Alexander Konzelmann *Rechnergestützte Edition von NormtextenJurPC Web-Dok. 66/2001, Abs. 1 - 24 |
Die privatwirtschaftliche Herausgabe von Normtexten birgt
neben der täglichen betriebswirtschaftlichen Herausforderung Rechtsfragen
des Verfassungsrechts, der Gesetzgebungskunst, des Wettbewerbs-, Urheber- und
Verlagsrechts. Die meisten dieser nicht unbedeutenden juristischen Fragen
stellen sich jedoch gleichermaßen für klassisch erstellte wie für
computergestützt erzeugte Lesetexte von Rechtsvorschriften. Aus diesem
Grunde sind sie unter dem Blickwinkel der Rechtsinformatik eher stiefmütterlich
zu behandeln.
Der Beitrag fragt vor allem danach, inwiefern der Einsatz von Rechnern bei der Redaktion und Edition von Normtexten diese Tätigkeit beeinflußt. Dabei wird sich herausstellen, daß das Ziel der Effektivierung im Sinne von Vereinfachung und Qualitätssicherung nur erreicht wird, wenn erhebliche, in der klassischen Produktion nicht anfallende Vor- und Begleitarbeiten geleistet werden. Diese Arbeiten sind für die juristische Verlagsarbeit zum Teil neuartig und daher prima facie von Interesse für die Rechtsinformatik. |
Einleitung |
1 Die amtliche Veröffentlichung von Normtexten |
Bei Normtexten kann sich der Verlag seinen Autor nicht aussuchen und kann ihn nur sehr indirekt beeinflussen, denn es handelt sich um die Legislative oder deren Beauftragte. Die Produkte des klassischen amtlichen Veröffentlichungswesens sind chronologische Verkündungsblätter, welche aufgrund des hohen Normierungsgrades in Mitteleuropa hauptsächlich Änderungsanweisungen enthalten. Diese amtlich veröffentlichten Texte sind für den juristischen Fachverlag zwar verbindlich, aber dennoch lediglich Rohmaterial; sie können in den seltensten Fällen einfach abgeschrieben werden. Wer jemals versucht hat, z.B. das für einen bestimmten Veranlagungszeitraum gültige nationale Umsatzsteuerrecht unter Berücksichtigung verfassungskonformer Auslegung und Europäischer Richtlinien Wort für Wort aus Verkündungsblättern ohne Hilfsliteratur zu ermitteln, wird nachvollziehen können, daß die amtliche Veröffentlichung alleine nicht ausreicht, den Bürger verläßlich über das geltende Recht zu informieren. | JurPC Web-Dok.
66/2001, Abs. 1 |
2 Die Nachfrage nach Lesetexten und elektronischen Textsammlungen |
Der Rechtsuchende und auch der Rechtsberater wenden sich zur Erkundung des aktuell geltenden Rechts nämlich nicht an die Verkündungsblätter, sondern sie suchen als Arbeitsmittel nach leicht erschließbaren Lesetexten der amtlichen Vorschriften, also nach konsolidierten Textsammlungen. Diese versprechen, eine zielgruppenrelevante Auswahl von Normtexten zu enthalten, bei welchen eine Redaktion sämtliche Änderungen seit der Erstveröffentlichung exakt eingearbeitet hat, und einen zu einem definierten Zeitpunkt gültigen Stand der wiedergegebenen Rechtsvorschriften nachzuweisen. Mit zunehmender Elektronifizierung der Arbeitsabläufe in Büros und Ämtern interessieren sich die beratenden Berufe wie auch Behörden mehr und mehr für elektronische Textsammlungen, um Kopierkosten, Regalmeter, den Preis für mehrere parallel bestellte gedruckte Ergänzungslieferungen und den damit verbundenen Einsortieraufwand zu sparen. | Abs. 2 |
3 Die Arbeit juristischer Fachverlage am Produkt "Textsammlung" |
Die dargestellte Informationslücke wird von verschiedenen Marktteilnehmern ausgefüllt. Die juristischen Fachverlage und Datenbankanbieter sind noch führend und genießen ein hinreichendes Vertrauen der Kundschaft in die Qualität und Nachvollziehbarkeit ihrer Tätigkeit. Diese Tätigkeit besteht darin, die Verkündungsblätter zu beobachten und deren Inhalte gemäß dem Versprechen auf den Umschlägen beziehungsweise Internet-Eingangsseiten von Textsammlungen in stets aktualisierte, sequentiell lesbare und gegebenenfalls mit Anmerkungen zur Genesis versehene, vollständige Vorschriftentexte einzuarbeiten. Diese Arbeit wirft, häufiger als ein Außenstehender annimmt, Probleme auf und erfordert juristisch qualifizierte Redaktionsarbeit. Da es sich um sensibles Material handelt, sind in allen Produktionsphasen mehrere Korrekturläufe bei unterschiedlichen Stellen unabdingbar. Bei Papier- und CD-ROM-Ausgaben müssen die Verlage auch eine wirtschaftlich für alle Seiten vertretbare Update-Planung vornehmen und den Zeitraum zwischen Redaktionsschluß und Eingang des Produktes beim Kunden kurz halten. Für die Rechtswissenschaft relevant sind solche Methoden der Verlagsarbeit, weil sich die Rechtsanwender meist der dabei geschaffenen Produkte und nicht der originären Arbeitsergebnisse der Normgeber bedienen. Diese Redaktionsarbeit darf Rechtstexte nie verfälschen, soll sie aber besser zugänglich machen(1). Sie hat wirtschaftliche, rechtliche und technische Parameter zu beachten. | Abs. 3 |
3.1 wirtschaftliche Parameter |
Die wirtschaftlichen Vorgaben der Konsolidierung von Rechtstexten sind von starker Konkurrenz geprägt, weil das Ausgangsmaterial überhaupt nicht urheberrechtlich geschützt ist und das Endprodukt auch nur bedingt.(2) | Abs. 4 |
3.1.1 private Konkurrenz |
Privatwirtschaftliche Konkurrenten, also andere juristische Fachverlage, die sich auf dieselbe Klientel spezialisiert haben, stellen hauptsächlich inhaltlich eine Konkurrenz dar, weil beim Thema Normtextpublikation ein Konkurrenzprodukt zwingend entweder inhaltlich identisch oder falsch respektive veraltet sein muß. Durch inhaltliche Andersartigkeit oder gar Originalität kann man den Markt in diesem Segment nicht beeindrucken, nur durch schnellere Einarbeitung von Neuerungen. | Abs. 5 |
3.1.2 amtliche Konkurrenz |
Amtliche Konkurrenten, also vor allem öffentliche Stellen, die für ihr Fachgebiet relevante Vorschriftenkomplexe selbst konsolidieren und an den Mann bringen, vielleicht sogar als "Öffentlichkeitsarbeit" kostenlos in Broschüren verteilen, müssen weitgehend als überlegen hingenommen werden. Es handelt sich meist nicht um wirtschaftliche Betätigung im Wettbewerb sondern um öffentliche Aufgabenerfüllung(3). Der private Verlag hat mit den verbleibenden Resten an Kundschaft oder mit nicht amtlich broschierten Rechtsgebieten vorlieb zu nehmen. Immerhin kann der Verlag die Konsolidierungstätigkeit des Staates in solchen Fällen nutzen und die Broschüren zum Gegenlesen eigener Produkte verwenden. Die amtliche Konkurrenz wird auch durchaus gegen Entgelt im Internet aktiv, wie die Initiative des Landes Nordrhein-Westfalen beweist, das die Bereinigte Sammlung online gestellt hat(4). | Abs. 6 |
3.1.3 verdeckt amtliche Konkurrenz |
Verdeckt amtliche Konkurrenz besteht z.B. in Gründungen von juristischen Personen des Privaten Rechts mit überwiegend staatlicher Beteiligung und dem Geschäftszweck der Gewinnerzielung durch Vorschriftenedition, wie z.B. in Deutschland der Bundesanzeiger Verlag GmbH oder der juris GmbH und in Baden-Württemberg der Staatsanzeiger GmbH. Wenn solche Stellen mit der sonstigen Privatwirtschaft im Bereich der Vermarktung konsolidierter Normtexte in Konkurrenz treten, dann ist Wettbewerbsrecht anwendbar und die staatliche Aufgabenerfüllung hätte es schwer, eine verdeckte oder offene Subventionierung der betreffenden GmbHs zu rechtfertigen. Vereinzelt werden auch im öffentlichen Interesse liegende vollfinanzierte Aufträge an private Verlage vergeben(5). In diesen Fällen ist das öffentliche Vergaberecht zu beachten. Zudem besteht ein Gleichbehandlungsanspruch, und der Staat muß allen Marktteilnehmern dieselben Ausgangsmaterialien zu identischen Bedingungen zur Verfügung stellen. | Abs. 7 |
3.1.4 hausgemachte elektronische Konkurrenz |
Elektronische Parallelprodukte können den Absatz von Papierausgaben beeinträchtigen; aber die Papierausgabe muß für gewisse Zwecke, z.B. Lesen ohne Datensichtgerät oder in kontrollierten Prüfungssituationen, als Referenz erhalten bleiben. Daraus resultiert mehrfacher Herstellungsaufwand bei gleichbleibender Gesamtkäuferzahl abzüglich Schwarzkopien und Online-Paßwortpiraterie. Wenn man aber aus solchen Gründen auf die Erstellung eines elektronischen Produktes trotz Nachfrage verzichtet, dann gibt man diese Chance von vornherein der externen Konkurrenz preis. | Abs. 8 |
3.2 rechtliche Parameter |
Rechtlich interessant ist die Betätigung der Edition von Normtexten auf Gebieten, in welchen keine flächendeckende amtliche Publikation stattfindet. Das trifft in Deutschland beispielsweise auf Tarifverträge zu, die amtlich nur im Tarifregister des Arbeitsministers zu archivieren und nachzuweisen sind(6). Da sie dennoch einen großen Betroffenenkreis haben, sind sie als Verlagsprodukt geeignet und auf den entsprechenden Verlagen lastet eine besondere Verantwortung hinsichtlich der Präzision ihrer Arbeit. Ähnlich gelagert stellt sich die Publikation der DIN-Normen dar. Diese werden zwar nicht von verfassungsmäßigen Normgebern erlassen, aber auf sie wird in vielen Rechtstexten und im Gerichtsgebrauch verwiesen(7). Daher ist der Verlag, der sie exklusiv vertreibt, gewissermaßen Originalquelle von Normtexten. Weiterhin gibt es Verwaltungsrichtlinien, bei welchen als amtliches Publikationsorgan eine Kartei eines privatrechtlichen Verlagshauses gewählt wurde. Auch in diesen Fällen ist die Arbeit an den Texten mit der Sorgfalt eines amtlich Beliehenen durchzuführen, wobei die Gegenleistung eines exklusiven Verwertungsrechtes diesen Aufwand durchaus rechtfertigen kann. Bei der Konsolidierung und Edition von Vorschriften aus amtlichen Verkündungsorganen hingegen kann der private Verlag schon kraft Verfassung keine Verbindlichkeit seiner Ausgabe beanspruchen. Ohne Beleihungsakt, wie er möglicherweise der Betrauung eines Verlages mit dem Satz und Druck eines Verkündungsblattes inhärent ist, ist dies unmöglich, weil sie nicht von der verfassungsmäßigen Stelle ausgefertigt sind. Selbst die bundesdeutsche "Bekanntmachung der Neufassung", eine ministerielle Lesetextpublikation im amtlichen Verkündungsorgan, ist laut Bundesverfassungsgericht(8) keine authentische Referenz. Sie hat keine verfassungsrechtliche Grundlage, die sie der österreichischen Wiederverlautbarung vergleichbar machen würde. Würde ein Land oder Staat erwägen, Lesetexte, die auf der Redaktionsarbeit privater Verlage beruhen, für authentisch zu erklären, dann müßte außerdem ein Ausschreibungsverfahren vorausgehen, und zwar möglicherweise sogar europaweit. Das bedeutet bis auf weiteres, daß Textsammlungen als Verlagsprodukte entgegen manchen Versprechungen auf Buchumschlägen oder CD-Hüllen niemals wirklich "das geltende Recht" enthalten, sondern im Idealfall höchstens eine nicht autorisierte Kopie desselben. | Abs. 9 |
Hauptteil |
3.3 technische Parameter |
Die technische Herausforderung besteht darin, so stromlinienförmig wie möglich aus dem gegebenen Material verkaufbares, juristisch einwandfreies Arbeitsmaterial herzustellen. Dabei ist darauf zu achten, daß das Endprodukt keine den Inhalt irgendwie verfälschenden technischen Einsprengsel enthält, die z.B. eine Unsicherheit in der Zitierweise verursachen könnten. | Abs. 10 |
3.3.1 vorhandene Quellen |
Vorschriftentexte finden sich typischerweise als Änderungsanweisungen auf dem Papier von Verkündungsblättern, vereinzelt auch als PDF-Versionen derselben; ansonsten gibt es keine originären Quellen. Die Verfassungsvorschriften über die Publikation von Normtexten sehen derzeit noch keine authentischen elektronischen Texte vor. Zudem existieren im deutschsprachigen Rechtsraum nur für das Schweizerische Bundesrecht, Niederösterreich und im Falle der österreichischen Wiederverlautbarung vom Normgeber selbst authentifizierte Lesetexte mit eingearbeiteten Änderungen (in Österreich Kunsttexte genannt). | Abs. 11 |
3.3.2 nachgefragte Produkte |
Vorschriftentexte sind derzeit als Loseblatt-Ergänzungslieferungen, Taschenbücher, Grundstock von Kommentarwerken, CD-ROM-Ausgaben oder individuell zusammengestellte Online-Menüs verkäuflich(9). Die oben genannten Originalquellen stellen für solche Produkte keine Konkurrenz dar. | Abs. 12 |
3.3.3 Der Weg dazwischen als Verlagsaufgabe |
Da das Ausgangsmaterial für jede der nachgefragten verkaufsfähigen Produktformen elektronisch aufbereitet werden muß, sucht man unter Kostendruck einen Weg, der möglichst während der gesamten Redaktionsphase und noch ein Stück weit in die Produktion hinein für alle Produktformen derselbe ist. Dazu benötigt man laut findigen Beratern eine "neutrale Datenbasis" für "Cross Media Publishing". Schöne Schlagworte, in deren Animation man viel Geld investieren kann. Ohne einen solchen Ansatz wird man aber unrentable Produktionsschienen erhalten, die man dann inklusive der damit verbundenen Marktanteile aufgeben muß. Die Verlage müssen sich also einen medien-neutralen Normdatenbestand aufbauen oder beschaffen. Daran wird heute die inhaltliche Redaktionsarbeit geleistet, nicht mehr an Seiten einer Ergänzungslieferung oder an Inhalten einer konkreten Datenbank mit Endnutzerschnittstelle. | Abs. 13 |
3.3.4 Drehscheibe SGML - Vorteile eines strukturierten Normenbestandes |
Die von der Produktionsplattform und vom Ausgabemedium unabhängige Erstellung und Pflege von Normtexten geschieht vorzugsweise in SGML(10). Diese formale Sprache ermöglicht neben der zukunftssicheren Wiederverwertung ebenso das menschliche Erkennen des Inhalts als auch eine maschinelle Umsetzung für die Darstellung der Inhalte in unterschiedlichste Ausgabemedien. SGML wurde Ende der sechziger Jahre entwickelt, 1986 zum ISO-Standard und erlebt aufgrund der Bandbreite seiner Einsatzmöglichkeiten eine starke Verbreitung. | Abs. 14 |
3.3.4.1 Wie bekommt der Verlag seine Textquellen in SGML? |
Man muß eine strukturelle Beschreibung der verwendeten Vorschriftentexte (DTD)(11) verfassen, die allen vorkommenden Strukturelementen Namen gibt. Diese Namen sind als Anfangs- und Endemarken in die reinen Texte einzuarbeiten(12)(siehe dazu sogleich 3.3.5). Ob dazu die Vorschriftentexte besser nochmals neu abgeschrieben, OCR-erfaßt oder aus einem vorhandenen Datenformat konvertiert werden sollen, kann nicht generell entschieden werden, sondern ist durch Vergleiche zu ermitteln. Die so entstandenen strukturierten Texte sind als fortlaufender ASCII- oder ANSI-Text in Dateien zu speichern. Bei diesen Vorarbeiten helfen bereits geeignete Computerprogramme, die DTD hingegen muß selbst geschrieben werden. Und wenn die Daten mit mehrjähriger Vorarbeit aufbereitet und aktualisiert sind, vernimmt man plötzlich in der Medienbranche, daß man statt SGML doch lieber das viel modernere XML hätte. Dieses Problem ist aber bekanntermaßen glücklicherweise weitgehend ein Scheinproblem(13). | Abs. 15 |
3.3.4.2 Wie hilft dabei der Rechnereinsatz? |
Die Wiederverwertung von Daten führt zu geringerer Fehlerdichte und kürzeren Produktionszeiträumen bei gleichbleibender Qualität, auf lange Sicht auch zu Einsparungen. Dazu muß aber der Rechnereinsatz wiederkehrende gleichförmige Produktionsschritte auf der gesamten Schiene abdecken: Das Einarbeiten von Änderungen hat unter Strukturkontrolle (Parsing) zu erfolgen. Textänderungen müssen bei Loseblattwerken dazu führen, daß auf Knopfdruck festgestellt werden kann, auf welchen Blättern welcher Werke sich die Änderungen auswirken. Bei elektronischen Produkten müssen die Änderungen ohne weiteres vom nächsten Produktionsdatenexport erfaßt werden. Identische Elemente müssen von einem Formatierungs- und Umbruchautomaten auf Papier und auf dem Bildschirm immer in derselben Weise dargestellt werden. Unterläuft also in dieser Produktionsstrecke jemandem ein Fehler, dann steht fest, daß er in sämtliche Folgeprozesse ausstrahlt, und daß er allenfalls zufällig entdeckt wird, weil das Korrekturlesen im Vertrauen auf die Wiederverwertung korrekter Texte minimiert worden ist. | Abs. 16 |
3.3.4.3 Welche Investitionen erfordert die Produktionsumstellung? |
Die Investition in Zeit überwiegt bei weitem diejenige in Computerhard- und -software. Insbesondere fällt ins Gewicht, daß die klassische Produktion der verlagseigenen Textsammlungen ungebremst weitergehen muß, und daß auch nach Erreichen der Ziele noch mindestens einmal für jede Produktsorte aus Sicherheitsgründen Doppelarbeit in Form einer Schattenproduktion anfällt. Auch die Aufwendungen für technische Beratung bzw. Personalschulung dürfen nicht zu knapp sein, wenn ein reibungsloser Umgang mit den entstehenden SGML-Texten gewährleistet werden soll. Die Alternative einer Ankopplung an die quasi-staatliche Normendatenbank der juris GmbH wäre erstens auch nicht gerade kostengünstig. Zweitens aber besteht dort lediglich eine gute Bundesrechts-Datenbank und nur sehr selektiver Zugriff auf Ländervorschriften. Und drittens sind die Texte nicht im engeren Sinne SGML-strukturiert, daher nur für die Nutzung als Datenbank unmittelbar geeignet, nicht aber als Grundlage für beispielsweise automatisierten Satz einer seitengebundenen Loseblatt-Textausgabe. | Abs. 17 |
3.3.5 Zentrale neue Arbeitsschritte: Strukturierung, Neutralisierung, zentrale Konsolidierung |
Einzelschritte und Problemstellen dabei: | Abs. 18 |
3.3.5.1 STRUKTURIERUNG |
Es ist eine Strukturanalyse nicht des bestehenden, sondern des angestrebten Normdatenbestandes durchzuführen. Man benötigt eine Strukturanalyse der im Hause verwerteten Vorschriftentexte. Die Analyse muß inhaltlich alle voneinander zu separierenden Arten von Informationseinheiten und Gruppen solcher Einheiten darstellen. Technisch muß sie kontrollieren, ob die geplanten Nutzungsformen der Vorschriften noch andere Gruppenbildungen oder weitere Atomisierungen erfordern. Dabei tauchen beispielsweise folgende Fragenkreise auf: Wie fein ist zu strukturieren? Dazu muß berücksichtigt werden, worauf man oberhalb des Einzelzeichens als kleinste Einheit Zugriff haben muß. Der Jurist als Kunde zitiert Vorschriften nicht nur nach Paragraphen oder Artikeln, sondern nach Absatz, Satz, Ziffer, etc. eventuell bis herunter zum Spiegelstrich. D.h. unter dem Stichwort "Feinstrukturen" sind diejenigen Punkte zu markieren, die man automatisiert wiederfinden will. Der Setzer als Lieferant berücksichtigt diese bei Papierausgaben ebenfalls und gestaltet für die Listenelemente verschiedene Einzüge. Also sprechen zwei gewichtige Punkte dafür, die Gliederung des Normtextes bis zur letzten Gliederungsebene inklusive Fußnoten abzubilden. Häufig treffen wir in Normtextsammlungen für Juristen auch noch auf kursiv gesetzte Wörter oder Perioden, die z.B. andeuten, daß eine Textstelle so nicht vorbehaltlos gilt, wie sie veröffentlicht ist. Auch dies muß als Substruktur beachtet werden, damit die durch die Formatierung transportierte Information nicht untergeht. Überdies wachsen die Ansprüche mit den Möglichkeiten: wenn man elektronische Textsammlungen vorhält, dann wird sofort gewünscht, daß Hyperlinks mit den notwendigen Binnenstrukturen enthalten sind. Und wenn man meint, alles berücksichtigt zu haben, dann ist eine Überschrift, die in der Textsammlung automatisch für den lebenden Kolumnentitel (Kopfzeile) ausgewertet werden soll, länger als eine Zeile. Dies bedeutet, daß sie in zwei Teile aufgespaltet werden muß, deren einer dann als Kolumnentitel tauglich zu sein hat. Welche "Päckchen" müssen gebildet werden? Oberhalb der Feinstruktur müssen "Päckchen" gebildet werden. D.h., Substrukturen, die automatisch extrahierbar sein sollen, müssen von Markierungen umhüllt werden. Diese enthalten in einfachen Fällen ein Gesetz, wenn die Textsammlung aus ganzen Gesetzen besteht, aber meist Einzelparagraphen, damit in Sammlungen paragraphenweise Auszüge aus Gesetzen gebildet werden können(14) und damit in einer elektronischen Publikation die bildschirmgerechte Textmenge beachtet wird. Wenn man meint, alles berücksichtigt zu haben, dann enthält die Sammlung eine Verwaltungsvorschrift in fortlaufender Prosa, die weder in Artikel noch in Paragraphen oder ähnlich gegliedert ist, und die schönen Vorüberlegungen als Textwurst ad absurdum führt. Zwar gibt es auch in Deutschland Regeln zur sogenannten "Rechtsförmlichkeit"(15), jedoch halten sich daran erfahrungsgemäß nur gesetzgebende Körperschaften und Bundesministerien strikt, andere Normgeber in Abhängigkeit von ihrer Tagesform. Wie sind die Elemente zu benennen? Die Nomenklatur hat einheitlich und einleuchtend zu sein, weil viele Menschen damit arbeiten müssen. Die gefundenen Strukturelemente müssen für sämtliche Sorten von Normtexten gleich benannt werden, und zwar möglichst verlagsübergreifend, damit nicht nur Autoren und Verlagsmitarbeiter, sondern auch Dienstleister im Setzerei- und im Electronic-Publishing-Gewerbe mit so eigenartigen Begriffen wie "Absatz, Satzzähler, Inkrafttreten" oder gar "Artikelgesetz" etwas anfangen können. Andernfalls wird die geplante Stromlinienform der Produktion allzu häufig dadurch unterbrochen, daß Erläuterungstabellen zur verwendeten Codierung erstellt und nachgebessert werden müssen. Die hierbei geforderte Vereinheitlichung geht bis zur juristischen Schmerzgrenze, wenn z.B. ein vom Normgeber gut gemeinter "Absatz" zur bloßen "neuen Zeile" verfälscht wird, um eine automatische Zählung echter "Absätze" zu retten. | Abs. 19 |
3.3.5.2 DTD-DESIGN |
Als Ergebnis der Analysearbeiten ist die DTD zu formulieren, der dann auch künftige Texte gehorchen werden. Man einige sich dabei mit sich selbst, seiner Hard- und Software und seinen technischen Partnern auf eine endliche Anzahl von Definitionen für Zeichen, Elemente, Eigenschaften von Elementen und Subelemente. Dann hinterlege man für alle Definitionen die notwendigen Funktionen in Editoren, Datenverwaltungs-, Satz- und Retrieval-Programmen. Sobald man der Ansicht ist, eine für die Beteiligten lesbare DTD erstellt zu haben, wird ein damit arbeitendes Satzsystem oder eine Verwaltungssoftware eine Änderung erfordern, die zwar die Arbeit vereinfacht oder erst ermöglicht, aber die DTD erheblich aufbläht und eine entsprechende Aufblähung der Stilvorlagen für die automatisierte Repräsentation nach sich zieht. An dieser Stelle ist auf das Erfordernis einer stets aktuellen Dokumentation zu den Strukturelementen und den daran anknüpfenden Programmfunktionen für elektronische Textsammlungen und Stilvorlagen für papiergebundene Präsentationsformen hinzuweisen. Ohne zusätzliche Hilfetexte kann nämlich auch SGML-codierter Text samt DTD durchaus kryptisch wirken. | Abs. 20 |
3.3.5.3 NEUTRALISIERUNG |
Der Datenbestand, aus welchem computergestützt publiziert werden soll, ist zu neutralisieren. Das bedeutet, er ist in einem Datenformat vorzuhalten, das künftige Wechsel der Software für die CD-Produktion, für den Satz oder für die Datenverwaltung übersteht, ohne erneut Konvertierungs- und Korrekturleseaufwand zu verursachen. Neutralisierung heißt demgemäß Neuerfassung oder Konvertierung in einem vielseitig nutzbaren, plattformunabhängigen Format. Es gibt schöne Standards, die heißen ASCII, ANSI, Unicode, XML, HTML, SGML, PDF, Word 2, 6, 7, 97, 2000, RTF, ganz zu schweigen von sogenannten standardisierten Satzdaten. Das Problem liegt auf der Hand, es gibt zu viele Standards, die z.T. zu grobmaschig sind und z.T. auch noch Entwicklungen unterliegen. Den am wenigsten riskanten Weg bietet das als plattformübergreifendes Datenaustauschformat konzipierte, herstellerunabhängige SGML, wobei darauf zu achten ist, daß möglichst auch XML-Konformität besteht. Der Nachteil von SGML gegenüber programmspezifisch formatierten Daten (z.B. Word), daß die strukturierten Daten in einem Anwendungsprogramm nicht von selbst "funktionieren", wird durch den geringen Aufwand, Funktionalität in beliebigen Programmen zu hinterlegen, wettgemacht. Das bedeutet ganz praktisch, daß die Strukturinformationen nicht als Metainformationen in den Dateien hinterlegt werden, sondern als "Klartext-Hinweisschilder" im Wege des Tagging (siehe Fußnote 12) in den Zeichenstrom hineingeschrieben werden. | Abs. 21 |
3.3.5.4 ZENTRALE KONSOLIDIERUNG |
Die ersten Früchte der Arbeit erntet man, wenn die Konsolidierung eines Gesetzes anläßlich einer Novelle nur noch einmal im Verlag stattfindet und nicht mehr in allen Werken, die das Gesetz oder Auszüge daraus enthalten. Ausgangspunkt der Konsolidierung sind die amtlichen Verkündungsblätter, auch wenn andere Quellen vielleicht besser elektronisch erschlossen sind. Zur Kontrolle der eigenen Tätigkeit empfiehlt sich eine Unterstützung durch eine Datenbank und die Zuweisung einer unveränderlichen Ordnungsziffer zu jeder Norm, da die Vorschriften ihre Namen und Kürzel im Lauf der Zeit ändern(16). Aber auch das Verkündungsblatt ist nicht immer verläßlich: Eine Änderungsanweisung nennt die zu ändernde Vorschrift und deren letzte Änderung mit Datum und Fundstelle, damit die Lückenlosigkeit der Änderungskette geprüft werden kann. Wenn nun mehrere Ministerien für dieselbe Verordnung zuständig sind und diese ungefähr zeitgleich ändern, dann kommt es vor, daß die zweite der Änderungen nicht mehr die letzte, sondern die vorletzte Änderung in Bezug nimmt, weil auch in Regierungskreisen die Linke nicht immer weiß, was die Rechte tut(17). Ein solches Problem kann computergestützt gemildert werden, weil z.B. über den elektronisch erfaßten Gesamtbestand eines Verkündungsblattes nach Vorschriftennamen gesucht werden kann. Das Problem, daß die Inkrafttretens- und Außerkrafttretens-Regelungen teilweise Zweifelsfragen aufwerfen, bleibt menschlicher Entscheidungsfindung überlassen(18). Das Problem, daß man versucht, besonders aktuell zu sein, und deshalb auf der Basis von Gesetzentwürfen eine Textversion setzen läßt, die man nach der letzten Ausschußberatung über das Gesetz wieder einstampfen lassen muß, kann der Computereinsatz mildern, weil eventuell nur eine Datei zu löschen ist und kein Film belichtet oder keine Platte geätzt worden ist. Wenn anläßlich der Konsolidierung Fußnoten in einen Vorschriftentext kommen, dann enthalten diese häufig Verweise auf andere Fundstellen in einem Verkündungsblatt. Solche Verweise werden im Hinblick auf elektronische Verwertungsformen gleich bei der Konsolidierung als Hyperlink-Startpunkte ausgezeichnet. Über eingearbeitete Änderungen ist in der o.g. zentralen Datenbank Buch zu führen, damit redundante Arbeiten wirklich vermieden werden. Während der Konsolidierung einer Vorschrift steht deren Text nicht für Produktionen zur Verfügung. Da aber dieser Vorgang schlechtestenfalls Stunden in Anspruch nimmt, ist dieser Preis einer gesichert einheitlichen Datenquelle hinzunehmen. | Abs. 22 |
3.3.6 Verwertung |
3.3.6.1 Zentrale neue Verwertungs-Chancen |
Die rechnergestützte Normtextredaktion bietet neue Chancen durch single-Source und just-in-time-Fertigung von Buch, Loseblattwerk, CD-ROM und Online-Angebot, wobei letzteres in Zukunft als Buchsurrogat mit einem Auswahlmenü für Informationen und Änderungsnachrichten auf den Bedarf von Einzelkunden zugeschnitten werden könnte. SGML-konforme Daten mit Kommentierung und Layoutdefinition können von mehreren programmierbaren High-End-Satzprogrammen automatisch auf Seiten gegossen werden. Das bedeutet, daß nach der Schlußredaktion der Texte in SGML keine zeitraubende Korrekturphase mehr notwendig ist. Bei der Erstellung von Loseblattwerken ist darauf zu achten, daß der Seitenumbruch mit Begleitinformationen wie Datum, Fortsetzungshinweis etc., im SGML-Datenstrom markiert wird, damit bei künftigen Änderungen im Text festgestellt werden kann, welche Blätter von der folgenden Ergänzungslieferung umfaßt sind. CD-ROM-Retrieval-Programme können oftmals auf der Basis einer DTD erstellte Dateien unverändert auslesen und am Bildschirm kundengerecht darstellen. Mit einer simplen "down-translation" können SGML-Texte in HTML oder XML mit CSS(19)browsergerecht für online-Angebote aufbereitet werden, so daß die Originaldaten automatisiert und damit extrem zeitnah in eine Internet-Anwendung integriert werden können. Updates von offline- oder online-Anwendungen bei gleichbleibender Textstruktur, also bei unveränderter DTD, sind sehr kostengünstig zu erstellen. Auf diese Weise kann der Nachteil durch die in-house-Konkurrenz von papiergebundener und elektronischer Normtextsammlung immerhin dadurch abgemildert werden, daß nicht jedes der Produkte eine eigene Redaktion bis zur letzten Phase erfordert, sondern daß die juristische Kopfarbeit inklusive Korrektur nur einmal pro Sinnabschnitt geleistet und bezahlt wird. Insgesamt führt die zeitlich von Einzelproduktionen abgekoppelte Zentralisierung der Vorschriften-Redaktion an einem neutralen Textebestand zu jederzeit verfügbaren, konsolidierten Texten, zu einem homogenen Archiv historischer Zustände der Normen, zur Möglichkeit einer Volltextsuche über den Gesamtbestand oder über Substrukturen davon, und sie vereinfacht den ständigen Abgleich mit leges superiores und posteriores. | Abs. 23 |
3.3.6.2 Stolpersteine bei der Verwertung |
Die Verwertung von SGML-Daten in Papier stößt
manchmal auf das Problem, daß Setzereien nicht nach der tatsächlich
anfallenden Arbeit, sondern trotz Automatisierung des Satzes gemäß
DTD und Kommentierung lediglich nach gesetzten Seiten kalkulieren, so daß
der Verlag sich fragt, wozu er eigentlich den Aufwand der Vereinheitlichung mit
SGML treibt. "Interessante" Verwertungsergebnisse erzielt man, wenn
Zeichensätze in Anwendungs- oder Programmierumgebungen nicht vollständig
oder eindeutig hinterlegt sind. Z.B. kann das Prozentzeichen in SGML bei der
Verwendung des erweiterten Zeichensatzes über die Tastatur oberhalb der 5
abgerufen werden, es hört aber auch in ISO-normierten Alphabeten auf die
Namen &pcnt; und % . Da es genügt, eine der drei Codierungen
mit dem Prozentzeichen für Satz oder Bildschirmdarstellung zu hinterlegen,
wird dies auch gemacht. Allerdings hindert dies keinen Texte-Lieferanten daran,
eine der beiden anderen Varianten zu nutzen und damit eine Leerstelle oder gar
eine gedruckte Fehlermeldung im dargestellten Text zu provozieren. Eine weitere
Fehlerquelle liegt in der SGML-typischen Nutzung der Möglichkeit,
wiederkehrenden gleichförmigen Text als "generated text"
kontextsensitiv von der SGML-Anwendung erzeugen zu lassen: Angenommen die
Setzerei läßt an jedem Paragraphenanfang ausgelöst durch das
Start-Tag "PARAGRAPH" ein §-Zeichen erscheinen, dann hat die
Erfassungskraft nicht das Risiko, sich dabei zu vertippen und z.B. ohne
Umschalttaste eine 3 zu schreiben. Diese Erleichterung für den Print-Output
rächt sich aber, wenn online dann Paragraphen ohne §-Zeichen
auftauchen, weil dem Programmierer der korrespondierenden Web-Anwendung die
Dokumentationszeile über generierten Text im Element "Paragraph"
entgangen ist. Noch interessanter und fehleranfälliger ist die Portierung
einer automatisierten Aufzählung innerhalb einer "numbered list"
von einer SGML-Anwendung zur anderen. Die Empfehlungen für Nachahmer
lauten eindeutig: Multiplizieren Sie alle Schätzungen des zeitlichen
Initialaufwandes mit Faktor 2,5. Nutzen Sie Winword nur als Arbeitsumgebung,
nicht als Speicher- oder Übergabeformat, lehren Sie Ihren Lieferanten Ihre
DTDs und vermeiden Sie generierten Text.
| JurPC Web-Dok. 66/2001, Abs. 24 |
Fußnoten:(1)Denn nach der Rechtsprechung muß der Anwalt mandatsbezogen umfassende Gesetzeskenntnis haben (BGH FamRZ 72, 36; BGH LwZR 10/92; BVerwG DVBl. 70, 279 (280); Soergel-Manfred Wolf, § 276, Rn 175; Nilgens, jurpc 1993 Heft 9 = http://www.makrolog.de/jurpc_Faksimile.nsf/faksimiles/DDCA6493E47941AAC12567E500304594/$File/1993_09_61600.cpc- m.w.Nw. ).(2) Vgl. für Deutschland § 5 UrhG, der u.a. bestimmt, daß Gesetze, Verordnungen, amtliche Erlasse und Bekanntmachungen keinen urheberrechtlichen Schutz genießen. (3) Z.B. geben Landeszentralen für politische Bildung Normtexte heraus, die staatsbürgerliche Rechte und Pflichten definieren. (4)http://is55.lds.nrw.de:8080/lmi/owa/acm_anmeldung (5) z.B. für Kommunalrecht zur Information von neu gewählten Gemeinderäten (6) § 6 TVG (7) z.B. BGH NJW-RR 1991, 1445; BGHZ 103, 338; Richtlinien des Bundesverkehrsministers für den Verkehrslärmschutz an Bundesstraßen in der Baulast des Bundes (RLS 83) (8) BVerfGE 14, 250; 18, 291 (9) Mönkemeyer, jurpc 1993, Heft 7 = http://www.makrolog.de/jurpc_Faksimile.nsf/faksimiles/DB5701E7FE5672C0C12567E50030330F/$File/1993_07_58600.cpc (10) Standard Generalised Markup Language, ISO 8879:1986 (11) Dokument Type Declaration. Diese Beschreibung benennt alle Elemente, die Substrukturen einer Klasse von Texten darstellen. Sie wird erstellt, indem die zu bearbeitende Textsorte einer eingehenden Strukturanalyse unterworfen wird. Die Formulierung der Namen ist frei, die Formulierung der Stukturbeziehungen ist in einer Grammatik festgeschrieben. Eine DTD ermöglicht SGML-konformen Computerprogrammen, unter Rekurs auf die einmal hinterlegte Strukturbeschreibung gleich strukturierte Dokumente sinnvoll darzustellen oder Teile daraus zu exzerpieren. Sie ist aber auch für menschliche Lektüre geeignet. Rechtstexte sind formale Texte und daher einer formalen Strukturbeschreibung - ebenso wie technische Texte - besonders gut zugänglich. (12) Dazu werden die Namen der Elemente aus der DTD, vom eigentlichen Text z.B. durch das Einhüllen in spitze Klammern geschieden, als Start- und Endemarkierungen in den eigentlichen Text eingefügt. Diesen Vorgang nennt man "Tagging". Der Text selbst wird dadurch nur sichtbar und maschinenlesbar gegliedert, während sein Inhalt unverändert bleibt. Der Eingriff in den Textbestand ist entgegen dem ersten Anschein nicht schwerwiegender als ein Fettdruck, eine Zeilenschaltung oder eine Sperrung im Textverarbeitungsprogramm und jederzeit auf Knopfdruck zu verbergen. (13) Auch XML ist SGML, vergleiche http://www.ucc.ie/xml/#FAQ-ACRO (14) Bsp.: Einschlägige Einzelparagraphen werden als Anhänge oder Fußnoten zu Publikationen über Spezialthemen benötigt. (15) Z.B. enthält das Handbuch der Rechtsförmlichkeit, hrsg. vom Bundesministerium der Justiz, 2. Auflage 1999, Az.: 1020/3-8-2, oft mißachtete Vorgaben zur Gliederung in Rn 409 - 419. Es existieren auf europäischer Ebene "Gemeinsame Leitlinien für die redaktionelle Qualität der gemeinschaftlichen Vorschriften (ABl. EG 1999 Nr. C 73 S. 1); In Bayern gibt es die - mehrfach verbesserten - Redaktionsrichtlinien der Staatsregierung und der Staatsministerien vom 26.6.1984, für Sachsen beschreibt die "VwV Normerlass" vom 25.5.1999, Amtsblatt S. 478 ff., sehr genau die korrekte Gestaltung von Rechtsnormen und verbietet (S. 481 a.E.) z.B. die Verwendung von Spiegelstrichen und Punktmarkierungen als Gliederungseinheiten. (16) Abfall wird zu Kreislaufwirtschaft, Polizei wird zur Sicherheitsbehörde, Führerschein zur Fahrerlaubnis etc. (17) Beispiel im Gesetzblatt für Baden-Württemberg zur Gebührenverordnung: Die durch das Finanzministerium erarbeitete Änderungsverordnung GBl. 1995, 417 nennt im Einleitungssatz als letzte Änderung "1994 (GBl. S. 622)" und überspringt dabei die tiefgreifenden Änderungen durch das Landwirtschaftsministerium in GBl. 1995, 351 ff. (18) Thomsen, DÖV 1995, 989 ff., konnte nachweisen, daß ein explizit genanntes Inkrafttretensdatum eigentlich als ein anderes Datum zu lesen war. (19) "Extensible Markup Language" mit "Cascading Stylesheets"; dazu ausführlich: Culshaw, Leventhal und Maloney unter http://www.xml.com/pub/a/w3j/s3.leventhal.html |
* Dr. iur. Alexander Konzelmann ist Lektor für elektronische Medien beim Richard Boorberg Verlag Stuttgart. |
[online seit: 19.03.2001] |
Zitiervorschlag: Autor, Titel, JurPC Web-Dok., Abs. |
Zitiervorschlag: Konzelmann, Alexander, Rechnergestützte Edition von Normtexten - JurPC-Web-Dok. 0066/2001 |