| Joachim von Ungern-Sternberg [*] | |
| Zur Geltung des allgemeinen Zivilrechts für die Rechtsbeziehungen zwischen Verwertungsgesellschaft und Berechtigtem | |
| - zugleich eine Erwiderung auf Müller und Vinokurova, Wahrnehmungsverträge von Verwertungsgesellschaften und Änderung der Wahrnehmungsbedingungen, GRUR 2021, 1350 | |
| JurPC Web-Dok. 33/2022, Abs. 1 - 84 | |
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| Verwertungsgesellschaften leisten einen unentbehrlichen Beitrag dafür, dass Urheber und Leistungsschutzberechtigte eine angemessene Vergütung für ihre kreativen Leistungen erhalten. Die faktische Monopolstellung der Verwertungsgesellschaften in ihren jeweiligen Geschäftsbereichen kann jedoch auch Missbräuche in ihren Rechtsbeziehungen zu den Berechtigten begünstigen. Eine wirksame gerichtliche Kontrolle ist daher unabdingbar. | Abs. 1 |
| I. Ausgangslage: Notwendigkeit der gerichtlichen Kontrolle | |
| Verwertungsgesellschaften wie die GEMA und die VG Wort sind zwar nicht rechtlich, aber faktisch Monopolgesellschaften. Ihre Erträge aus der Wahrnehmung urheberrechtlicher Befugnisse gegenüber Nutzern sind für viele Berechtigte ein wesentlicher Teil ihrer wirtschaftlichen Lebensgrundlage. Einzelne Berechtigte haben jedoch kaum eine Möglichkeit, auch nur festzustellen, ob die Verwertungsgesellschaft, denen sie ihre Rechte zur Wahrnehmung anvertrauen, ihnen gegenüber rechtlich einwandfrei handelt.[1] Nur ausnahmsweise versucht ein Berechtigter, seine Rechte gegen eine Verwertungsgesellschaft im Klageweg durchzusetzen. Für den einzelnen Urheber ist das kaum jemals wirtschaftlich sinnvoll.[2] Eine Bereitschaft von Urheberrechtsverbänden, solche Klagen zu unterstützen, auch wenn sie dem Interesse aller Urheberberechtigten dienen, ist nicht erkennbar.[3] Aus gutem Grund unterliegen die Verwertungsgesellschaften daher der Aufsicht durch das Deutsche Patent- und Markenamt (§§ 75 ff. VGG). | Abs. 2 |
| Es bestehen jedoch erhebliche Zweifel, ob die Aufsicht ihre Befugnisse tatsächlich wirksam zum Schutz der Urheberberechtigten wahrnimmt.[4] Diese Zweifel stützen sich u.a. darauf, dass in den letzten Jahrzehnten keine förmlichen Verfügungen der Aufsichtsbehörde gegen Verwertungsgesellschaften feststellbar sind, die gegen rechtswidrige Maßnahmen von Verwertungsgesellschaften gegenüber den Urheberberechtigten gerichtet waren.[5] Beschwerdeführende Urheberberechtigte kann die Aufsichtsbehörde darauf verweisen, dass sie nach § 75 II VGG ihre Aufgaben und Befugnisse nur im öffentlichen Interesse wahrnimmt. Aufgrund der Zweifel am Schutz der Urheberberechtigten durch die Aufsichtsbehörde ist bereits von der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags „Kultur in Deutschland“[6] und dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags[7] gefordert worden, die Staatsaufsicht einer Regulierungsbehörde des Bundes zu übertragen. Sinnvoll wäre es, das Bundeskartellamt mit dieser Aufgabe zu betrauen, weil diese Behörde bereits die kartellrechtliche Missbrauchsaufsicht über die Verwertungsgesellschaften ausübt.[8] Da dieser Vorschlag bisher in keiner Weise aufgegriffen wurde und sich daran auch in Zukunft kaum etwas ändern wird, ist es für die Urheberberechtigten von größter Bedeutung, dass wenigstens die Kontrolle der Verwaltungspraxis der Verwertungsgesellschaften durch die ordentlichen Gerichte nicht von vornherein ausgeschlossen oder erschwert wird. | Abs. 3 |
| Vor diesem Hintergrund sind die jahrzehntelangen Bemühungen von Verwertungsgesellschaften zu sehen, ihre Kontrolle durch das allgemeine Zivilrecht, insbesondere durch das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, so weit wie möglich auszuschließen. | Abs. 4 |
| II. Anwendung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen | Abs. 5 |
| 1. Wahrnehmungsverträge als AGB | |
| Der frühere Generaldirektor der GEMA Erich Schulze ging am weitesten mit dem Versuch, die Wahrnehmungsverträge von Verwertungsgesellschaften mit ihren Berechtigten nach Möglichkeit dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu entziehen. Auf der Grundlage der überholten Vorstellung, Wahrnehmungsverträge enthielten Elemente des Gesellschaftsvertrags,[9] folgerte er aus der Freistellung der Gesellschaftsverträge vom AGB-Recht (früher § 23 I AGB-Gesetz, jetzt § 310 IV BGB), dass das Rechtsverhältnis der Berechtigten und der Verwertungsgesellschaften „häufig“ nicht dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliege.[10] Diese Ansicht entsprach allerdings zu keiner Zeit der Realität der Rechtsbeziehungen von Verwertungsgesellschaften wie der GEMA und der VG Wort zu ihren Berechtigten. Diese Verwertungsgesellschaften waren schon deshalb im Verhältnis zu den Berechtigten weit überwiegend nur Geschäftsbesorger zur Wahrnehmung der eingebrachten Rechte, weil – nicht anders als heute – nur ein verhältnismäßig sehr geringer Teil der Berechtigten zu ihren Mitgliedern gehörte. Die Berechtigten der VG Wort hatten ganz überwiegend nicht einmal einen Wahrnehmungsvertrag geschlossen und brachten ihre Rechte durch einfache Meldung ihrer Werke ein. Erst seit dem 1.2.2018 wird von der VG Wort durchweg der Abschluss eines Wahrnehmungsvertrags gefordert.[11] Gegen die Rechtsnatur des Wahrnehmungsvertrags als eines reinen Geschäftsbesorgungsvertrags spricht auch nicht, dass die Verwertungsgesellschaft Rechte nur dann gegenüber Nutzern wirksam wahrnehmen kann, wenn eine Vielzahl von Rechtsinhabern entsprechende Rechte bei ihr einbringt, und die Wahrnehmungserträge wieder unter der Vielzahl von Rechtsinhabern zu verteilen sind. Die kollektive Rechtswahrnehmung durch die Verwertungsgesellschaft als eine für zahlreiche Rechtsinhaber tätige Geschäftsbesorgerin (§ 2 I VGG) macht die Rechtsinhaber nicht zu einem Kollektiv, erst recht nicht zu einer Solidargemeinschaft.[12] | Abs. 6 |
| Die Behauptung, der Wahrnehmungsvertrag sei ein typengemischter Vertrag, der gesellschaftsrechtliche Elemente enthalte, sollte danach lediglich dazu dienen, die Urheberberechtigten als Vertragspartner der Verwertungsgesellschaft Kollektivzwängen zu unterwerfen und die Geltung des allgemeinen Zivilrechts für die Rechtsbeziehungen aus dem Wahrnehmungsvertrag abzustreiten.[13] Dadurch sollte die Schutzfunktion des Zivilrechts für die Urheberberechtigten ausgehebelt werden. Der BGH beurteilt dagegen seit Jahrzehnten die Wahrnehmungsverträge von Verwertungsgesellschaften wie der GEMA und der VG Wort als Allgemeine Geschäftsbedingungen.[14] | Abs. 7 |
| 2. Keine Unterscheidung nach Mitgliedern und Nichtmitgliedern | |
| Auch nach dem Urteil des BGH „Klausurerfordernis“, das im Jahr 2001 die Rechtsansicht bekräftigte, dass Wahrnehmungsverträge Allgemeine Geschäftsbedingungen sind,[15] wurden die Versuche fortgesetzt, unter Berufung auf die Bereichsausnahme für Gesellschaftsverträge (§ 310 IV BGB) die Anwendung des AGB-Rechts auf Wahrnehmungsverträge einzuschränken. So vertrat der frühere Vorstand der VG Wort Melichar noch im Jahr 2010 in ausdrücklichem Widerspruch zu Urteilen des BGH[16] die (von ihm als hM bezeichnete) Ansicht, nach § 310 IV BGB seien Wahrnehmungsverträge dem AGB-Recht nicht unterworfen, wenn sie von Verwertungsgesellschaften mit ihren vereinsrechtlichen Mitgliedern geschlossen worden seien.[17] Diese unvertretbare[18] Ansicht wurde von der GEMA noch im Verfahren „Missbrauch des Verteilungsplans“ vorgebracht.[19] Sie hatte wohl den Zweck, Klagen auf der Grundlage des AGB-Rechts vorzubeugen, weil solche Klagen allenfalls von Mitgliedern erhoben werden. Sie wurde erst nach dem Urteil des BGH in diesem Verfahren und dem Urteil des BGH „Verlegeranteil“ aufgegeben.[20] In diesen Urteilen wurde erneut betont, dass sich die rechtlichen Wirkungen des Wahrnehmungsvertrags auch bei ordentlichen Mitgliedern allein aus dem Wahrnehmungsvertrag ergeben.[21] | Abs. 8 |
| Trotz dieser stRspr des BGH meint Riesenhuber nunmehr, dass alle Änderungen der Satzung und des Verteilungsplans für Mitglieder der Verwertungsgesellschaft schon kraft der Mitgliedschaft auch für ihre Rechtsbeziehungen aus dem Wahrnehmungsvertrag verbindlich seien, ohne dass es einer vertragsrechtlichen Einbeziehung der Änderungen in den Wahrnehmungsvertrag bedürfe.[22] Diese Ansicht vermengt jedoch die Wirkung, die Satzungsänderungen und Beschlüsse der Vereinsorgane auf die vereinsrechtliche Stellung der Berechtigten als Mitglieder haben, mit deren Sonderbeziehung zur Verwertungsgesellschaft, die durch den Wahrnehmungsvertrag begründet wurde. Im Ergebnis würde so eine Bereichsausnahme für die Geltung des AGB-Rechts eingeführt, wie sie in § 310 IV 1 BGB für Verträge auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts bestimmt ist.[23] Dass dies nicht der Rechtslage entspricht, zeigt bereits der Umstand, dass auch die Bereichsausnahme für das Gesellschaftsrecht (nach zumindest ganz hM) nach ihrem Sinn und Zweck nicht eingreift, wenn der Kern einer Regelung eine schuldrechtliche Austauschbeziehung und nicht ein gesellschaftsrechtlich geprägtes Mitgliedschaftsrecht betrifft.[24] Die Ansicht von Riesenhuber würde die Mitglieder der Verwertungsgesellschaft, die vielfach existenziell auf die Erträge aus der Rechtswahrnehmung angewiesen sind, bei der Gestaltung der Wahrnehmungsbedingungen – entgegen dem Schutzzweck des AGB-Rechts – praktisch dem freien Belieben der Verwertungsgesellschaft ausliefern.[25] | Abs. 9 |
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| Die Wahrnehmungsverträge der Verwertungsgesellschaften erklären in der Regel die Verteilungspläne durch Einbeziehungsklauseln zu ihren Bestandteilen.[26] Dadurch werden auch die Verteilungspläne zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen und unterliegen ebenso wie der Wahrnehmungsvertrag der AGB-Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB.[27] Vertreter von Verwertungsgesellschaften sind gleichwohl der Ansicht, die Anforderungen des AGB-Rechts seien auf die materiellen Verteilungsregeln der Verteilungspläne nicht anwendbar, weil diese allein an § 27 I VGG (früher § 7 UrhWG) zu messen seien.[28] Mit dieser Begründung wird auch die Ansicht vertreten, dass das Willkürverbot des § 27 I VGG dem Angemessenheitsgebot des § 9 S. 2 VGG (früher § 6 I 1 UrhWG) als lex specialis vorgehe.[29] Der Zweck dieser Konstruktionen ist es, die Kontrolle der Verteilungsregeln auf die Frage zu beschränken, ob diese willkürlich seien.[30] Riesenhuber hat die Begründung für diese Kontrollbeschränkung schon im Jahr 2004 besonders deutlich formuliert.[31] Er vertrat die Ansicht, der Gesetzgeber habe den Verteilungsplan bewusst nur einer Willkürkontrolle unterzogen. Dazu führte er aus: | Abs. 10 |
| „Das hat gerade deswegen einen guten Sinn, weil eine werkbezogene Anteilsbemessung bei der praktisch weithin notwendigen kollektiven Rechtewahrnehmung unmöglich ist. Hier hat die Verteilung der Einnahmen durch die Betroffenen selbst eine besondere Legitimation für sich. Wer könnte besser über die Verteilung bestimmen, als die Berechtigten selbst in einem vereinsdemokratischen Verfahren? Rechtfertigt hier auch nicht die Marktkontrolle die Freistellung, so ist sie doch aus den besonderen, vom Gesetzgeber anerkannten Gründen der kollektiven Rechtswahrnehmung ebenso gerechtfertigt. Das bedeutet, wie vorsorglich erneut hervorzuheben ist, keineswegs eine Freistellung von jeglicher Kontrolle. Vielmehr verbleibt es bei der vom Gesetzgeber in § 7 UrhWG speziell eingerichteten Überprüfung.“ | Abs. 11 |
| Die Ansicht, eine gerichtliche Kontrolle der materiellen Verteilungsregeln habe sich auf eine Willkürkontrolle zu beschränken, wird hier mit einem bloßen Narrativ begründet. Die tatsächlichen Verhältnisse bei den Verwertungsgesellschaften sehen ganz anders aus. Von einer Verteilung der Wahrnehmungserlöse durch die Berechtigten selbst kann bei Verwertungsgesellschaften wie der GEMA und der VG Wort keine Rede sein. Nur ein sehr kleiner Teil der Berechtigten gehört diesen Verwertungsgesellschaften als Mitglied an und wäre damit berechtigt, in den Mitgliederversammlungen mitzuwirken.[32] Von den Mitgliedern nimmt zudem nur ein verschwindend kleiner Teil an den Mitgliederversammlungen teil. Die Beschlussfassung findet bei der GEMA und der VG Wort überdies auf der Grundlage eines Berufsgruppensystems (sog. Kuriensystem) statt, das Entscheidungen gegen die Stimmen einzelner Berufsgruppen ausschließt.[33] Änderungen der Verteilungsregeln könnte eine Berufsgruppe deshalb blockieren, was allerdings zur Folge hätte, dass die betroffenen Ausschüttungen an die Urheberberechtigten, die teilweise dringend auf diese angewiesen sind, bis zu einer gerichtlichen Klärung zumindest stark verzögert würden. | Abs. 12 |
| Die innere Organisation von Verwertungsgesellschaften wie der GEMA und der VG Wort entspricht daher eher ständestaatlichen als vereinsdemokratischen Verhältnissen.[34] Eine wirksame vereinsinterne Kontrolle durch die Berechtigten gibt es nicht.[35] Die meisten Mitglieder und erst recht die Nichtmitglieder kennen die internen Verhältnisse der Verwertungsgesellschaften nicht. Schon formal haben Nichtmitglieder keinen nennenswerten Einfluss auf die Verwaltungspraxis, da sie in der Mitgliederversammlung nur durch Delegierte mitwirken können (§ 20 VGG). Die Verwertungsgesellschaften sind der Sache nach nicht einmal Selbstverwaltungsorganisationen der Mitglieder, erst recht nicht der weitaus größeren Zahl der Nichtmitglieder. Es ist daher realitätsfern, wenn auch Müller und Vinokurova ausführen:[36] | Abs. 13 |
| „Verwertungsgesellschaften sind Treuhänder der Berechtigten. Sie sind von den Berechtigten selbst geschaffene Organisationen, die deren Interessen gegenüber den Verwertern vertreten. Die Willensbildung einer Verwertungsgesellschaft erfolgt durch die Berechtigten im Rahmen der Mitgliederversammlung, der auch die Entscheidung über Änderungen des Berechtigungsvertrags obliegt. Zwischen den Parteien des Wahrnehmungsvertrags besteht deshalb nicht der Interessengegensatz, der für einen Austauschvertrag kennzeichnend ist.“ | Abs. 14 |
| Die Urheberberechtigten, die der GEMA und der VG Wort ihre Rechte zur Wahrnehmung anvertrauen, haben diese Verwertungsgesellschaften nicht geschaffen. Sie sind auf diese Monopolgesellschaften angewiesen und haben fast ausnahmslos keinen Einfluss auf ihre Entscheidungen. Dies wirkt sich auch auf die Verwaltungspraxis dieser Verwertungsgesellschaften aus.[37] Es ist nur eine Behauptung, dass die Verwertungsgesellschaft nicht im eigenen Interesse tätig sei und ihre Mitgliederversammlung nur solche Änderungen der Wahrnehmungsbedingungen beschließe, die im Interesse der weit überwiegenden Mehrheit der Berechtigten lägen.[38] Vielmehr ist Marz zuzustimmen, wenn er feststellt: „Bei Verwertungsgesellschaften treten Principal-Agent- und besonders Principal-Principal-Konflikte[39] in hohem Maße auf.“[40] | Abs. 15 |
| Die Rede von einer vereinsdemokratischen Selbstverwaltung der Berechtigten auch in Fragen der Verteilung der Wahrnehmungserlöse[41] ist nicht nur eine romantische Verklärung der internen Verhältnisse der Verwertungsgesellschaften. Sie wird nach wie vor dafür benutzt, weitreichende Beschränkungen der gerichtlichen Kontrolle der Verwertungsgesellschaften als „staatsfernen Selbstverwaltungsorganisationen“[42] zu begründen. | Abs. 16 |
| Im Ergebnis laufen diese Bestrebungen darauf hinaus, die Urheberberechtigten im Verhältnis zu den Verwertungsgesellschaften weitgehend rechtlos zu stellen. Demgegenüber hat der BGH in seiner Rechtsprechung den Schutz, den das allgemeine Zivilrecht den Urheberberechtigten gegenüber rechtswidrigen Verwaltungspraktiken von Verwertungsgesellschaften bietet, bisher immer aufrechterhalten. In stRspr hat er entschieden, dass der Verteilungsplan, wenn er durch Einbeziehung in den Wahrnehmungsvertrag dessen Bestandteil wurde, der vollen AGB-Kontrolle unterliegt.[43] | Abs. 17 |
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| Die in den Wahrnehmungsvertrag als AGB einbezogenen Bestimmungen des Verteilungsplans sind nach § 307 I BGB unwirksam, wenn sie die Berechtigten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.[44] Nach § 307 II Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. | Abs. 18 |
| Eine Verteilungsregel ist daher bei der AGB-Prüfung auch an den Grundgedanken zu messen, die den gesetzlichen Anforderungen an Verteilungspläne nach § 27 I VGG zugrunde liegen. Im Hinblick auf den Wortlaut dieser Vorschrift wird allerdings seitens der Verwertungsgesellschaften die Ansicht vertreten, die Kontrolle von Verteilungsregeln sei durch § 27 I VGG auf das Willkürverbot beschränkt. Die Verwertungsgesellschaft habe deshalb, wie sich aus den Urteilen des BGH „Verrechnung von Musik in Werbefilmen“[45] und „Verlegeranteil“[46] ergebe, bei der Aufstellung des Verteilungsplans einen „außerordentlich weiten Ermessens- und Beurteilungsspielraum“.[47] Eine Konkretisierung des derart weit verstandenen Willkürverbots wird teilweise allein in der Anwendung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes des Art. 3 I GG gesehen.[48] | Abs. 19 |
| Diese Beurteilung, die Verteilungsregeln im Verteilungsplan weitgehend kontrollfrei machen würde, beruft sich zu Unrecht auf den BGH. In seiner jüngsten Entscheidung zur AGB-Kontrolle von Verteilungsregeln, dem Urteil „Verlegeranteil“, ist der BGH bei der Prüfung der angegriffenen Verteilungsbestimmung von § 307 BGB ausgegangen.[49] Als Maßstab hat er in dieser Entscheidung § 7 S. 1 UrhWG (jetzt § 27 I VGG) zugrunde gelegt. Das für die Aufstellung der Verteilungsregeln geltende Willkürverbot hat der BGH nicht nur als Verpflichtung zur Gleichbehandlung der Berechtigten ausgelegt.[50] Der BGH hat vielmehr ausgeführt, dass die gesetzliche Regelung auf dem wesentlichen Grundgedanken beruht, dass die Verwertungsgesellschaft als Treuhänderin der Berechtigten die Einnahmen aus ihrer Tätigkeit ausschließlich an die Berechtigten zu verteilen hat, und zwar in dem Verhältnis, in dem diese Einnahmen auf einer Verwertung der Rechte und Geltendmachung von Ansprüchen der jeweiligen Berechtigten beruhen.[51] Der Beurteilungsmaßstab bei der AGB-Prüfung der Verteilungsregel entspricht damit inhaltlich dem Umfang der – ebenfalls im Urteil „Verlegeranteil“ dargelegten – Verpflichtung der Verwertungsgesellschaft als entgeltlicher Geschäftsbesorgerin,[52] das aus der Rechtswahrnehmung Erlangte ordnungsgemäß an die Urheberberechtigten herauszugeben (§§ 675, 667 BGB). Diese Auslegung des Willkürverbots iSd § 7 S. 1 UrhWG (jetzt § 27 I VGG) nach dem Maßstab der Hauptpflicht der Verwertungsgesellschaft gegenüber den Berechtigten entspricht der Funktion des Verteilungsplans, die Ausschüttungen an die einzelnen Berechtigten vorzubereiten.[53] Jede Verteilungsregel, die den sich aus §§ 675, 667 BGB ergebenden Vertragspflichten der Verwertungsgesellschaft widerspricht, ist deshalb auch eine unangemessene Benachteiligung der betroffenen Berechtigten und nach § 307 I BGB unwirksam (vgl. § 307 III BGB).[54] | Abs. 20 |
| Eine Auslegung des für den Verteilungsplan nach § 27 I VGG geltenden Willkürbegriffs iS der von den Verwertungsgesellschaften vertretenen Rechtsansichten würde dagegen den Anspruch der Urheberberechtigten auf Auszahlung eines gerechten Anteils an den Wahrnehmungserlösen in erheblichem Umfang in das freie Ermessen der Verwertungsgesellschaften stellen. Dies wäre mit dem grundrechtlichen Schutz der eingebrachten Rechte und der Ausschüttungsansprüche der Urheberberechtigen als Eigentum (Art. 14 I GG, Art. 17 GRCh)[55] nicht vereinbar. Die Entscheidung der Verwertungsgesellschaft über die Bemessung der Erlösanteile der einzelnen Berechtigten (§ 315 I BGB) muss zudem gem. § 315 III BGB anhand des vom BGH dargelegten Maßstabs für die Beurteilung der angewandten Verteilungsregeln gerichtlich überprüfbar sein. Andernfalls könnten die Mitgliedstaaten die ihnen durch Art. 13 I VG-RL auferlegte Verpflichtung nicht erfüllen sicherzustellen, dass die Verwertungsgesellschaften die den Rechtsinhabern zustehenden Beträge „regelmäßig, sorgfältig und korrekt verteilen und ausschütten“.[56] | Abs. 21 |
| Wie das BVerfG entschieden hat, ist die Verwertungsgesellschaft verpflichtet, durch ihren Verteilungsplan eine „ausgewogene leistungsgerechte“ Verteilung zu sichern.[57] Dementsprechend ist gem. §§ 675, 667 BGB nutzungsbezogen zu verteilen, soweit die erzielten Erlöse mit angemessenem Aufwand nutzungsbezogen festgestellt werden können.[58] Die Verwertungsgesellschaften können allerdings vielfach die eingebrachten Rechte (insb. die gesetzlichen Ansprüche auf die Geräte- und Speichermedienvergütung) nur aufgrund von Pauschalverträgen mit Nutzern wahrnehmen und in diesen Fällen die Erträge auch nicht konkret nutzungsbezogen auf die Berechtigten verteilen. Sie sind aber auch dann verpflichtet, nach bestimmten allgemeinen Verteilungsgrundsätzen an die Berechtigten (und nur an die Berechtigten) jeweils einen möglichst leistungsgerechten Anteil auszuschütten. Dabei sind Typisierungen und Pauschalierungen ebenso unvermeidbar wie eine notwendige Bewertung und Abwägung der Interessen.[59] Insofern und nur insofern steht einer Verwertungsgesellschaft ein Beurteilungsspielraum zu,[60] der vom BGH als ein „außerordentlich weiter, aber durch das Willkürverbot begrenzter Beurteilungsspielraum“ bezeichnet wird.[61] Am Grundsatz, dass der Verteilungsplan der Verpflichtung der Verwertungsgesellschaft aus §§ 675, 667 BGB, leistungsgerecht zu verteilen, gerecht werden muss, ändert diese Formulierung jedoch nichts. Im vorliegenden Zusammenhang ist es daher ohne Bedeutung, dass der BGH mit seiner Formulierung den Ermessensspielraum der Verwertungsgesellschaften bei unvermeidlichen Typisierungen und Pauschalierungen zu weit umschrieben hat.[62] | Abs. 22 |
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| Die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen finden nach § 310 I BGB auf Verträge mit Unternehmern (§ 14 BGB) teilweise keine Anwendung. Im Hinblick darauf wird seitens der Verwertungsgesellschaften weithin die Ansicht vertreten, Urheber seien beim Abschluss der Wahrnehmungsverträge nicht Verbraucher (§ 13 BGB), sondern Unternehmer (§ 14 BGB).[63] Diese pauschale Beurteilung ist in sehr vielen Fällen unzutreffend.[64] Eine natürliche Person ist nur dann Unternehmer iSd § 14 BGB, wenn sie „bei Abschluss des Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt“. Nach der Rechtsprechung des BGH setzt die Unternehmereigenschaft ein selbständiges und planmäßiges Anbieten entgeltlicher Leistungen auf dem Markt unter Teilnahme am Wettbewerb voraus. Erforderlich ist dabei ein gewisser organisatorischer Mindestaufwand.[65] Bei Urhebern, die nur gelegentlich oder im Rahmen einer unselbständigen Tätigkeit als Arbeitnehmer, Angestellter oder Beamter Werke schaffen, ist dies nicht der Fall.[66] Der bloße Abschluss eines Wahrnehmungsvertrags setzt keinen organisatorischen Mindestaufwand voraus und ist auch nicht der Beginn eines selbständigen und planmäßigen Anbietens entgeltlicher Leistungen auf dem Markt unter Teilnahme am Wettbewerb. Bei einer Verwertungsgesellschaft wie der VG Wort sind deshalb die Berechtigten beim Abschluss von Wahrnehmungsverträgen zu einem großen Teil Verbraucher iSd § 13 BGB. In der Praxis ist diese Frage allerdings weniger bedeutsam, als es auf den ersten Blick den Anschein hat, weil wesentliche Vorschriften des AGB-Rechts, insbesondere § 307 I und II BGB, unabhängig davon greifen, ob die Vertragspartner der Verwertungsgesellschaft Verbraucher oder Unternehmer sind.[67] | Abs. 23 |
| III. Bemessung der Erlösanteile der Berechtigten gem. § 315 BGB | |
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| Eine Verwertungsgesellschaft hat durch Beschluss der Mitgliederversammlung in einem Verteilungsplan feste Regeln aufzustellen, die ein willkürliches Vorgehen bei der Verteilung der Einnahmen aus den Rechten ausschließen (§ 27 I, § 17 I 2 Nr. 6 VGG). Der Verteilungsplan ist zwar eine wesentliche Vorgabe für die spätere Bemessung der Einzelanteile der Berechtigten an den Wahrnehmungserlösen. Er ist aber lediglich eine interne Vorbereitung der Entscheidung über die Höhe der Ausschüttungen an die einzelnen Berechtigten.[68] Mit der Aufstellung des Verteilungsplans legt die Verwertungsgesellschaft lediglich Regeln für die Ausübung ihres Leistungsbestimmungsrechts gegenüber den Berechtigten fest. Diesen wird der Verteilungsplan auch nicht mitgeteilt, wie dies für eine Leistungsbestimmung nach § 315 BGB notwendig ist (§ 315 II, § 130 BGB). | Abs. 24 |
| Die Höhe der Erlösanteile der einzelnen Berechtigten wird nach stRspr durch Leistungsbestimmung der Verwertungsgesellschaft gem. § 315 I BGB festgelegt.[69] Das Leistungsbestimmungsrecht wird in den Wahrnehmungsverträgen zwar nicht ausdrücklich geregelt, ist ihnen aber in ergänzender Vertragsauslegung zu entnehmen.[70] | Abs. 25 |
| Aus der Pflicht der Verwertungsgesellschaft, einen Verteilungsplan aufzustellen, folgt nicht, dass das Vorliegen eines Verteilungsplans eine unabdingbare Voraussetzung für Ausschüttungen an einzelne Berechtigte wäre. Die Verwertungsgesellschaft hat die Leistungsbestimmung auch vorzunehmen, wenn ihr Verteilungsplan keine entsprechende Regelung enthält oder diese unwirksam ist.[71] | Abs. 26 |
| 2. Bestimmung nach billigem Ermessen (§ 315 I BGB) | |
| Die Vorschrift des § 315 BGB dient dem Schutz der Vertragspartei, die sich der Bestimmung der anderen unterworfen hat. Die getroffene Bestimmung ist für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht.[72] Nach stRspr des BGH und ganz hM hat die Verwertungsgesellschaft dementsprechend ihr Leistungsbestimmungsrecht bei der Bemessung der einzelnen Erlösanteile nach billigem Ermessen auszuüben.[73] Die Leistungsbestimmung als solche kann nur einheitlich diesem Maßstab unterliegen, zumal sich die Unbilligkeit einer Leistungsbestimmung gegenüber einem einzelnen Berechtigten auch aus dem Zusammenwirken verschiedener Umstände ergeben kann (wie zB der unberechtigten Zurückweisung von Meldungen als verspätet und der Unwirksamkeit einer Verteilungsregel). Bei der Beurteilung einer konkreten Leistungsbestimmung kann sich jedoch als Vorfrage ergeben, ob eine angewendete Verteilungsregel gegen das AGB-Recht verstößt. Die Verteilungsregel als solche kann dann an § 27 I VGG zu messen sein, wie dies der BGH im Urteil „Verlegeranteil“ getan hat.[74] Die Geltung des Maßstabs des billigen Ermessens für die konkrete Leistungsbestimmung gegenüber dem einzelnen Berechtigten bleibt davon unberührt.[75] Im Ergebnis hat diese Frage allerdings kaum Bedeutung, weil der Maßstab für die Beurteilung nach § 27 I VGG – wie dargelegt – dem im Vertragsverhältnis der Verwertungsgesellschaft zu dem Berechtigten geltenden Maßstab des billigen Ermessens nach § 315 I BGB im Wesentlichen entspricht.[76] | Abs. 27 |
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| Entspricht eine Leistungsbestimmung nach § 315 I BGB nicht der Billigkeit oder wird sie verzögert, wird sie gem. § 315 III BGB durch Urteil getroffen. Dies gilt auch für die Leistungsbestimmung einer Verwertungsgesellschaft gegenüber einem Berechtigten, gleichgültig, ob die Unbilligkeit mit Umständen in der Einzelbeziehung, mit der Unwirksamkeit einer Verteilungsregel und/oder mit einer Verzögerung der Leistungsbestimmung begründet wird. | Abs. 28 |
| Müller und Vinokurova vertreten dagegen die Ansicht, § 315 III BGB sei im Verhältnis einer Verwertungsgesellschaft zu den Berechtigten bei Unwirksamkeit einer Verteilungsregel nicht anwendbar.[77] Diese Vorschrift sei auf Zweipersonenverhältnisse zugeschnitten und nicht auf Rechtsverhältnisse, bei denen eine Leistung gegenüber einer Vielzahl von Betroffenen zu bestimmen sei. Wenn die Unwirksamkeit einer Verteilungsplanregelung feststehe, sei die Verwertungsgesellschaft verpflichtet, vorrangig einen neuen Verteilungsplan aufzustellen. Zahlungsansprüche der Berechtigten kämen erst auf der Grundlage der angepassten Verteilungspläne in Betracht. Ein einzelner Berechtigter könne daher lediglich auf Feststellung der Unwirksamkeit derjenigen Verteilungsplanregelung klagen, auf deren Grundlage die Ausschüttung erfolgt sei.[78] | Abs. 29 |
| Bei ihren Ausführungen übergehen Müller und Vinokurova die ihrer Ansicht entgegenstehende Rechtsprechung und Literatur und deren Argumente. Die Bemessung der Ausschüttungsanteile nach § 315 I BGB ist nach der Rechtsprechung des BGH ein vertragsrechtlicher Vorgang in der rein individualrechtlichen Beziehung zwischen der Verwertungsgesellschaft und dem einzelnen Berechtigten.[79] Ein einzelner Berechtigter kann deshalb gem. § 315 III BGB gegen eine ihm gegenüber ergangene Leistungsbestimmung der Verwertungsgesellschaft vorgehen und beantragen, die Leistungsbestimmung durch Urteil zu treffen.[80] Die Bemessung der einzelnen Anteile ist – entgegen Müller und Vinokurova – keine Leistungsbestimmung gegenüber einer Vielzahl von Berechtigten. Wie auch das BVerwG entschieden hat, wirkt die gerichtliche Leistungsbestimmung nach § 315 III BGB nur zwischen der Verwertungsgesellschaft und dem einzelnen Berechtigten (§ 325 I ZPO).[81] | Abs. 30 |
| Bei der Leistungsbestimmung nach § 315 I BGB ist zwar ebenso wie bei der Entscheidung gem. § 315 III BGB zu berücksichtigen, dass der Anteilsbemessung eine kollektive Rechtewahrnehmung zugrunde liegt und dies den Maßstab der Billigkeit in § 315 BGB mit prägt.[82] Die zu treffende Entscheidung ist aber keine Leistungsbestimmung gegenüber einer Vielzahl von Betroffenen, sondern ergeht nur zwischen der Verwertungsgesellschaft und dem klagenden Berechtigten.[83] Ein Berechtigter, der es auf sich genommen hat, im Hinblick auf unbillige Verteilungsregeln Klage nach § 315 III BGB zu erheben, kann deshalb gegebenenfalls eine höhere Ausschüttung erhalten, als andere Berechtigte, die nicht geklagt haben.[84] | Abs. 31 |
| Die Begründung eines Urteils in einem Rechtsstreit mit einem einzelnen Berechtigten kann für die Verwertungsgesellschaft Anlass sein, ihre Verteilungspraxis zu ändern. Dies liegt in ihrer Verantwortung. Die Verpflichtung, die Berechtigten bei der Verteilung gleich zu behandeln, gilt auch nicht ausnahmslos: Da die Verwertungsgesellschaft die Wahrnehmungserträge möglichst leistungsgerecht zu verteilen hat, ist es unbedenklich, wenn sie ihre Verteilungsregeln für alle noch nicht abgeschlossenen Vorgänge ändert, um bisherige Unvollkommenheiten und Unbilligkeiten bei der Erlösverteilung zu vermeiden.[85] Es ist danach nicht zu rechtfertigen, die Leistungsbestimmung der Verwertungsgesellschaft bei der Bemessung von Einzelanteilen mit der (vereinsinternen) Beschlussfassung über einen Verteilungsplan gleichzusetzen, um unter Berufung darauf den einzelnen Berechtigten daran zu hindern, gegen eine unbillige Bestimmung seines Erlösanteils das Gericht gem. § 315 III BGB anzurufen. | Abs. 32 |
| Die Ansicht, dass ein Berechtigter eine unbillige Leistungsbestimmung nicht gem. § 315 III BGB angreifen könne, wird – soweit ersichtlich – sonst nur von einem Vorstand der VG Wort vertreten.[86] Dieser begründet seine Ansicht auch damit, dass andernfalls „das weite Ermessen bei der Aufstellung des Verteilungsplans nicht ausgeübt werden“ könnte. Dies verdeutlicht, dass es hier in der Sache darum geht, die Kontrolle der Verteilungspraxis der Verwertungsgesellschaften durch die Gerichte (auch unter Berufung auf die – jeweils nicht tragende – Äußerung des BGH, die Verwertungsgesellschaft verfüge bei der Aufstellung des Verteilungsplans über einen „außerordentlich weiten Ermessensspielraum“)[87] soweit irgend möglich auszuschließen. | Abs. 33 |
| Müller und Vinokurova meinen zu Unrecht, dass „die Gerichte“ eine gerichtliche Leistungsbestimmung nach § 315 III BGB bisher abgelehnt und entschieden hätten, dass Grundlage der Ausschüttung nur der Verteilungsplan der Verwertungsgesellschaft sein könne.[88] Sie verweisen insoweit nur auf einen Beschluss des LG München I vom 19.7.2007[89] und ein Urteil des KG vom 29.9.2010.[90] Das KG hat jedoch gegenteilig entschieden. Aus seinem Urteil geht hervor, dass ein Berechtigter seinen Anspruch gegen die Verwertungsgesellschaft auf einen leistungsgerechten Anteil an den Wahrnehmungserträgen nach § 315 III BGB durchsetzen kann.[91] Das Urteil des LG München I ist nicht einschlägig.[92] | Abs. 34 |
| Der Umstand, dass Müller und Vinokurova zur Stützung ihrer Ansicht weder auf Gerichtsentscheidungen noch auf unabhängige Literaturstimmen verweisen können, kann schon angesichts der feststehenden gegenteiligen Rechtsprechung des BGH nicht überraschen. Wie der BGH betont, stellt § 315 III BGB eine Regelung des Vertragsrechts dar, der ein hoher Gerechtigkeitsgehalt zukommt.[93] Sie ermöglicht es dem der Leistungsbestimmung Unterworfenen, die vorgenommene Bestimmung gerichtlich auf ihre Billigkeit überprüfen und durch (gestaltendes) Urteil neu treffen zu lassen. Für das Vertragsverhältnis der einzelnen Berechtigten zur Verwertungsgesellschaft gilt dieser Rechtsgedanke in besonderer Weise. Die Verwertungsgesellschaften sind faktisch Monopolunternehmen. Eine gerichtliche Kontrolle ihrer Verteilungspraxis ist daher unerlässlich.[94] Dagegen zielt die von Müller und Vinokurova vertretene Ansicht darauf ab, möglichst hohe Hürden für Klagen einzelner Berechtigter gegen die Bemessung ihrer Ausschüttungsanteile aufzurichten, wenn diese auf die Unwirksamkeit von Verteilungsregeln gestützt sind. | Abs. 35 |
| Wäre eine gerichtliche Leistungsbestimmung nach § 315 III BGB ausgeschlossen, wären Klagen einzelner Berechtigter in jeder Beziehung sinnlos. Die Verwertungsgesellschaft könnte den Berechtigten dann über lange Zeit mit der Erklärung hinhalten, vor der Erfüllung seiner Ausschüttungsansprüche müsse erst der Verteilungsplan geändert werden und ihn ggf. durch erneut unbillige Leistungsbestimmungen auf der Grundlage rechtswidriger Verteilungsregeln zu weiteren Klagen zwingen. Die Berechtigten wären so – entgegen dem Rechtsstaatsgebot des effektiven Rechtsschutzes –[95] praktisch rechtlos gestellt. Dies hat weniger Bedeutung für die individuelle Rechtsstellung des einzelnen Berechtigten gegenüber der Verwertungsgesellschaft. Ein Berechtigter wird kaum jemals im Eigeninteresse wegen einer unwirksamen Verteilungsregel nach § 315 III BGB gegen eine Verwertungsgesellschaft klagen, weil die für ihn zu erwartenden Mehrausschüttungen den Verfahrensaufwand nicht rechtfertigen könnten. Die Ansicht, dass § 315 III BGB nicht anwendbar sei, soll daher vor allem Musterklagen im Interesse der Gesamtheit der betroffenen Berechtigten verhindern. | Abs. 36 |
| Die einseitig am eigenen Organisationsinteresse von Verwertungsgesellschaften ausgerichtete Tendenz von Müller und Vinokurova wird auch dadurch deutlich, dass sie bei ihren Ausführungen zu § 315 III BGB – wie in ihrem gesamten Aufsatz – für den behandelten Fragenkreis unmittelbar einschlägige Veröffentlichungen und deren Argumente übergehen. Das gilt nicht nur für das Urteil des LG München I vom 4.10.2021, das die Herausgeberbeteiligung der VG Wort und ihre Zuwendungen an den Förderungsfonds Wissenschaft der VG WORT GmbH betrifft,[96] sondern auch für alle Beiträge des Verfassers, die sich mit einschlägigen Fragen befassen, mit Ausnahme des Beitrags, auf den Müller und Vinokurova erwidern.[97] Dies gilt auch für den Aufsatz „Verteilung der Wahrnehmungserlöse der Verwertungsgesellschaften an die Berechtigten nach billigem Ermessen“,[98] in dem eingehend dargelegt ist, warum es keinen „Vorrang eines Verteilungsplans“ gibt und die Anwendung eines solchen Grundsatzes mit dem Rechtsstaatsgebot des effektiven Rechtsschutzes und dem grundrechtlichen Eigentumsschutz der Ausschüttungsansprüche der Berechtigten unvereinbar wäre.[99] Zur Vermeidung von Wiederholungen wird ergänzend auf diesen Aufsatz verwiesen. | Abs. 37 |
| IV. AGB-Kontrolle von Einbeziehungsklauseln | |
| 1. Klarheit über den Inhalt der Wahrnehmungsverträge bei Vertragsschluss | |
| Die Bemühungen von Verwertungsgesellschaften, ihre Verwaltungspraxis einer gerichtlichen Kontrolle auf der Grundlage des allgemeinen Zivilrechts zu entziehen, beschränken sich nicht auf Versuche, durch entsprechende Auslegung des Zivilrechts möglichst hohe Hürden gegen Klagen einzelner Berechtigter zu errichten. Bereits beim Abschluss der Wahrnehmungsverträge geht es darum, die gegenwärtige und zukünftige Verwaltungspraxis der Verwertungsgesellschaft durch die Vertragsgestaltung so abzusichern, dass sie den Berechtigten als gerichtsfest erscheinen muss. Zu diesem Zweck wird der Inhalt der Verträge über die unterschriebenen Texte hinaus auf weitere, den Urhebern bei Vertragsschluss nebensächlich erscheinende Regelwerke erweitert. Dazu werden die Satzung und die Verteilungspläne mithilfe von Einbeziehungsklauseln in ihren geltenden und in ihren zukünftigen Fassungen zum Bestandteil des Wahrnehmungsvertrags erklärt. Bereits diese Art und Weise der Verteilung wesentlicher Vertragsinhalte auf mehrere Regelwerke hat zur Folge, dass kaum ein Urheber bei Vertragsschluss den gesamten Vertragsinhalt erfassen wird. Zugleich behält die Verwertungsgesellschaft mithilfe der Einbeziehung der Regelwerke in ihren geltenden und in ihren zukünftigen Fassungen bei der Gestaltung ihrer Verwaltungspraxis freie Hand. Diese Problematik wird im Folgenden vor allem am Beispiel des Wahrnehmungsvertrags der VG Wort behandelt. Die darin enthaltenen Einbeziehungsklauseln halten der AGB-Kontrolle nicht stand. Auf die Frage, ob nach der Verwaltungspraxis der Verwertungsgesellschaft die sonstigen Voraussetzungen dafür gegeben sind, dass die in Bezug genommenen Regelwerke (in ihrer geltenden Fassung und in ihren späteren Fassungen) Bestandteile der Wahrnehmungsverträge werden (vgl. dazu § 305 II, § 310 I 1 BGB),[100] kommt es deshalb nicht an. | Abs. 38 |
| 2. Einbeziehung der geltenden Fassungen von Satzung und Verteilungsplan | |
| | Abs. 39 |
| Die rechtlichen Wirkungen des Wahrnehmungsvertrags ergeben sich bei einer Verwertungsgesellschaft wie der VG Wort – wie dargelegt – auch bei ordentlichen Mitgliedern allein aus dem Wahrnehmungsvertrag.[101] Dem Text der mit „Wahrnehmungsvertrag“ überschriebenen Urkunde kann ein Urheber nur entnehmen, dass er mit der VG Wort einen Geschäftsbesorgungsvertrag über die Wahrnehmung von ihm einzubringender Rechte abschließt.[102] Für eine solche vertragliche Abrede ist die Einbeziehung der Satzung in ihrer geltenden Fassung nicht notwendig.[103] Die organisatorischen Bestimmungen der Satzung sind – nicht nur aus der Sicht des Urhebers – für die Vertragsbeziehungen bedeutungslos.[104] Da die Urheber nicht Mitglied der Verwertungsgesellschaft werden wollen (und bei der VG Wort auch nicht schon bei Vertragsschluss werden könnten), wird kaum ein Urheber der Einbeziehung der Satzung in den Vertrag eine weitergehende Bedeutung beimessen. | Abs. 40 |
| In § 5 I des Wahrnehmungsvertrags der VG Wort steht lediglich: „Abrechnung und Verteilung richten sich nach Satzung und Verteilungsplänen.“ Dies kann ein Urheber nur dahin verstehen, dass es dabei um die zeitnahe Verteilung der Wahrnehmungserlöse unter den Berechtigten geht und dass für diese Verteilung sowie für die Abrechnung gegenüber den einzelnen Berechtigten Regelungen maßgeblich sein sollen, die in der Satzung und den Verteilungsplänen niedergelegt sind. Tatsächlich werden jedoch mithilfe der Einbeziehungsklausel Satzungsbestimmungen zum Vertragsinhalt gemacht, die der Verwertungsgesellschaft das Recht geben, die Erlösanteile des Urhebers in erheblichem Umfang durch Abzüge zugunsten eines Autorenversorgungswerks, eines Sozialfonds und eines Förderungsfonds zu verringern (§ 10 II Satzung idF v. 20.3.2021).[105] Dies ist ein ganz wesentlicher Zweck der Einbeziehungsklausel, soweit sie die Einbeziehung der geltenden Fassung der Satzung in den Wahrnehmungsvertrag regelt. Die Einbeziehung der Satzung ermöglicht es der Verwertungsgesellschaft, Erlösanteile in erheblichem Umfang zur Finanzierung von Einrichtungen zu verwenden, die Dritte fördern, die keinen Anspruch auf Ertragsanteile haben.[106] Die Berechtigten erwerben dagegen keinen Rechtsanspruch auf die Leistungen dieser Einrichtungen, die als rechtlich selbständige Gesellschaften geführt werden.[107] Sie haben nicht einmal eine realistische Aussicht, auch ohne Rechtsanspruch irgendwann bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen Leistungen dieser Einrichtungen zu erhalten. Wie auch Müller und Vinokurova nicht verkennen,[108] gehört die Verwendung von Einnahmen aus der Rechtewahrnehmung für soziale und kulturelle Fördermaßnahmen nicht zu den gesetzlichen Pflichten einer Verwertungsgesellschaft. Nach der ausdrücklichen Entscheidung des Gesetzgebers ist § 32 VGG nur eine Soll-Vorschrift („soll“; § 17 I 2 Nr. 9 VGG „gegebenenfalls“).[109] Die Vorschrift bezieht sich auch nur auf Einrichtungen der Verwertungsgesellschaft „für ihre Berechtigten“ (§ 32 II VGG).[110] Verwertungsgesellschaften sind zudem bei der Verwendung der Einnahmen aus den Rechten an strenge gesetzliche Vorschriften gebunden. Aus § 26 Nr. 1 VGG, der Art. 11 IV VG-RL umsetzt, ergibt sich, dass nach dem Verteilungsplan nur an die Berechtigten ausgeschüttet werden darf.[111] Dieser Rechtsgedanke liegt auch § 27 I VGG zugrunde.[112] Von diesen Vorschriften weicht § 10 II der Satzung zum Nachteil der vertragsschließenden Urheber ab, weil dieser die Grundlage für erhebliche Abzüge von den Erlösanteilen sein soll, die von einem Autorenversorgungswerk, einem Sozialfonds und einem Förderungsfonds für soziale und kulturelle Fördermaßnahmen zugunsten nichtberechtigter Dritter verwendet werden sollen.[113] Die Bezieher von Leistungen des Autorenversorgungswerks und des Sozialfonds haben jedenfalls keine Ansprüche auf Anteile an den Wahrnehmungserlösen der betreffenden Abrechnungsperiode. Ein Urheber muss nach dem Text des Wahrnehmungsvertrags, den er unterschreibt, nicht damit rechnen, dass mit der Einbeziehungsklausel derartige wirtschaftliche Folgen verbunden sind. Bei dieser Sachlage benachteiligt schon die Einbeziehungsklausel selbst, auch soweit sie sich auf die Einbeziehung der geltenden Satzung bezieht, die Vertragspartner der VG Wort entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 307 I BGB).[114] | Abs. 41 |
| Eine unangemessene Benachteiligung kann sich nach § 307 I 2 BGB auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Nach dem Transparenzgebot ist der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen.[115] Die Vertragsgestaltung darf nicht objektiv dazu geeignet sein, den Vertragspartner bezüglich seiner Rechtsstellung in die Irre zu führen. Die Klausel muss nicht nur in ihrer Formulierung verständlich sein, sondern auch die mit ihr verbundenen wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen soweit wie möglich verdeutlichen.[116] Diesem Transparenzgebot wird die Klausel zur Einbeziehung der geltenden Satzung nicht gerecht. Sie verschleiert vielmehr, dass die Satzung nicht aus organisatorischen Gründen in den Vertrag einbezogen wird, sondern dazu dient, den Charakter des Wahrnehmungsvertrags als Geschäftsbesorgungsvertrag, wie er aus dem Text des Wahrnehmungsvertrags selbst ersichtlich ist, wesentlich abzuändern. | Abs. 42 |
| Die Berechtigten werden durch den Abschluss des Wahrnehmungsvertrags unter Einbeziehung der Satzung nicht Teil einer Solidargemeinschaft.[117] Sie verbindet nur ihr gemeinsames Verwertungsinteresse.[118] Die Einbeziehungsklausel verschafft der Verwertungsgesellschaft jedoch die Grundlage für ein kulturelles und soziales Mäzenatentum, das sie nach freiem, unkontrollierbarem Ermessen ausüben kann.[119] Mittels der Einbeziehung der Satzung in den Wahrnehmungsvertrag werden den Urhebern – entgegen Art. 4 VG-RL und § 9 S. 2 VGG – Pflichten auferlegt, die objektiv für den Schutz ihrer Rechte und Interessen oder für die wirksame Wahrnehmung dieser Rechte nicht notwendig sind. Schon soweit sich die Einbeziehungsklausel auf die geltende Fassung der Satzung bezieht, ist sie deshalb – entgegen Müller und Vinokurova –[120] als solche unwirksam. | Abs. 43 |
| Die einbezogenen Klauseln der Satzung über die Verwendung von Erlösanteilen für soziale und kulturelle Zwecke (§ 10 II Satzung idF v. 20.3.2021) sind nicht nur deshalb als Bestandteil des Wahrnehmungsvertrags unwirksam, weil ihnen eine wirksame Grundlage im Wahrnehmungsvertrag fehlt. Die Klauseln sind auch unwirksam, weil sie gegen zwingende gesetzliche Regelungen verstoßen (§ 307 I und II BGB) und überraschend sind (§ 305c BGB).[121] Bereits das Bestehen und die Tätigkeit der Einrichtungen der VG Wort, die soziale und kulturelle Zwecke fördern sollen, sind den Berechtigten bei Vertragsschluss (und meist auch in der Zeit danach) in aller Regel nicht bekannt.[122] Eine Vereinbarung über den Betrieb solcher Einrichtungen ist in einem Wahrnehmungsvertrag als Geschäftsbesorgungsvertrag auch nicht zu erwarten. Nur wenige Berechtigte wissen bei Abschluss des Wahrnehmungsvertrags mit der VG Wort, dass sie mit den Erträgen aus der Wahrnehmung ihrer eingebrachten Rechte auch soziale und kulturelle Leistungen finanzieren sollen. Selbst diejenigen, denen dies bekannt ist, wissen nicht, dass es um Leistungen an nichtberechtigte Dritte geht und sie selbst keine Rechtsansprüche auf solche Leistungen erwerben können. Nach dem Text des Wahrnehmungsvertrags schließen die Berechtigten aus ihrer Sicht nur einen Geschäftsbesorgungsvertrag, nicht einen Vertrag, der sie auch verpflichtet, mit den ihnen zustehenden Wahrnehmungserträgen uneigennützig kulturelle und soziale Zwecke zu fördern. | Abs. 44 |
| | Abs. 45 |
| Verwertungsgesellschaften sind nach § 27 I VGG verpflichtet, feste Regeln aufzustellen, die ein willkürliches Vorgehen bei der Verteilung der Einnahmen aus den Rechten ausschließen. Allein diese Regeln sind nach der Legaldefinition des § 27 I VGG der Verteilungsplan im Rechtssinn. Die Regeln des Verteilungsplans im Rechtssinn beziehen sich allein auf die Bemessung der Anteile der Berechtigten an den Wahrnehmungserträgen, die diese nach §§ 675, 667 BGB beanspruchen können.[123] An andere als die Berechtigten darf nach dem Verteilungsplan nicht ausgeschüttet werden.[124] | Abs. 46 |
| Müller und Vinokurova sind dagegen der Ansicht, dass zum Verteilungsplan und den darin enthaltenen Bestimmungen zur rechnerischen Ermittlung der Ausschüttungen alle Regelungen zählten, die eine Auswirkung auf die Höhe der Anteile der einzelnen Berechtigten hätten. Dazu gehörten insbesondere Regelungen zur Verwendung von Mitteln für die soziale und kulturelle Förderung sowie Regelungen darüber, an wen auszuschütten sei (wie zB die früheren Bestimmungen zur (erg. rechtswidrigen) Verlegerbeteiligung). Die Klausel zur Einbeziehung der Verteilungspläne in ihrer bei Vertragsschluss geltenden Fassung verstoße daher nicht gegen § 307 I 1 BGB.[125] | Abs. 47 |
| Eine Klausel zur Einbeziehung geltender Verteilungspläne in den Wahrnehmungsvertrag ist jedoch nicht schon dann unbedenklich, wenn das Regelwerk mit „Verteilungsplan“ überschrieben ist und Auswirkungen auf die Höhe der Ausschüttungen an die einzelnen Berechtigten hat. Andernfalls wäre eine Einbeziehungsklausel selbst dann wirksam, wenn es ihr Zweck ist, eine Vertragsgrundlage für willkürliche Fehlleitungen von Wahrnehmungserträgen an nichtberechtigte Dritte zu schaffen. Mit dem Schutz der Urheberberechtigten durch das AGB-Recht wäre das nicht vereinbar. Nach der von Müller und Vinokurova vertretenen Ansicht könnte eine Verwertungsgesellschaft unbegrenzt Regeln mit Auswirkungen auf die Erlösanteile in ihren Verteilungsplan aufnehmen, die zwar nicht die Verteilung unter den Berechtigten betreffen, aber durch Aufnahme in dieses Regelwerk für alle Berechtigten verbindlich werden.[126] | Abs. 48 |
| Die Bestimmung in § 6 I des Wahrnehmungsvertrags der VG Wort, nach der die Verteilungspläne in ihrer geltenden Fassung Vertragsbestandteil sind, ist nach § 307 I BGB unwirksam. Sie benachteiligt die Urheber schon deshalb unangemessen, weil sie gegen das Transparenzgebot verstößt (§ 307 I 1, 2 BGB). Insoweit gelten die Gründe für die Unwirksamkeit der Klausel, mit der die Satzung in ihrer geltenden Fassung in den Wahrnehmungsvertrag einbezogen wird, weitgehend entsprechend. Die Einbeziehung der Verteilungspläne in den Wahrnehmungsvertrag ist ebensowenig sachlich erforderlich und gerechtfertigt wie die Einbeziehung der Satzung. Dies ist bereits in dem Aufsatz, auf den Müller und Vinokurova erwidern, dargelegt.[127] | Abs. 49 |
| Die Klausel zur Einbeziehung der geltenden Fassung der Verteilungspläne ist unwirksam, weil sie verschleiert, dass die so einbezogenen Regelungen[128] dem Charakter des Wahrnehmungsvertrags als Geschäftsbesorgungsvertrag, wie er sich aus dem Text des „Wahrnehmungsvertrags“ ergibt, widersprechen. Der durchschnittliche Urheber wird bei Vertragsschluss nicht erkennen, dass die Einbeziehung des Verteilungsplans in den Wahrnehmungsvertrag die Grundlage dafür schaffen soll, dass die Verwertungsgesellschaft bei der Verteilung in ganz erheblichem Umfang Wahrnehmungserträge vorweg von der Verteilungssumme abziehen kann, um sie ihrem Autorenversorgungswerk, dem Sozialfonds und dem Förderungsfonds Wissenschaft der VG Wort zuzuwenden. Kaum ein Urheber wird bei dieser Vertragsgestaltung mittels einbezogener Regelwerke bei Vertragsschluss erkennen, dass auf diese Weise zudem Dritte (unter Verstoß gegen § 27 I VGG) gefördert werden, die keinen Anspruch auf Ertragsanteile haben, er selbst aber auf die Leistungen der Sozial- und Förderungseinrichtungen der VG Wort keinen Rechtsanspruch erwerben kann. Aus diesen Gründen sind auch die betreffenden, in Bezug genommenen Regelungen des Verteilungsplans als überraschende Klauseln unwirksam (§ 305c I BGB). | Abs. 50 |
| Die Klausel zur Einbeziehung der geltenden Fassung des Verteilungsplans verstößt auch deshalb gegen das Transparenzgebot (§ 307 I 2 BGB), weil sie den durchschnittlichen vertragsschließenden Urheber über die Rechtslage irreführt.[129] Da die Klausel die Verteilungspläne in ihren gegenwärtigen (und in ihren zukünftigen) Fassungen zum Bestandteil des Wahrnehmungsvertrags erklärt, erweckt sie den Eindruck, die Berechtigten müssten die Festsetzung ihrer Ertragsanteile in jedem Fall als vertragsgemäß hinnehmen, soweit sie auf den Regelungen des Verteilungsplans beruhten. Damit täuscht die Klausel über die Möglichkeit, eine gerichtliche Billigkeitskontrolle nach § 315 III BGB über die Bemessung der Erlösanteile, die auf den einbezogenen Verteilungsregeln beruht, herbeizuführen. Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine solche Klausel gem. § 307 I 2 BGB unwirksam.[130] | Abs. 51 |
| 3. Dynamische Einbeziehung der Änderungen von Satzung, Verteilungsplan und Wahrnehmungsvertragsmuster in bestehende Wahrnehmungsverträge | |
| | Abs. 52 |
| Eine Klausel, durch die sich ein Verwender vorbehält, von ihm gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen künftig einseitig zu ändern, weicht von der gesetzlichen Regelung ab, dass ein Vertrag grundsätzlich nur durch eine Vereinbarung, dh eine konkrete Willensübereinstimmung der Vertragsparteien, geändert werden darf (§ 311 I, §§ 145 ff. BGB).[131] Bei einer Verwendung in Verbraucherverträgen verstößt die Klausel zudem gegen den Schutzzweck des § 305 II BGB, der die Voraussetzungen für die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen in den Vertrag regelt.[132] Es wird vermutet, dass eine solche Klausel den Vertragspartner unangemessen benachteiligt (§ 307 II Nr. 1 BGB).[133] Die Vermutung ist widerlegt, wenn die Abweichung vom gesetzlichen Leitbild auf Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung sachlich gerechtfertigt und der gesetzliche Schutzzweck auf andere Weise sichergestellt ist.[134] Eine Klausel, die dem Verwender ein völlig freies, an keine Voraussetzungen gebundenes Änderungsrecht einräumt, ist aber jedenfalls – auch im kaufmännischen Verkehr – unangemessen und grundsätzlich unwirksam. Dies ist unabhängig davon, wie der Verwender im konkreten Fall von der Klausel Gebrauch macht. Entscheidend ist, welche Möglichkeiten die Klausel dem Verwender eröffnet.[135] Eine Klausel zur einseitigen Änderung von Vertragsbedingungen kann nur wirksam sein, wenn sie schwerwiegende Änderungsgründe konkret nennt und in ihren Voraussetzungen und Folgen erkennbar die Interessen des Vertragspartners angemessen berücksichtigt.[136] Räumt eine Klausel dem Verwender ein unbeschränktes einseitiges Änderungsrecht ein, verstößt sie auch gegen das Transparenzgebot (§ 307 I 2 BGB).[137] In einem solchen Fall ist bereits die Änderungsklausel unwirksam, nicht nur die geänderten Bestimmungen.[138] | Abs. 53 |
| Für die Beurteilung eines Vorbehalts in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, diese einseitig zu ändern, sind im Rahmen des § 307 I BGB – bei Verbrauchern und Unternehmern als Vertragspartnern – auch die Wertungen des § 308 Nr. 4 BGB (betreffend Änderungen der versprochenen Leistung)[139] heranzuziehen.[140] Eine Klausel, die dem Verwender ein einseitiges Änderungsrecht gibt, ist für den anderen Vertragsteil iSd § 308 Nr. 4 BGB unzumutbar und deshalb unwirksam, wenn sie nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit der möglichen Änderungen aufweist. Dazu ist erforderlich, dass die Änderungsgründe in der Klausel konkret benannt werden.[141] | Abs. 54 |
| Änderungen einer Klausel, die auf einem wirksamen Änderungsvorbehalt beruhen, werden nur wirksam, wenn sie in den Vertrag einbezogen werden. Dies muss bei Verbraucherverträgen in der durch § 305 II BGB vorgeschriebenen Form geschehen.[142] Auch bei Verträgen mit Unternehmern werden auf rechtmäßiger Grundlage geänderte Klauseln nicht ohne weiteres wirksam. Erforderlich ist zumindest ein Hinweis auf die Änderung und die Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme.[143] | Abs. 55 |
| | Abs. 56 |
| Nach § 6 I ihres Wahrnehmungsvertrags ist die Satzung der VG Wort, auch soweit sie zukünftig geändert werden sollte, Bestandteil des Vertrags.[144] Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Klausel, der für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen auch in erster Linie maßgebend ist,[145] kommt es dabei nicht darauf an, welchen Inhalt die geänderte Satzungsbestimmung hat. Nichts spricht für die Auslegung von Müller und Vinokurova, für Änderungen der Satzung, die den Charakter von Änderungen des Wahrnehmungsvertrags hätten, sei nach dem Wahrnehmungsvertrag – anders als für Änderungen organisatorischer Satzungsregelungen – die Zustimmung der Berechtigten erforderlich.[146] Die Einbeziehung von Satzungsänderungen nur organisatorischer Art in den Wahrnehmungsvertrag wäre zudem ebenso überflüssig wie die Einbeziehung solcher bei Vertragsschluss geltender Satzungsbestimmungen.[147] | Abs. 57 |
| Nach der Klausel werden alle geänderten oder neuen Regelungen in der Satzung Vertragsinhalt, ohne dass der Berechtigte dem zustimmen muss und ohne dass die Verwertungsgesellschaft auch nur verpflichtet ist, ihm die Änderung mitzuteilen. Dem entspricht die Verwaltungspraxis der VG Wort. Diese hat wiederholt Regelungen über die Verwendung von Wahrnehmungserträgen, die sich ganz erheblich auf die Anteile der Berechtigten ausgewirkt haben, allein durch satzungsändernden Beschluss der Mitgliederversammlung eingeführt, ohne dafür das Verfahren einzuhalten, das im Wahrnehmungsvertrag für Vertragsänderungen vorgesehen ist (vgl. § 6 II Wahrnehmungsvertrag idF v. 10.12.2021).[148] | Abs. 58 |
| Eine Klausel wie § 6 I des Wahrnehmungsvertrags der VG Wort, die dieser als Verwenderin ein einseitiges und uneingeschränktes Recht zur Änderung der Vertragsbedingungen auf dem Weg der Satzungsänderung einräumt, ist – wie vorstehend dargelegt – nach § 307 I BGB als unangemessene Benachteiligung ihrer Vertragspartner unwirksam. Es gibt keine Besonderheiten des Rechts der Verwertungsgesellschaften, die es notwendig machen würden, dass eine Verwertungsgesellschaft bei der Änderung der vereinbarten Wahrnehmungsbedingungen ohne jede Bindung an konkret benannte Änderungsgründe frei schalten und walten kann.[149] Ein Wahrnehmungsvertrag ist als Geschäftsbesorgungsvertrag kein Gefälligkeitsverhältnis, sondern ein gegenseitiger Vertrag.[150] Anders als dies Müller und Vinokurova darstellen,[151] sind die internen Verhältnisse von Verwertungsgesellschaften wie der GEMA und der VG Wort von Interessengegensätzen geprägt. Verwertungsgesellschaften sind faktisch Monopolunternehmen. Es besteht die erhebliche, immer wieder auch verwirklichte Gefahr,[152] dass sie nicht nur eigene Organisationsinteressen verfolgen (zB bei der Gestaltung der Wahrnehmungsbedingungen und der Erschwerung von Klagen gegen ihre Erlösverteilung),[153] sondern in ihrer Verwaltungspraxis auch einzelne Gruppen von Berechtigten zu Unrecht bevorzugt behandeln.[154] Die Berechtigten, insbesondere die Nichtmitglieder, sind daher bei rechtswidrigem Verhalten der Verwertungsgesellschaft auf den Schutz der Gerichte angewiesen. Die Anrufung der Gerichte darf deshalb nicht durch Ausschaltung der Schutzvorschriften des Zivilrechts (wie des AGB-Rechts) behindert werden. | Abs. 59 |
| Die Ausnahmefälle im Arbeitsrecht, auf die sich Riesenhuber für seine andere Ansicht beruft,[155] betreffen Fallgestaltungen ganz anderer Art. Dabei geht es um Fälle, in denen ein Vertrag dynamisch auf ein Regelwerk verweist, das von dritten Parteien – wie Tarifvertragsparteien oder einer paritätisch besetzten Kommission – ausgearbeitet worden ist und an veränderte Verhältnisse angepasst wird. In solchen Fällen ist im Allgemeinen gewährleistet, dass die Verwenderseite ihre Interessen nicht einseitig auf Kosten des anderen Vertragsteils durchsetzen kann.[156] | Abs. 60 |
| Die dynamische Einbeziehung einseitig beschlossener Satzungsänderungen in den Wahrnehmungsvertrag ohne Bindung an konkret genannte Änderungsgründe unterwirft das gesamte Vertragsverhältnis dem Willen der Verwertungsgesellschaft. Diese kann mithilfe der Klausel durch Beschlüsse der Mitgliederversammlung die Wahrnehmungsbedingungen und die Verteilungsregeln in jeder Beziehung ändern, wenn dies in der Form einer Satzungsänderung geschieht. Gegen solche einseitigen Änderungen der Wahrnehmungsbedingungen, die sich ganz erheblich auf ihre Ertragsanteile auswirken können, sind die Urheberberechtigten dringend auf den Schutz des Zivilrechts angewiesen. | Abs. 61 |
| Eine solche Einbeziehungsklausel ist deshalb nicht anders zu beurteilen als Klauseln zur dynamischen Einbeziehung von Änderungen des Wahrnehmungsvertrags durch die Mitgliederversammlung. Solche Klauseln in Wahrnehmungsverträgen sind vom BGH zu Recht als unwirksam beurteilt worden (§ 307 I BGB).[157] Auf diese Rechtsprechung und auf die früheren Darlegungen des Verfassers zur dynamischen Einbeziehung von Satzungsänderungen kann verwiesen werden.[158] | Abs. 62 |
| c) Einbeziehung künftiger Änderungen des Verteilungsplans in den Wahrnehmungsvertrag | Abs. 63 |
| Die Klausel im Wahrnehmungsvertrag der VG Wort zur Einbeziehung künftiger Änderungen der Verteilungspläne in den Vertrag ist bereits aus denselben Gründen unwirksam, aus denen die Klausel zur Einbeziehung der bei Vertragsschluss geltenden Fassungen der Verteilungspläne unwirksam ist.[159] Da die Verwertungsgesellschaft schon vertraglich berechtigt ist, die Ertragsanteile nach § 315 BGB anhand des gem. § 27 I VGG aufzustellenden Verteilungsplans zu bemessen, gibt es keinen Sachgrund, die Verteilungsregeln auch noch zum Bestandteil des Wahrnehmungsvertrags zu machen. Auch die Verpflichtung der Verwertungsgesellschaft, bei der Verteilung den Gleichbehandlungsgrundsatz zu wahren, rechtfertigt nicht die Einbeziehung der Verteilungspläne in den Wahrnehmungsvertrag.[160] Diese Verpflichtung bindet die Verwertungsgesellschaft bereits bei der Leistungsbestimmung gegenüber den einzelnen Berechtigten nach § 315 I BGB. | Abs. 64 |
| Die Einbeziehungsklausel hat auch nicht den Zweck, die VG Wort vertraglich zur willkürfreien Verteilung zu verpflichten. Die Verwertungsgesellschaft benutzt die Verteilungspläne vielmehr schon seit Jahrzehnten dazu, darin nicht nur Verteilungsregeln iSd § 27 I VGG zu verankern, sondern auch andere Bestimmungen, die mit den Regeln der Verteilung unter den Berechtigten nichts zu tun haben.[161] Die Einbeziehungsklausel hat deshalb nicht nur die Funktion, die Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts der Verwertungsgesellschaft nach § 315 I BGB an die Regeln des Verteilungsplans zu binden.[162] Sie gibt der Verwertungsgesellschaft vielmehr weit über die Grenzen ihres Leistungsbestimmungsrechts hinaus eine Handhabe dafür, die Vertragsbedingungen nach eigenem freiem Ermessen ohne inhaltliche und gegenständliche Beschränkung und ohne Beteiligung der Berechtigten umzugestalten und die einseitig beschlossenen Änderungen in die Vertragsbindung einzubeziehen.[163] | Abs. 65 |
| Diese Selbstermächtigung der Verwertungsgesellschaft in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist mit dem AGB-Recht nicht vereinbar. Die Einbeziehungsklausel verstößt nicht nur, wie schon früher dargelegt,[164] gegen § 307 I BGB, sondern ist auch – entgegen Müller und Vinokurova –[165] mit § 308 Nr. 4 BGB unvereinbar. Sie ist den Berechtigten unzumutbar, weil sie die Gestaltung der Wahrnehmungsbedingungen weit über Regelungen für die Verteilung unter den Berechtigten hinaus dem freien Ermessen der Verwertungsgesellschaft anheimgibt. Es ist nach der Klausel nicht einmal vorgesehen, dass die Berechtigten von Änderungen des Wahrnehmungsvertrags erfahren, die von der Verwertungsgesellschaft auf dem Weg über Änderungen der Verteilungspläne zum Vertragsinhalt gemacht werden. | Abs. 66 |
| d) Einbeziehung künftiger Änderungen des Wahrnehmungsvertragsmusters in bestehende Wahrnehmungsverträge | Abs. 67 |
| aa) Änderungsklausel mit Zustimmungsfiktion. Durch § 6 II ihres Wahrnehmungsvertrags lässt sich die VG Wort ein umfassendes Recht einräumen, Änderungen oder Ergänzungen des Wahrnehmungsvertrags einseitig zu beschließen. Diese Änderungen oder Ergänzungen sollen erst wirksam werden, wenn sie dem Berechtigten schriftlich mitgeteilt wurden und er in bestimmter Frist nicht widersprochen hat. § 6 II des Wahrnehmungsvertrags idF vom 10.12.2021 lautet:[166] | Abs. 68 |
| „(2) Beschließt die Mitgliederversammlung in Zukunft Änderungen oder Ergänzungen des Wahrnehmungsvertrages oder des Inkassoauftrages für das Ausland, so gelten diese als Bestandteil dieses Vertrages; dies gilt insbesondere auch für zur Zeit des Vertragsabschlusses noch nicht bekannte Nutzungsarten. Änderungen oder Ergänzungen sind dem Berechtigten in Textform mitzuteilen. Die Zustimmung des Berechtigten zur Änderung oder Ergänzung gilt als erteilt, wenn er nicht binnen sechs Wochen seit Absendung ausdrücklich widerspricht; auf diese Rechtsfolge ist er in der Mitteilung hinzuweisen.“ | Abs. 69 |
| Diese Einbeziehungsklausel ist unwirksam, weil sie der Inhaltskontrolle nach § 307 I BGB nicht standhält.[167] Dies ist bereits in dem Aufsatz, auf den Müller und Vinokurova erwidern, näher dargelegt.[168] Das Urteil des BGH vom 27.4.2021, das zu einer entsprechenden Allgemeinen Geschäftsbedingung im Bankverkehr ergangen ist, hat diese Rechtsansicht bestätigt.[169] Die Einbeziehungsklausel ermöglicht es der VG Wort, die gesamten Vertragsbedingungen in allen Details nach eigenem Ermessen ohne inhaltliche und gegenständliche Beschränkung mittels einer lediglich fingierten Zustimmung umzugestalten.[170] Eine derartige Klausel ist unwirksam, ganz unabhängig davon, welchen Gebrauch der Verwender von dieser Klausel macht.[171] Die §§ 305 ff. BGB missbilligen bereits das Stellen inhaltlich unangemessener Allgemeiner Geschäftsbedingungen, nicht erst den unangemessenen Gebrauch einer Klausel im konkreten Einzelfall.[172] Das Erfordernis einer Zustimmungsfiktion ändert an der Unwirksamkeit der Klausel nichts.[173] In der Praxis ist die Widerspruchsmöglichkeit auch allem Anschein nach bedeutungslos. Einheitliche Vertragsbedingungen, wie sie nach der Behauptung von Müller und Vinokurova bei allen Nebenbedingungen eines Wahrnehmungsvertrags erforderlich sein sollen,[174] wären nicht erreichbar, wenn Urheberberechtigte in nennenswerter Zahl Vertragsänderungen widersprechen würden.[175] | Abs. 70 |
| Es gibt keine Besonderheiten, die es rechtfertigen würden, eine Klausel in Wahrnehmungsverträgen als wirksam anzusehen, die einer Verwertungsgesellschaft derart umfassende Vertragsänderungen ermöglicht, wie das bei § 6 II des Wahrnehmungsvertrags der VG Wort der Fall ist. Dies ist bereits bei der Beurteilung der Klausel, die Änderungen der Satzung dynamisch in den Wahrnehmungsvertrag einbezieht, ausgeführt.[176] Eine einheitliche Geltung eines Wahrnehmungsvertragsmusters in allen Details für alle Berechtigten mag für eine Verwertungsgesellschaft eine Verwaltungsvereinfachung bedeuten, ist aber nicht durchweg zwingend.[177] So wäre es zB sinnvoll, den Urhebern bei Abschluss des Berechtigungsvertrags ein Wahlrecht einzuräumen, ob sie sich an Sozialeinrichtungen der Verwertungsgesellschaften für ihre Berechtigten beteiligen wollen.[178] Dass alle denkbaren Vertragsbedingungen, die nach der Änderungsklausel Inhalt des Wahrnehmungsvertrags werden könnten, einheitlich gelten müssten, kann ohnehin nicht ernsthaft behauptet werden. Legitimen organisatorischen Bedürfnissen der Verwertungsgesellschaft nach einer einfachen Vertragsabwicklung kann durch eine einschränkend-konkretisierende Formulierung der Klausel Rechnung getragen werden.[179] | Abs. 71 |
| Die Änderungsklausel mit Zustimmungsfiktion in § 6 II des Wahrnehmungsvertrags der VG Wort ist auch deshalb unwirksam, weil sie gegen § 10 VGG verstößt. Nach dieser Vorschrift bedarf jede Wahrnehmung von Urheberrechten, die auf vertraglicher Grundlage stattfindet, der Zustimmung des Urheberberechtigten für jedes einzelne Recht. Diese Zustimmung ist zu dokumentieren. Erforderlich ist eine Vereinbarung in Textform (§ 126b BGB). | Abs. 72 |
| Nach Müller und Vinokurova soll dagegen § 6 II des Wahrnehmungsvertrags der VG Wort gerade auch deshalb als Allgemeine Geschäftsbedingung wirksam sein, weil sich diese Klausel auch auf den Umfang der Rechtseinräumung bezieht. Eine Regelung, die die Zustimmung der Berechtigten zu Änderungen der Rechteeinräumung fingiere, sei für die Berechtigten günstig und damit angemessen iSv § 307 I 1 BGB.[180] Diese Ansicht war schon nach früherem Recht unzutreffend, weil Berechtigte auch bei Nutzungsrechten, die sich für die Wahrnehmung durch eine Verwertungsgesellschaft eignen, ein Interesse an einer eigenständigen Verwertung haben können.[181] Sie ist nach dem Inkrafttreten des § 10 VGG unvertretbar. | Abs. 73 |
| Die Ausführungen, mit denen Müller und Vinokurova ihre Ansicht begründen, hat das LG München I bereits in seinem Urteil vom 4.10.2021 widerlegt.[182] Darauf kann Bezug genommen werden, zumal Müller und Vinokurova dieses ihren Ansichten widersprechende Urteil vollständig übergehen. Ihre Rechtskonstruktion ist schon im Ansatz unzutreffend, weil sie annehmen, eine AGB-Klausel mit Zustimmungsfiktion könne eine Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien ersetzen.[183] Eine Vereinbarung setzt eine beiderseitige Willenserklärung voraus (§ 311 I BGB).[184] Schweigen bedeutet im Rechtsverkehr grundsätzlich keine Zustimmung.[185] Eine Zustimmungsfiktion kann eine Willenserklärung – auch bei späteren Änderungen des Wahrnehmungsumfangs – nicht ersetzen.[186] Das gilt auch für eine konkludente Willenserklärung, die zudem nach dem klaren Wortlaut des § 10 VGG nicht genügt, da dieser eine Dokumentation der Zustimmung und eine Vereinbarung in Textform fordert. | Abs. 74 |
| Die Ansicht, die Anforderungen des § 10 VGG an die Erweiterung der Rechteeinräumung seien durch Vereinbarung einer AGB-Klausel mit Zustimmungsfiktion abdingbar,[187] übergeht, dass diese zum Schutz der Urheberberechtigten geschaffene Vorschrift zwingendes Unionsrecht umsetzt (Art. 5 VII VG-RL). Entgegen Müller und Vinokurova[188] hat § 10 VGG nicht nur den Zweck, für Klarheit zu sorgen, welche Rechte der Verwertungsgesellschaft zur Wahrnehmung eingeräumt wurden. Durch § 10 VGG soll vielmehr – entsprechend der Zielsetzung der VG-RL (Erwgr 19, Art. 5 VII VG-RL) – die freie Entscheidung des Rechtsinhabers (§ 9 I VGG) über die Einräumung seiner Rechte an eine Verwertungsgesellschaft gesichert werden.[189] Dementsprechend sind die Berechtigten davor zu schützen, dass Änderungen des Umfangs der Rechtseinräumung ohne ihre bewusste Entscheidung herbeigeführt werden, noch dazu auf der Grundlage von AGB-Einbeziehungsklauseln, die eine tatsächliche Zustimmung durch eine Zustimmungsfiktion ersetzen sollen.[190] | Abs. 75 |
| Im Übrigen ist § 6 II des Wahrnehmungsvertrags auch deshalb unwirksam,[191] weil er – wie auch bei Verträgen mit Unternehmern erforderlich –[192] die Anforderungen des § 308 Nr. 5 BGB (Fingierte Erklärungen) nicht erfüllt.[193] Da die Frist zum Widerspruch mit der Absendung der Mitteilung über die Änderung beginnen soll, werden die Berechtigten unzumutbar im Unklaren über den Fristablauf gelassen.[194] Das Rechtssicherheitsinteresse der Verwertungsgesellschaft rechtfertigt dies nicht, zumal diese nach der Klausel nicht einmal verpflichtet ist, in der Mitteilung den Zeitpunkt der Absendung zu nennen. Die Berechtigten müssen in der Lage sein, mit Sicherheit festzustellen, ob eine Vertragsänderung (zB eine geänderte Kündigungsfrist) für sie gilt. | Abs. 76 |
| bb) Einseitige Änderung der GEMA-Berechtigungsverträge. In § 6 Buchst. a S. 2 des Berechtigungsvertrags der GEMA idF vom 9./10.6.2021 ist bestimmt, dass künftige Abänderungen oder Ergänzungen des Berechtigungsvertrags als Vertragsbestandteil gelten, wenn sie „aus Gründen der kollektiven Rechtewahrnehmung für alle Berechtigten einheitlich gelten müssen“. Diese Einschränkung des einseitigen Vertragsänderungsrechts ist selbst für Fachleute unklar.[195] Die Klausel ist daher intransparent und hält schon aus diesem Grund der Inhaltskontrolle nach § 307 I BGB nicht stand. Dies ist bereits in dem Aufsatz, auf den Müller und Vinokurova erwidern, näher dargelegt.[196] Die Unklarheit der Klausel kann – entgegen Müller und Vinokurova –[197] nicht mit der Behauptung geleugnet werden, eine einheitliche Geltung „aller Nebenbedingungen eines Wahrnehmungsvertrags“ sei schon im Hinblick auf die Verpflichtung zur Gleichbehandlung der Berechtigten erforderlich. Diese Behauptung ist offensichtlich unzutreffend. So müssen zB die Aufnahmegebühr für Mitglieder oder Kündigungsfristen nicht zwingend für alle Berechtigten gleich geregelt sein. Die Wahrnehmungsbedingungen sind bei der GEMA auch nicht für alle Berechtigten gleich. Viele Sozialleistungen kommen nur ordentlichen Mitgliedern zugute.[198] | Abs. 77 |
| Die Änderungsklausel ist auch deshalb unangemessen, weil sich die GEMA nicht einmal verpflichtet, die Berechtigten über Vertragsänderungen oder -ergänzungen zu unterrichten. Die Klausel belastet daher die meist rechtsunkundigen Berechtigten mit unzumutbaren Unsicherheiten über ihre Rechtsbeziehungen zur GEMA.[199] Dies wird entgegen der Ansicht von Müller und Vinokurova nicht durch eine Ersparnis von Verwaltungsaufwendungen der GEMA ausgeglichen. Ihre Ansicht, die Interessen der Berechtigten seien bei Änderungen von Nebenbedingungen gewahrt, weil diese von der Mitgliederversammlung beschlossen würden, ist mit dem Schutzzweck des AGB-Rechts unvereinbar und widerspricht, wie bereits das Beispiel der Beschränkung von Sozialleistungen auf ordentliche Mitglieder zeigt, der Realität. | Abs. 78 |
| V. Zusammenfassung | Abs. 79 |
| Verwertungsgesellschaften nehmen Urheberrechte für Rechnung mehrerer Rechtsinhaber zu deren kollektivem Nutzen wahr (§ 2 I VGG). Dementsprechend beschränkt sich ihre Vertragsbeziehung zu den Urheberberechtigten nach dem Inhalt des unterschriebenen Wahrnehmungsvertrags auf einen entgeltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB). Teilweise wird jedoch vertreten, dass die Urheber durch den Wahrnehmungsvertrag Teil eines Kollektivs oder gar einer Solidargemeinschaft würden. Dies soll u.a. der Rechtfertigung von Maßnahmen dienen, durch die Erträge aus der Rechtswahrnehmung nach freiem Ermessen der Verwertungsgesellschaft anderen Zwecken als der Verteilung unter den Berechtigten zugeführt und damit kollektiviert werden (etwa für eine gemeinnützige Kulturförderung). | Abs. 80 |
| Regelungen zu solchen Maßnahmen finden sich bei Verwertungsgesellschaften wie der VG Wort und der GEMA nicht in den Wahrnehmungsverträgen selbst, sondern in der Satzung und in den Verteilungsplänen. Diese Regelwerke sollen durch Einbeziehungsklauseln in den Wahrnehmungsverträgen in ihrer bei Vertragsschluss geltenden Fassung und in ihren zukünftigen Fassungen Teil der Wahrnehmungsverträge werden. Zudem enthalten die Wahrnehmungsverträge Klauseln mit Zustimmungsfiktion, nach denen Änderungen des Wahrnehmungsvertrags (einschließlich des Umfangs der Rechteübertragung) bei Ausbleiben eines fristgerechten Widerspruchs für bestehende Wahrnehmungsverträge wirksam werden sollen. Diese Klauseln halten jedoch der Inhaltskontrolle nach dem AGB-Recht nicht stand. Dies gilt insbesondere deshalb, weil sie gegen das Transparenzgebot (§ 307 I 2 BGB) verstoßen und es der Verwertungsgesellschaft ermöglichen, die Wahrnehmungsbedingungen unbeschränkt oder kaum beschränkt nach eigenem freien Ermessen zu gestalten (§ 307 I BGB). Die Klauseln zur Änderung der Wahrnehmungsverträge mit Zustimmungsfiktion sind auch deshalb unwirksam, weil sie nicht mit § 10 VGG (Zustimmung zur Rechtswahrnehmung) vereinbar sind. Auch § 6 Buchst. a S. 2 des Berechtigungsvertrags der GEMA, nach dem künftige Abänderungen oder Ergänzungen des Berechtigungsvertrags als Vertragsbestandteil gelten sollen, wenn sie „aus Gründen der kollektiven Rechtewahrnehmung für alle Berechtigten einheitlich gelten müssen“, hält als intransparent der Inhaltskontrolle nach § 307 I BGB nicht stand. | Abs. 81 |
| Die Urheberberechtigten haben faktisch fast ausnahmslos keinen Einfluss auf die Verwaltungspraxis der Verwertungsgesellschaften, die jeweils in ihrem Geschäftsbereich Monopolunternehmen sind. Eine Staatsaufsicht, die Rechtsverletzungen von Verwertungsgesellschaften gegenüber den Urheberberechtigten wirksam unterbindet, gibt es nicht. Es bleibt der Weg zu den ordentlichen Gerichten, der aber für einen einzelnen Urheber mangels Kenntnis der Verwaltungspraxis und der Rechtslage sowie aus wirtschaftlichen Gründen kaum in Betracht kommt. Dementsprechend selten sind Gerichtsentscheidungen zu Verteilungsmaßnahmen von Verwertungsgesellschaften. | Abs. 82 |
| Ungeachtet dessen wird seit Jahrzehnten versucht, durch entsprechende Ausgestaltung der Wahrnehmungsbedingungen und durch zielgerichtete Auslegung des Zivilrechts die Möglichkeit der zivilgerichtlichen Kontrolle der Rechtsbeziehungen der Verwertungsgesellschaften zu den Berechtigten als sehr eingeschränkt darzustellen und Berechtigte dadurch von der Anrufung der ordentlichen Gerichte abzuhalten sowie Einfluss auf die Rechtsprechung zu nehmen. Dabei wird auch die Behauptung eingesetzt, die Urheberberechtigten würden durch den Wahrnehmungsvertrag Teil eines sich selbst verwaltenden Kollektivs. Die Verwertungsgesellschaft verfolge keine eigenen Interessen. Ihre Mitgliederversammlung beschließe nur solche Änderungen der Wahrnehmungsbedingungen, die im Interesse der weit überwiegenden Mehrheit der Berechtigten lägen. Aus solchen Behauptungen, die immer wieder von der Realität widerlegt werden, wird abgeleitet, dass die Gestaltung der Wahrnehmungsbedingungen und der Verteilungsregeln sehr weitgehend dem freien Ermessen der Verwertungsgesellschaft überlassen werden könne und müsse. Entscheidungen der Verwertungsgesellschaft mit Auswirkung auf die Bemessung der Ertragsanteile der einzelnen Urheberberechtigten unterlägen nur eingeschränkt der Kontrolle der Gerichte und seien insbesondere nur auf Willkür überprüfbar. Kommt es ausnahmsweise zu einem gerichtlichen Verfahren, wird mit derartigen Rechtsbehauptungen versucht, den Schutz der Urheberberechtigten durch das allgemeine Zivilrecht auszuhebeln. | Abs. 83 |
| Es ist Aufgabe einer unabhängigen Urheberrechtswissenschaft, dem entgegenzutreten. | Abs. 84 |
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| Fußnoten: | |
| [*] Dr. Joachim von Ungern-Sternberg, Richter am BGH a.D., Freiburg i. Breisgau. | |
| [1] Vgl. Podszun ZUM 2017, 732 (735). | |
| [2] Vgl. v. Ungern-Sternberg ZGE 2017, 1 (15); v. Ungern-Sternberg JurPC Web-Dok. 25/2019, Abs. 71 mwN. | |
| [3] Zur Rolle der Urheberverbände vgl. v. Ungern-Sternberg in FS Büscher, 2018, 265 (275 f.); v. Ungern-Sternberg JurPC Web-Dok. 105/2018, Abs. 62 ff. | |
| [4] Vgl. Marz, Corporate Governance im Recht der Verwertungsgesellschaften, 2020, S. 194 f.; Rehbinder/Peukert Urheberrecht, 18. Aufl. 2018, Rn. 1134; Podszun ZUM 2017, 732 (736); Sandberger in FS Vogel, 2017, 307 (325 f.); Heinemann ZGE 2020, 94 (108 ff.); Flechsig GRUR-Prax, 2021, 682; v. Ungern-Sternberg ZGE 2017, 1 (15 f.); v. Ungern-Sternberg JurPC Web-Dok. 25/2019, Abs. 68 ff. | |
| [5] Vgl. Marz, Corporate Governance im Recht der Verwertungsgesellschaften, 2020, S. 194 f.; v. Ungern-Sternberg JurPC Web-Dok. 25/2019, Abs. 69, jew. mwN. | |
| [6] Schlussbericht der Enquete-Kommission, BT-Dr. 16/7000, 282 ff., 285 (unter Nr. 13 f.; http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/16/070/1607000.pdf). | |
| [7] Beschluss des Deutschen Bundestags vom 20.2.2014 zur Petition 9466 (https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2010/_01/_18/Petition_9466.nc.html): „Der Petitionsausschuss schließt sich daher den Handlungsempfehlungen 13 und 14 der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ an (Abschlussbericht, BTDrs. 16/7000, S. 285) und empfiehlt, | |
| (1) dem Deutschen Bundestag, die Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften nach dem Urheberrechtswahrnehmungsgesetz bei einer Regulierungsbehörde des Bundes anzusiedeln und diese mit den erforderlichen personellen Ressourcen auszustatten; | |
| (2) der Bundesregierung – dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz –, die Aufsicht anzuhalten, sich nicht auf eine Evidenzkontrolle zu beschränken, sondern auch im Einzelfall zu kontrollieren, dass die Verwertungsgesellschaften ihren gesetzlichen Verpflichtungen ordnungsgemäß nachkommen.“ | |
| Die Personalausstattung der Aufsichtsbehörde wurde in der Folgezeit ganz erheblich verstärkt (vgl. Heinemann, Die Verteilungspraxis der Verwertungsgesellschaften, 2017, S. 331; Völger, Lizenzmodelle im kollektiven Wahrnehmungsrecht, 2020, S. 420). | |
| [8] Vgl. Flechsig GRUR-Prax, 2021, 682; v. Ungern-Sternberg JurPC Web-Dok. 25/2019, Abs. 68 ff. | |
| [9] Vgl. auch Mestmäcker in FS Lukes, 1989, 445 (446 f., 451); zur Rechtsnatur des Wahrnehmungsvertrags vgl. u. Abschn. II 4 mit Fn. 52. | |
| [10] E. Schulze Urhebervertragsrecht, 3. Aufl. 1982, S. 28 f.: „Das Rechtsverhältnis zwischen den Inhabern von Urheberrechten und VGes zur Wahrnehmung (z.B. GEMA) wird häufig als Gesellschaftsvertrag zu qualifizieren und damit nach § 23 Abs. 1 pauschal vom Anwendungsbereich des AGB-Gesetzes ausgenommen sein (Fn.: Dietlein/Rebmann [erg. AGB aktuell, 1976], S. 207).“; vgl. auch Schricker/Schricker, Urheberrecht, 2. Aufl. 1999, Vor §§ 28 ff. Rn. 10 (keine Anwendung des AGBG auf Satzung und Verteilungspläne); Schricker EWiR 2002, 309 (310); dagegen bereits Mauhs, Der Wahrnehmungsvertrag, 1991, S. 57 ff. | |
| [11] Vgl. Fn. zu § 6 II Verteilungsplan der VG Wort idF v. 9.6.2018. | |
| [12] Vgl. BGH GRUR 2013, 375 Rn. 14 f. – Missbrauch des Verteilungsplans; vgl. weiter u. Abschn. IV 2 a. | |
| [13] Vgl. dazu neuerdings Riesenhuber ZGE 2021, 381 (410 f., 425). Für seine Behauptung, der Wahrnehmungsvertrag sei nach den „Intentionen und Zwecken der Parteien“ „auf die individualvertragliche Partizipation an der Verwertungsgesellschaft als Organisation gerichtet“, kann dem unterschriebenen Wahrnehmungsvertrag nichts entnommen werden. | |
| [14] So erstmals BGH GRUR 1986, 62 (65) – GEMA-Vermutung I; stRspr seit dem Urteil BGH GRUR 2002, 332 (333) – Klausurerfordernis; vgl. weiter Bezzenberger/Riesenhuber GRUR 2003, 1005 (1007 f.); v. Ungern-Sternberg GRUR 2020, 923; vgl. weiter BGH GRUR 2016, 606 Rn. 17 – Allgemeine Marktnachfrage. | |
| [15] BGH GRUR 2002, 332 (333) – Klausurerfordernis; vgl. weiter Riesenhuber, Die Auslegung und Kontrolle des Wahrnehmungsvertrags, 2004, S. 23 f.; v. Ungern-Sternberg GRUR 2020, 923 (924). | |
| [16] BGHZ 163, 119 (127 f.) = GRUR 2005, 757 (759) – PRO-Verfahren; BGH GRUR 2009, 395 (400) – Klingeltöne für Mobiltelefone I. | |
| [17] Loewenheim UrhR-HdB/Melichar, 2. Aufl. 2010, § 47 Rn. 23. | |
| [18] Dagegen schon Riesenhuber, Die Auslegung und Kontrolle des Wahrnehmungsvertrags, 2004, S. 33. | |
| [19] BGH GRUR 2013, 375 Rn. 15 – Missbrauch des Verteilungsplans. | |
| [20] Ebenso unhaltbar war die im Interesse der Verwertungsgesellschaften häufiger vertretene Ansicht, das Gebot angemessener Wahrnehmungsbedingungen (§ 6 I 1 UrhWG, jetzt § 9 II VGG) gelte nur für Nichtmitglieder, weil die Mitglieder durch ihre Mitwirkung an der vereinsinternen Willensbildung selbst ausreichend dafür sorgen könnten, dass ihre Rechte zu angemessenen Bedingungen wahrgenommen würden (so zB Riesenhuber, Die Auslegung und Kontrolle des Wahrnehmungsvertrags, 2004, S. 69; vgl. dazu Schricker/Loewenheim/Reinbothe, 6. Aufl. 2020, VGG § 9 Rn. 10; Loewenheim UrhR-HdB/Staats/Melichar, 3. Aufl. 2021, § 53 Rn. 40; BeckOK/Freudenberg Urheberrecht (Std.: 15.9.2021) VGG § 9 Rn. 40 f.). | |
| [21] Vgl. BGH GRUR 2013, 375 Rn. 14 f. – Missbrauch des Verteilungsplans; BGHZ 210, 77 = GRUR 2016, 596 Rn. 87 – Verlegeranteil. | |
| [22] Riesenhuber ZGE 2021, 381 (406 ff.). | |
| [23] Die Geltung dieser Bereichsausnahme für Verweisungsklauseln in Wahrnehmungsverträgen lehnt Riesenhuber allerdings ab (ZGE 2021, 381 (417 f.)). | |
| [24] StRspr; vgl. BGH GRUR 2013, 375 Rn. 14 – Missbrauch des Verteilungsplans; BGHZ 119, 305 (312) = NJW 1993, 57 (58); Staudinger/Piekenbrock (2019) BGB § 310 Rn. 157; jurisPK-BGB/Lapp/Salamon, 9. Aufl. (Std.: 16.9.2020), BGB § 310 Rn. 54; Erman/Roloff/Looschelders, BGB, 16. Aufl. 2020, BGB § 310 Rn. 28. | |
| [25] Nach der Ansicht von Riesenhuber, ZGE 2021, 381 (409), hätten Mitglieder bei allen Änderungen des Regelwerks der Verwertungsgesellschaft, die ihre Ausschüttungsansprüche schmälern (wie bei der früheren, von der VG Wort durch bloße Satzungsbestimmung eingeführten Verlegerbeteiligung), oder auch bei Beschlüssen, die – entgegen § 10 VGG – den Umfang der Rechtsübertragung an die Verwertungsgesellschaft ohne ihre Zustimmung erweitern, nicht den Schutz des AGB-Rechts und wären auf eine spezialgesetzliche Kontrolle der Wahrnehmungsbedingungen und des Verteilungsplans nach § 9 S. 2, § 27 I VGG angewiesen. Eine derartige Aushöhlung der vertragsrechtlichen Stellung der Mitglieder würde auch Art. 4 und 5 VG-RL widersprechen. | |
| [26] § 6 Buchst. a Berechtigungsvertrag der GEMA (idF v. 9./10.6.2021, abrufbar: https://www.gema.de/fileadmin/user_upload/Gema/Berechtigungsvertrag.pdf; § 6 I Wahrnehmungsvertrag der VG Wort (idF v. 10.12.2021, abrufbar: https://www.vgwort.de/fileadmin/pdf/wahrnehmungsvertrag/Wahrnehmungsvertrag_Muster_Dez_2021.pdf). | |
| [27] BGH GRUR 2013, 375 Rn. 12 ff. – Missbrauch des Verteilungsplans; BGH GRUR 2016, 606 Rn. 17 f. – Allgemeine Marktnachfrage. | |
| [28] Vgl. Riesenhuber, Die Auslegung und Kontrolle des Wahrnehmungsvertrags, 2004, S. 108 ff.; insoweit zustimmend Heker/Riemer in FS Pfennig, 2012, 419 (435 Fn. 59). | |
| [29] Heker/Riesenhuber/Riesenhuber, Recht und Praxis der GEMA, 2018, Kap. 6 Rn. 105 ff.; Heine/Holzmüller/Riemer, Verwertungsgesellschaftengesetz, 2019, VGG § 27 Rn. 36. Aufschlussreich sind die Ausführungen, mit denen sich Riesenhuber (Rn. 112) gegen die sog. Einheitsthese wendet, die das Angemessenheitsgebot des § 9 S. 2 VGG auch auf die Verteilungspläne anwendet: „Das Ziel des Individualschutzes, um das es der Einheitsthese geht, konfligiert mit einem anderen Ziel des Verwertungsgesellschaftengesetzes, nämlich der Konzeption der Verwertungsgesellschaften als staatsferne Selbstverwaltungsorganisationen. Der Gesetzgeber fand die Verwertungsgesellschaften, die sich im gesellschaftlichen Bereich gebildet hatten, als solche Selbstverwaltungsorganisationen vor und wollte es aus guten Gründen auch dabei belassen. Die bei der Verteilung erforderlichen Wertungen sind ungleich besser legitimiert, wenn die Betroffenen sie selbst treffen. Die Regelung des § 27 Abs. 1 VGG ist Ausgleich dieser widerstreitenden Prinzipien. Der Gesetzgeber hat dabei die Autonomie der Verwertungsgesellschaften weitgehend gewahrt und sie [erg. an] primär formale Mechanismen gebunden. Die Verteilung muss in der Form von festen Regeln, eines Plans, erfolgen, so dass sie vorhersehbar und überprüfbar ist. Die inhaltliche Kontrolle ist auf das Willkürverbot beschränkt.“ Für die Anwendung des Angemessenheitsgebots des § 9 S. 2 VGG (früher § 6 I 1 UrhWG) auch auf Verteilungspläne Bisges, Handbuch Urheberrecht/Schunke, 2016, Kap. 4 Rn. 510; Dreyer/Kotthoff/Meckel/Hentsch/Hentsch, 4.Aufl. 2018, VGG § 27 Rn. 6 ff.; Marz, Corporate Governance im Recht der Verwertungsgesellschaften, 2020, S. 82; v. Ungern-Sternberg GRUR 2021, 1017 (1023), jew. mwN. | |
| [30] Vgl. dazu auch Heine/Holzmüller/Riemer, Verwertungsgesellschaftengesetz, 2019, VGG § 27 Rn. 36: „Dies [erg. eine umfassende Angemessenheitskontrolle] stünde in eklatantem Widerspruch zur Konzeption der Verwertungsgesellschaften als staatsfernen Selbstverwaltungsorganisationen (Fn.: Heker/Riesenhuber/Riesenhuber, Kap. 6 Rn. 109; Einleitung Rn. 8, 14) sowie zu dem ‚außerordentlich weiten‘ Ermessens- und Beurteilungsspielraum, der den Verwertungsgesellschaften aus der Sicht des BGH bei der Aufstellung der Verteilungspläne zusteht (Fn.: BGH, Urt. v. 24.9.2013 – I ZR 187/12 – GRUR 2014, 479, 481 = NJW-RR 2014, 733, 735 = ZUM-RD 2014, 276, 279 – Verrechnung von Musik in Werbefilmen).“ | |
| [31] Riesenhuber, Die Auslegung und Kontrolle des Wahrnehmungsvertrags, 2004, S. 109 f. Das von ihm als „in der Sache übereinstimmend“ zitierte OLG München ZUM 2002, 747 f. hat, worauf er selbst hinweist, die angegriffene Verteilungsplanregelung nicht nur am Maßstab des § 7 UrhWG gemessen, sondern auch an § 6 I 1 UrhWG (jetzt § 9 S. 2 VGG) und damit auch daran, ob es sich um eine „angemessene Bedingung“ handelte. | |
| [32] Nach ihrem Geschäftsbericht 2020 (S. 9) hatte die VG Wort (Stand Februar 2021) 1.148 Mitglieder (unter diesen mit Sicherheit weit überproportional viele Verleger). Der sehr geringen Zahl von Mitgliedern standen im Jahr 2020 (ohne die ausländischen Autoren!) 294.718 wahrnehmungsberechtigte Autoren gegenüber. Auch bei der GEMA ist die Zahl der Urheber, die als ordentliche Mitglieder allein Mitglieder iSd Vereinsrechts und des VGG sind (vgl. §§ 8 ff. Satzung idF v. 9.10.6.2021, GEMA-Jahrbuch 2021/2022, S. 205 ff.), im Verhältnis zu den außerordentlichen und den angeschlossenen Mitgliedern sehr gering (vgl. Geschäftsbericht für das Jahr 2020, GEMA-Jahrbuch 2021/2022, S. 42, frei abrufbar: https://www.gema.de/fileadmin/user_upload/Gema/geschaeftsberichte/GEMA_Gesch%C3%A4ftsbericht_2020.pdf. | |
| [33] Zur Binnenstruktur der GEMA und der VG Wort s. Schack UrhR/UrhvertragsR, 10. Aufl. 2021, Rn. 1421 ff., 1465; Marz, Corporate Governance im Recht der Verwertungsgesellschaften, 2020, S. 178 ff., 286 f., 296. | |
| [34] Vgl. dazu Goldmann, Die kollektive Wahrnehmung musikalischer Rechte in den USA und Deutschland, 2001, S. 113 f.; Hertin in FS Vogel, 2017, 277 (285 f.); Sandberger in FS Vogel, 2017, 307 (316 ff.); v. Ungern-Sternberg ZGE 2017, 1 (11 f.); v. Ungern-Sternberg JurPC Web-Dok. 105/2018, Abs. 27 ff., 68 ff. mwN. | |
| [35] Vgl. auch Heinemann, Die Verteilungspraxis der Verwertungsgesellschaften, 2017, S. 109 ff.; Marz, Corporate Governance im Recht der Verwertungsgesellschaften, 2020, S. 69 f.; Podszun ZUM 2017, 732 (736); v. Ungern-Sternberg JurPC Web-Dok. 105/2018, Abs. 62 ff. mwN. | |
| [36] Müller/Vinokurova GRUR 2021, 1350 (1354), im Zusammenhang mit der Begründung, warum gegenständlich nicht beschränkte Änderungsklauseln mit Zustimmungsfiktion in Wahrnehmungsverträgen rechtmäßig seien. | |
| [37] Zu Beispielen für eine jahrzehntelange Beteiligung von Nichtberechtigten an den Wahrnehmungserlösen vgl. BGHZ 210, 77 = GRUR 2016, 596 – Verlegeranteil; LG München I GRUR-RS 2021, 28922 = GRUR-RR 2022, 16 (dort gekürzt und andere Rn.) = ZUM-RD 2022, 43 – Wahrnehmungsvertrag (n.rkr.); Vogel MR 2018, 162; v. Ungern-Sternberg JurPC Web-Dok. 5/2021, Abs. 66 ff.; vgl. weiter v. Ungern-Sternberg GRUR 2020, 923 (932). Zu rechtswidrigen pauschalen Ausschüttungen an Berufsverbände vgl. BGHZ 210, 77 = GRUR 2016, 596 Rn. 104 – Verlegeranteil (iVm der Vorinstanz OLG München ZUM 2014, 52 (54, 63)). | |
| [38] So aber Müller/Vinokurova GRUR 2021, 1350 (1354 f.); Riesenhuber ZGE 2021, 381 (414 f.). Wie wenig die von Riesenhuber behauptete „Richtigkeitsgewähr“ der Mehrheitsbeschlüsse der Mitgliederversammlung in der Realität gegeben ist, zeigt bereits das Beispiel der früheren Verlegerbeteiligung der VG Wort. Diese Ausschüttungen an Verleger beruhten allein auf einer offensichtlich rechtswidrigen Satzungsbestimmung (§ 9 I Nr. 3 Satzung aF; vgl. BGHZ 210, 77 = GRUR 2016, 596 Rn. 28 ff. – Verlegeranteil). Diese war von der Mitgliederversammlung von allen Berufsgruppen mit nur einer Gegenstimme beschlossen worden (v. Ungern-Sternberg JurPC Web-Dok. 105/2018, Abs. 63 ff. mwN; vgl. weiter v. Ungern-Sternberg JurPC Web-Dok. 5/2021, Abs. 66 ff.). Zur Problematik der Vertretung der Nichtmitglieder durch die kleine Zahl der Mitglieder vgl. Podszun in Grünberger/Leible, Die Kollision von Urheberrecht und Nutzerverhalten, 2014, 173 (178 f.); v. Ungern-Sternberg GRUR 2021, 1017 (1021) mwN. Die von der Mitgliederversammlung beschlossenen sozialen und kulturellen Fördermaßnahmen kommen in weitem Umfang nur Mitgliedern oder nichtberechtigten Dritten zugute, werden aber von den Nichtmitgliedern mit ihren Wahrnehmungserträgen mitfinanziert (vgl. dazu u. Abschn. IV 2 a). | |
| [39] Vgl. dazu auch BGH GRUR 2014, 479 Rn. 21, 23 – Verrechnung von Musik in Werbefilmen. | |
| [40] Marz, Corporate Governance im Recht der Verwertungsgesellschaften, 2020, S. 70; vgl. weiter Podszun in Grünberger/Leible, Die Kollision von Urheberrecht und Nutzerverhalten, 2014, 173 (177 ff.): „In den Verwertungsgesellschaften treten diese Probleme [erg. Principal-Agent-Probleme] jedoch verschärft auf.“; Podszun ZUM 2017, 732 (735); Drexl in Hilty/Geiger, Impulse für eine europäische Harmonisierung des Urheberrechts, 2007, 369 (375 f.): „Die Kreativen, deren Interessen eine Verwertungsgesellschaft eigentlich wahren soll, sehen sich sogar der Gefahr eines Missbrauchs der Marktmacht durch die monopolistische Verwertungsgesellschaft ausgesetzt.“; Hilty GRUR Int 1995, 527 (528): „Es muß aber doch festgehalten werden, daß an dogmatischer Aufklärung letztlich auch ein eminentes praktisches Interesse bestehen muß, wenn verhindert werden soll, daß der Wahrnehmungsvertrag als Rechtsverhältnis zwischen extrem ungleich vorgebildeten Parteien nicht von einer Seite beherrscht werden kann. Denn wenn es schon der Gesetzgeber verschlafen hat, trotz des weitgehenden Verwertungszwangs einen angemessenen urhebervertragsrechtlichen Interessenausgleich zu schaffen, und wenn auch die Gerichte kaum je Gelegenheit zum Aufstellen gewisser Leitplanken erhalten, so bleibt einzig und allein die Literatur, welche Schwachstellen der eingespielten Wahrnehmungspraxis aufzudecken vermag.“; v. Ungern-Sternberg GRUR 2021, 1017 (1021). Zur Beherrschung der VG Wort durch die Verlegerseite vgl. v. Ungern-Sternberg FS Büscher, 2018, 265 (271 ff.); v. Ungern-Sternberg JurPC Web-Dok. 105/2018, Abs. 27 ff. mwN. | |
| [41] Vgl. auch Heine/Holzmüller/Riemer, Verwertungsgesellschaftengesetz, 2019, VGG § 27 Rn. 24: „Die Verteilung der Einnahmen aus den Rechten wird somit [erg. durch die Beschlussfassung der Mitgliederversammlung über den Verteilungsplan gem. § 17 I 2 Nr. 6 VGG] maßgeblich von den Berechtigten selbst geprägt und gestaltet.“ | |
| [42] Heine/Holzmüller/Riemer, Verwertungsgesellschaftengesetz, 2019, VGG § 27 Rn. 36. Zur Begründung der Verwendung von Wahrnehmungserträgen für soziale und kulturelle Leistungen hat die GEMA früher gerade umgekehrt mit einer „Staatsnähe von Verwertungsgesellschaften“ argumentiert und behauptet, diese seien „Träger öffentlicher und privater Aufgaben“ (vgl. Becker in Kreile/Becker/Riesenhuber, Recht und Praxis der GEMA, 1. Aufl. 2005, Kap. 4 Rn. 6 ff., 13 ff.). | |
| [43] BGH GRUR 2013, 375 Rn. 12 ff. – Missbrauch des Verteilungsplans; BGHZ 210, 77 = GRUR 2016, 596 Rn. 26 ff. – Verlegeranteil; BGH GRUR 2016, 606 Rn. 16 ff. – Allgemeine Marktnachfrage; Schricker/Loewenheim/Reinbothe, 6. Aufl. 2020, VGG § 27 Rn. 5; BeckOK/UrhR/Freudenberg, Std.: 1.5.2021, VGG § 10 Rn. 16 mwN; vgl. auch HK-UrhG/Seifert, 4. Aufl. 2022, VGG § 27 Rn. 16. | |
| [44] Zum Begriff der unangemessenen Benachteiligung vgl. BGH Urt. v. 16.12.2021 – I ZR 201/20 Rn. 60 – ÖKO-TEST III. | |
| [45] BGH GRUR 2014, 479 Rn. 23 ff. – Verrechnung von Musik in Werbefilmen; vgl. auch BGH GRUR 2016, 606 Rn. 37 – Allgemeine Marktnachfrage. | |
| [46] BGHZ 210, 77 = GRUR 2016, 596 Rn. 35 – Verlegeranteil. | |
| [47] Vgl. Heine/Holzmüller/Riemer, Verwertungsgesellschaftengesetz, 2019, VGG § 27 Rn. 29; Heker/Riesenhuber/Riemer, Recht und Praxis der GEMA, 2018, Kap. 8 Rn. 3; Wandtke/Bullinger/Gerlach, 5. Aufl. 2019, VGG § 27 Rn. 3, 5; Loewenheim UrhR-HdB/Staats/Melichar, 3. Aufl. 2021, § 53 Rn. 78 ff.; Müller/Vinokurova GRUR 2021, 1350 (1355): „In Bezug auf die Verteilung hat der Gesetzgeber von inhaltlichen Vorgaben weitgehend abgesehen und hat den Verwertungsgesellschaften mit der Beschränkung auf das Willkürverbot einen weiten Spielraum belassen (§ 27 I VGG).“; im Ergebnis ebenso LG München I GRUR-RS 2021, 28922 Rn. 207 – Wahrnehmungsvertrag (n.rkr.) (= JurPC Web-Dok. 137/2021). | |
| [48] Heine/Holzmüller/Riemer, Verwertungsgesellschaftengesetz, 2019, VGG § 27 Rn. 30; Heker/Riesenhuber/Riemer, Recht und Praxis der GEMA, 2018, Kap. 8 Rn. 3; Wandtke/Bullinger/Gerlach, 5. Aufl. 2019, VGG § 27 Rn. 3; vgl. auch – etwas abweichend – Heker/Riesenhuber/Riesenhuber, Recht und Praxis der GEMA, 2018, Kap. 6 Rn. 113 ff. (nach seiner Ansicht kann nicht darauf verzichtet werden, „die Willkürfreiheit in Form einer äußersten Grenze materiell zu bestimmen“); Loewenheim UrhR-HdB/Staats/Melichar, 3. Aufl. 2021, § 53 Rn. 80 (neben dem Gleichbehandlungsgebot sei auch zu berücksichtigen, ob es für die Regelung im Verteilungsplan keinen sachlichen Grund gebe, wobei der Verwertungsgesellschaft aber ein sehr weiter Ermessensspielraum zustehe). | |
| [49] BGHZ 210, 77 = GRUR 2016, 596 Rn. 25 ff. – Verlegeranteil. | |
| [50] Andernfalls hätte die angegriffene Verlegerbeteiligung auch unbeanstandet bleiben müssen, weil Ausschüttungen an nichtberechtigte Dritte alle Berechtigten in gleicher Weise schädigen. | |
| [51] BGHZ 210, 77 = GRUR 2016, 596 Rn. 30, 34 – Verlegeranteil; ebenso LG München I GRUR-RS 2021, 28922 Rn. 117 ff. – Wahrnehmungsvertrag (n.rkr.) (= JurPC Web-Dok. 137/2021). | |
| [52] Der Wahrnehmungsvertrag ist ein Vertrag über eine entgeltliche Geschäftsbesorgung (vgl. BGHZ 163, 119 (126) = GRUR 2005, 757 (759) – PRO-Verfahren; v. Ungern-Sternberg GRUR 2020, 923 f.; v. Ungern-Sternberg GRUR 2021, 1017 jew. mwN). Anders als ein Auftrag ist der Wahrnehmungsvertrag als Geschäftsbesorgungsvertrag ein gegenseitiger Vertrag (vgl. BGH GRUR 2009, 395 Rn. 40 – Klingeltöne für Mobiltelefone I; Erman/Berger, 16. Aufl. 2020, BGB § 662 Rn. 2). Auch diese Beurteilung wird aus der Sicht von Verwertungsgesellschaften bestritten und stattdessen die vorrangige Geltung der Vorschriften über den Auftrag vertreten (vgl. Heker/Riesenhuber/Staudt/Hendel, Recht und Praxis der GEMA, 2018, Kap. 7 Rn. 4; vgl. dazu v. Ungern-Sternberg GRUR 2020, 923 f. mwN). Die Folge dieser Rechtsansicht wäre die Geltung der weniger strengen Pflichten eines unentgeltlich tätigen Beauftragten. | |
| [53] Vgl. dazu nachstehend u. Abschn. III 1. | |
| [54] Vgl. BGHZ 210, 77 = GRUR 2016, 596 Rn. 23 – Verlegeranteil, mwN. Unzutreffend daher Riesenhuber (ZGE 2021, 381 (422)), der meint, die Verteilungsregeln unterlägen im Hinblick auf § 307 III BGB nicht der AGB-Kontrolle. Die AGB-Kontrolle der Regeln des Verteilungsplans über die kulturelle Förderung will Riesenhuber auch mit der Begründung ausschließen, dass Regelungen über die Hauptleistung und das Äquivalenzverhältnis nicht dieser Kontrolle unterlägen. Dabei wird übergangen, dass die Begründung neuer Pflichten des Vertragspartners, wie es die Auferlegung der Verlegerbeteiligung durch die Satzung und den Verteilungsplan der VG Wort war oder der durch die Satzung und den Verteilungsplan auferlegte Zwang zur Finanzierung von kulturellen Fördermaßnahmen für Dritte, das Hauptleistungsversprechen der Verwertungsgesellschaft, die leistungsgerechte Herausgabe der Wahrnehmungserträge, einschränken und daher der AGB-Kontrolle unterliegen (vgl. BGH Urt. v. 26.1.2022 – IV ZR 144/21 Rn. 25 mwN (für BGHZ vorgesehen). | |
| [55] Vgl. EuGH GRUR 2012, 489 Rn. 66 ff. – Luksan/van der Let; GAin Trstenjak SchlA v. 6.9.2011 – C-277/10, BeckRS 2011, 81292 Rn. 163 – Luksan/van der Let; BVerfG GRUR 2018, 829 Rn. 24 ff. – Verlegeranteil; BGHZ 228, 84 = ZIP 2021, 372 Rn. 43. | |
| [56] Vgl. Schricker/Loewenheim/Reinbothe, 6. Aufl. 2020, VGG § 27 Rn. 9. | |
| [57] Vgl. BVerfG ZUM 1997, 555 – Bandübernahmeverträge. | |
| [58] Vgl. BGH GRUR 2013, 1220 Rn. 76 – Gesamtvertrag Hochschul-Intranet; v. Ungern-Sternberg GRUR 2021, 1017 (1021 f.) mwN. | |
| [59] Vgl. BGHZ 210, 77 = GRUR 2016, 596 Rn. 35 f. – Verlegeranteil, mwN. | |
| [60] Vgl. Marz, Corporate Governance im Recht der Verwertungsgesellschaften, 2020, S. 245 ff.; Pflüger, Gerechter Ausgleich und angemessene Vergütung, 2017, S. 242 f. (frei abrufbar: https://www.nomos-elibrary.de/10.5771/9783845284194/gerechter-ausgleich-und-angemessene-verguetung?hitid=01&search-click). | |
| [61] Vgl. BGHZ 210, 77 = GRUR 2016, 596 Rn. 35 – Verlegeranteil, mwN. | |
| [62] Vgl. dazu v. Ungern-Sternberg ZGE 2017, 1 (7 ff.); v. Ungern-Sternberg GRUR 2021, 1017 (1022 f.). | |
| [63] Wandtke/Bullinger/Gerlach, 5. Aufl. 2019, VGG § 9 Rn. 9; Heine/Holzmüller/Holzmüller, Verwertungsgesellschaftengesetz, 2019, VGG § 10 Rn. 13; Heker/Riemer in FS Pfennig, 2012, 419 (424 ff.); Riesenhuber ZGE 2021, 381 (419 f.). | |
| [64] Vgl. v. Ungern-Sternberg ZGE 2017, 1 (9 f.). | |
| [65] Vgl. BGHZ 226, 39 = NJW 2020, 3786 Rn. 18. | |
| [66] Vgl. zu dieser Problematik weiter v. Ungern-Sternberg GRUR 2020, 923 (924 f.); v. Ungern-Sternberg ZGE 2017, 1 (9 f.). | |
| [67] Vgl. BGH GRUR 2016, 606 Rn. 18, 28 – Allgemeine Marktnachfrage; BGHZ 215, 172 = NJW 2017, 2989 Rn. 63 ff.; BGHZ 228, 353 = VersR 2021, 1577 Rn. 45 ff., 53; Loewenheim UrhR-HdB/Staats/Melichar, 3. Aufl. 2021, § 53 Rn. 64; vgl. näher v. Ungern-Sternberg GRUR 2020, 923 (924 f.). | |
| [68] Vgl. BGHZ 163, 119 (129) = GRUR 2005, 757 (760) – PRO-Verfahren. | |
| [69] Vgl. BGHZ 163, 119 (128 ff.) = GRUR 2005, 757 (760) – PRO-Verfahren; v. Ungern-Sternberg GRUR 2021, 1017 (1018) mwN. | |
| [70] BGHZ 163, 119 (128) = GRUR 2005, 757 (759) – PRO-Verfahren; vgl. weiter v. Ungern-Sternberg GRUR 2020, 923 (934); v. Ungern-Sternberg GRUR 2021, 1017 (1018 f.); v. Ungern-Sternberg ZGE 2017, 1 (7 f., 11). | |
| [71] Vgl. BGHZ 163, 119 (129) = GRUR 2005, 757 (760) – PRO-Verfahren; KG GRUR-RR 2011, 354 (357) – Musik für Werbespots; Heine/Holzmüller/Riemer, Verwertungsgesellschaftengesetz, 2019, VGG § 27 Rn. 42. | |
| [72] Vgl. BGHZ 172, 315 = NJW 2007, 2540 Rn. 16; vgl. auch BVerfG ZIP 1990, 573 (575). | |
| [73] BGHZ 163, 119 (128) = GRUR 2005, 757 (759 f.) – PRO-Verfahren; vgl. die Nachw. bei v. Ungern-Sternberg GRUR 2021, 1017 (1018). Der Maßstab des billigen Ermessens gilt nach § 315 I BGB zwar nur im Zweifel, ein anderer Maßstab kommt aber im Vertragsverhältnis zwischen der Verwertungsgesellschaft und den Berechtigten nicht in Betracht (vgl. näher v. Ungern-Sternberg GRUR 2021, 1017 (1018)). | |
| [74] BGHZ 210, 77 = GRUR 2016, 596 Rn. 25 ff. – Verlegeranteil. | |
| [75] Abweichend von der Ansicht von Müller/Vinokurova GRUR 2021, 1350 (1353) besteht daher kein Vorrang des Willkürmaßstabs des § 27 I VGG gegenüber dem Maßstab des billigen Ermessens nach § 315 I BGB. | |
| [76] Vgl. dazu o. Abschn. II 4. | |
| [77] Vgl. Müller/Vinokurova GRUR 2021, 1350 (1353 f.). Es bleibt offen, ob die Anwendung des § 315 III BGB nach ihrer Ansicht auch ausgeschlossen sein soll, wenn die Unbilligkeit der Leistungsbestimmungen nur mit Umständen begründet wird, die nur in der einzelnen Vertragsbeziehung aufgetreten sind, und/oder die Leistungsbestimmung verzögert wird. | |
| [78] Einer solchen Feststellungsklage, die auf § 307 I 1 und 2 BGB gestützt war, hat der BGH durch sein Urteil „Missbrauch des Verteilungsplans“ stattgegeben (BGH GRUR 2013, 375 Rn. 33 ff.). Berechtigte, die nicht Mitglied der Verwertungsgesellschaft sind, können dagegen den vereinsinternen Beschluss über die Aufstellung des Verteilungsplans als solchen grundsätzlich nicht anfechten (vgl. BGH GRUR 2002, 332 – Klausurerfordernis; v. Ungern-Sternberg GRUR 2020, 923 (934) mwN; vgl. auch Heine/Holzmüller/Riemer, Verwertungsgesellschaftengesetz, 2019, VGG § 27 Rn. 56). | |
| [79] Vgl. BGH GRUR 2013, 375 Rn. 14 f. – Missbrauch des Verteilungsplans; BGHZ 210, 77 = GRUR 2016, 596 Rn. 87 – Verlegeranteil. | |
| [80] Vgl. BGHZ 163, 119 (130) = GRUR 2005, 757 (760) – PRO-Verfahren. Davon, dass die Verwertungsgesellschaft nach einer unbilligen Leistungsbestimmung nicht berechtigt ist, auf der Grundlage eines erst zu erstellenden Korrekturverteilungsplans mit einer neuen Leistungsbestimmung „nachzubessern“, ging der BGH auch in seinem Urteil „Verlegeranteil“ aus, da er dort die Verurteilung der VG Wort zur Auskunftserteilung ohne weiteres bestätigt hat (BGHZ 210, 77 = GRUR 2016, 596 Rn. 103 – Verlegeranteil). Diese Rechtsansicht liegt auch dem Urteil des BGH „Allgemeine Marktnachfrage“ zugrunde (BGH GRUR 2016, 606 Rn. 49 ff.; ebenso KG AfP 2017, 61 (64/unter III 2 a) – Musikverlegeranteil; LG München I GRUR-RS 2021, 28922 Rn. 208 ff. – Wahrnehmungsvertrag (n.rkr.); v. Ungern-Sternberg GRUR 2016, 38 (40)). | |
| [81] BVerwG GRUR 2021, 67 Rn. 20 – Wiedergabe von Funksendungen; v. Ungern-Sternberg GRUR 2016, 38 (40); vgl. auch Riesenhuber ZGE 2021, 381 (389). Schon aus diesem Grund ist das von Müller und Vinokurova (GRUR 2021, 1350 (1353 f.) angeführte Urteil des BAG nicht einschlägig, das einen Fall betrifft, in dem eine gerichtliche Leistungsbestimmung in ein komplexes System der Altersversorgung eingreifen würde (BAG v. 13.11.2007 – 3 AZR 455/06, DB 2008, 994 (996); vgl. auch BGH VersR 2013, 219 Rn. 35). | |
| [82] Vgl. v. Ungern-Sternberg GRUR 2021, 1017 (1018, 1021 f.); vgl. auch – zur Überprüfung von Netzentgelten – BGH NJW 2012, 3092 Rn. 34 – Stromnetznutzungsentgelt V. Die Gesichtspunkte, die wegen der kollektiven Rechtewahrnehmung auch für die Bemessung von Einzelanteilen maßgeblich sind, sind als typische Interessen objektiv feststellbar und können daher – entgegen Müller/Vinokurova GRUR 2021, 1350 (1353) – im Verfahren nach § 315 III BGB ohne weiteres berücksichtigt werden. | |
| [83] AA Müller/Vinokurova GRUR 2021, 1350 (1353 f.). | |
| [84] Vgl. – zur Überprüfung tarifmäßiger Entgelte nach § 315 III BGB – BGH NJW 2012, 3092 Rn. 30 – Stromnetznutzungsentgelt V; BGH NJW 2015, 3564 Rn. 18 f.; vgl. weiter Erman/Hager, BGB, 16. Aufl. 2020, BGB § 315 Rn. 22. | |
| [85] Vgl. BGH GRUR 1988, 782 (783) – GEMA-Wertungsverfahren; BGHZ 163, 119 (133 f.) = GRUR 2005, 757 (761) – PRO-Verfahren. | |
| [86] Loewenheim UrhR-HdB/Staats, 3. Aufl. 2021, Kap. 53 Rn. 82; vgl. dazu LG München I GRUR-RS 2021, 28922 Rn. 70 (= JurPC Web-Dok. 137/2021)(Wiedergabe des entsprechenden Vorbringens der VG Wort als Beklagter im Tatbestand des Urteils). | |
| [87] Vgl. dazu o. Abschn. II 4. | |
| [88] Vgl. Müller/Vinokurova GRUR 2021, 1350 (1354). | |
| [89] LG München I ZUM-RD 2007, 546 (549) = BeckRS 2011, 12180. | |
| [90] KG GRUR-RR 2011, 354 – Musik für Werbespots. | |
| [91] KG GRUR-RR 2011, 354 (357) – Musik für Werbespots (Entscheidung über den Hilfsantrag). Die Ausführungen des KG zum Hauptantrag (GRUR-RR 2011, 354 (356)) sind für die vorliegende Problematik nicht einschlägig: Sie betrafen das Verlangen des Klägers, Ausschüttungen für eine bestimmte Art von Werknutzungen zu erhalten, obwohl es für die Verteilung von Erträgen aus solchen Nutzungen noch keine Regelung im Verteilungsplan gab. Das KG war der Ansicht, dass die Forderung auf eine Erlösbeteiligung in einem solchen Fall nicht allein auf den Berechtigungsvertrag gestützt werden könne. Diese Beurteilung hat mit der Frage, ob die Leistungsbestimmung nach einer unbilligen Bestimmung der Verwertungsgesellschaft gem. § 315 III BGB vom Gericht zu treffen ist, nichts zu tun. | |
| [92] Das Urteil des LG München I enthält nur die Aussage, dass der Vorstand einer Verwertungsgesellschaft nicht befugt ist, Ausschüttungen an einzelne Berechtigte abweichend von einem geltenden und wirksamen Verteilungsplan vorzunehmen, in dem alle für die Verteilung erheblichen Punkte geregelt sind (LG München I ZUM-RD 2007, 546 (549 f.)). Das Urteil enthält nichts, was die Behauptung stützen könnte, ein Berechtigter sei nicht befugt, nach einer ihm gegenüber ergangenen unbilligen Leistungsbestimmung, die (auch) auf einer unwirksamen Verteilungsregel beruht, gem. § 315 III BGB eine neue Leistungsbestimmung durch das Gericht treffen zu lassen. | |
| [93] Vgl. BGHZ 172, 315 = NJW 2007, 2540 Rn. 18 mwN. Die Vorschrift des § 315 III BGB ist dementsprechend formularmäßig auch nicht abdingbar (BGH NJW 2005, 2919 (2923); BGHZ 198, 111 = NJW 2013, 3647 Rn. 44). | |
| [94] Vgl. dazu – zur Kontrolle von Tarifen von Versorgungsunternehmen mit Monopolstellung nach § 315 III BGB – BGH NJW 1987, 1828 (1829); vgl. auch BGH NJW 2005, 2919 (2920). | |
| [95] Vgl. dazu bereits die Ausführungen v. Ungern-Sternberg GRUR 2020, 923 (934) unter Hinweis auf v. Ungern-Sternberg ZGE 2017, 1 (13 f.), die von Müller und Vinokurova in ihrer Erwiderung übergangen werden. | |
| [96] LG München I GRUR-RS 2021, 28922 = GRUR-RR 2022, 16 (gekürzt und andere Rn.) = ZUM-RD 2022, 43 – Wahrnehmungsvertrag (n.rkr.) (= JurPC Web-Dok. 137/2021). | |
| [97] Einschlägige, aber unerwähnt gebliebene Beiträge: v. Ungern-Sternberg in GRUR 2016, 38 (40); ZGE 2017, 1; FS Büscher, 2018, 265; JurPC Web-Dok. 5/2021; GRUR 2021, 1017. | |
| [98] v. Ungern-Sternberg GRUR 2021, 1017. | |
| [99] Vgl. v. Ungern-Sternberg GRUR 2021, 1017 (1019 f.). | |
| [100] Auch im unternehmerischen Verkehr müssen AGB grundsätzlich als Vertragsbedingungen rechtsgeschäftlich einbezogen werden (vgl. dazu Leuschner/Leuschner, AGB-Recht im unternehmerischen Rechtsverkehr, 2021, § 305 Rn. 170 ff.). | |
| [101] StRspr; vgl. BGHZ 210, 77 = GRUR 2016, 596 Rn. 87 – Verlegeranteil; BGH GRUR 2013, 375 Rn. 14 f. – Missbrauch des Verteilungsplans. | |
| [102] Zur Information „gemäß § 53 VGG“ über Abzüge von den Einnahmen aus den Rechten in § 17 III Wahrnehmungsvertrag (gleichlautend idF v. 20.3. und 10.12.2021) s. v. Ungern-Sternberg GRUR 2020, 923 (931). | |
| [103] Vgl. dazu v. Ungern-Sternberg GRUR 2020, 923 (930). Auch Müller und Vinokurova (GRUR 2021, 1350 f.) behaupten nichts anderes. Sie sind lediglich der Ansicht, der Hinweis auf die Organisationsstruktur sei für auch für die Nichtvereinsmitglieder von grundsätzlichem Interesse. | |
| [104] AA Riesenhuber ZGE 2021, 381 (431). Auch Riesenhuber behauptet jedoch nicht, dass die Einbeziehung der Satzung für die vertragsschließenden Urheber notwendig sei. | |
| [105] Abrufbar: https://www.vgwort.de/fileadmin/pdf/satzung/Satzung_VG_Wort_Stand_Maerz_2021.pdf. | |
| [106] Es geht hier daher – entgegen Riesenhuber ZGE 2021, 381 (432) – nicht um die Frage, ob die einbezogene Satzung Regeln über die Verteilung unter den Berechtigten (!) enthalten darf (was allein in § 7 S. 3 UrhWG geregelt war), sondern darum, dass die Einbeziehungsklausel in § 6 I des Wahrnehmungsvertrags der VG Wort verschleiert, dass § 10 der Satzung Abzüge für soziale und kulturelle Fördermaßnahmen zugunsten nichtberechtigter Dritter legitimieren soll. Zu den Einrichtungen der VG Wort für soziale und kulturelle Zwecke und ihrer kritischen Würdigung bereits eingehend Hauptmann, Die Vergesellschaftung des Urheberrechts, 1994, S. 125 ff., 145 ff. | |
| [107] Vgl. Loewenheim UrhR-HdB/Staats/Melichar, 3. Aufl. 2021, § 53 Rn. 106; v. Ungern-Sternberg JurPC Web-Dok. 5/2021, Abs. 45. Daran ändert sich selbst dann nichts, wenn die Berechtigten später einmal Mitglied der Verwertungsgesellschaft werden sollten. Der Betrieb der Einrichtungen als rechtlich selbständiger Unternehmen entzieht diese der unmittelbaren Kontrolle durch die Mitgliederversammlung (vgl. dazu bereits Hauptmann UFITA 126 (1994) 149 (172); vgl. auch LG München I GRUR-SS 2021, 28922 Rn. 191 (n.rkr.) (= JurPC Web-Dok. 137/2021)). Dies widerspricht Art. 2 III VG-Rl sowie § 3, § 17 I Nr.9 VGG. Durch § 10 II, § 11 VIII Buchst. j Satzung der VG Wort idF v. 20.3.2021 werden maßgebliche Befugnisse der Mitgliederversammlung (zur Bestimmung des Prozentsatzes der Abzüge für die Einrichtungen sowie zur Bestimmung der Tätigkeit der Einrichtungen, insb. hinsichtlich der Mittelverwendung) zu Unrecht dem Verwaltungsrat übertragen. | |
| [108] Müller/Vinokurova GRUR 2021, 1350 (1351). | |
| [109] Vgl. Schricker/Loewenheim/Reinbothe, 6. Aufl. 2020, VGG § 32 Rn. 4; v. Ungern-Sternberg JurPC Web-Dok. 5/2021, Abs. 36 ff.; v. Ungern-Sternberg GRUR 2020, 923 (931) jew. mwN.; aA Heker/Riesenhuber/Riesenhuber, Recht und Praxis der GEMA, 2018, Kap. 6 Rn. 96 ff. Dementsprechend gehören Regelungen über eine solche Mittelverwendung – entgegen Müller und Vinokurova GRUR 2021, 1350 (1351) – auch nicht zu den „Grundsätzen der Verteilung“, wenn sie nicht auf vertraglichen Vereinbarungen mit den Berechtigten beruhen. | |
| [110] Auch die Soll-Vorschrift des § 32 I VGG, nach der die Verwertungsgesellschaft kulturell bedeutende Werke und Leistungen fördern soll, bezieht sich nur auf die Förderung von Werken und Leistungen der Berechtigten (insb. bei der Bemessung der Quoten im Rahmen der Verteilung), da die eingebrachten Rechte und Ansprüche auf die entsprechenden Wahrnehmungserlöse als Eigentum grundrechtlich geschützt sind (vgl. o. Abschn. II 4 Fn. 55). Die Mitgliederversammlung kann dementsprechend nach § 17 Nr. 9 VGG auch nur über Abzüge für die Einrichtungen und den Betrieb von Vorsorge- und Unterstützungseinrichtungen (§ 32 VGG) beschließen, wenn diese Einrichtungen Leistungen für die Berechtigten erbringen sollen. Auch die Abzüge für Einrichtungen, deren Leistungen den Berechtigten zugutekommen sollen, müssen eine Grundlage in den Wahrnehmungsverträgen haben (vgl. v. Ungern-Sternberg JurPC Web-Dok. 5/2021, Abs. 30 ff.; vgl. auch Wirtz, Die Kontrolle von Verwertungsgesellschaften, 2002, S. 75 ff.). | |
| [111] Vgl. Begr. zu § 26 RegE VGG BT-Drs. 18/7223, 80: „Es ist wichtig, dass alle Einnahmen ungeschmälert bei den Berechtigten als Treugebern der Rechte ankommen.“ | |
| [112] Vgl. – zu § 7 S. 1 UrhWG – BGHZ 210, 77 = GRUR 2016, 596 Rn. 30 – Verlegeranteil. | |
| [113] Vgl. dazu weiter Schack UrhR/UrhvertragsR, 10. Aufl. 2021, Rn. 1492 mwN: „Die Kardinalfrage lautet daher nicht, wie viel, sondern ob überhaupt Sozialabzüge mit der Treuhandfunktion von Verwertungsgesellschaften vereinbar sind. Das ist mE grundsätzlich zu verneinen, die bisher geübte Praxis verstößt gegen Art. 14 I und Art. 3 I GG.“ | |
| [114] AA Riesenhuber ZGE 2021, 381 (432). | |
| [115] Vgl. BGH WM 2021, 2251 Rn. 47 (für BGHZ vorgesehen); vgl. auch Staudinger/Wendland (2019) BGB § 307 Rn. 191. | |
| [116] Vgl. BGH NJW-RR 2019, 942 Rn. 22 ff.; BGH NJW-RR 2020, 112 Rn. 22 f.; BGH NJW 2020, 1888 Rn. 8. | |
| [117] Vgl. BGH GRUR 2013, 375 Rn. 14 f. – Missbrauch des Verteilungsplans. Schack UrhR/UrhvertragsR, 10. Aufl. 2021, Rn. 1492, bezeichnet die viel beschworene Solidargemeinschaft aller Wahrnehmungsberechtigten zu Recht als ein Trugbild und verweist dazu u.a. darauf, dass viele der Sozialleistungen (zB der GEMA aus der Alterssicherung und der Sozialkasse) nur ordentlichen Mitgliedern zugutekommen. | |
| [118] Vgl. Leinemann, Die Sozialbindung des „Geistigen Eigentums“, 1998, 83, 86 f.; Bartels UFITA 2006 II 325, 428 f. Zum Schlagwort von der Solidargemeinschaft vgl. näher Bartels UFITA 2006 II 325, 365 ff., 424 ff.; Hauptmann UFITA 126 (1994) 149 (175 ff.); v. Ungern-Sternberg JurPC Web-Dok. 5/2021, Abs. 30 ff., 40 ff. mwN. | |
| [119] Vgl. v. Ungern-Sternberg JurPC Web-Dok. 5/2021, Abs. 46 ff. | |
| [120] Müller/Vinokurova GRUR 2021, 1350 (1351). | |
| [121] Vgl. LG München I GRUR-RS 2021, 28922 Rn. 177 ff., 189 ff. – Wahrnehmungsvertrag (n.rkr.) (= JurPC Web-Dok. 137/2021); v. Ungern-Sternberg GRUR 2020, 923 (930 f.); aA Müller/Vinokurova GRUR 2021, 1350 (1351). | |
| [122] Vgl. bereits die Kritik von Hauptmann UFITA 126 (1994) 149 (156 ff., 166 ff.) an den Wahrnehmungsverträgen der GEMA und der VG Wort. | |
| [123] Vgl. Schricker/Loewenheim/Reinbothe, 6. Aufl. 2020, VGG § 27 Rn. 20. | |
| [124] Vgl. vorstehenden Abschn. IV 2 a. | |
| [125] Vgl. Müller/Vinokurova GRUR 2021, 1350 (1351). | |
| [126] Vgl. dazu die Beispiele rechtswidriger Regelungen in Verteilungsplänen bei v. Ungern-Sternberg GRUR 2020, 923 (933); v. Ungern-Sternberg JurPC Web-Dok. 5/2021, Abs. 66 ff. | |
| [127] Vgl. v. Ungern-Sternberg GRUR 2020, 923 (934); ebenso v. Ungern-Sternberg GRUR 2021, 1017 (1021). | |
| [128] Vgl. § 2 I, § 3 VII, § 10 IV Verteilungsplan der VG Wort idF v. 20.03.2021 (abrufbar: https://www.vgwort.de/fileadmin/pdf/verteilungsplan/Verteilungsplan_M%C3%A4rz_2021.pdf). | |
| [129] Vgl. bereits v. Ungern-Sternberg GRUR 2020, 923 (933 f.). | |
| [130] Vgl. dazu BGHZ 186, 180 = NJW 2011, 50 Rn. 42 f.; BGHZ 198, 111 = NJW 2013, 3647 Rn. 43 f.; vgl. auch BGHZ 208, 52 = NJW 2016, 936 Rn. 15 ff., 29 f.; aA Riesenhuber ZGE 2021, 381 (433), der diese BGH-Entscheidungen übergeht. Müller und Vinokurova (GRUR 2021, 1350 (1353 f.) nehmen dagegen an (wenn auch – wie o. Abschn. III 3 dargelegt – zu Unrecht), dass die gerichtliche Billigkeitskontrolle nach § 315 III BGB von vornherein nicht eingreife. | |
| [131] Vgl. BGH NJW-RR 2017, 1206 Rn. 18 f. Auch Klauseln, die dem Verwender ein Recht zur Leistungsbestimmung unter Änderung der Vereinbarungen geben, unterliegen uneingeschränkt der Inhaltskontrolle (vgl. BGH NJW 2022, 311 Rn. 28 (für BGHZ vorgesehen); BGHZ 180, 257 = NJW 2009, 2051 Rn. 17; vgl. auch Staudinger/Coester-Waltjen (2019) BGB § 308 Nr. 4 Rn. 5 mwN (Std.: 1.12.2021). | |
| [132] Vgl. Ulmer/Habersack in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl. 2016, BGB § 305 Rn. 165; jurisPK-BGB/Lapp/Salamon, 9. Aufl. (Std.: 3.12.2021), BGB § 305 Rn. 132 ff.; v. Ungern-Sternberg GRUR 2020, 923 (925) mwN. Entgegen Riesenhuber (ZGE 2021, 381 (423)) ist daher die Einbeziehungsklausel als solche am Schutzzweck des § 305 II BGB zu messen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass auch die einbezogene Klausel der Inhaltskontrolle unterliegt (vgl. dazu auch BGHZ 229, 344 = NJW 2021, 2273 Rn. 27). | |
| [133] Vgl. BGHZ 229, 344 = NJW 2021, 2273 Rn. 24; Erman/Roloff/Looschelders, BGB, 16. Aufl. 2020, BGB § 305 Rn. 43; MünchKomm.BGB/Basedow, 8. Aufl. 2019, BGB § 305 Rn. 90 f. | |
| [134] BGHZ 229, 344 = NJW 2021, 2273 Rn. 24. | |
| [135] BAG BB 2011, 186 Rn. 18; BGH ZIP 2020, 2068 Rn. 29. | |
| [136] Vgl. BGHZ 124, 351 (362 f.) = NJW 1994, 1060 (1063); BGHZ 93, 29 (47) = NJW 1985, 623 (627); BGHZ 89, 206 (210 ff.) = NJW 1984, 1182 (1183); BGHZ 229, 344 = NJW 2021, 2273 Rn. 26, 31 f., 38 (zur Zustimmungsfiktion); BGH Urt. v. 8.9.2021 – VIII ZR 97/19, BeckRS 2021, 30598 Rn. 38 ff., 42; Leuschner/Leuschner, AGB-Recht im unternehmerischen Rechtsverkehr, 2021, BGB § 308 Rn. 14; Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl. 2016, § 307 Rn. 179; vgl. auch Staudinger/Mäsch (2019) BGB § 305 Rn. 197 (Std.: 12.10.2020). | |
| [137] Vgl. BGH NJW 2000, 651 (652); vgl. weiter v. Ungern-Sternberg GRUR 2020, 923 (925 f.). | |
| [138] BGHZ 229, 344 = NJW 2021, 2273 Rn. 17, 27; Staudinger/Coester-Waltjen (2019) BGB § 308 Nr. 4 Rn. 5.1 (Std.: 1.12.2021). | |
| [139] Vgl. dazu Staudinger/Coester-Waltjen (2019) BGB § 308 Nr. 4 Rn. 5 mwN (Std.: 1.12.2021). | |
| [140] Vgl. BGH NJW-RR 2009, 1641 Rn. 29; Stoffels, AGB-Recht, 4. Aufl. 2021, S. 352 Rn. 802; v. Ungern-Sternberg GRUR 2020, 923 (924 f.). | |
| [141] Vgl. BGH NJW 2022, 311 Rn. 29 (für BGHZ vorgesehen); Staudinger/Coester-Waltjen (2019) BGB § 308 Nr. 4 Rn. 6 (Std.: 1.12.2021); Stoffels, AGB-Recht, 4. Aufl. 2021, S. 349 Rn. 796 ff.; Leuschner/Leuschner, AGB-Recht im unternehmerischen Rechtsverkehr, 2021, BGB § 308 Rn. 14. Riesenhuber (ZGE 2021, 381 (430 f.)) übergeht die seiner Ansicht entgegenstehende stRspr und verweist auf BGH NJW-RR 2008, 251 Rn. 15, wo aber lediglich dargelegt ist, dass die Einbeziehungsklausel als solche erkennbar sein muss. | |
| [142] Vgl. Staudinger/Mäsch (2019) BGB § 305 Rn. 198 (Std.: 12.10.2020). | |
| [143] Vgl. dazu auch Staudinger/Mäsch (2019) BGB § 305 Rn. 176 f. (Std.: 12.10.2020). | |
| [144] § 6 I Wahrnehmungsvertrag der VG Wort idF v. 10.12.2021; vgl. auch § 6 Buchst. a Berechtigungsvertrag der GEMA idF v. 9./10.6.2021. | |
| [145] BGH Urt. v. 16.12.2021 – I ZR 201/20 Rn. 53 – ÖKO-TEST III. | |
| [146] Durch die Einbeziehung der Satzung gehören sämtliche Satzungsbestimmungen, gleich welchen Inhalts zu den AGB des Wahrnehmungsvertrags. Jede Satzungsänderung ist daher auch eine Änderung des Wahrnehmungsvertrags. Die Einbeziehungsklausel des Wahrnehmungsvertrags unterscheidet dementsprechend nicht nach dem Inhalt der jeweiligen Satzungsbestimmung. Die Argumentation von Müller und Vinokurova ist auch nicht konsequent. Sie vertreten zwar (im Widerspruch zu § 6 II Wahrnehmungsvertrag, der eine Zustimmungsfiktion genügen lässt) die Ansicht, dass jede Änderung des Wahrnehmungsvertrags der Zustimmung der Berechtigten bedarf (GRUR 2021, 1350 (1352)), halten es aber für zulässig, dass die VG Wort Satzungsregeln über die Verwendung von Ertragsanteilen der Berechtigten für soziale und kulturelle Förderungsmaßnahmen einseitig (dh ohne Zustimmung der Berechtigten) ändert, weil solche Regelungen wegen der Pflicht zur Gleichbehandlung grundsätzlich gegenüber allen Berechtigten einheitlich gelten müssten (GRUR 2021, 1350 (1353/unter a)). Auch diese Argumentation ist im Übrigen in sich nicht schlüssig: Zwar dürfen die Regeln der Verteilung unter den Berechtigten nicht diskriminierend sein. Es kann und muss aber den Berechtigten überlassen bleiben, ob sie einer vertraglichen Regelung zustimmen, nach der ihre Ertragsanteile teilweise für die soziale und kulturelle Förderung nichtberechtigter Dritter verwendet werden (vgl. dazu u. Abschn. IV 3 d aa). Dafür können zudem ohne besonderen Verwaltungsaufwand für die einzelnen Berechtigten unterschiedliche Vereinbarungen gelten. Das von Müller und Vinokurova (GRUR 2021, 1350 (1353 Fn. 27) erwähnte Urteil des KG ist im Übrigen wie die weiteren ohne Fundstelle genannten instanzgerichtlichen Urteile unveröffentlicht. Die Hinweise darauf sind daher nicht hilfreich. | |
| [147] Vgl. dazu o. Abschn. IV 2 a. Die dynamische Einbeziehung künftiger Satzungsänderungen in den Wahrnehmungsvertrag kann daher nicht damit gerechtfertigt werden, eine Verwertungsgesellschaft müsse eine einheitliche Verfassung haben (aA Müller/Vinokurova GRUR 2021, 1350 (1352)). | |
| [148] Vgl. LG München I GRUR-RS 2021, 28922 Rn. 189 ff. – Wahrnehmungsvertrag (n.rkr.) (= JurPC Web-Dok. 137/2021); vgl. weiter o. Abschn. II 3 Fn. 37. | |
| [149] Vgl. auch v. Ungern-Sternberg GRUR 2021, 1017 (1021, 1023). | |
| [150] Vgl. BGH GRUR 2009, 395 Rn. 40 – Klingeltöne für Mobiltelefone I; vgl. weiter v. Ungern-Sternberg GRUR 2021, 1017 (1021). | |
| [151] Müller/Vinokurova GRUR 2021, 1350 (1354 f.); vgl. auch Riesenhuber ZGE 2021, 381 (414 ff., 425 ff.). | |
| [152] Vgl. o. Abschn. II 3 (mit Fn. 37). | |
| [153] Dem eigenen Organisationsinteresse der VG Wort dient zB auch das Abtretungsverbot in § 10 ihres Wahrnehmungsvertrags idF v. 10.12.2021. Das Abtretungsverbot betrifft fast nur Ausschüttungsansprüche der Berechtigten. Die Anspruchshöhe hat die VG Wort selbst festgestellt und ist nur verhältnismäßig selten umstritten. Das Abtretungsverbot hat daher nicht den Zweck, die VG Wort vor einer besonderen Belastung ihrer Verwaltung zu schützen. Das ergibt sich bereits daraus, dass im Bereich „Wissenschaft“ für die weitaus meisten Berechtigten jahrzehntelang kein Abtretungsverbot galt, weil diese ihre Rechte ohne Abschluss eines Wahrnehmungsvertrags, in dem das Abtretungsverbot enthalten war, einbringen konnten. Das Abtretungsverbot hat vielmehr einen anderen Zweck: Es soll gemeinsame Musterklagen von Berechtigten (mit Wahrnehmungsvertrag) gegen Verteilungsmaßnahmen der VG Wort verhindern. Klagen einzelner Berechtigter aus eigenem Recht hat die VG Wort kaum zu befürchten, weil der Schaden, den ein einzelner Berechtigter durch eine rechtswidrige Verteilungspraxis erleidet, kaum jemals den Aufwand einer Klage rechtfertigt. Von Berechtigten ohne Wahrnehmungsvertrag waren keine Klagen zu erwarten, weil diese mangels höherer Wahrnehmungserträge an der Verwaltungspraxis der VG Wort kaum interessiert waren. Bei dieser Sachlage verstößt das Abtretungsverbot gegen die Verpflichtung der VG Wort, die Rechte der Berechtigten zu angemessenen Bedingungen wahrzunehmen (§ 9 S. 2 VGG; Art. 4 VG-RL). Das Abtretungsverbot ist deshalb nach § 307 I BGB unwirksam (vgl. BGH NJW 2012, 2107 Rn. 9 f.). Dafür ist es bedeutungslos, dass das Abtretungsverbot durch eine im Belieben der VG Wort stehende Zustimmung zur Abtretung aufgehoben werden kann (vgl. BGH ZIP 1997, 1072 (1073)). Das Gesetz für faire Verbraucherverträge vom 10.8.2021 (BGBl. I, 3433) hat mit Wirkung v. 1.10.2021 durch einen neuen § 308 Nr. 9 BGB bestimmt, dass in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Verbraucherverträgen ein Ausschluss der Abtretung von Geldansprüchen gegen den Verwender unwirksam ist. Dadurch soll Verbrauchern ermöglicht werden, Geldansprüche gegen den Verwender zur Durchsetzung an Dritte abzutreten (vgl. RegE BT-Drucks. 19/26915, 30). Dieser Gesetzeszweck gilt in gleicher Weise auch für die Berechtigten, die Unternehmer iSd § 14 BGB sind (vgl. dazu Kupke MDR 2022, 129 (130); v. Ungern-Sternberg GRUR 2020, 923 (925)). Obwohl die Wahrnehmungsverträge von Berechtigten mit der VG Wort in weitem Umfang Verbraucherverträge sind (vgl. o. Abschn. II 5) und der Abtretungsausschluss auch in Verträgen mit Berechtigten, die Unternehmer sind, unwirksam ist, hat die VG Wort das Abtretungsverbot in ihrem Wahrnehmungsvertrag nicht gestrichen. | |
| [154] Vgl. o. Abschn. II 3 (mit Fn. 37). | |
| [155] Riesenhuber ZGE 2021, 381 (424). | |
| [156] Vgl. BAG Urt. v. 19.8.2008 – 3 AZR 383/06, Rn. 29 ff.; BAG Urt. v. 22.7.2010 – 6 AZR 847/07 Rn. 20; vgl. weiter BAG Urt. v. 4.8.2016 – 6 AZR 129/15 Rn. 26; BAG Urt. v. 30.10.2019 – 6 AZR 465/18 Rn. 33 (Urteile des BAG jew. zitiert nach juris). Auch der Hinweis von Riesenhuber (ZGE 2021, 381 (428)) auf das Urteil des BGH v. 8.11.2001 (BGHZ 149, 146 = WM 2002, 236) stützt seine Ansicht nicht. Dieses Urteil betraf den – mit Wahrnehmungsverträgen in keiner Weise vergleichbaren – Sonderfall einer dynamischen Verweisung in einem Heimvertrag auf Bestimmungen in Rahmenverträgen über die pflegerische Versorgung. Diese Rahmenverträge wurden von Dritten (den Landesverbänden der Pflegekassen unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung mit den Vereinigungen der Träger der ambulanten oder stationären Pflegeeinrichtungen) gemeinsam und einheitlich geschlossen. Der BGH hat eine unangemessene Benachteiligung des Pflegebedürftigen als Vertragspartner des Heimvertrags verneint. Zur Begründung hat er auf die vom Gesetzgeber gewollte enge Verzahnung des Heimvertragsrechts mit dem Sozialrecht hingewiesen. Der Verwender des Heimvertragsmusters habe auf den Inhalt der Rahmenverträge, die von zentraler Bedeutung für die Leistungserbringung im System der Sozialen Pflegeversicherung seien, keinen Einfluss (BGHZ 149, 146 (149 f., 154 f.)). | |
| [157] Vgl. BGH GRUR 2009, 395 Rn. 38 ff. – Klingeltöne für Mobiltelefone I; BGH GRUR 2010, 920 Rn. 23 – Klingeltöne für Mobiltelefone II; ebenso LG München I GRUR-RS 2021, 28922 Rn. 150 – Wahrnehmungsvertrag (n.rkr., in GRUR-RR 2022, 16 nicht abgedruckt) (= JurPC Web-Dok. 137/2021); Schack UrhR/UrhvertragsR, 10. Aufl. 2021, Rn. 1471; vgl. weiter v. Ungern-Sternberg GRUR 2020, 923 (925) mwN. | |
| [158] Vgl. v. Ungern-Sternberg GRUR 2020, 923 (931 f.); v. Ungern-Sternberg GRUR 2021, 1017 (1020 f.). | |
| [159] Vgl. o. Abschn. IV 2 b. | |
| [160] AA Müller/Vinokurova GRUR 2021, 1350 (1352); Heker/Riemer in FS Pfennig, 2012, 419 (433 f.). | |
| [161] Vgl. o. Abschn. II 3 Fn. 37. Dies übergeht Riesenhuber ZGE 2021, 381 (425). | |
| [162] Die Klausel kann daher nicht etwa damit gerechtfertigt werden, sie habe nur eine solche beschränkte Funktion (aA Müller/Vinokurova GRUR 2021, 1350 (1353/unter aa); ähnlich Heker/Riemer in FS Pfennig, 2012, 419 (431): „klauselmäßiger Ausdruck eines Leistungsbestimmungsrechts der Verwertungsgesellschaft“). Müller/Vinokurova verweisen selbst darauf, dass die Verteilungspläne auch die Förderung sozialer und kultureller Zwecke regeln (GRUR 2021, 1350 (1353/unter a)). | |
| [163] Nach Ansicht von Müller und Vinokurova (GRUR 2021, 1350 (1353 f.)) wäre es nicht einmal möglich, gegen eine unbillige Bemessung der Ertragsanteile nach § 315 I BGB, die auf derartigen Vertragsänderungen beruht, nach § 315 III BGB das Gericht anzurufen. | |
| [164] Vgl. v. Ungern-Sternberg GRUR 2020, 923 (933 f.); v. Ungern-Sternberg GRUR 2021, 1017 (1020 f.). | |
| [165] Vgl. dazu auch Müller/Vinokurova GRUR 2021, 1350 (1352 f.). | |
| [166] Die Wahrnehmungsverträge der GEMA, der VG Bild-Kunst und der GVL enthalten entsprechende Regelungen (vgl. v. Ungern-Sternberg GRUR 2020, 923 (927)). | |
| [167] Die Klausel ist unabhängig davon unwirksam, ob der Vertragspartner der VG Wort Verbraucher iSd § 13 BGB oder Unternehmer iSd § 14 BGB ist (vgl. BGHZ 229, 344 = NJW 2021, 2273 Rn. 18 ff.; Graf von Westphalen NJW 2021, 3145 (3147 ff., 3150 Rn. 40)); vgl. weiter o. Abschn. IV 3 a. | |
| [168] v. Ungern-Sternberg GRUR 2020, 923 (927 ff.); vgl. weiter v. Ungern-Sternberg GRUR 2021, 1017 (1020 f.). | |
| [169] BGHZ 229, 344 = NJW 2021, 2273 Rn. 19 ff.; v. Ungern-Sternberg GRUR 2021, 1017 (1020 f.). | |
| [170] Müller und Vinokurova (GRUR 2021, 1350 (1355 f.) stellen bei der Prüfung der Wirksamkeit der Klausel zu Unrecht nur darauf ab, dass diese auch Änderungen von essentialia negotii des Wahrnehmungsvertrags ermöglicht. | |
| [171] Vgl. v. Ungern-Sternberg GRUR 2020, 923 (927 ff.). | |
| [172] Vgl. BAG BB 2011, 186 Rn. 18; BGH ZIP 2020, 2068 Rn. 29. | |
| [173] BGHZ 229, 344 = NJW 2021, 2273 Rn. 26; v. Ungern-Sternberg GRUR 2020, 923 (929). | |
| [174] Müller/Vinokurova GRUR 2021, 1350 (1358). | |
| [175] Vgl. v. Ungern-Sternberg GRUR 2020, 923 (929). | |
| [176] S. o. Abschn. IV 3 b. | |
| [177] Vgl. dazu v. Ungern-Sternberg GRUR 2020, 923 (929). | |
| [178] Vgl. dazu bereits Hauptmann, Die Vergesellschaftung des Urheberrechts, 1994, S. 156. | |
| [179] Vgl. BGHZ 229, 344 = NJW 2021, 2273 Rn. 32; v. Ungern-Sternberg GRUR 2020, 923 (929). | |
| [180] Müller/Vinokurova GRUR 2021, 1350 (1355 f.). | |
| [181] Vgl. BGHZ 95, 274 (282 f.) = GRUR 1986, 62 (65) – GEMA-Vermutung I; BGH GRUR 1988, 296 (298) – GEMA-Vermutung IV; vgl. auch Schulte zu Sundern, Onlineangebot von Sendeunternehmen, 2020, S. 385 ff. | |
| [182] LG München I GRUR-RS 2021, 28922 Rn. 155 ff. – Wahrnehmungsvertrag (n.rkr.; in GRUR-RR 2022, 16 nicht abgedruckt) (= JurPC Web-Dok. 137/2021); vgl. weiter v. Ungern-Sternberg GRUR 2020, 923 (929 f.). | |
| [183] Auch Riesenhuber (ZGE 2021, 381 (405)) setzt zu Unrecht eine Zustimmungsfiktion mit einer konkludenten Willenserklärung gleich. Auch wenn man unterstellt, dass die Zustimmung nach Art. 5 VII VG-RL – abweichend vom Wortlaut der deutschen Richtlinienfassung – konkludent erklärt werden kann, genügt nach der Richtlinie eine Zustimmungsfiktion jedenfalls nicht. Die Richtlinie steht zudem den höheren Anforderungen des § 10 VGG nicht entgegen. | |
| [184] BGH NJW-RR 2017, 1206 Rn. 18 f. | |
| [185] BGH NJW 2018, 296 Rn. 21. | |
| [186] Vgl. BGHZ 229, 344 = NJW 2021, 2273 Rn. 22. Zum Begriff der Willenserklärung s. BGHZ 225, 352 = BeckRS 2020, 11014 Rn. 96. Zur Forderung des Unionsrechts, dass spätere Vorschläge zur Änderung des Umfangs der Rechteübertragung zumindest konkludent angenommen werden müssen, vgl. Erwgr. 19 IV 2 VG-RL. | |
| [187] Müller/Vinokurova GRUR 2021, 1350 (1356 f.). | |
| [188] Müller/Vinokurova GRUR 2021, 1350 (1357). | |
| [189] Vgl. Schricker/Loewenheim/Reinbothe, 6. Aufl. 2020, VGG § 10 Rn. 1. | |
| [190] Dazu, dass die Widerspruchsmöglichkeit bei einer Einbeziehungsklausel mit Zustimmungsfiktion die Berechtigten nicht ausreichend schützt, vgl. auch BGHZ 229, 344 = NJW 2021, 2273 Rn. 26. | |
| [191] § 307 I BGB ist auch im Anwendungsbereich des § 308 Nr. 5 BGB anwendbar (vgl. BGHZ 229, 344 = NJW 2021, 2273 Rn. 18). | |
| [192] Vgl. BGHZ 177, 69 = NJW 2008, 3348 Rn. 28. | |
| [193] Vgl. v. Ungern-Sternberg GRUR 2020, 923 (928 f.) mwN. Die Anwendung des § 6 II Wahrnehmungsvertrag in der Verwaltungspraxis der VG Wort genügt den Anforderungen dieser Klausel nicht (vgl. LG München I GRUR-RS 2021, 28922 Rn. 152 ff. – Wahrnehmungsvertrag (n.rkr.; in GRUR-RR 2022, 16 nicht abgedruckt) (= JurPC Web-Dok. 137/2021); v. Ungern-Sternberg JurPC Web-Dok. 25/2019, Abs. 31). | |
| [194] Vgl. Erman/Roloff/Looschelders, BGB, 16. Aufl. 2020, BGB § 308 Rn. 45; Staudinger/Coester-Waltjen (2019) BGB § 308 Nr.5 Rn. 13 (Std.: 1.12.2021); aA Riesenhuber ZGE 2021, 381 (428 f.). | |
| [195] Vgl. dazu auch Riesenhuber ZGE 2021, 381 (392). | |
| [196] Vgl. v. Ungern-Sternberg GRUR 2020, 923 (926 f.). | |
| [197] Müller/Vinokurova GRUR 2021, 1350 (1358). | |
| [198] Vgl. Schack UrhR/UrhvertragsR, 10. Aufl. 2021, Rn. 1492. | |
| [199] Die GEMA ist die einzige Verwertungsgesellschaft, die sich in dieser Weise ein Recht einräumen lässt, Wahrnehmungsbedingungen einseitig zu ändern. | |
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| [online seit: 08.03.2022] | |
| Zitiervorschlag: Autor, Titel, JurPC Web-Dok, Abs. | |