glaubwürdigkeit hinnehmen.Abs. 56
c) Es liegt in der Meinungsäußerung des Beklagten auch keine Schmähkritik. Wegen seines die Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG verdrängenden Effekts ist der Begriff der „Schmähkritik“ eng auszulegen. Auch eine überzogene, ungerechte oder gar ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Von einer solchen kann vielmehr nur dann die Rede sein, wenn bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund steht, der jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll (BGH, Urteil vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 -, zitiert nach juris; Urteil vom 7. Dezember 1999, VI ZR 51/99, zitiert nach iuris, Rn 29 und vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 -, zitiert nach juris Rn 20; BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 19. Februar 2019 - 1 BvR 1954/17 -, Rn. 11, juris). Hierfür liegen keine Anhaltspunkte vor. Denn alle Meinungsäußerungen haben einen sachlichen Bezug. Sie setzen sich mit den Strukturen und Verhaltensmustern im Bereich Schiedsrichterwesen des DFB auseinander.Abs. 57
3. Ob das Aufstellen der Äußerung rechtswidrig ist, ergibt sich aus der Abwägung des betroffenen Schutzinteresses des Klägers aus dem Eingriff in sein nach Art. 2 Abs. 1 GG grundrechtlich gewährleistetes allgemeines Persönlichkeitsrecht mit der nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG und Art. 10 Abs. 1 EMRK verbürgten Meinungsäußerungsfreiheit des Beklagten. Auf Seiten des Beklagten tritt daneben interessenverstärkend noch Art. 12 GG, weil die Äußerungen als Rechtsanwalt in Ausübung der Berufsfreiheit erfolgt sind. Bei der Abwägung sind alle wesentlichen Umstände, insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 29. November 2016 - VI ZR 382/15 -, Rn. 15, juris; BVerfG, Beschluss vom 08. Mai 2007 - 1 BvR 193/05 -, Rn. 22, juris).Abs. 58
Dabei treten das Grundrecht des Beklagten aus Art. 5 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG hinter den Grundrechten des Klägers zurück, wenn der Beklagte bei der Erstellung des Gutachtens grob sorgfaltswidrig methodisch vorgegangen ist, die Anwendung spezieller Kenntnisse nur vorgetäuscht hat oder sonst grob leichtfertig vorgegangen ist und dabei die Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers in Kauf genommen hat (Ahrens, Der Beweis im Zivilprozess, aaO. Rz 63; BGH, Urteil vom 18.10.1977, VI ZR 171/76 - Schriftsachverständiger“, Rz. 35.). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann in solchen Fällen ein Gutachten seinen Charakter als Werturteil nämlich verlieren, weil es, ähnlich wie bei bloßer Vortäuschung der vom Sachverständigen angeblich angewendeten Kenntnisse und Fähigkeiten, einer auf Sachkunde beruhenden Beurteilung völlig entbehrt oder hiermit zugleich die unwahre konkludente Tatsachenbehauptung aufgestellt ist, das Gutachten sei jedenfalls auf einer in Wirklichkeit nicht in Anspruch genommenen fachlichen Grundlage erstellt (BGH NJW 1999, 2736; BGH NJW 1989, 2941 (2942)). Bei Vorliegen derartig grober methodischer Fehler oder grob leichtfertig ausgeführter Untersuchungen würde dann den Persönlichkeitsrechten des Klägers der Vorzug gegenüber dem Schutz der freien Meinungsäußerung und der Berufsfreiheit des Beklagten zu geben sein (so: Ahrens: Der Beweis im Zivilprozeß, aaO., Rn. 63; Staudinger/Haager, § 823 Rn. C 144); BGH,Urteil vom 24. November 1970 - VI ZR 70/69 - NJW 1971, 284, 285 mwN.; vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 1966 - VI ZR 221/63 - NJW 1966, S 647; BGH, Urteil vom 18. Oktober 1977 - VI ZR 171/76 -, Rn. 18, juris). Dabei genügt es nicht, wenn das Gutachten z.B. nur Einseitigkeiten und Lücken aufweist oder gegenteilige Auffassungen unzureichend berücksichtigt werden (vgl. BVerfGE 90, 1, 13, juris Rn. 49; BGH, Urteil vom 2. Juli 2019 - VI ZR 494/17 -, Rn. 47, juris; 2. Juli 2019 - (VI ZR 494/17 -, Rn. 47, juris). Das Gutachten muss als solches methodisch grob fehlerhaft oder grob leichtfertig ausgeführt sein (BGH, aaO).Abs. 59
Auch bei Würdigung der vom Kläger im Schriftsatz vom 15.01.2018, Anlage K 10 (Anlagenband) zusammengefassten Vorwürfe, die er in der Berufung erneut für die Darlegung grob leichtfertigen Verhaltens des Beklagten und des Vorliegens schwerer methodischer Mängel des Gutachtens Bezug genommen hat, sind die Äußerungen nicht als rechtswidrig anzusehen.Abs. 60
a) Soweit der Kläger rügt, der Beklagte habe keine Protokollierung der durchgeführten Untersuchungsmaßnahmen, insbesondere keine Gesprächsprotokolle erstellt, stellt dies keinen grundsätzlichen methodischen Mangel dar und begründet nicht den Vorwurf einer leichtfertig sorgfaltswidrigen Gutachtenerstellung. Dabei ist für die Anforderungen an die einzuhaltende Sorgfalt zu berücksichtigen, dass Gegenstand der Auftragserteilung an den Beklagten der Beginn einer internen Untersuchung beim DFB der öffentlich in dem Interview durch den Kläger erhobenen Vorwürfe war und nicht die wissenschaftlich abschließende Aufarbeitung der Abläufe beim Einsatz und der Benotung von Schiedsrichtern. Der Bericht des Beklagten sollte den DFB in die Lage versetzen, verbandsintern weitere Ermittlungen durchzuführen und die Vorwürfe des Klägers, es sei im Schiedsrichterwesen „nach Gusto und nicht nach Leistung“ gegangen, zu überprüfen. Hierzu genügte es, die vom Beklagten interviewten 34 Personen namentlich aufzulisten, wie in Anlage K2, S. 5 und 6 geschehen. Die wörtliche Protokollierung der Gesprächsinhalte war nicht erforderlich. Es genügte die mittelbare Darstellung der wesentlichen Gesprächsergebnisse im Bericht selbst und die Offenlegung der Begründung der sich danach aus der Perspektive des Beklagten sich ergebenden subjektiven Bewertungen.Abs. 61
Aus dem Bericht ergibt sich auch, dass der Beklagte erkennbar seine subjektive Wahrnehmung der Gespräche darstellt und erläutert, welche persönlichen Schlussfolgerungen sich dadurch für ihn ergeben haben. Es war dem DFB dadurch möglich, selbst die weiteren Gespräche mit den danach relevanten und im Bericht benannten Personen zu führen und eigenständig abschließend zu bewerten.Abs. 62
b) Auch das Argument, es seien nicht alle vom Kläger benannten und nach seiner Einschätzung für die Berichtsergebnisse wichtigen Personen befragt worden, zum Beispiel die Schiedsrichterbeobachter (…), führt zu keiner anderen Bewertung des Gutachtens. Denn der Beklagte ist bei der Auswahl der Interviewpartner nicht grob leichtfertig gewesen. Zum einen hat er offengelegt, welche Gespräche er geführt hat, so dass bei später noch auftretenden Fragen jederzeit Nachermittlungen geführt werden konnten. Daneben erhielten, so auch der Vortrag des Klägers auf Seite 15 f. im Schriftsatz vom 19. April 2018 (Anlage K10), alle nicht befragten Personen die dort auf Seite 16 im Wortlaut wiedergegebene E-Mail. Danach wurden diese u.a. informiert, dass der Beklagte mit einer umfassenden Aufklärung der Vorwürfe im Schiedsrichterbereich beauftragt ist, sich zwar derzeit kein Gesprächsbedarf mit der angeschriebenen Person ergeben habe, der Angeschriebene aber gebeten werde mit dem Beklagten „… Kontakt aufzunehmen, sofern (du) konkrete Nachweise zur Bestätigung oder zum Widerlegen der Vorwürfe (- die nachfolgend aufgelistet werden -) hast.“ Diese Wortwahl ist auch in der Sache nicht methodisch zu beanstanden. Soweit der Kläger dazu noch meint, die in der E-Mail benutzten Begrifflichkeiten „Manipulation“, „systematisches Mobbing“, „Spionage“, „Untragbarkeit von F als Schiedsrichter“ stammten nicht von ihm und würden ihm zu Unrecht zugeordnet, ist dies kein Hinweis auf eine etwa grob sorgfaltswidrige Wortwahl. Denn dem Beklagten stand als Gutachter ein eigener Ermessensspielraum zu, wie er die sich aus den öffentlichen Vorwürfen des Klägers ergebenden internen Untersuchungsfragen fasst. Dabei fällt ins Gewicht, dass Gegenstand des Gutachtens Äußerungen des Klägers in dem Interview mit der Überschrift (…) waren. Dabei ging es um Vorwürfe des Klägers, ob Betroffene „schikanös“ behandelt wurden und weitere Vorwürfe des Klägers im Interview (Anlage K1, Anlagenband) wie „… haben sich die beiden ((…)) ihre Schiedsrichterlisten so zusammengebastelt wie sie es wollen.“ „Es ging dabei nicht um Leistung … Belege für diverse Eingriffe gab es genügend“; „…es fällt auf, dass in den vergangenen Jahren alle, die nicht uneingeschränkt …. zu allem ja und Amen gesagt haben, auf verschiedenen Ebenen bearbeitet wurden.“. Es war Sache des Klägers diese Themen schlagwortartig zusammenzufassen.Abs. 63
c) Der Kläger macht geltend, das Gutachten sei auch deshalb grob fehlerhaft, weil zu bezweifeln sei, dass der Beklagte in der kurzen Zeit die etwa 3.672 Datensätze zu der Vergabe der Schiedsrichterbeobachtungsnoten habe auswerten können, da er - bei Zugrundelegung von 5 Minuten pro Datensatz - 306 Stunden dafür aufwenden müssen. Dem kann nicht gefolgt werden. Denn zum einen lag der Schwerpunkt der Untersuchung in der Befragung von 34 Interviewpartnern, die auf Seite 5 und 6 des Berichts namentlich aufgeführt sind. Die Auswertung von Datensätzen hatte nach dem Vorgehen des Beklagten nur indizielle Bedeutung und wurde auch nur stichprobenartig ausgeführt. Dabei wurden besonders die Datensätze angeschaut, bei denen Noten nach unten oder vom Durchschnitt abwichen. Ergänzend wurden zufällig ausgewählte Stichproben herangezogen und nach Namen einzelne Personen mit ihren Bewertungen ausgewertet. Er beschreibt beispielhaft die Bewertung eines Spiels durch den Videoassistenten K, und erläutert nachvollziehbar deren Bewertung. Damit zeigt der Beklagte aber eine Methodik auf, die gemessen an dem Untersuchungsauftrag, eine erste Bewertung vorzunehmen, um den DFB zu weiteren internen Prüfungen in die Lage zu versetzen, nicht zu beanstanden ist. Eine gründliche Analyse aller Datensätze war dafür nicht erforderlich.Abs. 64
d) Der Kläger beanstandet, der Beklagte habe das ihm vom Beklagten am 31. Dezember 2017 übersandte stichpunktartige Gesprächsprotokoll des Gesprächs mit ihm am (…) entgegen der ihm gegebenen Zusagen trotz des von ihm mitgeteilten Korrekturbedarfs nicht geändert. Auch dieser Umstand deutet nicht auf ein grob leichtfertiges Vorgehen des Beklagten bei der Berichterstellung hin. Zwar ist es richtig, dass bei Protokollen von Gesprächen, gerade wenn sie von einem Teil zusammengefasst werden, eine Abstimmung der Wortwahl sinnvoll ist. Allerdings war es hier der Kläger, der trotz Zusage des Beklagten, Korrekturen zu berücksichtigen, ihm diese nach der E-Mail vom 31.12.2017 tatsächlich nicht übermittelt hat. Dabei hatte der Beklagte den Kläger telefonisch am 5. Januar 2018 noch darüber informiert, dass er einen Vorbericht erstellen müsse, der am 6. Januar 2018 fertiggestellt würde. Gleichwohl ging beim Beklagten erst am 16. Januar 2018 eine SMS des Klägers ein, dass er jetzt per Mail die Korrekturen zu dem Gesprächsprotokoll senden werde, die dann am 19. Januar 2018 erst einging. Wenn mithin die Korrekturen nicht mehr berücksichtigt werden konnten, begründet diese keine Pflichtverletzung des Beklagten, da der Kläger die ausreichende Gelegenheit zur Rückmeldung nicht genutzt hat. Auf die Ablaufschilderung auf Seiten 11 und 12 Anlage K10 nimmt der Senat Bezug.Abs. 65
Auch in der Sache lassen die vom Kläger danach noch gewünschten Korrekturen des Gesprächsprotokolls nicht erkennen, dass der Beklagte dieses grob leichtfertigt falsch erstellt hat, wie dies der Kläger meint. Denn die auf Seiten 36 bis 40 der Anlage K10 benannten Einzelkorrekturen sind nicht von einem Gewicht, die auf eine grobe Verfälschung oder Fehldeutung des Gesprächsinhaltes vom (…) durch den Beklagten hindeuten. Ob zum Beispiel der „DFB L aus dem operativen Geschäft nehmen wolle“ (2. Bullet-Point) oder dies bereits am (…) geschehen war, ist für den zu prüfenden Sachverhalt unwichtig. Dass die Kritikpunkte zum Beispiel im 6., 13.,17., 18., 24. und 25. „Bullet-Point“ nicht wörtlich und mit dem vom Kläger gewünschten Wortlaut ausführlich ins Protokoll eingeflossen sind, sondern nur sinngemäß zusammengefasst wurden, ist nicht grob pflichtwidrig. So macht es keinen Unterschied, ob z.B. im 17. Bullet-Point die Wendung des Beklagten „(…) habe nicht reagiert“ durch die ausführliche Darstellung des Beklagten „Außer einer sms kam keine Reaktion über mehrere Wochen, … erst dann Ende September“ ersetzt worden wäre. Auch die Frage, ob der DFB das „Leitbild“ „nicht veröffentlicht“ oder „nicht umgesetzt“ hat (26. Bullet-Point, Seite 29 Anlage K10), ist für die weiteren Wertungen und Untersuchungen des Beklagten ohne Belang. Auch die vom Kläger hier erneut benannte Nichtwiedergabe im Gesprächsprotokoll der Aussage des H gegenüber Frau M nach dem Länderspiel im Hotel N (Stadt1), „Konzentrier dich auf Deine Aufgabe im Frauenfußball! Ist doch auch schön! Bei den Männern bist Du schon jetzt in der zweiten Liga am Limit, immer im roten Bereich“, ist kein Hinweis auf grobe Fehlerhaftigkeit der Gesprächsführung, Protokollierung oder Wahrnehmung der Inhalte des Gesprächs mit dem Kläger. Denn hierzu bedurfte es, wie oben ausgeführt, keiner wörtlichen Protokollierung. Es war Auftrag des Beklagten, in den geführten Interviews eine eigene Einschätzung der Vorwürfe abzugeben. Er war nicht verpflichtet, dabei wörtlich Wertungen des Klägers zu übernehmen oder aufzuschreiben. Soweit der Beklagte dabei auch die Wendung „angeblich“ hinzusetzt, enthält dies keine Abwiegelung, sondern beschreibt nur, dass ihm gesagt wurde, die Äußerung sei so gefallen, was zutrifft. Dass der Beklagte im 4. Bullet-Point ggf. falsch notiert habe, dass es nicht zum „Streit zwischen L und E im Januar 2016 kam“, weil es stattdessen zu „Streitgesprächen zwischen verschiedenen Schiedsrichtern u.a. Herrn O mit Herrn L“ kam, wie der Kläger beanstandet, ist kein hinreichendes Indiz für ein grob leichtfertiges Vorgehen des Beklagten im Zusammenhang mit der Gesprächsnotiz.Abs. 66
e) Soweit der Kläger noch beanstandet, der einheitlich unter dem 15. Januar 2018 datierende Bericht sei in verschiedenen Fassungen erstellt worden, wobei der DFB Einfluss auf Veränderungen der Feststellungen genommen habe, lässt sich eine grobe Fehlerhaftigkeit des Berichts insgesamt anhand der vom Kläger hierzu benannten Beispiele für Verkürzungen oder Veränderungen nicht nachvollziehen. Ob zum Beispiel das Wort „vertraulich“ mit Blick auf die Äußerungen der Interviewpartner eingefügt oder weggelassen wird, verändert nicht die Gesamtaussage der hieraus vom Beklagten gezogenen Schlussfolgerungen, zumal in der letzten Fassung ebenso wie in der ersten Fassung offenbar das Wort „vertraulich“ nicht enthalten war. Unstreitig ist, dass jedenfalls die Interviewpartner hierzu angehört worden sind, um dabei zu aus ihrer Perspektive falsche Darstellungen Stellung nehmen zu können. Auch die auf Seite 47 der Anlage K10 dargestellte Veränderung, wonach hinzugefügt wurde „, was … bestätigte“. Ist für die Gesamtbewertung der Sorgfalt ohne Gewicht. Denn die Zusendung der Fassungen sollte gerade dazu dienen, Lücken und Fehler aus der Perspektive der hierbei Befragten nachzuarbeiten. Dabei ist die subjektive Sicht des Klägers nicht geeignet, sich dabei ergebende Korrekturen zu bewerten.Abs. 67
f) Soweit der Kläger die Äußerungen von Herrn O zum Beleg seiner Ansicht, der Bericht weise in der Langfassung gravierende inhaltliche Mängel auf (vgl. Seite 48 ff. Anlage K10) heranzieht, ist dies nicht nachvollziehbar. Denn unerheblich ist, ob Herr O oder der Kläger den Vorwurf erhoben haben, dass Herr L „als Supervisor unbefugt Einfluss auf die Entscheidungen des zuständigen Videoassistenten genommen hat oder ein Spiel zugunsten oder zulasten einer Mannschaft manipuliert hat“. Denn die Zusammenfassung benennt hier die Person nicht, die das mitgeteilt hat. Zum anderen trifft es zu, dass der Beklagte insgesamt in seinem Bericht zu dem Ergebnis (Nr. (4) der Zusammenfassung, K2, Seite 2) kommt, dass es jedenfalls „Eingriffe aufgrund der Kommissionsmeinung, die in der Regel von Herrn G oder Herrn P, zum Teil auch von Herrn L an die Beobachter weitergegeben wurden, teilweise bevor diese ihren Bogen erstellt hatten, gegeben hat. Es wird ausgeführt, dass so jedenfalls „Einzelpersonen große Macht eingeräumt (war), die das Risiko der ungerechtfertigten Einflussnahme erhöht hat“, was aufgrund der weiteren dort angeführten Faktoren die Empfehlung des Beklagten ergab, das Beobachtungssystem grundlegend zu ändern, was 2017/2018 umgesetzt wurde. Diese Bewertung des Gutachters ist im Gesamtkontext nachvollziehbar und deutet nicht darauf hin, dass der Beklagte zu dieser Bewertung aufgrund grob fehlerhafter Arbeitsweise gelangt ist.Abs. 68
Gleiches gilt für die Ausführungen zur Kritik des Klägers an der Karriereentwicklung von Schiedsrichter F (Seite 52 ff. Anlage K10). Denn dass der Kläger hier im Ergebnis zu der Person F und den sich daran anknüpfenden Äußerungen eine andere Bewertung haben mag als der Beklagte, ist für die Berichtsqualität und die daran anzulegenden methodischen Maßstäbe als solche unerheblich.Abs. 69
g) Der Kläger rügt weiter, die grob leichtfertige Vorgehensweise bei der Erstellung des Gutachtens ergebe sich auch daraus, dass der Beklagte nicht alle Gesprächsergebnisse in seinem Bericht ausgewertet habe. So seien Angaben von M in einem Telefonat und die Gespräche mit (…) gar nicht in den Bericht eingeflossen, das Gespräch mit Herrn Q nur unvollständig, was sich aus dessen eidesstattlicher Versicherung in Anlage K9 vom 20. März 2018 ergebe. Auf diese Weise seien (…) belastende Details und den Schlussfolgerungen des Beklagten entgegenstehende Angaben von Gesprächspartnern nicht in die Bewertung des Beklagten einbezogen worden. So habe auch Herr Q Versuche für Notenmanipulationen im Schiedsrichterwesen bestätigt, was sich aus neben Anlage K9 und aus dem Online-Beitrag im (…) (Anlage K13, Bl. 152 f. d.A.) ergebe. Auch diese Argumentation führt nicht zu einer anderen Beurteilung des Gutachtens. Es ist weist keine groben Einseitigkeiten oder Lücken auf und es werden auch die gegenteiligen Auffassungen hinreichend berücksichtigt.Abs. 70
Denn den Angaben in der eidesstattlichen Versicherung von Herrn Q (K9) ist zu entnehmen, dass die Inhalte des Gesprächs zwischen Herrn Q und Herrn P dahingehend zutreffend wiedergegeben wurden, dass Herr P zu ihm (Herrn Q) wörtlich gesagt habe, „Wenn du den Bogen nicht korrigierst, macht die Kommission den üblichen Vermerk“, was im Kontext der Untersuchung ein erheblicher Vorwurf darstelle und letztlich auch die kritische Bewertung der Beurteilungspraxis im Schiedsrichterwesen mit geprägt hat. Denn es wird in der Zusammenfassung des Berichts (Nr. (4), S. 23) darauf verwiesen, dass „darauf zu achten ist, wie bestimmte Äußerungen und Entscheidungen beim Empfänger ankommen“ und „es (werden) - zum Teil - verletzende Äußerungen gemacht oder Handlungen vorgenommen, die den Druck auf den Schiedsrichter weiter erhöhen oder von diesem als zusätzlicher Druck empfunden werden“. Ob dagegen Herr Q daneben wörtlich gegenüber Herrn G auch noch gesagt hat, dass „(…) eine Retourkutsche gewesen sei“, oder ob er lediglich, wie er dies eidesstattlich versichert, „von Enttäuschung meinerseits gesprochen“ hatte, die er auch „gegenüber (…) zum Ausdruck gebracht habe“, ist für die Bewertung der Gesamtpassage weniger schwerwiegend. Denn jedenfalls hat Herr Q bestätigt, dass er (…) wegen seines Gerechtigkeitsempfindens und zur Aufklärung der Missstände in der Führung“ gegeben hatte. Die von Herrn Q dabei angesprochenen „Missstände“ und die weiteren Sachverhalte wurden dabei vom Beklagten in seiner Gesamtkritik des Schiedsrichterwesens beim DFB deutlich aufgegriffen und ausgesprochen, auch wenn nicht immer dabei Namen genannt werden. Gleiches gilt für die vom Kläger noch weiter mitgeteilten Ausführungen von (…) (S. 67 und 8). Auch diese finden sich nachvollziehbar in der negativen Gesamtbewertung des Beklagten vom Schiedsrichterwesen im DFB wieder. Selbst wenn der Beklagte dabei einzelne Sachverhalte - wie dies der Kläger meint - nicht ausdrücklich benannt hat oder sogar nicht vollständig ausgewertet haben sollte, liegt jedenfalls insgesamt keine einseitige oder grob lückenhafte Darstellung vor.Abs. 71
Dies belegt auch die tabellenartige Darstellung der Gesprächsdokumentation vom 17. Oktober 2017 des DFB (Anlage B5). Aus diesen rechtfertigen sich insgesamt vertretbar die vom Beklagten gegebenen Gesamtbewertungen des Untersuchungsgegenstandes.Abs. 72
h) Entgegen der Ansicht des Klägers gelten die im Äußerungsrecht von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze für eine Verdachtsberichterstattung für die vom Gutachten zu wahrenden Anforderungen nicht. Denn zum einen enthalten die gutachterlichen Äußerungen - wie oben ausgeführt - keine Verdachtsbehauptungen, sondern legen die Meinung des Gutachters dar. Zum anderen handelt es sich bei dem Gutachten auch nicht um eine Berichterstattung in der medialen Öffentlichkeit, sondern um eine verbandsinterne Untersuchung des DFB, die als solche auch zu keinem Zeitpunkt in die mediale Öffentlichkeit gelangt ist. Dies belegen die hierzu von den Parteien in diesem Zusammenhang vorgelegten umfangreichen Presseartikel. Im Übrigen ist es unstreitig, dass das Gutachten nur an die damit im DFB befassten Personen gelangt ist.Abs. 73
Nach alledem liegen keine Anhaltspunkte vor, dass hier die Interessen des Klägers am Schutz seines Persönlichkeitsrechts allein wegen des Vorwurfs der grob leichtfertigen Erstellung des Gutachtens oder wegen Anwendung grob fehlerhafter Methoden gegenüber der Meinungs- und Berufsfreiheit des Klägers der Vorzug zu geben ist. Hinzu kommt, dass der Kläger selbst die Debatte innerhalb des DFB mit seiner scharfen öffentlichen Kritik verursacht hat. Es muss sich danach eine Auseinandersetzung mit diesen Positionen gefallen lassen. Dies schließt die Untersuchung seiner Glaubwürdigkeit mit ein.Abs. 74
II.Abs. 75
Zu Recht hat das Landgericht einen Schadensersatzanspruch und auch den Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung des Klägers und den Anspruch auf Widderruf der Äußerungen abgewiesen. Denn die angegriffenen Äußerungen des Beklagten waren nicht rechtswidrig. Im Übrigen besteht gegenüber Meinungsäußerungen eines Gutachters kein Widerrufsanspruch. Auf die Ausführungen unter Ziff. I.1. b) aa) nimmt der Senat Bezug (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 1977 - VI ZR 171/76 -, Rn. 17, juris; BGH, Urteil vom 11. April 1989, VI ZR 293/88, Rz 21, zitiert nach juris; Ahrens, aaO.).Abs. 76
C.Abs. 77
Da das Rechtsmittel des Klägers erfolglos war, hat er gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 und 2 ZPO.Abs. 78
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern.Abs. 79
Der Streitwert war gemäß §§ 48 Abs. 2, 47 Abs. 1 GKG entsprechend der erstinstanzlichen Festsetzung und entsprechend dem vom Klägervertreter in der Klageschrift angegebenen Wert seines Interesses auf 155.000,- € festzusetzen.Abs. 80

(online seit: 30.01.2024)
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok, Abs.
Zitiervorschlag: Frankfurt a.M., OLG, Unterlassung gutachtlicher Äußerungen über einen Fußballschiedsrichter - JurPC-Web-Dok. 0015/2024