LG Wuppertal |
BGB §§ 536, 538 Abs. 2 |
Leitsätze (der Redaktion) |
1. Bei einer gemieteten Software ist der Vermieter nach § 536 BGB verpflichtet, die Software auf den Euro umzustellen, wenn ansonsten das vermietete Programm unbrauchbar wäre. Eine Vergütung für diese Umstellungsarbeiten kann der Vermieter nach § 536 BGB nicht beanspruchen. 2. Wird die Umstellung nicht binnen der gesetzten Frist durchgeführt, besteht gemäß § 538 Abs. 2 BGB das Recht der Selbstbeseitigung; hierzu sind ungeachtet etwaiger Urheberrechte Quellcode und Dokumentation herauszugeben, sofern diese für die Selbstbeseitigung erforderlich sind. |
Tatbestand |
Die Klägerin erhebt Ansprüche aus einem Software-Mietvertrag. | JurPC Web-Dok. 27/2002, Abs. 1 |
Aufgrund einer schriftlichen Bestellung vom 10.10.1996 stellte die Beklagte der Klägerin die Software "Autonom" für ... mietweise zur Verfügung. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ("Bedingungen für Programmiete") ist bestimmt, daß die Mindestmietdauer 60 Monate beträgt und daß sich der Vertrag automatisch um weitere 12 Monate verlängert, wenn der Vertrag nicht mit einer Frist von 6 Monaten vor Ablauf der Vertragsdauer gekündigt wird. | Abs. 2 |
Anläßlich der bevorstehenden Euro-Einführung zum 01.01.2002 bot die Beklagte mit Schreiben vom 12.02.200l der Klägerin an, die Software im Rahmen der von ihr als "EURO-Komfort-Paket" bezeichneten Leistung zum Gesamtpreis in Höhe von 27.178,00 DM Euro-tauglich zu machen. Die Klägerin forderte mit anwaltlichem Schreiben vom 26.03.2001 kostenlose Umstellung der Software auf Euro. | Abs. 3 |
Im vorliegenden Rechtsstreit erhob die Klägerin zunächst eine "Stufenfeststellungsklage" und beantragt nunmehr nach Neufassung ihrer Anträge,
| Abs. 4 |
Die Beklagte beantragt,
| Abs. 5 |
Die Beklagte trägt vor, bei Vertragsabschluß im Jahre 1996 sei die Euro-Einführung ein nicht vorhersehbarer Umstand gewesen, eine Verpflichtung zur Herbeiführung der Euro-Funktionalität bestehe auch im übrigen nicht, entscheidend sei der Stand der Technik bei Vertragsabschluß. | Abs. 6 |
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereiteten Schriftsätze der Parteien, die vorgelegten Unterlagen und die gerichtlich Sitzungsniederschrift verwiesen. | Abs. 7 |
Entscheidungsgründe |
Die Klage ist zulässig, die vorgenommenen Änderungen des Klageantrags werden als sachdienlich zugelassen. In der Sache ist die Klage überwiegend begründet. | Abs. 8 |
1. Die Beklagte ist gemäß § 536 BGB verpflichtet, die vermietete Software bis zum Vertragsende in einem zu dem vertragsgemäßen Gebrauche geeigneten Zustand zu erhalten. Dazu ist die Software auf Euro umzustellen. | Abs. 9 |
Der Mietvertrag besteht noch, mangels einer Kündigung hat sich die Vertragsdauer bis Ende des Jahres 2002 verlängert. Ohne eine Umstellung auf Euro zum 01.01.2002 ist das vermietete Programm unbrauchbar, es ist deshalb auf Euro umzustellen. Eine besondere Vergütung kann die Beklagte weder nach § 536 BGB noch nach dem geschlossenen Mietvertrag beanspruchen. | Abs. 10 |
In welcher Weise die Beklagte hingegen die geschuldete Umstellung auf Euro vornimmt, ist der Beklagten überlassen. Es besteht mithin kein Anspruch auf Umwandlung in der Weise, wie sie die Beklagte mit Schreiben vom 12.02.200l gegen ein Entgelt angeboten hat. | Abs. 11 |
Der damit entstandenen Verpflichtung auf Umstellung des Programms auf Euro kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegensetzen, die Euro-Einführung sei bei Vertragsabschluß ein nicht vorhersehbarer Umstand gewesen. Vorhersehbarkeit notwendiger Anpassungsmaßnahmen ist keine Anspruchsvoraussetzung des § 536 BGB. Auch Änderungen z.B. beim Mehrwertsteuersatz, die Anpassungen des Programms erforderlich machen, sind nicht vorhersehbar. | Abs. 12 |
Der zugunsten der Klägerin entstandene Anspruch wird auch nicht rechtsmißbräuchlich geltend gemacht. Die Klägerin hat ein Recht, für die vereinbarten monatlichen Mietzahlungen eine gebrauchstaugliche Software zu erhalten. Die Beklagte kann sich auch nicht auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 242 BGB) berufen. Die Beklagte ist nämlich schon deshalb nicht schutzwürdig, weil sie nach der Aufforderung der Klägerin, die Software kostenlos umzustellen, den Vertrag vor Einführung des Euro noch hätte kündigen können und dann von ihrer Erhaltungspflicht nach § 536 BGB entbunden gewesen wäre. | Abs. 13 |
Schließlich stehen dem Anspruch aus § 536 BGB auch nicht die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten entgegen. Insbesondere ist die zum weiteren Gebrauch erforderliche Umstellung auf EURO keine nur auf Wunsch und gegen Entgelt zu liefernde "Verbesserung und Weiterentwicklung", die eine noch bestehende Gebrauchsfähigkeit voraussetzt; Ziffer 6. der AGB ist schon nach seinem Wortlaut nicht erfüllt. | Abs. 14 |
2. Auf den weiteren Antrag der Klägerin wird der Beklagten gemäß §§ 283 BGB, 255 ZPO für die Erfüllung ihrer Erhaltungspflichten nach § 536 BGB eine Frist gesetzt, die so zu bemessen ist, daß der Klägerin nach erfolglosem Fristablauf noch genügend Zeit verbleibt, um eine Ersatzvornahme gemäß § 538 Absatz 2 BGB durchführen zu können. | Abs. 15 |
3. Mit dem Erfüllungsanspruch (§ 536 BGB) und der Fristsetzung gemäß § 255 ZPO kann verfahrensmäßig gemäß § 259 ZPO bereits hilfsweise der Anspruch verbunden werden, der bei erfolglosem Fristablauf besteht (vergleiche Palandt-Heinrichs, BGB, 59. Auflage, § 283, R. 7). | Abs. 16 |
Bei Fristablauf besteht für die Klägerin gemäß § 538 Absatz 2 BGB das Recht der Selbstbeseitigung eines entstandenen Mangels an der Software, hier der fehlenden Euro-Funktionalität zum 01.01.2002. Ist für eine solche Selbstbeseitigung, wie unstreitig, die Herausgabe des Quellcodes nebst Dokumentation erforderlich, schließt das Recht auf Ersatzvornahme ein, daß die Klägerin als Mieterin Herausgabe von Quellcode und Dokumentation zum Zwecke der Ersatzvornahme beanspruchen kann. | Abs. 17 |
Diesem Herausgabeanspruch kann die Beklagte nicht ihre Urheberrechte wirksam entgegensetzen. Die Beklagte ist vertraglich zur Herausgabe verpflichtet und hat es auch in der Hand, eine Herausgabe zu verhindern, in dem sie ihre Pflichten aus § 536 BGB erfüllt. | Abs. 18 |
4. Danach hat die Klage teilweise Erfolg. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Absatz 1 ZPO. | Abs. 19 |
Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Sicherheitsleistung beruhen auf §§ 709, 108 ZPO. | Abs. 20 |
Der Streitwert wird auf 27.178,00 DM festgesetzt.
| Abs. 21 |
Anm. der Redaktion: Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. |
[online seit: 11.02.2002] |
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok., Abs. |
Zitiervorschlag: Wuppertal, LG, Euro-Umstellung von Software - JurPC-Web-Dok. 0027/2002 |