Wolfram Viefhues*Bericht über den 13. Deutschen EDV-Gerichtstag vom 15.09.2004 bis 17.09.2004 in Saarbrücken - |
Einen Motor für die Justizreform und für die Entbürokratisierung der Justiz nannte Frau Bundesjustizministerin Zypries in ihrer Rede auf dem 13. Deutschen EDV-Gerichtstag den Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnik. (1) Sie bezeichnete den elektronischen Rechtsverkehr als Voraussetzung für eine moderne Justiz und gab einen Überblick über das derzeit im frühen Gesetzgebungsverfahren befindliche Justizkommunikationsgesetz (JKomG(2)), mit dem ein umfassender elektronischer Rechtsverkehr zunächst für den Zivilprozess, den Arbeitsgerichtsprozess, den Prozess vor den öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten und für das Ordnungswidrigkeitsverfahren ermöglicht wird. Durch das für 2005 vorgesehene Gesetz solle der elektronische Rechtsverkehr in den Gerichten speziell durch die Einführung einer elektronischen Akte vorangetrieben werden. Dabei soll es keine Hybridakten geben, die teilweise elektronisch und teilweise in Papierform geführt werden. Auch gehe es darum, die übertragenen Daten zur Steuerung der Arbeitsabläufe (Workflow) zu nutzen. Ziel sei, Kommunikationsabläufe schneller und effizienter zu gestalten, ohne rechtsstaatliche Einbußen hinnehmen zu müssen. Die Probleme der Authentizität und Integrität der Daten müssten dabei ebenso gelöst werden wie die sichere Aufbewahrung in elektronischer Form. | JurPC Web-Dok. 266/2004, Abs. 1 |
Die qualifizierte elektronische Signatur erfülle zwar diese Anforderungen, sei aber noch völlig unzureichend verbreitet. Vor diesem Hintergrund seien Erleichterungen vorgesehen. Dabei spiele auch eine Rolle, dass die Gerichte derzeit - wenn es um die Übermittlung in Papierform geht - an die Authentizität und an die Integrität der Daten keine besonders hohen Anforderungen stellten, da auch Telegramm, Fax - auch als Computerfax - akzeptiert würden. Daher sei eine Öffnungsklausel vorgesehen, nach der neben der qualifizierten elektronischen Signatur auch ein anderes sicheres Verfahren zugelassen werden könne. Da eine gesetzliche Regelung "technikoffen" sein müsse und da die Technik gerade in diesem Bereich ständig fortschreite, enthalte der Gesetzentwurf keine detaillierten technischen Vorgaben. Die entsprechenden Detailregelungen seien durch Rechtsverordnung zu treffen. | Abs. 2 |
Auf der Ebene der Bundesgerichte gebe es bereits intensiven elektronischen Rechtsverkehr, so beim BGH und in Kürze auch beim Bundespatentgericht. Damit würde erstmals der gesamte Schriftverkehr zwischen den Verfahrensbeteiligten eines Instanzenzuges elektronisch abgewickelt und hierdurch Medienbrüche vermieden. Das Bundeszentralregister, das bereits heute durch die Gerichte online abgefragt werden kann, solle für elektronische Antragsverfahren aus anderen EU-Ländern und den Bürger geöffnet werden. Hierfür fehle es aber noch an einem Authentisierungssystem. Ab 2007 werde das Handelsregister vollständig elektronisch geführt werden, um einer Richtlinie der Europäischen Union nachzukommen. Zypries appellierte an die Bundesländer, bei der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs einheitliche Standards für alle Bundesländer zu etablieren. Zum Ende ihres Vortrages kündigte die Ministerin an, dass im Laufe des nächsten Jahres das gesamte deutsche Bundesrecht kostenlos online verfügbar sein werde, um dem Bürger den Zugang zum Recht weiter zu erleichtern(3). | Abs. 3 |
Nach der Verleihung des vom Deutschen EDV-Gerichtstag und juris getragenen Dieter Meurer Förderpreises Rechtsinformatik 2004 an Dr. Arndt Bohrer ging es dann in die einzelnen Arbeitskreise(4). Auch hier stand der elektronische Rechtsverkehr im Mittelpunkt. Die Bund-Länder-Kommission für Datenverarbeitung und Rationalisierung informierte über den Diskussionsstand zum JKomG, die Bemühungen um Standardisierung und die Erfahrungen aus verschiedenen Pilotgerichten (FG Cottbus, OVG Koblenz, AG Westerstede). | Abs. 4 |
Vorgestellt wurden drei gelungene Beispiele für eine länderübergreifende Zusammenarbeit bei der Einrichtung von Internet-Portalen: www.handelsregister.de, www.insolvenzbekanntmachungen.de und der - öffentlich noch nicht erreichbare - Prototyp www.justiz.de. | Abs. 5 |
Der Arbeitskreis "Digitales Diktieren und elektronische Spracherkennung - 2004" befasste sich mit den Einsatzmöglichkeiten von Spracherkennungssystemen unter Einbindung in übergreifende Arbeitsabläufe in der Justiz bei Einsatz digitaler Diktiergeräte im Netzwerk. Um die Einbettung in Arbeitsabläufe speziell bei Scannen und elektronischem Dokument-Management in Anwaltskanzleien ging es im Arbeitskreis "Elektronische Akte (Scannen inklusive)". | Abs. 6 |
Sicherheitsfragen standen im Mittelpunkt der Arbeitskreise "Datensicherheit in Kanzleien und mittelständischen Unternehmen". Hierbei ging es um die Bedrohung von EDV-Anlagen durch Angriffe von außen in Form von Viren, Würmern und Trojanern - und "Sicherheitsfragen rund um die Bankkarten". Dabei wurden verschiedene Risiko-Scenarien vorgestellt wie z.B. "Erraten" oder "Errechnen" der PIN, Kopieren der Karte, technische Manipulation der Geldautomaten oder Ausspähen der Daten. Weitere Arbeitskreise behandelten die "Barrierefreiheit von Internet-Angeboten", die "Standards und Etikette der E-Mail-Kommunikation" und die "virtuelle Fachbibliothek Recht", widmeten sich der Untersuchung von Erbrechtsprogrammen und stellten "alternative Plattformen (Mac, Linux)" vor. Schließlich wurde das vom belgischen Justizministerium ausgeschriebene Projekt "Phenix" vorgestellt, mit dem ein integriertes System für die gesamte belgische Justiz entwickelt wird. | Abs. 7 |
Die Firmenbegleitausstellung, die sich inzwischen zu einer spezialisierten Mini-Cebit entwickelt hat, sprengte in diesem Jahr mit einem Rekordangebot fast den Rahmen. Nicht vergessen werden darf der traditionelle juris-Eröffnungsabend, bei dem es neben ersten Informationen die Möglichkeit zu zwanglosen Gesprächen gab. | Abs. 8 |
Der 14. EDV-Gerichtstag findet vom 21.-23.09.2005 statt. Im Internet
ist der EDV-Gerichtstag erreichbar unter
www.edvgt.de.
| JurPC Web-Dok. 266/2004, Abs. 9 |
Fußnoten:(1) Der vollständige Text der Rede ist auf der Internetseite des Bundesministeriums der Justiz (www.bmj.de) unter http://www.bmj.de/enid/0269c2e77487485c22254fca42efc3d2,0/p5.html nachzulesen.(2) Der Text des Regierungsentwurfes des JKomG ist unter http://www.bmj.de/media/archive/726.pdf im Internet veröffentlicht; eine synoptische Gegenüberstellung des JKomG im Vergleich der aktuellen Fassung vom 28.7.2004 mit dem Referentenentwurf vom 14.04.2003 ist auf der Internetseite des EDV-Gerichtstages unter http://www.edvgt.de/ervkommission/SynopseJKomG.pdf abzurufen. (3) Der vollständige Text der Rede ist auf der Internetseite des Bundesministeriums der Justiz (www.bmj.de) unter http://www.bmj.de/enid/0269c2e77487485c22254fca42efc3d2,0/p5.html nachzulesen. (4) Die detaillierten Ergebnisse der Arbeitskreise sind unter http://lawgical.jura.uni-sb.de/ im Internet veröffentlicht. |
* Dr. Wolfram Viefhues ist Richter am Amtsgericht Oberhausen / Oberlandesgericht Düsseldorf, Vorstandsmitglied des Deutschen EDV-Gerichtstages und Vorsitzender der Gemeinsamen Kommission "Elektronischer Rechtsverkehr" des EDV-Gerichtstages. |
[online seit: 29.10.2004 ] |
Zitiervorschlag: Autor, Titel, JurPC Web-Dok., Abs.
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Zitiervorschlag: Viefhues, Wolfram, Bericht über den 13. Deutschen EDV-Gerichtstag vom 15.09.2004 bis 17.09.2004 in Saarbrücken - "Justiz im Gespräch - Gerichte als Kommunikationszentren" - JurPC-Web-Dok. 0266/2004 |