OLG Köln
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UWG § 2 Abs. 1 Nr. 3, Nr. 6 |
Leitsatz |
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G r ü n d e : |
I. |
Die Antragstellerin war bis Mitte November 2010 Vertriebsmitarbeiterin der LG Vertriebs GmbH, die u.a. Kaffee- und Kosmetikprodukte über den Vertriebskanal des Network Marketing vertreibt. Sie ist außerdem Gesellschafterin der LG Holding GmbH, der alleinigen Gesellschafterin der LG Vertriebs GmbH. Ihren Gesellschaftsanteil verkaufte sie an ihren Ehemann und trat ihn an diesen ab. Zur Wirksamkeit dieses Geschäfts ist die Zustimmung aller Mitgesellschafter erforderlich, zu deren Erteilung diese nach § 9 des Gesellschaftsvertrags verpflichtet sind. Ob die Zustimmung erteilt worden ist, ergibt sich aus den von der Antragstellerin eingereichten Unterlagen nicht. Die Antragstellerin ist Gesellschafterin der TR GmbH. Diese beabsichtigte (was inzwischen auch geschehen ist), ebenfalls Kaffee- und Kosmetikprodukte über den Vertriebskanal des Network Marketing zu vertreiben. | JurPC Web-Dok. 83/2011, Abs. 1 |
Der Antragsgegner ist Geschäftsführer und Gesellschafter der JGZ GmbH, die Gesellschafterin der LG Holding GmbH ist. Er meint, die Antragstellerin unterliege einem Wettbewerbsverbot, und erwirkte gegen die Antragstellerin am 23.12.2010 beim Landgericht Bonn - ohne Anhörung der Antragstellerin - eine einstweilige Verfügung, durch die der Antragstellerin untersagt wurde, für die TR GmbH tätig zu werden. Über diese Entscheidung unterrichtete der Antragsgegner die Führungskräfte der LG-Gruppe mit der im Tenor wiedergegebenen E-Mail vom 30.12.2010. Die Vollstreckung aus der einstweiligen Verfügung stellte das Landgericht Bonn durch Beschluss vom gleichen Tage ein. | Abs. 2 |
Den Antrag der Antragstellerin, dem Antragsgegner zu untersagen, über das einstweilige Verfügungsverfahren wie in der im Tenor wiedergegebenen E-Mail zu berichten, hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit ihrer sofortigen Beschwerde verfolgt die Antragstellerin diesen Antrag weiter. | Abs. 3 |
II. |
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat Erfolg; sie führt zum antragsgemäßen Erlass der einstweiligen Verfügung. Hinsichtlich des Verfügungsgrundes bestehen keine Bedenken. Entgegen der Auffassung des Landgerichts steht der Antragstellerin ein Verfügungsanspruch aus § 8 Abs. 1, 3 Nr. 1, §§ 3, 4 Nr. 7 und 8 UWG zu. | Abs. 4 |
1. Die Antragstellerin ist zur Geltendmachung wettbewerblicher Ansprüche aktivlegitimiert. Zutreffend geht das Landgericht zwar davon aus, dass Gesellschafter und Geschäftsführer einer Handelsgesellschaft grundsätzlich nicht Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 6 UWG und daher nicht als Mitbewerber (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG) gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG zur Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche legitimiert sind (vgl. Teplitzky, WAV, 9. Aufl., Kap. 13 Rdn. 8). Diese Grundsätze können hier jedoch nicht uneingeschränkt Anwendung finden. Denn die angegriffene Mitteilung richtet sich nicht nur gegen einen Marktzutritt durch die TR GmbH, sondern gegen jeden Versuch der Antragstellerin persönlich, "ein Konkurrenzunternehmen zu LG" (wie es in der angegriffenen E-Mail heißt) zu betreiben. Die Antragstellerin ist daher von der E-Mail nicht nur (mittelbar) als Gesellschafterin und Geschäftsführerin der TR GmbH betroffen, sondern in ihrem Bestreben, ein mit der LG-Gruppe konkurrierendes Unternehmen aufzubauen. Sie ist daher einem Existenzgründer zu vergleichen. Dieser ist aber hinsichtlich wettbewerbsrechtlicher Ansprüche aktivlegitimiert, ohne dass es darauf ankäme, ob er auch als Unternehmer im Sinne des § 14 BGB anzusehen ist. Denn der Schutz durch das Wettbewerbsrecht wäre unvollständig, wenn er nicht auch bereits das Entstehen von Wettbewerb erfasste (ebenso Fezer in: Fezer, UWG, 2. Aufl., § 2 Rdn. 33). | Abs. 5 |
2. Der Antragsgegner ist als Urheber der E-Mail und Geschäftsführer des Konkurrenzunternehmens passivlegitimiert (Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., § 8 Rdn. 2.20). | Abs. 6 |
3. Die angegriffene E-Mail ist gemäß § 4 Nr. 8 UWG unlauter. Sie enthält die Behauptung, es sei durch die einstweilige Verfügung festgestellt, dass das Unternehmen TR GmbH keine Grundlage besitze; daher sei es der Antragstellerin untersagt worden, ein Konkurrenzunternehmen zu LG zu betreiben. Dies ist unwahr. Denn die E-Mail täuscht vor, es handele sich um eine endgültige Entscheidung über das Bestehen eines Wettbewerbsverbots ("Jedes Engagement in diesem Unternehmen ist von vorne herein vergeblich."); dies ist aber, insbesondere weil die Antragstellerin vor Erlass der einstweiligen Verfügung nicht gehört worden ist, unzutreffend. Diese Behauptung ist auch geeignet, das Unternehmen der Antragstellerin zu schädigen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob tatsächlich ein Wettbewerbsverbot besteht. Denn jedenfalls ist dies (nach gegenwärtigem Kenntnisstand) zumindest äußerst fraglich. Daher durfte der Antragsgegner der gerichtlichen Klärung dieser Frage nicht - wie geschehen - vorgreifen. Zugleich wird die Tätigkeit der Antragstellerin durch die E-Mail herabgesetzt und verunglimpft (§ 4 Nr. 7 UWG), weil sie als offensichtlich rechtswidrig dargestellt wird, wovon nach dem Vorgesagten keine Rede sein kann. | Abs. 7 |
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
| JurPC Web-Dok. 83/2011, Abs. 8 |
Anmerkung der Redaktion: Die Entscheidung wurde mitgeteilt von den Mitgliedern des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln. |
[ online seit: 17.05.2011 ] |
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen,
JurPC Web-Dok., Abs. |
Zitiervorschlag: Köln, OLG, Zur ausnahmsweise bestehenden Unternehmer- bzw. Mitbewerbereigenschaft des Gesellschafters und Geschäftsführers einer Handelsgesellschaft - JurPC-Web-Dok. 0083/2011 |