JurPC Web-Dok. 180/2014 - DOI 10.7328/jurpcb20142911195

Thomas Kahn *

Spaced Repetition Software im Jura-Studium

JurPC Web-Dok. 180/2014, Abs. 1 - 107


 
Abstract Abs. 1
Seit Sebastian Leitner in den 70er Jahren seine bekannte Lernkartei vorstellte, hat sich auf dem Gebiet des Lernens mit Karteikarten einiges getan. Moderne Spaced Repetition Programme versprechen, durch verbesserte Lernalgorithmen das Problem des Vergessens noch effizienter zu lösen. Der Beitrag erläutert die Funktionsweise dieser neuartigen Lernprogramme und geht der Frage nach, wie diese gewinnbringend im Jura-Studium eingesetzt werden können. Neben den Chancen, die diese Programme bieten, werden auch Schwierigkeiten und Gefahren aufgezeigt, die ihre Anwendung mit sich bringt. Als Lösungsansatz stellt der Autor die von ihm entwickelten Jura-Vorlagen [1] vor, eine Erweiterung für das beliebte Spaced Repetition Programm Anki [2].

Abs. 2
Inhalt Abs. 3
I. Funktionsweise Abs. 4
  1. Lernpsychologische Grundlagen Abs. 5
  2. Hauptmenü Abs. 6
  3. Hinzufügen von Karteikarten Abs. 7
  4. Wiederholung Abs. 8
  5. Traditionelle und moderne Spaced Repetition Systeme Abs. 9
II. Anwendung im Jura-Studium Abs. 10
  1. Vorteile Abs. 11
  2. Schwierigkeiten Abs. 12
  3. Die Jura-Vorlagen als Lösungsansatz Abs. 13
    a) Streitstand Abs. 14
    b) Rechtsfrage Abs. 15
    c) Prüfungsschema Abs. 16
    d) Vorteile der Jura-Vorlagen Abs. 17
III. Fazit

Abs. 18
I. Funktionsweise Abs. 19
1. Lernpsychologische Grundlagen Abs. 20
Spätestens seitdem der deutsche Gedächtnisforscher Herrmann Ebbinghaus 1885 die sogenannte Vergessenskurve beschrieb, wissen wir, dass uns Wissen in aller Regel nicht dauerhaft, sondern lediglich für eine begrenzte Zeit zur Verfügung steht.[3] Wollen wir es behalten, müssen wir uns innerhalb dieses Zeitraums erneut damit auseinandersetzen. Tun wir dies nicht, verblasst die Erinnerung und verschwindet schließlich ganz – use it or lose it. Wiederholung ist darum unbedingt erforderlich, wenn wir Wissen über einen längeren Zeitraum – bis zu einer Klausur, bis zum Examen oder gar lebenslang – behalten möchten. Spaced Repetition Programme versuchen, Wiederholungen maximal effizient zu gestalten, damit der Lernende damit nicht mehr Zeit verbringt, als unbedingt erforderlich. Abs. 21
Was eine effiziente Wiederholung ausmacht, bestimmt die Lernforschung. Diese hat festgestellt, dass sowohl der Wiederholungszeitpunkt als auch der Wiederholungsmodus großen Einfluss darauf haben, wie effektiv eine Wiederholung ist: Abs. 22
  • Der spacing effect besagt, dass Wiederholungen in wachsenden Zeitabständen (spaced repetition) deutlich effektiver sind, als Wiederholungen, die unmittelbar nacheinander durchgeführt werden (massed repetition).[4] Anders formuliert: Je mehr Zeit seit der letzten Beschäftigung mit einer Information vergangen ist, desto weiter wird ihr Vergessenszeitpunkt durch eine Wiederholung nach hinten verschoben.[5] Erforderlich ist allerdings, dass die Erinnerungsspur in diesem Moment überhaupt noch vorhanden ist. Wurde die Information bereits vergessen, wirkt sich die vergangene Zeit nicht derart positiv aus. Damit eine Wiederholung den größtmöglichen Effekt hat, sollte sie folglich kurz vor dem Moment erfolgen, in dem das Gelernte wieder vergessen wird.
Abs. 23
  • Der testing effect beschreibt das Phänomen, dass wir Wissen besser behalten, wenn wir uns dazu aktiv abfragen, anstatt dieses nur noch einmal passiv aufzunehmen, etwa durch erneutes Lesen.[6] Wiederholen sollte man folglich, indem man (vorformulierte oder selbsterstellte) Fragen zu dem Lernstoff beantwortet. Diese Vorgehensweise hat außerdem den Vorteil, dass der Lernende erkennt, wenn er etwas vergessen hat, und darauf entsprechend reagieren kann.
Abs. 24
Diese beiden grundlegenden lernpsychologischen Erkenntnisse werden durch Spaced Repetition Programme praktisch nutzbar gemacht. Wie die Arbeit mit diesen Programmen aussieht, wird im Folgenden am Beispiel von Anki, einem beliebten und quelloffenen Spaced Repetition Programm, demonstriert.[7]

Abs. 25
2. Hauptmenü Abs. 26


Abs. 27
Im einfachsten Sinne ist Anki ein Karteikartenprogramm. Bei jedem Start zeigt die Software an, in welchen Stapeln wie viele Karteikarten „fällig" sind (d.h. heute wiederholt werden müssen) bzw. „neu" sind (also erstmals gelernt werden müssen). Da Anki keine Karteikarten mitliefert, ist der Nutzer zu Beginn darauf angewiesen, von anderen zur Verfügung gestellte Stapel herunterzuladen[8] oder Karteikarten selbst zu erstellen. Letzteres ist mithilfe des Hinzufügen-Fensters möglich:

Abs. 28
3. Hinzufügen von Karteikarten Abs. 29


Abs. 30
Nach einem Klick auf Hinzufügen werden die Karteikarten generiert und dem Benutzer bei der nächsten Wiederholungssitzung präsentiert.

Abs. 31
4. Wiederholung Abs. 32
Der wichtigste Teil der Arbeit mit Anki besteht in der Wiederholung von Karteikarten. Nach einem Klick auf einen der verschiedenen Stapel (s. Abb. 1) bekommt der Nutzer die auf den Karten enthaltenen Fragen nacheinander präsentiert und wird aufgefordert, sich jeweils die Antwort dazu zu überlegen. Durch diese aktive Beschäftigung mit dem Lernstoff wird der testing effect ausgenutzt:

Abs. 33


Abs. 34
Ein Klick auf „Antwort anzeigen" enthüllt, welche Antwort die richtige gewesen wäre:

Abs. 35


Abs. 36
Nun muss der Nutzer bewerten, ob sein Lösungsvorschlag richtig war und wie leicht ihm die Beantwortung der Frage gefallen ist. Aus diesen Angaben berechnet Anki, wann die Karte das nächste Mal wiederholt werden sollte.[9] Vergessenes und schweres Wissen wird früher abgefragt, leichtes Wissen später. Wählt der Benutzer die Schaltfläche „Nochmal", wird Anki ihn bereits in einer Minute wieder danach fragen. Wählt er stattdessen die Schaltfläche „Einfach", legt Anki ihm die Karte erst in vier Tagen wieder vor. Er muss die Frage jeweils erneut beantworten und angeben, wie gut er dieses Wissen bereits beherrscht. Bei der zweiten Wiederholung nach vier Tagen stehen dann allerdings folgende Intervalle zur Auswahl:

Abs. 37


Abs. 38
Ein Klick auf „Gut" führt dazu, dass Anki die Karte dem Nutzer erst sieben Tage später wieder vorlegt – abermals mit größeren Intervallen:

Abs. 39


Abs. 40
Im Regelfall wachsen die Intervalle exponentiell. Das nachfolgende Diagramm veranschaulicht dies:[10]

Abs. 41

Abs. 42
Aus den Angaben des Nutzers berechnen Spaced Repetition Programme, wann dieser eine Information wieder vergisst.[11] Sie nutzen dieses Wissen, um Wiederholungen entsprechend des spacing effects möglich weit voneinander zu separieren. Erst unmittelbar bevor die Erinnerungswahrscheinlichkeit zu stark (hier unter ca. 90%) absinkt, wird die Information wiederholt.[12] Durch diese späten Wiederholungen wird die Erinnerung immer tiefer im Gedächtnis verankert. Die Vergessenskurve nimmt immer seichter ab.[13] So bleibt das Gelernte mit dem geringstmöglichen Aufwand dauerhaft im Gedächtnis.

Abs. 43
5. Traditionelle und moderne Spaced Repetition Systeme Abs. 44
Die Funktionsweise dieser Spaced Repetition Programme erinnert an Sebastian Leitners Lernkartei[14]. Beide Konzepte haben gemeinsam, dass sie den spacing und testing effect ausnutzen, um Wissen länger zu behalten. Spaced Repetition Programme wie Anki stellen jedoch eine Weiterentwicklung gegenüber dem Leitnerschen Ansatz dar. Erstere werden deshalb nachfolgend als moderne, letztere als traditionelle Spaced Repetition Systeme bezeichnet. Unterschiede bestehen in den folgenden Bereichen:

Abs. 45
Spaced Repetition System Traditionell Modern
Erscheinungsformen (Physischer) Karteikasten, Programme Ausschließlich Programme
Beispiele Leitnersche Lernkartei, BRAINYOO [15], CoboCards [16], Pauker [17], Repetico [18] Anki [19], Mnemosyne [20], SuperMemo [21]
Algorithmus Leitner SM-2 (diverse Varianten) [22] bis SM-15 [23]
Beschreibung Der Leitner-Algorithmus unterscheidet fünf Wiederholungsstufen. (Bei Karteikästen sind dies die einzelnen Fächer.) Neue Karten befinden sich zu Beginn auf Stufe 1. Karten auf Stufe 1 werden täglich wiederholt. Kann der Lernende den Inhalt einer Karte richtig wiedergeben, steigt die Karte eine Stufe auf. Karten auf Stufe 2 werden seltener (nur etwa alle drei bis vier Tag) wiederholt. Ist der Benutzer dann wieder dazu in der Lage, die Frage richtig zu beantworten, steigt die Karte erneut eine Stufe auf usw. bis die Karte schließlich auf Stufe 5 angelangt ist, wo sie nicht länger wiederholt wird. Kann der Nutzer bei einer Wiederholung den Inhalt der jeweiligen Karteikarte hingegen nicht richtig wiedergeben, fällt die Karte wieder auf Stufe 1 zurück.[24]
Ähnlich wie bei Leitner wachsen die Intervalle zwischen den einzelnen Wiederholungen in der Regel exponentiell. Der Unterschied besteht darin, dass dies nicht der Fall sein muss. Wie groß der Abstand zur nächsten Wiederholung ist, hängt nicht allein davon ab, ob der Benutzer dazu in der Lage war, die Frage richtig zu beantworten, sondern auch davon, wie leicht ihm dies gefallen ist. Ist eine Information besonders schwer, werden die Abstände nur langsam erhöht. Ist sie besonders einfach, hingegen schneller als üblich.[25] Je nach Algorithmus können auch weitere Faktoren relevant sein, z.B. die Schwierigkeit verwandter Karten.[26]
Bei der Berechnung des Vergessenszeitpunkts (bzw. der Planung der nächsten Wiederholung) berücksichtigte Faktoren 1.Wie oft hintereinander konnte der Nutzer diese Frage richtig beantworten? 1.Wie oft hintereinander konnte der Nutzer diese Frage richtig beantworten?
2.Wie leicht ist ihm dies jeweils gefallen?
3.Evtl. weitere Faktoren, z.B.: Wie vertraut ist der Nutzer bereits mit verwandtem Stoff?
Bewertungsmöglichkeiten der eigenen Antwort Falsch, richtig Abhängig von dem jeweiligen Algorithmus, mindestens aber: Falsch, schwer, gut, sehr leicht
Intervalle Fest (exponentiell wachsend) Variabel (abhängig von der Schwierigkeit der jeweiligen Information etc.), tendenziell aber ebenfalls exponentiell wachsend
Maximale Wiederholungen Fünf (Karten, die im letzten Fach der Lernkartei angekommen sind, werden nicht mehr wiederholt.) Unbegrenzt

Abs. 46
II. Anwendung im Jura-Studium Abs. 47
Moderne Spaced Repetition Programme wie Anki sind im juristischen Bereich bisher nahezu unbekannt und kaum verbreitet.[27] Dabei weisen diese gegenüber gewöhnlichen Lernmethoden (wie dem mehrmaligen Lesen, dem Verfassen eigener Skripten oder auch Varianten der Leitnerschen Lernkartei) eine Reihe von Vorteilen auf:

Abs. 48
1. Vorteile Abs. 49
Zunächst einmal muss sich der Nutzer von Spaced Repetition Software nicht mehr darum sorgen, ob er das Gelernte bis zur Klausur wieder vergisst. Durch die regelmäßigen Wiederholungen wird ihm der Stoff im entscheidenden Moment mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Verfügung stehen. Dies gibt Sicherheit und hilft dabei, stressbedingten Aussetzern vorzubeugen. Abs. 50
Während beim selbstorganisierten Lernen immer die Gefahr besteht, dass der Lernende bewusst oder unbewusst bestimmte Themengebiete vernachlässigt, zwingen Spaced Repetition Programme dazu, sich mit dem gesamten Stoff zu beschäftigen. Durch die Konzentration auf Informationen, die noch nicht sicher beherrscht werden, werden Wissenslücken automatisch geschlossen. Abs. 51
Die Lernzeit wird durch die Verwendung von Spaced Repetition Programmen optimal genutzt. Wiederholt wird nur das, was der Benutzer noch nicht, nicht mehr weiß oder wieder vergessen würde. Er verliert keine Zeit mit der Wiederholung von Stoff, in dem er bereits sehr sicher ist. Abs. 52
Verglichen mit Karteikästen und Karteikartenprogrammen, die Inhalte nach dem Leitner-Algorithmus wiederholen, können moderne Spaced Repetition Programme besser einschätzen, welches Wissen bereits wiederholt werden muss und welches noch sicher beherrscht wird. Während der Leitner-Algorithmus die nächste Wiederholung nur danach plant, ob der Benutzer dazu in der Lage war, die Frage richtig zu beantworten (zwei Antwortmöglichkeiten: ja/nein), berücksichtigen Anki etc. auch, wie leicht es dem Nutzer gefallen ist, die richtige Antwort zu geben (vier Antwortmöglichkeiten: falsch/schwer/gut/sehr leicht). Dadurch sind genauere Vorhersagen hinsichtlich des Vergessenszeitpunkts möglich. Fragen, die der Nutzer nur schwer richtig beantworten kann, werden beim nächsten Mal früher gestellt, einfache erst später. So verbringt der Nutzer weniger Zeit mit Informationen, die er bereits sicher beherrscht (weil diese seltener abgefragt werden) und vergisst schwierigeres Wissen seltener (weil dieses häufiger wiederholt wird). Abs. 53
Der Leitnersche Ansatz leidet zudem an dem Mangel, dass Karteikarten maximal fünfmal wiederholt werden. Dies liegt nicht etwa daran, dass Wissen nach fünfmaliger Wiederholung nun dauerhaft behalten würde, sondern ist schlicht dem Umstand geschuldet, dass physische Karteikästen nicht beliebig groß sein können.[28] Dies ist ein erheblicher Nachteil für all diejenigen, die – wie Jurastudierende – Wissen über längere Zeiträume (mitunter mehrere Jahre) behalten möchten. Die meisten elektronischen Karteikartenprogramme übernehmen grundlos diesen Fehler.[29] Abs. 54
Gegenüber physischen Karteikarten haben Programme wie Anki schließlich den Vorteil, dass sie dem Benutzer den größten Teil der Verwaltungsarbeit abnehmen. Selbst effiziente Karteikastensysteme wie die Leitnersche Lernkartei verlangen vom Nutzer, dass dieser die verschiedenen Karteikarten selbstständig ein- und umsortiert. Ab einer bestimmten Anzahl an Karteikarten – die in unserem Studienfach zwangsweise überschritten wird – sind sie schlicht überlastet. Der Lernende wird die Karteikarten deshalb oft nicht wiederholen, wenn dies nötig wäre, und kann folglich nicht mehr sicher sein, ob er das Gelernte auch behält. Digitale Karteikarten können zudem gleichzeitig nach Zusammenhang (durch das Einsortieren in Stapel und die Verwendung von Tags) und nach Fälligkeit geordnet werden, während man sich bei physischen Karteikarten stets entscheiden muss, ob diese nach dem einen oder anderen Prinzip sortiert werden. Bei Spaced Repetition Programmen ist der gesamte Lernstoff der Volltextsuche zugänglich. Fehler sind leicht korrigierbar und der eigene Lernfortschritt kann durch Statistiken und Diagramme visualisiert werden.

Abs. 55
2. Schwierigkeiten Abs. 56
Wer Spaced Repetition Programme im Jura-Studium einsetzt, wird jedoch auch mit einigen nicht zu unterschätzenden Schwierigkeiten konfrontiert.[30] Probleme ergeben sich insbesondere daraus, dass juristisches Wissen oft komplex ist, d.h. aus einer Vielzahl eng zusammenhängender Informationen besteht. Dies trifft offensichtlich auf Streitstände oder Prüfungsschemata zu, doch selbst einfache Rechtsfragen wie „Wie wirkt die Anfechtung?" enthalten mehrere Einzelinformationen, die gleichzeitig gewusst werden müssen: Zum einen muss die Frage selbst beantwortet werden („Nach einer Anfechtung ist eine Willenserklärung so zu behandeln, als wäre sie von Anfang an nichtig gewesen."), gleichzeitig sollte aber z.B. auch die Norm, aus der sich diese Antwort ergibt (§ 142 BGB), und die Stelle, an der dieses Wissen in der Klausur relevant ist (Anspruch entstanden/Wirksamer Vertragsschluss), bekannt sein. Abs. 57
Menschen fällt es im Allgemeinen äußerst schwer, sich gleichzeitig eine Mehrzahl von Informationen zu merken.[31] Solches Listen-Wissen unterliegt einer erheblich schnelleren Vergessensrate als einzelne Informationen.[32] Natürlich ist dies keine Folge der Arbeit mit Spaced Repetition Programmen. Unser Unvermögen tritt dort aber besonders deutlich zu Tage: Während bei vielen traditionellen Lernmethoden gar nicht oder nur selten überprüft wird, ob die jeweiligen Informationen auch behalten wurden, wird der Benutzer von Spaced Repetition Programmen immer und immer wieder mit falsch oder unvollständig beantworteten Fragen konfrontiert. Gerade bei abstraktem Wissen wie längeren, verschachtelten Prüfungsschemata kann dies schnell zu großer Frustration führen. Abs. 58
Die Entwickler von Spaced Repetition Programmen legen es dem Nutzer deshalb nahe, das sogenannte minimum information principle einzuhalten und Wissen immer so kleinteilig wie möglich abzufragen.[33] Anstatt sämtliche Informationen über einen Gegenstand auf einmal abzufragen, sollten die Einzelaspekte getrennt durchgegangen werden. Wer beispielsweise die Eigenschaften des Toten Meeres lernen möchte (Lage: Zwischen Israel und Jordanien, Höhe: 428m unter dem Meeresspiegel, Küstenlänge: 74km, Salzanteil: 30%), sollte nicht eine einzige Karteikarte mit der Frage „Welche Eigenschaften hat das Tote Meer?" anlegen, sondern mehrere spezifische Karteikarten, etwa: „Wo liegt das Tote Meer?", „In welcher Höhe befindet sich das Tote Meer?" „Wie lang ist die Küste des Toten Meeres?", „Wie hoch ist der Salzanteil im Toten Meer?". Durch diese Atomisierung von Wissen lassen sich dieselben Informationen wesentlich leichter behalten. Abs. 59
Anders als reines Faktenwissen (wie die verschiedenen Eigenschaften des Toten Meeres) ist juristisches Wissen aber eben oft engmaschig miteinander verknüpft. Wer juristische Informationsstrukturen wie Streitstände oder Prüfungsschemata in einzelne Fragen aufspalten möchte, steht deshalb vor einem Dilemma: Einerseits sind diese häufig zu umfangreich, um sie mit nur einer einzigen Karteikarte abzufragen. Andererseits ist es kaum möglich, das Wissen auf mehrere Karten aufzuteilen, ohne die Teilinformationen aus dem Zusammenhang zu reißen. In der Regel wird sich der Lernende deshalb dazu entscheiden, (zu) viele Informationen mit einer einzigen Karte abzufragen. Dieses Vorgehen hat gravierende Nachteile. Zum einen dauert die Wiederholung dieser Karte dadurch sehr lange, was – gerade in Anbetracht der täglichen Wiederholungen – äußerst demotivierend wirkt. Zum anderen kann es passieren, dass der Lernende zwar neun von zehn der gefragten Informationen richtig erinnern konnte, eine aber eben nicht. Konsequenterweise müsste er dann angeben, dass er die gesamte Karte nicht richtig beantworten konnte. Tut er dies, wird dieselbe Karte immer wieder abgefragt, obwohl 90% des verlangten Wissens beherrscht werden. Gibt der Nutzer stattdessen an, dass er die Frage richtig beantworten konnte, riskiert er, dass er die vergessene Information auch in Zukunft nicht beherrscht, da diese nicht so oft wiederholt wird, wie es erforderlich wäre. Die Einhaltung des minimum information principles ist bei juristischem Wissen aufgrund seiner inhaltlichen Vernetzung demzufolge oft schwierig.

Abs. 60
3. Die Jura-Vorlagen als Lösungsansatz Abs. 61
Die vom Autor entwickelten Jura-Vorlagen bieten einen Ausweg aus diesem Dilemma. Durch diese Erweiterung wird Anki – als erstes und bisher einziges Spaced Repetition Programm – speziell auf juristisches Wissen angepasst, indem Vorlagen für die häufigsten juristischen Informationsstrukturen bereitgestellt werden. Die Funktionsweise der Jura-Vorlagen wird nachfolgend anhand der Modelle „Streitstand", „Rechtsfrage" und „Prüfungsschema" demonstriert.[34]

Abs. 62
a) Streitstand Abs. 63
Die Vorlage Streitstand bietet zunächst eine erweiterte Eingabemaske. Gefragt wird nicht mehr nur nach Vorder- und Rückseite einer Karteikarte, sondern direkt nach den einzelnen Elementen eines Meinungsstreits:

Abs. 64


Abs. 65
Aus den eingegebenen Informationen generiert Anki bei einem Klick auf „Hinzufügen" selbstständig mehrere Karten. Aus den folgenden Eingaben…

Abs. 66


Abs. 67
…werden etwa die folgenden beiden Karten erstellt. Karte 1:

Abs. 68


Abs. 69


Abs. 70
Karte 2:

Abs. 71


Abs. 72


Abs. 73
Jeder Streitstand wird so in mehrere Teilfragen untergliedert und dadurch beherrschbar gemacht. Füllt der Nutzer (anders als im obigen Beispiel) alle Felder der Vorlage aus, generiert Anki insgesamt fünf verschiedene Fragen:
Abs. 74
  1. Worin besteht die Problematik in diesem Fall? Hier gilt es zunächst, den Zusammenhang zwischen dem konkreten Sachverhalt und der abstrakten Streitfrage herzustellen und festzustellen, was überhaupt problematisch ist. Gleichzeitig wird die Fähigkeit trainiert, den jeweiligen Streit auch im Sachverhalt zu erkennen.
Abs. 75
  1. Welche Ansichten werden in diesem Streit vertreten? Die einzelnen Ansichten werden in einer übersichtlichen Tabelle präsentiert (s.o.).
Abs. 76
  1. Welche Argumente sprechen für und gegen diese Positionen? Die verschiedenen Argumente werden in der Tabelle angezeigt und durch farbige Icons hervorgehoben (s.o.).
Abs. 77
Bei prominenten Streitständen, die einen eigenen Namen erhalten haben (Bsp: Erlaubnistatbestandsirrtum), werden auch noch die folgenden beiden Karten generiert: Abs. 78
  1. Wie bezeichnet man diese Problemkonstellation? Auf der Frageseite wird der Streitstand dargestellt. Es wird erwartet, dass der Name genannt wird.
Abs. 79
  1. Erläutern Sie diese Problemkonstellation. Dies ist der umgekehrte Fall von Frage 4. Der Benutzer muss erläutern, worin die Problematik des jeweiligen Streitstands besteht.
Abs. 80
Durch diese Vorgehensweise werden die Teilinformationen eines Meinungsstreits stets im Zusammenhang dargestellt, aber dennoch getrennt, in überschaubaren Portionen abgefragt. Streitstände sind somit deutlich besser handhabbar.

Abs. 81
b) Rechtsfrage Abs. 82
Selbst einfache juristische Fragen enthalten oft eine Vielzahl von Informationen, die idealerweise einzeln abgefragt werden sollten. Dem trägt die Vorlage „Rechtsfrage" Rechnung, deren Funktionsweise hier am Beispiel der Anfechtung aufgezeigt werden soll:

Abs. 83


Abs. 84
Ein Klick auf Hinzufügen generiert drei Karteikarten. Karte 1:

Abs. 85


Abs. 86


Abs. 87
Karte 2:

Abs. 88


Abs. 89


Abs. 90
Karte 3:

Abs. 91


Abs. 92


Abs. 93
c) Prüfungsschema Abs. 94
Auch Prüfungsschemata können mit der entsprechenden Vorlage in kleinere Portionen aufgespalten und so leichter gelernt werden:

Abs. 95


Abs. 96


Abs. 97


Abs. 98
Hier wären nur die Oberpunkte (I. - IV.) zu nennen gewesen (obwohl stets das gesamte Schema angezeigt wird). Die Unterpunkte zu dem II. Oberpunkt werden anschließend getrennt abgefragt:

Abs. 99


Abs. 100


Abs. 101
d) Vorteile der Jura-Vorlagen Abs. 102
Die Jura-Vorlagen lösen das Problem der Komplexität. Sie zerlegen juristisches Wissen in seine Bestandteile und fragen diese einzeln ab, stellen sie aber dennoch im Zusammenhang dar. Dieser Ansatz bietet enorme Vorteile gegenüber der Verwendung von nicht angepasster Spaced Repetition Software. Abs. 103
Zudem lässt sich der Lernstoff dadurch wesentlich schneller in elektronische Karteikarten umwandeln, da der Benutzer nicht mehr immer wiederkehrende Fragen wie „Aus welcher Norm ergibt sich dies?", „Was spricht dafür/dagegen?" etc. eingeben muss. Abs. 104
Schließlich haben die Jura-Vorlagen den Vorteil, dass der Nutzer bereits bei der Eingabe dazu gezwungen wird, sich intensiv mit dem Lernstoff auseinanderzusetzen und diesen selbstständig zu strukturieren. Dies verhindert ein gedankenloses Abschreiben und bewirkt unmittelbar einen Lerneffekt.

Abs. 105
III. Fazit Abs. 106
Schon im Ausgangszustand bieten moderne Spaced Repetition Programme Jura-Studierenden bisher nicht gekannte Vorteile. Gerade im Hinblick auf die lange Examensvorbereitung ist es beruhigend, dass das erworbene Wissen nicht mehr vergessen wird – bei gleichzeitiger Garantie, dass dafür nicht mehr Zeit aufgewandt wird, als unbedingt erforderlich. Die durch die Komplexität des juristischen Wissens ausgelösten Schwierigkeiten können mithilfe der Jura-Vorlagen des Autors überwunden werden. Der Nutzen dieser Programme ist für Jura-Studierende damit so groß, dass Spaced Repetition Software in Zukunft die Basis juristischen Lernens bilden sollte. Da sich ihr Einsatz gerade auf lange Sicht auszahlt, sollten Universitäten ihre Studierenden möglichst früh damit vertraut machen.[35] Abs. 107
 

 

Fußnoten

* Der Autor hat im Juli 2014 sein erstes juristisches Staatsexamen an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz abgelegt und ist seit November 2014 Rechtsreferendar am Kammergericht Berlin. Der Artikel beruht auf dem gleichnamigen Vortrag des Autors anlässlich des 22. Deutschen EDV-Gerichtstags 2013 in Saarbrücken, https://www.edvgt.de/pages/22.-deutscher-edv-gerichtstag/arbeitskreise-mit-praesentationen-und-protokollen.php.
[1] http://www.thomaskahn.de/jura-vorlagen/. Die Jura-Vorlagen für Anki sind eine kostenlose Erweiterung für dieses beliebte Spaced Repetition Programm. Sie wurden von Thomas Kahn entwickelt und funktionieren mit jeder aktuellen Version von Anki.
[2] http://ankisrs.net/. Anki ist das Werk Damien Elmes. Es stehen kostenlose Versionen für Windows, Mac OS, Linux und Android zu Verfügung. Lediglich die iOS-Version kostet 21,99 €. Alle Versionen sind miteinander synchronisierbar.
[3] Die heutige Vergessenskurve ist eine Visualisierung des Satzes: „die Quotienten aus Behaltenem und Vergessenem verhielten sich umgekehrt wie die Logarithmen der [verstrichenen] Zeiten." Vgl. Ebbinghaus, Über das Gedächtnis: Untersuchungen zur experimentellen Psychologie (1885), S. 107.
Umstritten ist, ob tatsächlich alles Erlernte mit der Zeit wieder vergessen wird, oder ob wenigstens ein kleiner Teil der Erinnerungen dauerhaft erhalten bleibt (so schon Ebbinghaus, a.a.O., S. 103 f. (§ 29, Punkt 1), oder Bahrick, Semantic memory content in permastore: fifty years of memory for Spanish learned in school in Journal of Experimental Psychology: General, Vol. 113 (1984), S. 1-29, Zusammenfassung abrufbar unter http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/6242406; Kritisch hingegen Wozniak, Memory and Learning: Myths and Facts (August 2013), http://www.supermemo.com/articles/myths.htm, „Myth: It is possible to produce everlasting memories."). Da jedoch sicher ist, dass zumindest die allermeisten Informationen früher oder später wieder vergessen werden, kann diese Unklarheit bei der praktischen Beschäftigung mit diesem Thema außer Acht gelassen werden.
[4] Erstmals beschrieben wurde der spacing effect von Ebbinghaus: „Macht man hier der Unsicherheit der nur auf wenige Versuche basierten Zahlen selbst die größten Konzessionen, so bleibt ihre Differenz immer noch erheblich genug. Sie macht die Annahme wahrscheinlich, dass bei einer größeren Anzahl von Wiederholungen eine angemessene Verteilung derselben über einen gewissen Zeitraum bedeutend vorteilhafter ist als ihre Kumulierung auf eine bestimmte Zeit." (Über das Gedächtnis, S. 122). Eine Übersicht gibt Pavlik in Pashler, Encyclopedia of the Mind (2013), Kapitel: Spacing Effect, http://dx.doi.org/10.4135/9781452257044. Zahlreiche weitere Studien und Artikel finden sich auf http://www.gwern.net/Spaced%20repetition#distributed.
[5] Diese Erkenntnis wird nach ihrem Entdecker Adolf Jost als „Jost's first Law" bezeichnet. Vgl. Jost, Die Assoziierungsfähigkeit in ihrer Abhängigkeit von der Verteilung der Wiederholungen in Zeitschrift für Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane, 16 (1897), S. 436-472.
[6] Die erste empirische Studie zum testing effect wurde 1917 von Gates veröffentlicht, vgl. Gates, Recitation as a factor in memorizing (1917). Erwähnt wird das Phänomen aber bereits wesentlich früher, etwa 1620 von Roger Bacon: „Thus, if you read anything over twenty times, you will not learn it by heart so easily as if you were to read it only ten, trying to repeat it between whiles, and when memory failed, looking at the book." (The New Organon, Aphorisms – Book 2, Kap. XXVI). Eine kurze Beschreibung des Phänomens findet sich bei Roediger/Butler in Pashler, H., Encyclopedia of the Mind, Kapitel: Retrieval Practice (Testing) Effect, http://dx.doi.org/10.4135/9781452257044 bzw. http://psych.wustl.edu/memory/Roddy%20article%20PDF's/Roediger%20&%20Butler%20Encyclopedia%20of%20the%20Mind%20(2013).pdf. Eine umfassende Sammlung weiterführender Literatur findet sich auf http://www.gwern.net/Spaced%20repetition#background-testing-works.
[7] Mit Anki vergleichbare Spaced Repetition Programme sind insbesondere SuperMemo (www.supermemo.com) und Mnemosyne (http://mnemosyne-proj.org/). Eine ausführliche Abwägung aller Vor- und Nachteile kann an dieser Stelle aus Platzgründen nicht erfolgen. Für Anki spricht insbesondere, dass es trotz seines enormen Funktionsumfangs leicht zu bedienen ist, und auf allen verbreiteten Betriebssystemen (Windows, Linux, Mac OS, Android, iOS) genutzt werden kann. Nutzt man Anki auf mehreren Computern oder Smartphones, lässt sich der Lernfortschritt problemlos via Internet synchronisieren. Anki ist zudem quelloffen und kostenlos. Es wird ständig weiterentwickelt und verfügt über eine große und aktive Nutzergemeinde. Schließlich war Anki das erste Spaced Repetition Programm, das es dem Nutzer ermöglichte, eigene Karteikartenvorlagen zu entwickeln. Aufgrund dieser Funktion konnte Anki (durch die Jura-Vorlagen) speziell auf juristisches Wissen angepasst werden (siehe dazu Abschnitt II.3. Die Jura-Vorlagen als Lösungsansatz). Aus diesen Gründen dürfte Anki zum jetzigen Zeitpunkt zumindest für Jura-Studierende das Mittel der Wahl sein.
[8] Mit Ankiweb (https://ankiweb.net/) existiert eine Plattform, auf der Nutzer ihre selbsterstellten Stapel auch anderen zu Verfügung stellen können. Für den deutschsprachigen juristischen Bereich werden bisher jedoch keine Kartenstapel angeboten, so dass Jura-Studierende darauf angewiesen sind, den Lernstoff selbst in digitale Karteikarten umzuwandeln. Es sei an dieser Stelle bemerkt, dass die vom Autor entwickelten Jura-Vorlagen keine vorgefertigten Kartenstapel darstellen.
[9] Zur Berechnung der Intervalle setzt Anki eine modifizierte Version des von Dr. Piotr Wozniak (dem Schöpfer von SuperMemo) entwickelten SM-2-Algorithmus ein, http://ankisrs.net/docs/manual.html#what-algorithm. Eine Beschreibung dieses Algorithmus findet sich bei Wozniak, Optimization of Learning (1990), 3.2 Application of a computer to improve the results obtained in working with the SuperMemo method, http://www.supermemo.com/english/ol/sm2.htm.
[10] Das Diagramm dient lediglich dazu, das Konzept spaced repetition zu illustrieren. Die einzelnen Werte sind nicht die Ergebnisse einer bestimmten Studie. Als Vorbild diente die Grafik von Wolf, Want to Remember Everything You'll Ever Learn? Surrender to This Algorithm in Wired 16.05 (21.04.2008), http://archive.wired.com/medtech/health/magazine/16-05/ff_wozniak?currentPage=all.
[11] Siehe Fn. 9.
[12] Zur Verdeutlichung der Funktionsweise moderner Spaced Repetition Programme und zu den Unterschieden zwischen verschiedenen Wiederholungsalgorithmen siehe auch diese Animation: https://www.youtube.com/watch?v=ai2K3qHpC7c.
[13] Dieser Effekt ist als „Jost's second law" bzw. „Jost's law of forgetting" bekannt. Vgl. Jost, Die Assoziierungsfähigkeit in ihrer Abhängigkeit von der Verteilung der Wiederholungen in Zeitschrift für Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane, 16 (1897), S. 436-472.
[14] Vgl. Leitner, So lernt man lernen. Der Weg zum Erfolg (1972/2011).
[15] www.brainyoo.de.
[16] www.cobocards.com.
[17] http://pauker.sourceforge.net.
[18] www.repetico.de.
[19] http://ankisrs.net/. Zu den Unterschieden zwischen Anki, Mnemosyne und SuperMemo siehe Fn. 7, 9 und 23.
[20] http://mnemosyne-proj.org.
[21] www.supermemo.com.
[22] Bzgl. Anki siehe Fn. 9. Bzgl. Mnemosyne siehe http://mnemosyne-proj.org/principles.php.
[23] http://www.supermemo.com/help/smalg.htm. Ob spätere Versionen des SM-Algorithmus ihren Vorgängern überlegen sind, ist umstritten. Siehe dazu die Ansicht Damien Elmes (dem Entwickler von Anki) hier: http://ankisrs.net/docs/manual.html#what-spaced-repetition-algorithm-does-anki-use, sowie die Antwort des Entwicklerteams von SuperMemo hier: http://wiki.supermemo.org/index.php?title=SuperMemo_or_Anki.
[24] Vgl. Fn. 14. Die entsprechende Grafik wurde von User Zirguezi erstellt (Lizenz: CC0), siehe http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Leitner_system_alternative_no_text.svg.
[25] Siehe dazu bereits Fn. 9.
[26] Vgl. http://wiki.supermemo.org/index.php?title=SuperMemo_or_Anki: „SM3+ use your performance on a card to determine the next time to schedule that card, and similar cards".
[27] Dies gilt für den juristischen Bereich zumindest bis zur Veröffentlichung der Jura-Vorlagen im Dezember 2012. In anderen Bereichen hat moderne Spaced Repetition Software eine gewisse Popularität erlangt, etwa als Mittel zum Erlernen von Fremdsprachen. Zu diesem Zweck empfehlen etwa die University of Cambridge (http://www.langcen.cam.ac.uk/opencourseware/cb/chinese_basic.html), die Salem State University (http://lrc.salemstate.edu/vocab/anki.htm) und die EB Zürich (http://www.eb-zuerich.ch/kursprogramm/angebot-nach-thema/softwareentwicklung-it-infrastruktur/datenbanken/spielend-lernen-mit-anki-der-digitalen-lernkartei.html) den Einsatz von Anki. Auch Medizinstudenten nutzen das Programm, um der Stofffülle ihres Fachs Herr zu werden (http://drwillbe.blogspot.de/2011/08/anki-guide-for-medical-students.html). Daneben finden sich aber auch exotischere Anwendungsbeispiele. So gaben bereits zwei Rekordhalter der Quiz-Show „Jeopardy!" an, dass sie dafür relevante Wissensgebiete mithilfe von Anki vorbereitet hatten. Roger Craig erzielte so 2010 den bisher höchsten Tagesgewinn von rund $77.000 und gehört bis heute zu den erfolgreichsten Teilnehmern dieser Show: http://en.wikipedia.org/wiki/Roger_Craig_(Jeopardy!_contestant). Eine Erläuterung seiner Methode findet sich hier: https://www.youtube.com/watch?v=jmld3pcKYYA. Auch der nach der Gesamtbewertung viertbeste Teilnehmer Arthur Chu benutzte Anki, um bestimmte Wissensgebiete aufzubereiten: http://mentalfloss.com/article/54853/our-interview-jeopardy-champion-arthur-chu.
[28] Vgl. http://foolsworkshop.com/reviews/issues#cookie. Sebastian Leitner ist insofern natürlich kein Vorwurf zu machen, da 1972, als er seine Lernkartei vorstellte, die allermeisten Menschen schlichtweg keinen Zugang zu Computern hatten und fünf Fächer für Stoff, der lediglich bis zur nächsten Klassenarbeit behalten werden soll, ohne weiteres ausreichen.
[29] Etwa alle oben in der Tabelle als Beispiele für traditionelle Spaced Repetition Programme genannten.
[30] Diese Einführung kann nicht sämtliche Schwierigkeiten, die beim Einsatz von Spaced Repetition Programmen im Jura-Studium entstehen, umfassend darstellen. Neben den genannten besteht ein weiteres Hindernis z.B. darin, dass der Nutzer stärker selektieren muss, welches Wissen so wichtig ist, dass er es auf digitale Karteikarten überträgt (und deshalb dauerhaft wiederholt). Gibt er zu viele Details ein, wird er schnell von den in der Folgezeit anfallenden Wiederholungen erschlagen. Sowohl dieses als auch andere Probleme können aus Sicht des Autors jedoch durch die Schulung im Umgang mit Spaced Repetition Programmen und den Einsatz bestimmter Techniken überwunden werden. Siehe dazu auch Fn. 35.
[31] Nach Miller erfasst das durchschnittliche Kurzzeitgedächtnis maximal sieben Elemente gleichzeitig. Die tatsächliche Informationsmenge kann erhöht werden, indem Einzelelemente zu einer sinnvollen Einheit (z.B. einzelne Buchstaben zu einem Wort) zusammengefasst werden (sog. chunking). Die Anzahl gleichzeitig erfasster Elemente bleibt dabei jedoch konstant. Vgl. Miller, The Magical Number Seven, Plus or Minus Two: Some Limits on Our Capacity for Processing Information in The Psychological Review, Vol. 63 (1956), S. 81-97, abrufbar unter http://psychclassics.yorku.ca/Miller/.
[32] Je mehr Informationen auf einmal abgefragt werden, desto mehr können vergessen werden. Umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Fall zumindest bei einer der Einzelinformationen auch eintritt.
[33] Vgl. Wozniak, Effective learning: Twenty rules of formulating knowledge (Februar 1999), http://www.supermemo.com/articles/20rules.htm, „4. Stick to the minimum information principle". Siehe auch „9. Avoid sets" und „10. Avoid enumerations". Nutzer von Spaced Repetition Software sind gut damit beraten, auch die übrigen Ratschläge Wozniaks beim Erstellen von Karteikarten zu beherzigen.
[34] Daneben gibt es noch eine spezielle Vorlage für vergleichende Fragen sowie eine modifizierte Variante der von Anki mitgelieferten Vorlage „Lückentext".
[35] Die juristische Fakultät der Freien Universität Berlin bietet im Wintersemester 2014/15 erstmals einen Kurs zum Einsatz von Spaced Repetition Software im Jura-Studium an, vgl. http://www.fu-berlin.de/sites/career/veranstaltungen/Fachbereiche/Rechtswissenschaft/Lerntechniken_Selbstorganisation_Recht.html.
 
 

 
(online seit: 18.11.2014)
 
Zitiervorschlag: Autor, Titel, JurPC Web-Dok, Abs.
 
Zitiervorschlag: Kahn, Thomas, Spaced Repetition Software im Jura-Studium - JurPC-Web-Dok. 0180/2014