Rolf Diekmann *Anmerkung zu OLG Stuttgart - 2 U 150/01 - herstellerkatalog.comJurPC Web-Dok. 253/2002, Abs. 1 - 15 |
Das OLG Stuttgart hatte sich in diesem Frühjahr zwei Mal mit Domain-Namen zu befassen, deren Inhaber aus nicht registrierten Kennzeichenrechten auf Unterlassung der Benutzung in Anspruch genommen wurden. Im einen Fall aus dem Namen einer natürlichen Person (OLG Stuttgart, Urt. V. 7.3.2002, 2 U 184/01, GRUR-RR 2002, 192 = http://www.jurpc.de/rechtspr/20020186.htm - netz,de) und im anderen Fall aus dem Bestandteil einer Firma (OLG Stuttgart, Urt. v. 21.2.2002, 2 U 150/01, OLG-R 2002, 239 = http://www.jurpc.de/rechtspr/20020239.htm - herstellerkatalog.com). | JurPC Web-Dok. 253/2002, Abs. 1 |
Beide Klagen scheiterten in der Berufungsinstanz, nachdem die Kläger in der 1. Instanz erfolgreich gewesen waren. In beiden Fällen hat das OLG Stuttgart eine Verletzung des Namens- bzw. Firmenrechts verneint, weil Name bzw. Firmenbestandteil in den betroffenen Domain-Namen als beschreibende Sachbegriffe anzusehen seien. | Abs. 2 |
Das OLG Stuttgart gelangte zu dieser Ansicht, indem es sich die Frage vorlegte, ob der Verkehr in dem Domain-Namen (selbstverständlich wird inzwischen davon ausgegangen, dass nur der Secondlevel-Domain-Name relevant ist) eine mehrdeutige Angabe sieht oder eine bestimmte, den Geschäftszweck beschreibende Angabe verbindet. Sowohl bei "netz" als auch bei "herstellerkatalog" kam der Senat ohne Umschweife zu dem Ergebnis, dass letzteres der Fall sei. | Abs. 3 |
Dieser Schluss erscheint so eindeutig, dass verwundert, warum überhaupt über 2 Instanzen hinweg gestritten werden konnte. | Abs. 4 |
Tatsächlich herrscht bis heute große Unsicherheit über die Frage, ob und wann Domain- Namen sachlich beschreibenden oder namensmäßig individualisierenden Charakter haben. | Abs. 5 |
Zeugnis davon legen die in beiden Fällen ergangenen erstinstanzlichen Urteile ab. Beide Kläger hatten zunächst Erfolg. | Abs. 6 |
Auch die obergerichtliche Rechtsprechung verfolgt keineswegs eine einheitliche Linie. | Abs. 7 |
Als Grund hierfür lässt sich das juristisch nicht zu begründende, empirisch nicht hinterfragte Vorverständnis des Richters ausmachen. | Abs. 8 |
Offen hat das OLG Hamburg in seiner Entscheidung "kulturwerbung" (Urt. v. 4.5.2000, Mitt. d. deutschen Patentanwälte 2001, 41, http://www.jurpc.de/rechtspr/20010023.htm) sein Vorverständnis formuliert: | Abs. 9 |
| Abs. 10 |
Demnach wird eine Vermutung für die kennzeichenmässige Verwendung des Domain-Namens postuliert. Diese Vorstellung steht in der Tradition zahlreicher Entscheidungen (meist zu Städtenamen), die in der Verwendung eines Domain-Namens eine namensmäßige Verwendung gesehen haben. | Abs. 11 |
Gerade vom entgegengesetzten Ausgangspunkt scheint das OLG München in seiner Entscheidung "buecher.de" (Urt. vom 22.04.99, 29 W 1389/99, MMR 1999, 547 = http://www.jurpc.de/rechtspr/19990116.htm) auszugehen: | Abs. 12 |
| Abs. 13 |
Das OLG Stuttgart beteiligt sich an diesem verborgenen Streit der unbegründbaren Vorverständnisse nicht. Es hat unter Einbeziehung des Inhalts der betroffenen Websites zutreffend eine dem Sprachverständnis Rechnung tragende, wenn auch recht knapp begründete, Entscheidung für die Freiheit der Verwendung sachlicher Angaben als Domain-Namen getroffen und dabei auch - im Falle Herstellerkatalog.com - Freiraum für neue oder noch nicht gebräuchlichen Kombinationsbegriffen gelassen, wie sie für die deutsche Sprache so typisch sind. | Abs. 14 |
Streitigkeiten um generische Domain-Namen gehören in den Bereich des Wettbewerbs- und nicht des Kennzeichenrechts, auch wenn zufällig ein Name oder Firmenbestandteil dem beschreibenden Domain-Namen ähnlich ist. Im Wettbewerbsrecht gelten die vom BGH in mitwohnzentrale.de herausgearbeiteten Grundsätze (Urteil vom 17.05.2001, I ZR 216/99, BGHZ 148, 1 = http://www.jurpc.de/rechtspr/20010219.htm). Eine Ausnahme kann nur gelten, wenn der Inhaber des Namens oder der Firma für diese Verkehrsgeltung erlangt hat.
| JurPC Web-Dok. 253/2002, Abs. 15 |
* Dr. Rolf Diekmann ist als Rechtsanwalt in der Kanzlei Lichtenstein, Körner und Partner in Stuttgart tätig. Er ist seit 1992 als Rechtsanwalt zugelassen. Zuvor studierte er in Tübingen und Konstanz. Dr. Diekmann ist Mitglied der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht sowie des Deutschen Anwaltvereins. Seine Dissertation behandelte das Thema "Der Vernichtungsanspruch, ein Beitrag zur Lehre von den Verletzungsansprüchen im gewerblichen Rechtsschutz und im Urheberrecht". Mehrere Veröffentlichungen und Vortragstätigkeit zu den Themen Internet-Recht, Wettbewerbs- und Markenrecht. Vorwiegend betreute Rechtsgebiete: Werberecht, Computer- und Internet-Recht, Gesellschaftsrecht, Vertriebsrecht, Bankrecht. |
[online seit: 09.09.2002] |
Zitiervorschlag: Autor, Titel, JurPC Web-Dok., Abs. |
Zitiervorschlag: Diekmann, Rolf, Anmerkung zu OLG Stuttgart - 2 U 150/01 - herstellerkatalog.com - JurPC-Web-Dok. 0253/2002 |