JurPC Web-Dok. 70/2008 - DOI 10.7328/jurpcb/200823472
| VG Wiesbaden Urteil vom 07.12.2007
(Presseinformation zum
Urteil)6 E 928/07Speicherung personenbezogener Daten in der "Hessischen Zirkusdatei"
JurPC Web-Dok. 70/2008, Abs. 1 - 90
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| Art. 2 Abs. 1, Art, 1 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art 19 Abs. 3, Art. 84 Abs. 1 GG § 3 Abs. 6, § 3 Abs. 6a BDSG, § 2 Abs. 1, § 2 Abs. 3, § 3 Abs. 1, § 11 Abs. 1,
§ 14, § 15, § 19 Abs. 4 HDSG § 11, § 16 Abs. 1 und 6 TierSchG Art. 4 § 1 (Staatliche Ämter für Lebensmittelüberwachung, Tierschutz und
Veterinärwesen) des Gesetzes zur Eingliederung von Sonderverwaltungen
(Eingliederungsgesetz) Art. 1 und Art. 2 des Gesetzes zur Kommunalisierung des Landrats sowie des
Oberbürgermeisters als Behörden der Landesverwaltung (Kommunalisierungsgesetz), Gesetz über die Ermächtigung zur Bestimmung der Zuständigkeit nach dem
Tierschutzgesetz, Verordnung über Zuständigkeiten nach dem Tierschutzgesetz
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| - Personenbezogene Daten sind auch Daten, welche aus einer wirtschaftlichen
Betätigung hervorgehen. Wirtschaftsdaten einer juristischen Person sind
personenbezogene Daten einer natürlichen Person, wenn diese einer Person als
Alleinaktionär oder Gesellschafter zuzurechnen sind.
- Juristische Personen des Privatrechtes in der Form der GmbH bzw. GmbH & Co
Betriebs KG können sich auf das Recht der informationellen Selbstbestimmung
nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 sowie Art. 19
Abs. 3 GG insoweit berufen, als ihren Trägern Schutz gegen unbegrenzte
Erhebung, Speicherung, Verwendung oder Weitergabe der betreffenden
individualisierte oder individualisierbarer Daten zusteht. Insoweit sind die
Ausführungen des Hessischen Datenschutzgesetzes auf juristische Personen
entsprechend anzuwenden.
- Jede Maßnahme, die mit einem Grundrechtseingriff verbunden ist, bedarf einer
Ermächtigungsgrundlage, aus der sich in einer dem rechtsstaatlichen Gebot der
Normenklarheit entsprechenden Weise die Eingriffsvoraussetzungen und der Umfang
der erlaubten Eingriffe ergeben. Hierzu zählt auch die klare Bestimmung der
zuständigen Behörde, die zu dem Eingriff ermächtigt ist.
- Eine landes- oder bundesgesetzliche Regelung, welche legal definitorisch den
Tierschutz dem Veterinärwesen zuordnet, gibt es nicht. In Hessen lässt es die
Bestimmung der zuständigen Behörde nach § 16 Abs. 1 TierSchG an der notwenigen
Normenklarheit mangeln.
- Es bedürfte einer entsprechenden Zuständigkeitszuweisung in der Verordnung über
Zuständigkeiten nach dem Tierschutzgesetz an das Hessische Ministerium für
Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz bzw. die
Landestierschutzbeauftragte, damit die Hessische Zirkusdatei dort geführt
werden kann; eine solche fehlt jedoch.
- Die Folge der Löschung ist immer gegeben, wenn die Speicherung der
personenbezogenen Daten von Anfang an unzulässig war, d. h. keine
Erforderlichkeit nach § 11 HDSG bestand.
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| Die Kläger begehren die Verpflichtung der Beklagten, sämtliche Daten über sie
in der "Hessischen Zirkusdatei" zu löschen.
| JurPC Web-Dok. 70/2008, Abs. 1 |
| Die Klägerin zu 1., eine GmbH, ist im alleinigen Eigentum von Herrn A., welcher
gleichzeitig Geschäftsführer und Halter von Zirkustieren ist.
| Abs. 2 |
| Die Klägerin zu 2., eine GmbH & Co. Betriebs KG, welche im Eigentum von
Frau B. ist. Frau B. ist zugleich Halterin von Zirkustieren.
| Abs. 3 |
| Die Klägerin zu 3. ist ebenfalls eine GmbH & Co. Betriebs KG. Sie ist u. a.
im Eigentum von Frau C. und Herrn D. als Kommanditisten. Diese sind ebenfalls
Halter von Zirkustieren.
| Abs. 4 |
| Die Kläger zu 4. bis 6. sind jeweils Eigentümer eines Zirkusbetriebes und
zugleich Halter von Zirkustieren.
| Abs. 5 |
| Bereits im Jahre 1998 bestanden Überlegungen in Hessen unter dem Begriff
"Hessische Zirkusdatei" eine speziell auf die Bedürfnisse des
tierschutzrechtlichen Vollzuges zugeschnittene zentrale computergestützte
Informationsdatei über einzelne wandernde Zirkusse und - aufgrund der
vergleichbaren Verhältnisse - wandernden Tierschauen einzuführen. Dabei bestand
die Überlegung, die Hessische Zirkusdatei im für Tierschutz zuständigen
Ministerium - damals Hessisches Ministerium für Frauen, Arbeit und
Sozialordnung (Sozialministerium) -, vorzugsweise bei der Landesbeauftragten
für den Tierschutz zu führen. Gespeichert werden sollten ausschließlich
Informationen, die für den tierschutzrechtlichen Vollzug vor Ort von Bedeutung
sind, wobei allerdings datenschutzrechtliche Grenzen zu beachten seien. Es
sollten vor allem keine personenbezogenen Daten über den Inhaber oder die
Inhaberin der Genehmigung nach § 11 TierSchG aufgenommen werden, da für die
Speicherung, Verarbeitung und Weitergabe personenbezogener Daten nach
Auffassung des Hessischen Datenschutzbeauftragten eine Rechtsverordnung nach §
16 Abs. 6 TierSchG notwendig wäre. Infolge dessen sollte sich die Hessische
Tierschutzdatei auf betriebsbezogene Informationen beschränken. Die Datei soll
ausschließlich Daten enthalten, die von den für Tierschutz zuständigen Behörden
im Rahmen ihrer ohnehin zu erfüllenden Überwachungsaufgaben erhoben und an die
Datei weitergegeben würden. Informationen aus der Datei sollen ausschließlich
an die für Tierschutz zuständigen Behörden weitergegeben werden.
| Abs. 6 |
| Der Hessische Datenschutzbeauftragte hatte bereits am 20.04.1998
datenschutzrechtliche Bedenken erhoben. Dies insbesondere, als ursprünglich
Daten wie Name des Zirkusinhabers oder der Tierhalter sowie Sachverständige
gespeichert werden sollten. Darüber hinaus wurde darauf hingewiesen, dass eine
Rechtsgrundlage für die Führung einer solchen Datei nicht zu erkennen sei.
| Abs. 7 |
| Im Rahmen weiterer Überlegungen wurde auch darauf hingewiesen, dass ein
Landesgesetz zu den Aufgaben und Kompetenzen der Landestierschutzbeauftragten
hilfreich sei.
| Abs. 8 |
| Mit Erlass des damals zuständigen Hessischen Sozialministeriums vom 28.03.2001
wurde die Hessische Zirkusdatei eingeführt. Dabei sollte auf personenbezogene
Daten verzichtet werden. Insoweit wurden die staatlichen Ämter für
Lebensmittelüberwachung, Tierschutz und Veterinärwesen gebeten, der
Landestierschutzbeauftragten alle im eigenen Zuständigkeitsbereich erteilten
bzw. widerrufenen Erlaubnisse nach § 11 TierSchG ohne personenbezogene Daten
zuzusenden. Gleiches gelte für Verwaltungsverfügung, Bußgeldbescheide und
Strafanzeigen. Die Datenübermittlung könne direkt an die
Landestierschutzbeauftragte erfolgen.
| Abs. 9 |
| Nach den Erläuterungen, soll die Hessische Zirkusdatei dabei ausschließlich
Informationen über die Zirkusbetriebe enthalten, wobei Personennamen oder
Adressen nicht gespeichert würden. Gespeichert würden
| Abs. 10 |
| - | Grundangaben zur Identifizierung des jeweiligen Zirkusbetriebes, fortlaufend
Nennung der Absender der einzelnen Rückmeldung sowie Hinweise auf andere
Aufenthaltsorte des Zirkusbetriebs,
| Abs. 11 |
| - | Angaben zur Erlaubnis nach § 11 TierSchG sowie Feststellungen zum Tierbestand,
der Unterbringung und der Umsetzung eventueller Auflagen, die aus der
Überprüfung des Betriebes vor Ort zurückgemeldet werden,
| Abs. 12 |
| - | Angaben zu tierschutzrechtlichen Verwaltungsmaßnahmen, die den jeweiligen
Betrieb betreffen sowie Feststellungen zur Umsetzung, die aus den Überprüfungen
des Betriebes vor Ort zurückgemeldet werden,
| Abs. 13 |
| - | Angaben über weitergehende tierschutzrelevante Feststellungen betreffend
Haltung, Zustand der Tiere oder Dokumentationspflicht, die über die bereits
erfassten Angaben hinausgehen,
| Abs. 14 |
| - | Angaben über tierschutzrechtliche Verfahren der letzten 5 Jahre
| Abs. 15 |
| (insoweit wird vollinhaltlich auf Bl. 188 bis 177 der vorgelegten Behördenakte
Bezug genommen).
| Abs. 16 |
| Im Oktober 2005 wurde das Formblatt für die Zirkusdatei fortgeschrieben.
Bezüglich dieser Angaben wird vollinhaltlich auf Bl. 264 bis 258 der
vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.
| Abs. 17 |
| Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 20.02.2007 meldeten sich die Kläger
bei dem nunmehr zuständigen Hessischen Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum
und Verbraucherschutz und begehrten die Einstellung der Hessischen Zirkusdatei
unter Abgabe einer Verpflichtungserklärung, die Speicherung von Informationen
über die Einzelzirkusbetriebe zukünftig zu unterlassen. Dabei wurde ausgeführt,
dass das Land Hessen zur Führung eines solchen Verzeichnisses nicht befugt sei,
da hierfür eine gesetzliche Regelung erforderlich wäre, diese jedoch nicht
gegeben sei. Insoweit wurde die Beklagtenseite aufgefordert, bis zum 15.03.2007
mitzuteilen, dass das Hessische Zirkusregister nicht weiter geführt werde und
alle darin in Bezug auf die Betriebe der Kläger gespeicherten Daten gelöscht
seien. Andernfalls sehe man sich gezwungen, rechtliche Schritte einzuleiten.
| Abs. 18 |
| Mit Erlass vom 09.03.2007 teilte das Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum
und Verbraucherschutz dem Bevollmächtigten der Kläger mit, dass die Datei unter
weitestgehender Vermeidung der Erhebung personenbezogener Daten eingerichtet
sei und den hessischen Überwachungsbehörden als eine Art Nachweis für den
Umfang und die spezifischen Kriterien der jeweiligen Betriebserlaubnis und zur
Dokumentation und Nachverfolgung der aufgrund von Betriebsprüfungen erfolgten
Mängel diene. Rechtsgrundlage für die Datenerhebung sei § 16 Abs. 6 TierSchG.
Auch sei ein Recht zur Datenerhebung nach dem Hessischen Datenschutzgesetz
gegeben. Dies beziehe sich auch auf die Weitergabe der Daten. Im Rahmen der
Überwachung der Zirkusbetriebe sei es für die zuständigen Behörden wichtig,
schnell an Informationen heranzukommen, um vor dem Weiterziehen des Betriebes
überhaupt handeln zuwegen VG können. Die Erfahrungen der Vergangenheit hätten
gezeigt, dass es für die Behörden notwendig sei, schnell handeln und reagieren
zu können, um dem Schutzzweck des Tierschutzgesetzes Genüge zu tun. Insoweit
sei ein schneller Datenaustausch erforderlich. Sobald ein zentrales
Zirkusregister nach dem Tierschutzgesetz eingerichtet sei, würden sämtliche
Daten zu den Zirkusbetrieben unverzüglich gelöscht.
| Abs. 19 |
| Mit Schreiben vom 01.06.2007 begehrten die Bevollmächtigten der Kläger sodann
Auskunft über die Daten, welche in der Hessischen Zirkusdatei gespeichert sind.
| Abs. 20 |
| Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 02.08.2007, eingegangen beim
Verwaltungsgericht Wiesbaden am 03.08.2007, haben die Kläger Klage erhoben.
Soweit sie zunächst Auskunft über die zu ihrer Person gespeicherten Daten in
der Hessischen Zirkusdatei begehrten, hat sich dieses Begehren durch
Auskunftserteilung im Laufe des gerichtlichen Verfahrens erledigt. Insoweit
wurde das Verfahren abgetrennt und unter dem Az. 6 E 1201/07 eingestellt.
| Abs. 21 |
| Zur Begründung ihres Begehrens auf Löschung der Daten in der Hessischen
Zirkusdatei machen die Kläger geltend, dass sie einen Anspruch auf Löschung der
in der Hessischen Zirkusdatei über sie bzw. ihr Unternehmen gespeicherten Daten
hätten, weil es einer gesetzlichen Grundlage für die Speicherung fehle.
Insoweit seien die Daten nach § 19 Abs. 4 HDSG zu löschen, wenn ihre
Verarbeitung unzulässig ist.
| Abs. 22 |
| Wie sich aus der Beschreibung der Zirkusdatei ergebe, würden von den jeweils
zuständigen Behörden die erhobenen Daten zunächst in einer zentralen Datei
gespeichert. Die dort enthaltenen Angaben würden dann an andere mit
tierschutzrechtlichen Vorschriften befassten Behörden - einschließlich
Ordnungs- und Naturschutzbehörden - weitergeleitet. Auch Behörden anderer
Bundesländer könnten diese Daten abfragen. Hier fehle es an einer gesetzlichen
Grundlage. Vorliegend würden die Daten nicht lediglich von der
Genehmigungsbehörde gespeichert, sondern zentral in einer eigens zu diesem
Zweck eingerichteten Datei. Hierfür bestehe keine Rechtsgrundlage.
| Abs. 23 |
| Die Kläger zu 1. bis 3. hätten auch als Zirkusunternehmen in der Rechtsform
einer juristischen Person ohne unmittelbaren Personenbezug gespeicherter Daten
einen Anspruch auf Löschung. Auch für sie gelte das Recht auf informationelle
Selbstbestimmung, welches sich für Unternehmen jedenfalls aus Art. 14 i. V. m.
Art. 19 Abs. 3 GG ergebe. Die auf die Betriebe erhobenen bezogenen
Informationen seien mangels Eingriffsbefugnis rechtswidrig.
| Abs. 24 |
| | das beklagte Land zu verpflichten, sämtliche personenbezogenen Daten der Kläger
bzw. die betriebsbezogenen Daten der Kläger aus der Hessischen Zirkusdatei zu
löschen.
| |
| Das beklagte Land beantragt,
| Abs. 26 |
| Das beklagte Land ist der Auffassung, dass zum Vollzug des Tierschutzgesetzes
und damit auch der Überprüfung der Erlaubnisse nach § 11 TierSchG die in der
Zirkusdatei gespeicherten Informationen von Bedeutung seien. Die in der
Hessischen Tierschutzdatei gesammelten Informationen würden aus freiwilligen
Meldungen der Veterinärbehörden stammen und keinen Anspruch auf Vollständigkeit
erheben. Die enthaltenen Angaben seien zur ordnungsgemäßen Überwachung der
Zirkusbetriebe zwingend erforderlich. Die Datei sei unter weitestgehender
Vermeidung der Erhebung personenbezogener Daten errichtet worden. Sie diene den
Hessischen Überwachungsbehörden als eine Art Nachweisdatei für den Umfang und
die spezifischen Kriterien der jeweiligen Betriebserlaubnisse und zur
Dokumentation und Nachverfolgung der aufgrund der Betriebsprüfung vorgefundenen
Mängel. Diese Daten befänden sich auch in den jeweiligen Behördenakten und
müssten von dem jeweiligen Betreiber im sogenannten Tierbestandsbuch
vorgehalten werden.
| Abs. 27 |
| Die Erhebung der Daten ergebe sich aus § 16 Abs. 6 TierSchG. Hiernach sei es
den Behörden ausdrücklich erlaubt, personenbezogene Daten zur Erfüllung ihrer
tierschutzrechtlichen Aufgaben zu erheben. Zum anderen ergebe sich dieses Recht
zur Datenerhebung auch unmittelbar aus dem Hessischen Datenschutzgesetz. Auch
die Weitergabe der zulässigerweise erhobenen personenbezogenen Daten an andere
Überwachungsbehörden sei zumindest im Geltungsbereich des Hessischen
Datenschutzgesetzes uneingeschränkt rechtlich möglich. Entscheidend sei die
Erforderlichkeit.
| Abs. 28 |
| Der Tierschutz sei Teil des Veterinärwesens, weshalb die kommunalen Landräte
bzw. Oberbürgermeister aufgrund von Art. 1 und 2 des Kommunalisierungsgesetzes
vom 21.03.2005 für das Veterinärwesen zuständig seien.
| Abs. 29 |
| Am 09.10.2007 wurde ein Erörterungstermin durchgeführt. In diesem Termin
schlossen die Beteiligten folgenden Vergleich:
| Abs. 30 |
| 1. | Das beklagte Land sperrt entsprechend § 19 Abs. 2 HDSG sämtliche derzeit
vorhandene Daten in der internen Liste und der sogenannten Zirkusdatei. Eine
Datenübermittlung daraus erfolgt nicht mehr. Die Veterinärbehörden werden
darauf hingewiesen, dass die Daten gesperrt sind und auch eine weitere
Zulieferung derzeit nicht möglich ist.
| Abs. 31 |
| 2. | Das beklagte Land verpflichtet sich, binnen vier Monaten ein gemeinsames
Verfahren nach § 15 HDSG zu entwickeln, ein entsprechendes
Verfahrensverzeichnis zu erstellen und unter Beteiligung der örtlichen
Datenschutzbeauftragten und - wie im Gesetz vorgesehen - dem Hessischen
Datenschutzbeauftragten ein "ordnungsgemäßes" Verfahren zu erstellen, welches
insbesondere auch die in der Erörterung angesprochenen Knackpunkte löst.
| Abs. 32 |
| | Für den Fall, dass binnen vier Monaten kein entsprechendes gemeinsames
Verfahren nach § 15 HDSG vorliegt, werden sämtliche in der internen Datei und
der Zirkusdatei vorhandenen Daten gelöscht.
| Abs. 33 |
| 3. | Im Falle einer ordnungsgemäßen Errichtung eines gemeinsamen Verfahrens nach §
15 HDSG, erhalten alle in den Verfahren gespeicherten Zirkusse einen Ausdruck,
der über sie gespeicherten Daten, mit der Bitte und dem Hinweis um Überprüfung.
| Abs. 34 |
| 4. | Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagtenseite zu tragen; einschließlich der
außergerichtlichen Kosten der Kläger.
| Abs. 35 |
| 5. | Der Beklagtenseite bleibt nachgelassen, den Vergleich binnen 10 Tagen
schriftlich zu den Gerichtsakten zu widerrufen.
| Abs. 36 |
| Ferner erklärten sich die Beteiligten im Falle eines Vergleichswiderrufes
übereinstimmend mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren durch den
Berichterstatter einverstanden.
| Abs. 37 |
| Das beklagte Land widerrief den Vergleich fristgemäß.
| Abs. 38 |
| Die Klage bezüglich des ursprünglichen Auskunftsbegehrens wurde mit Schriftsatz
der Klägervertreter vom 18.09.2007 für erledigt erklärt. Das Verfahren wurde
insoweit abgetrennt und unter dem Az. 6 E 1201/07 fortgeführt und eingestellt.
| Abs. 39 |
| Bezüglich der ursprünglichen Kläger zu 2, 3, 5, 7 und 8 wurde mit weiterem
Schriftsatz der Klägervertreter vom 30.10.2007 die Hauptsache hinsichtlich des
Löschungsbegehrens, dem ursprünglichen Klageantrag zu 2., für erledigt erklärt.
Das Verfahren wurde mit Beschluss vom 30.10.2007 abgetrennt und unter dem Az. 6
E 1206/07 fortgeführt und entschieden.
| Abs. 40 |
| Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, die
vorgelegte Behördenakte (1 Aktenordner) sowie die Gerichtsakten 6 E 1201/07, 6
E 1206/07 und 6 E 1375/07 Bezug genommen, welche sämtlich zum Gegenstand der
mündlichen Verhandlung und Entscheidung gemacht worden sind.
| Abs. 41 |
| Die Entscheidung kann im schriftlichen Verfahren durch den Berichterstatter
ergehen, da sich die Beteiligten in dem Erörterungstermin am 09.10.2007 damit
einverstanden erklärt haben.
| Abs. 42 |
| Die Klage ist begründet. Die Kläger sind durch die Verweigerung der Löschung
ihrer in der Hessischen Zirkusdatei gespeicherten Daten durch den Erlass des
Beklagten vom 09.03.2007 in ihren Rechten verletzt.
| Abs. 43 |
| Die Kläger haben einen Anspruch auf Löschung ihrer Daten in der Hessischen
Zirkusdatei gem. § 19 Abs. 4 HDSG. Die beim Hessischen Ministerium für Umwelt,
ländlichen Raum und Verbraucherschutz geführte "Hessische Tierschutzdatei" ist
in ihrer gegenwärtigen Form rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihrem
allgemeinen Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art, 1 Abs. 1 und
Art. 14 Abs. 1 GG.
| Abs. 44 |
| Entgegen der Auffassung der Beklagtenseite werden in der vorliegenden
Zirkusdatei personenbezogene Daten verarbeitet. Als Grundangaben werden
angegeben: der Betriebsname, der Stammsitz, festes Winterquartier, letzter
bekannter Aufenthalt des Zirkusbetriebes, aktuell mitgeführte eigenständige
Engagementtruppen, Erlaubnisse nach § 11 TierSchG (Erlaubnisbehörde, Datum der
Erlaubnis, Bestandskraft, erlaubte Zahl der Tiere, erlaubte betroffene
Transporteinrichtungen, Nebenbestimmungen), gegebenenfalls nachträgliche
Änderungen, ändernde Behörde, entsprechende Daten, Widerrufe, ablehnende
Behörde, Gegenstand der Ablehnung, Grund der Entscheidung sowie die
Feststellungen von Tierbestand und Art der Tierhaltung bei der Vorortprüfung
durch die nach § 16 Abs. 1 TierSchG zuständige Behörde.
| Abs. 45 |
| Bei diesen Angaben handelt es sich bezüglich der Kläger zu 4. bis 6. um
personenbezogene Daten. Gemäß § 2 Abs. 1 HDSG sind personenbezogene Daten
Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder
bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Zu den sachlichen Verhältnissen
gehören auch Daten, welche aus einer wirtschaftlichen Betätigung hervorgehen
(vgl. BVerfG, 1. Kammer des 1. Senates, Beschluss vom 25.07.1988, Az. 1
BvR 109/95, NJW 1988, S. 3009 ff.).
| Abs. 46 |
| Auch können die Wirtschaftsdaten einer juristischen Person personenbezogene
Daten einer natürlichen Person sein, wenn diese einer Person als Alleinaktionär
oder Gesellschafter zuzurechnen sind. Insoweit beziehen sich die Daten dann auf
das Vermögen des alleinigen Eigentümers (vgl. Schild, Hessisches
Datenschutzgesetz - Kommentar, Stand: 09/2001, § 2 Rdnr. 12; Gola/Schomerus,
BDSG - Kommentar, 8. Aufl., § 3 Rdnr. 11).
| Abs. 47 |
| Die Erlaubnisse nach § 11 TierSchG sind den Klägern zu 4 bis 6 gegenüber
erteilt worden, wie sich aus den von dem Bevollmächtigten der Kläger
vorgelegten Unterlagen ergibt. Soweit dort die Erlaubnisse für Tiere aufgeführt
sind, sind sie dem jeweiligen Kläger als Inhaber - Eigentümer - und Halter
zugeordnet. Mithin bilden sie einen Teil des (Betriebs-) Vermögens der Kläger.
| Abs. 48 |
| Die tierschutzrechtliche Genehmigung nach § 11 TierSchG ist ebenfalls einer
natürlichen Person zugeordnet, so dass auch die Daten aus den Bescheiden
Personenbezug haben und damit einen Teil der sachlichen Verhältnisse einer
bestimmbaren natürlichen Person betreffen.
| Abs. 49 |
| Bei den Klägern zu 1. bis 3. handelt es sich zwar um juristische Personen des
Privatrechtes in der Form der GmbH bzw. GmbH & Co Betriebs KG. Diese können
sich jedoch nach der ständiger verfassungsgerichtlicher und obergerichtlicher
Rechtsprechung ebenfalls auf das Recht der informationellen Selbstbestimmung
nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 sowie Art. 19
Abs. 3 GG insoweit berufen, als ihren Trägern Schutz gegen unbegrenzte
Erhebung, Speicherung, Verwendung oder Weitergabe der betreffenden
individualisierte oder individualisierbarer Daten zusteht (vgl. BVerwG, Urteil
vom 20.12.2001, Az.: 6 C 7/01, Rdnr. 18 - nach Juris; BVerfG, Beschluss vom
01.10.1987, Az.: 2 BvR 1178/86 u. a., Rdnr. 126 - nach Juris; BVerfG, Urteil
vom 17.07.1984, Az.: 2 BvE 11/83, 2 BvE 15/83, Rdnr. 135 f. - nach Juris).
Insoweit sind die Ausführungen des Hessischen Datenschutzgesetzes auch auf
juristische Personen, soweit ein grundrechtlich verbürgtes Recht auf
informationelle Selbstbestimmung nach Art. 14 GG gegeben ist, entsprechend
anzuwenden. Dies gilt unabhängig davon, dass es sich bei den Haltern der Tiere
um natürliche Personen i.S.v. § 2 Abs. 1 HDSG handelt.
| Abs. 50 |
| Soweit die Beklagtenseite insoweit nur von Betriebsdaten spricht, welche
ausreichend anonymisiert seien, vermag dem das Gericht nicht zu folgen.
Anonymisieren ist das Verändern personenbezogener Daten derart, dass die
Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse nicht mehr oder nur
mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskraft
einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person zugeordnet werden können
(siehe Definition in § 3 Abs. 6 BDSG). Eine solche Anonymisierung liegt hier
nicht vor. Denn die Haltererlaubnis ist einer natürlichen Person aufgrund der
ausstellenden Behörde und des Ausstellungsdatums unmittelbar zuzurechnen und
diese damit ohne weiteres bestimmbar. Allenfalls könnte man vorliegend von
einem Pseudonymisieren (vgl. § 3 Abs. 6a BDSG) sprechen, durch das die
Bestimmung des Betroffenen wesentlich erschwert würde. Hierauf kommt es aber
nicht an, da auf Grund der hier gegebenen Personenbeziehbarkeit
personenbezogene Daten im Sinne von § 2 Abs. 1 HDSG vorliegen und ansonsten
auch pseudonymisierte oder anonymisierte Daten personenbeziehbar sind und damit
dem Schutz des Hessischen Datenschutzgesetztes unterliegen.
| Abs. 51 |
| Eine Verarbeitung und damit Speicherung personenbezogener Daten ist jedoch nur
zulässig, wenn dafür eine hinreichende gesetzliche Ermächtigung vorliegt. Nach
§ 11 Abs. 1 HDSG ist die Verarbeitung personenbezogener Daten nur zulässig,
wenn sie zur rechtmäßigen Erfüllung der in die Zuständigkeit der
datenverarbeitenden Stelle (§ 3 Abs. 1 HDSG) liegenden Aufgaben und für den
jeweils damit verbundenen Zweck erforderlich ist. Erforderlich ist die
Verarbeitung der Daten für die Behörden, welche für die Überwachung nach § 11
TierSchG zuständig sind. Dies ist - wie weiter unter noch zuzuführen ist -
weder die Landesbeauftragte für den Tierschutz, noch das Hessische Ministerium
für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz.
| Abs. 52 |
| Nach der bereichsspezifischen Regelung des § 16 Abs. 6 Satz 1 TierSchG dürfen
personenbezogene Daten erhoben werden, soweit dies durch das Tierschutzgesetz
vorgesehen oder ihre Erkenntnis zur Erfüllung der Aufgaben nach diesem Gesetz
oder aufgrund dieses Gesetzes erfasste Rechtsverordnungen für die erhebende
Stelle notwendig ist. Bei der hier zur Datenerhebung ermächtigten Stelle
handelt es sich aber unstreitig um die für die Aufsicht nach dem
Tierschutzgesetz zuständige Behörde (vgl. § 16 Abs. 1 TierSchG).
| Abs. 53 |
| Wer diese zuständige Behörde und damit die zuständige datenverarbeitende Stelle
nach § 2 Abs. 3 i.V.m. § 3 Abs. 1 HDSG im Sinne des § 11 HDSG und § 16 Abs. 1
TierSchG ist regelt das Tierschutzgesetz nicht. Die zuständige Behörde wird
vielmehr gem. Art. 84 Abs. 1 GG von jedem Bundesland selbstständig bestimmt.
| Abs. 54 |
| Demgemäß wurde in Hessen durch das Gesetz über die Ermächtigung zur Bestimmung
der Zuständigkeit nach dem Tierschutzgesetz vom 15.12.1972 (GVBl. I, S.
423) die Landesregierung ermächtigt, die zur Ausführung des Tierschutzgesetzes
vom 24.07.1972 zuständigen Behörden des Landes sowie der Gemeinden und
Gemeindeverbände zu bestimmen. Das Gesetz ist bis heute noch gültig.
| Abs. 55 |
| Aufgrund § 1 des Gesetzes über die Ermächtigung zur Bestimmung der
Zuständigkeiten nach dem Tierschutzgesetz wurde von der Hessischen
Landesregierung am 24.01.1973 die Verordnung über Zuständigkeiten nach
dem Tierschutzgesetz (GVBl. I, S. 42) erlassen.
| Abs. 56 |
| Nach dieser Verordnung war zuständige Behörde i. S. d. § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs.
2 Satz 3, Abs. 3, Abs. 5 Satz 3 und des § 21 Satz 2 des Tierschutzgesetzes vom
24.07.1972 der Regierungspräsident. Zuständige Behörde nach § 16 Abs. 1
TierSchG war das Staatliche Veterinäramt. In allen übrigen Fällen war
zuständige Behörde in Landkreisen der Landrat als Behörde der Landesverwaltung,
in kreisfreien Städten der Magistrat.
| Abs. 57 |
| 1977 wurde durch das Gesetz zur Eingliederung von Sonderverwaltungen
(Eingliederungsgesetz) vom 14.07.1977 (GVBl. I, S. 319) gemäß Art. 4 § 1
(Staatliche Ämter für Lebensmittelüberwachung, Tierschutz und Veterinärwesen)
das jeweilige Staatliche Amt für Lebensmittelüberwachung, Tierschutz und
Veterinärwesen in die Landräte und Oberbürgermeister als Behörden der
Landesverwaltung eingegliedert. Eine Änderung der Verordnung vom 24.01.1973
erfolgte zunächst nicht.
| Abs. 58 |
| Aufgrund des § 1 des Gesetzes über die Ermächtigung zur Bestimmung der
Zuständigkeiten nach dem Tierschutzgesetz vom 15.12.1972 (GVBl. I, S. 423)
wurde die Zuständigkeitsverordnung vom 24.01.1973 durch die Verordnung über
Zuständigkeiten nach dem Tierschutzgesetz vom 06.03.1987 (GVBl. I, S.
28) ersetzt.
| Abs. 59 |
| Die Zuständigkeitsbestimmung in § 1 der Verordnung von 1987 lautete nunmehr wie
folgt:
| Abs. 60 |
§ 1
(1) Zuständige Behörde nach dem Tierschutzgesetz in der Fassung
vom 18. August 1986 (BGBl. I S. 1320) ist
1. der für das Veterinärwesen zuständige Minister für die
a) Berufung von Kommissionen nach § 15 Abs. 1 Satz 2,
b) Unterrichtung des Bundesministers in den Fällen des § 15a;
2. der Regierungspräsident für die
a) Genehmigung von Versuchsvorhaben in den Fällen des § 8,
b) Entgegennahme der nach § 8 Abs. 4 Satz 2, den §§ 8a, 8b
oder § 21 Abs. 1 Satz 3 zu erstattenden Anzeigen und, soweit
nichts anderes bestimmt ist, der auf Grund einer Rechtsverordnung
nach § 9a Abs. 2 erforderlichen Meldungen,
c) Untersagung von Tierversuchen nach § 8a Abs. 5,
d) Zulassung von Ausnahmen in den Fällen des § 8b Abs. 2 Satz 2,
§ 9 Abs. 1 Satz 4 oder Abs. 2 Satz 3 Nr. 7 Satz 2,
e) Unterrichtung der Kommission über einen Antrag auf Genehmigung
von Versuchsvorhaben nach § 15 Abs. 1 Satz 5;
3. im übrigen in den Landkreisen der Landrat und in den kreisfreien
Städten der Oberbürgermeister als Behörden der
Landesverwaltung - Staatliches Veterinäramt -.
(2) Das Staatliche Veterinäramt ist, soweit nichts anderes bestimmt ist,
auch zuständig für die der zuständigen Behörde in einer auf
Grund des Tierschutzgesetzes erlassenen Rechtsverordnung zugewiesenen Aufgaben.
| Diese Regelung wurde durch die Verordnung zur Änderung der Verordnung über
Zuständigkeiten nach dem Tierschutzgesetz vom 31.08.1989 (GVBl. I, S.
234) dahingehend abgeändert, dass der "Minister" durch das für das
"Veterinärwesen zuständige Ministerium" ersetzt wurde.
| Abs. 61 |
| Die Verordnung von 1987 wurde durch die Verordnung über Zuständigkeiten auf dem
Gebiet des Tierschutzrechtes vom 19.11.1997 (GVBl. I, S. 397) aufgrund
des § 1 des Gesetzes über die Ermächtigung zur Bestimmung der Zuständigkeiten
nach dem Tierschutzgesetz vom 15.12.1972 (GVBl. I, S. 423), § 5 Abs. 2 des
Gesetzes über die Verkündung von Rechtsverordnungen, Organisationsanordnungen
und Anstaltsordnungen vom 02.11.1971 ersetzt.
| Abs. 62 |
| § 1 der VO von 1997 erhielt nunmehr folgenden Regelungsinhalt:
| Abs. 63 |
§ 1
(1) Zuständige Behörden nach dem Tierschutzgesetz in der Fassung vom
17. Februar 1993 (BGBl. I S. 255), zuletzt geändert durch Verordnung
vom 3. März 1997 (BGBl. I S. 405), sind
1. das für das Veterinärwesen zuständige Ministerium, die
Regierungspräsidien sowie in den Landkreisen die Landräte
und in den kreisfreien Städten die Oberbürgermeister als
Behörden der Landesverwaltung - Staatliche Ämter für
Lebensmittelüberwachung, Tierschutz und Veterinärwesen -
für die Beauftragung von Personen nach § 16 Abs. 3 Satz 1;
2. das für das Veterinärwesen zuständige Ministerium
für die
a) Berufung von Kommissionen nach § 15 Abs. 1 Satz 2,
b) Unterrichtung des Bundesministeriums in den Fällen des § 15 a,
c) Wahrnehmung der ansonsten nach Nr. 4 und Abs. 2 den Landräten
und Oberbürgermeistern als Behörden der Landesverwaltung -
Staatliche Ämter für Lebensmittelüberwachung,
Tierschutz und Veterinärwesen zugewiesenen Aufgaben auf dem
Betriebsgelände des Flughafens Frankfurt am Main;
3. die Regierungspräsidien für die
a) Genehmigung von Versuchsvorhäben in den Fällen des § 8 Abs. 1,
b) Entgegennahme der nach § 8 Abs. 4 Satz 2, § 8a Abs. 1 Satz 1,
Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 oder § 8b Abs. 1 Satz 1 zu erstattenden
Anzeigen und, soweit nichts anderes bestimmt ist, der auf Grund einer
Rechtsverordnung nach § 9 a Abs. 2 erforderlichen Meldungen,
c) Untersagung von Tierversuchen nach § 8 a Abs. 5,
d) Zulassung von Ausnahmen in den Fällen des § 8b Abs. 2 Satz 3,
§ 9Abs. 1 Satz 4 oder Abs. 2 Satz 3 Nr. 7 Satz 2,
e) Unterrichtung der Kommission über einen Antrag auf Genehmigung von
Versuchsvorhaben nach § 15 Abs. 1 Satz 5;
4. im übrigen in den Landkreisen die Landräte und in den
kreisfreien Städten die Oberbürgermeister als Behörden
der Landesverwaltung - Staatliche Ämter für
Lebensmittelüberwachung, Tierschutz und Veterinärwesen -.
(2) Die Staatlichen Ämter für Lebensmittelüberwachung,
Tierschutz und Veterinärwesen sind, soweit nichts anderes bestimmt ist,
auch zuständig für die der zuständigen Behörde in einer
auf Grund des Tierschutzgesetzes erlassenen Rechtsverordnung zugewiesenen
Aufgaben.
(3) Das für das Veterinärwesen zuständige Ministerium ist
zuständige Behörde nach § 2 der Versuchstiermeldeverordnung
vom 1. August 1988 (BGBl. I S. 1213).
| Durch Gesetz zur Kommunalisierung des Landrats sowie des Oberbürgermeisters als
Behörden der Landesverwaltung vom 21.03.2005 (GVBl. I, S. 229) wurden
gem. Art. 1 die Aufgaben des Landrats sowie des Oberbürgermeisters als Behörden
der Landesverwaltung wieder neu geordnet.
| Abs. 64 |
| Art. 1 - Gesetz zur Neuordnung der Aufgaben des Landrats sowie des
Oberbürgermeisters als Behörde der Landesverwaltung - regelt in § 1 Abs. 2,
dass die bisher von dem Landrat als Behörde der Landesverwaltung wahrgenommenen
Aufgaben als allgemeine Ordnungsbehörde mit Ausnahme der Aufgaben nach § 2 der
Verordnung über die Zuständigkeiten der Ausländerbehörde sowie die Aufgaben im
Bereich des Veterinärwesens, der Lebensmittelüberwachung und des
Verbraucherschutzes, der Förderung im Bereich der Landschaftspflege,
Landwirtschaft, Dorf und Regionalentwicklung und ländlichen Tourismus sowie des
Katastrophenschutzes und der zivilen Verteidigung sowie die Verwaltung des
Biosphärenreservates Rhön jeweils dem Landrat als Auftragsangelegenheiten nach
§ 4 Abs. 2 der Hessischen Landkreisordnung übertragen werden.
| Abs. 65 |
| Art. 2 des Gesetzes zur Kommunalisierung des Landrats sowie des
Oberbürgermeisters als Behörden der Landesverwaltung enthält das "Gesetz zum
Vollzug von Aufgaben auf den Gebieten des Veterinärwesens, der
Lebensmittelüberwachung und des Verbraucherschutzes. "
| Abs. 66 |
| § 1 dieses Gesetzes enthält wiederum die folgende Regelung:
| Abs. 67 |
"§ 1
Zuständigkeiten
(1) Für den Vollzug des Veterinärwesens, der Lebensmittelüberwachung
und des Verbraucherschutzes sind in den Landkreisen der Landrat und in den
kreisfreien Städten der Oberbürgermeister auf der unteren
Verwaltungsebene zuständig, soweit in Rechtsvorschriften nichts anderes
bestimmt ist. Sie nehmen diese Aufgabe als Auftragsangelegenheit nach
§ 4 Abs. 2 der Hessischen Landkreisordnung und § 4 Abs. 2 der
Hessischen Gemeindeordnung wahr. Die Land-kreise und Gemeinden sind
verpflichtet, die Bediensteten und Einrichtungen, die zur Aufgabenerfüllung
erforderlich sind, zur Verfügung zu stellen.
(2) Die nach Abs. 1 zuständigen Behörden unterstehen der Fachaufsicht
der Regierungspräsidien und des für das Veterinärwesen, die
Lebensmittelüberwachung und den Verbraucherschutz zuständigen
Ministeriums. Abweichend von § 4 Abs. 3 der Hessischen Landkreisordnung
und § 4 Abs. 3 der Hessischen Gemeindeordnung können die
Aufsichtsbehörden dem Landrat und dem Oberbürgermeister Weisungen im
Einzelfall nur ausnahmsweise bei drohender Krisengefahr und in Fällen von
kreisübergreifender oder besonderer Bedeutung erteilen und ihre
Befugnisse ausüben.
(3) Die bei den Landräten sowie bei den Oberbürgermeistern tätigen
Tierärztinnen und Tierärzte nehmen die Aufgaben der beamteten
Tierärztin oder des beamteten Tierarztes wahr und führen die Bezeichnung
Amtstierärztin oder Amtstierarzt, soweit sie die für Tierärzte
erforderliche Befähigung nach den Vorschriften der Laufbahnen besonderer
Fachrichtungen nachgewiesen haben."
| Durch Art. 41 der Vorordnung zur Regelung von Zuständigkeiten im
Geschäftsbereich des Ministeriums für Umwelt, ländlichen Raum und
Verbraucherschutz und zur Ausführung von Bundesrecht und Rechtsvorschriften der
europäischen Gemeinschaften zur Gemeinsamen Agrarpolitik vom 24.04.2006 (GVBl.
I S. 138, 156) wurden § 1 bis 3 der Verordnung von 1997 geändert. Art. 41 -
Änderung der Verordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des
Tierschutzrechts - wurde mit folgendem Wortlaut bekannt gemacht:
| Abs. 68 |
"Auf Grund des § 1 des Gesetzes über die Ermächtigung zur Bestimmung
der Zuständigkeiten nach dem Tierschutzgesetz vom 15. Dezember 1972
(GVBl. I S. 423) und des § 36 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über
Ordnungswidrigkeiten in Verbindung mit Art. 52 des Zweiten gesetztes zur
Verwaltungsstrukturreform verordnet die Landesregierung:
Die Verordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Tierschutzrechts
vom 19. November 1997 (GVBI. I S. 397), zu-letzt geändert durch Gesetz
vom 20. Dezember 2004 (GVBl. I S. 506), wird wie folgt geändert:
1. § 1 erhält folgende Fassung:
§ 1
(1) Zuständige Behörden nach dem Tierschutzgesetz in der Fassung vom
25. Mai 1998 (BGBl. I S. 1106,1818), zuletzt geändert durch Gesetz vom
21. Juni 2005 (BGBl. I S. 1666), sind
1. das für das Veterinärwesen zuständige Ministerium, die
Regierungspräsidien sowie in den Landkreisen die Landrätin
oder der Landrat und in den kreisfreien Städten die
Oberbürgermeisterin oder der Oberbürgermeister für die
Beauftragung von Personen nach § 16 Abs. 3 Satz 1;
2. das für das Veterinärwesen zuständige Ministerium für die
a) Berufung von Kommissionen nach § 15 Abs. 1 Satz 2,
b) Unterrichtung des Bundesministeriums in den Fällen des § 15a;
3. die Regierungspräsidien für die
a) Genehmigung von Versuchsvorhaben in den Fällen des § 8 Abs. 1,
b) Entgegennahme der nach § 8 Abs. 4 Satz 2, § 8a Abs. 1 Satz 1,
Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 oder § 8b Abs. 1 Satz 1 zu erstattenden
Anzeigen und, soweit nichts anderes bestimmt ist, der aufgrund einer
Rechtsverordnung nach § 9a Abs. 2 erforderlichen Meldungen,
c) Untersagung von Tierversuchen nach § 8a Abs. 5,
d) Zulassung von Ausnahmen in den Fällen des § 8b Abs. 2 Satz 3,
§ 9 Abs. 1 Satz 4 oder Abs. 2 Satz 3 Nr. 7 Satz 2,
e) Unterrichtung der Kommission über einen Antrag auf Genehmigung
von Versuchsvorhaben nach § 15 Abs. 1 Satz 5;
4. im Übrigen in den Landkreisen die Landrätinnen oder die Landräte
und in den kreisfreien Städten die Oberbürgermeisterinnen
oder die Oberbürgermeister;
5. das Hessische Landeslabor für die Wahrnehmung der ansonsten nach
Nr. 4 und Abs. 2 den Landrätinnen oder Landräten und
Oberbürgermeisterinnen oder Oberbürgermeistern zugewiesenen
Aufgaben auf dem Betriebsgelände des Flughafens Frankfurt am Main.
(2) Die Landrätin oder der Landrat in den Landkreisen und die
Oberbürgermeisterin oder der Oberbürgermeister in den kreisfreien
Städten und auf dem Betriebsgelände des Flughafens Frankfurt am Main das
Hessische Landeslabors sind, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch
zuständig für die der zuständigen Behörde in einer aufgrund des
Tierschutzgesetzes erlassenen Rechtsverordnung zugewiesenen Aufgaben.
(3) Das für das Veterinärwesen zuständige Ministerium ist zuständige
Behörde nach § 2 der Versuchstiermeldeverordnung vom 4. November 1999
(BGBl. I S. 2156), geändert durch Verordnung vom 29. Oktober 2001
(BGBl.I S. 2785).
..........."
| Im Mai 2007 wurde die Verordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des
Tierschutzrechts erneut geändert. Die Regelung hat nunmehr folgenden Wortlaut:
| Abs. 69 |
"Verordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Tierschutzrechts
vom 24.05.2007 (GVBl. I S. 307)
Aufgrund
1. des § 1 des Gesetzes zur Bestimmung von Zuständigkeiten
vom 3. April 1998 (GVBl. I S. 98), geändert durch Gesetz vom
16. Oktober 2006 (GVBl. I S. 510),
2. des § 8 Abs. 4 des Hufbeschlaggesetzes vom 19. April 2006
(BGBl. I S. 900),
3. des § 36 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über
Ordnungswidrigkeiten in der Fassung vom 19. Februar 1987
(BGBl. I S. 603), zuletzt geändert durch Gesetz vom
12. Juli 2006 (BGBl. I S. 1466),
wird verordnet:
§ 1
Abweichend von § 1 Abs. 1 des Gesetzes zum Vollzug von Aufgaben auf den
Gebieten des Veterinärwesens, der Lebensmittelüberwachung und des
Verbraucherschutzes vom 21. März 2005 (GVBl. I S. 229, 232) sind auf dem
Gebiet des Tierschutzrechts zuständig:
1. das für das Veterinärwesen zuständige Ministerium,
die Regierungspräsidien und der Landesbetrieb Hessisches
Landeslabor im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit nach
dieser Verordnung neben den nach dem Gesetz zum Vollzug von
Aufgaben auf den Gebieten des Veterinärwesens, der
Lebensmittelüberwachung und des Verbraucherschutzes
zuständigen Behörden für die Beauftragung von
Personen nach § 16 Abs. 3 Satz 1 des Tierschutzgesetzes
in der Fassung vom 18. Mai 2006 (BGBl. I S. 1207, 1313),
geändert durch Gesetz vom 21. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3294),
2. das für das Veterinärwesen zuständige Ministerium
für die Berufung einer Kommission nach § 15 Abs. 1 Satz 2
und für die Unterrichtung des Bundesministeriums nach § 15a
des Tierschutzgesetzes sowie für die Übermittlung der
Meldungen an das Bundesministerium nach § 2 der
Versuchstiermeldeverordnung vom 4. November 1999 (BGBl. I S. 2156),
zuletzt geändert durch Verordnung vom 31. Oktober 2006
(BGBl. I S. 2407),
3. das Regierungspräsidium Gießen in den Regierungsbezirken
für die Aufgaben der zuständigen Behörde nach dem
Hufbeschlaggesetz und nach der Hufbeschlagverordnung
vom 15. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3205),
4. die Regierungspräsidien für die Aufgaben der zuständigen Behörde
a) nach dem Tierschutzgesetz für
aa) die Genehmigung von Versuchsvorhaben nach § 8 und
für die weiteren hiermit zusammenhängenden
Aufgaben nach § 8b Abs. 1, § 9a Satz 5 und
§ 15 Abs. 1 Satz 5,
bb) die Fristsetzung und die Untersagung von Tierversuchen
nach § 8a Abs. 5,
cc) die Zulassung von Ausnahmen nach § 8b Abs. 2 Satz 3,
§ 9 Abs. 1 Satz 4 und Abs. 2 Satz 3 Nr. 7 Satz 2,
dd) das Verlangen einer Begründung nach § 10 Abs. 1
und den Vollzug der Maßnahmen nach § 10 Abs. 2,
ee) die Entgegennahme der Anzeige nach § 6 Abs. 1 Satz 6
und Satz 7, die Fristverlängerung nach § 6 Abs. 1 Satz 8
und die Maßnahmen nach § 6 Abs. 1 Satz 5,
soweit ein Eingriff nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 vorliegt,
ff) die Entgegennahme der Anzeigen nach § 8a Abs. 1 Satz 1
und § 10a Satz 2, die Fristverkürzung nach
§ 10a Satz 3 und die Maßnahmen nach § 10a Satz 4,
b) nach der Versuchstiermeldeverordnung für die Entgegennahme
der Meldungen nach § 1,
6. der Landesbetrieb Hessisches Landeslabor auf dem Betriebsgelände
des Flughafens Frankfurt am Main für Aufgaben, die sonst der
Landrätin oder dem Landrat oder der Oberbürgermeisterin
oder dem Oberbürgermeister zugewiesen sind, und für
Aufgaben, die bei der Einfuhr, Durchfuhr, Ausfuhr und dem
innergemeinschaftlichen Verbringen an der Grenzkontrollstelle
vollzogen werden.
.........."
| In der nunmehr geltenden Verordnung vom 24.05.2007 wird die zuständige Behörde
nach § 16 Abs. 1 TierSchG - anders als bei den früheren Verordnungen - nicht
mehr bestimmt. Vielmehr geht die Landesregierung bei dieser Verordnung vom
24.05.2007 wohl erstmals davon aus, dass die Bestimmung der zuständigen Behörde
durch das Gesetz zum Vollzug von Aufgaben auf den Gebieten des Veterinärwesens,
der Lebensmittelüberwachung und des Verbraucherschutzes vom 21.03.2005 (GVBl.
I, S. 232) bestimmt sei und unter dem Begriff des Veterinärwesens als
Oberbegriff auch der Tierschutz mit erfasst sei. Ein Ansatz, welcher ca. ein
Jahr nach dem das Kommunalisierungsgesetz in Kraft getreten war - noch im Jahre
2006 - nicht verfolgt wurde. 2006, mithin rund ein Jahr nach Erlass des
"Gesetzes zum Vollzug von Aufgaben auf den Gebieten des Veterinärwesens, der
Lebensmittelüberwachung und des Verbraucherschutzes" durch das
Kommunalisierungsgesetz ging die Landesregierung selbst noch davon aus, dass
der Tierschutz von dem Veterinärwesen als Oberbegriff nicht erfasst wird und
eine Bestimmung der zuständigen Behörde erforderlich ist, wenn in § 1 Abs. 1
Nr. 4 VO 2006 als zuständige Behörde nach dem Tierschutzgesetz im Übrigen in
den Landkreisen die Landrätinnen oder die Landräte und in den kreisfreien
Städten die Oberbürgermeisterinnen oder die Oberbürgermeister bestimmt wurden.
| Abs. 70 |
| Hinzu kommt, dass die Verordnung vom 24.05.2007 sich nicht mehr auf das Gesetz
über die Ermächtigung zur Bestimmung der Zuständigkeiten nach dem
Tierschutzgesetz vom 15.12.1972 bezieht - obwohl noch gültig -, sondern als
Ermächtigungsgrundlage § 1 das Gesetzes zur Bestimmung von Zuständigkeiten zur
Ausführung vom Bundesrecht und von Rechtsvorschriften der Europäischen
Gemeinschaften, die unmittelbar in den Mitgliedsstaaten gelten (Gesetz zur
Bestimmung von Zuständigkeiten vom 03.04.1998 in der geänderten Fassung vom
16.10.2006) benennt. Nach § 1 des Gesetzes zur Bestimmung von Zuständigkeiten
zur Ausführung vom Bundesrecht und von Rechtsvorschriften der Europäischen
Gemeinschaften erlässt die Landesregierung zur Ausführung von Bundesrecht
Anordnungen über die sächliche Zuständigkeit von Landesbehörden, soweit
gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Während ein Jahr nach der Verkündung
des Kommunalisierungsgesetzes, die Landesregierung noch von der
spezialgesetzlichen Ermächtigung des Gesetzes über die Ermächtigung zur
Bestimmung der Zuständigkeiten nach dem Tierschutzgesetz ausging, vertritt sie
nunmehr wohl die Meinung, dass das Gesetz zum Vollzug von Aufgaben auf dem
Gebiet des Veterinärwesens, der Lebensmittelüberwachung und des
Verbraucherschutzes (Art. 2 Kommunalisierungsgesetz) eine vorgehende
Rechtsvorschrift sein soll. Eine nähere Begründung erfolgt insoweit nicht.
| Abs. 71 |
| Die Beklagtenseite liefert lediglich den Ansatz, dass der Bundesgesetzgeber
unter dem Begriff Veterinärwesen auch den Tierschutz verstehe, wenn sie auf das
Gesetz zur Änderung veterinärrechtlicher, lebensmittelrechtlicher und
zuchtrechtlicher Vorschriften vom 18.12.1992 (BGBl. I, S. 2022) Bezug nimmt.
Soweit das beklagte Land damit belegen will, dass unter dem Begriff
Veterinärwesen schon immer der Tierschutz falle, vermag dem das Gericht nicht
zu folgen. Wäre die Aufgabe des Tierschutzes schon immer bei dem Veterinärwesen
angesiedelt, käme dies auch in der Begründung für den Entwurf eines ersten
Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes der Bundesregierung (BT-Drucksache
16/6309) zum Ausdruck. In der Begründung zu dem Entwurf, durch den eine
Verordnungsermächtigung geschaffen werden soll, um ein automatisiertes
Verfahren zum Zwecke der Überwachung der Zurschaustellung von Tieren zu regeln,
müsste in dem Fall, dass das Veterinärwesen den Tierschutz mit umfasst, von den
"Veterinärbehörden der Länder" die Rede sein. Tatsächlich ist in der Begründung
zu dem Gesetzentwurf jedoch die Rede davon, dass dadurch insbesondere
sichergestellt werden soll, dass in jedem Land von den "zuständigen" Behörden
dieselben Daten erhoben werden. Mithin gerade nicht unbedingt von den
Veterinärbehörden. Selbst der Bundesrat spricht in seiner Stellungnahme zu
diesem Gesetzesentwurf der Bundesregierung von den "zuständigen Behörden" (vgl.
BT-Drucksache 16/6309, Anlage 2, S. 7).
| Abs. 72 |
| Eine landes- oder bundesgesetzliche Regelung, welche legal definitorisch den
Tierschutz dem Veterinärwesen zuordnet, gibt es ebenfalls nicht. Insoweit
vermag das Gericht nicht festzustellen, dass eine zuständige Behörde nach § 16
Abs. 1 TierSchG zur Durchführung des Tierschutzgesetzes bestellt ist.
| Abs. 73 |
| Zumindest lässt in Hessen die Bestimmung der zuständigen Behörde nach § 16 Abs.
1 TierSchG es an der notwenigen Normenklarheit mangeln. Jede Maßnahme, die mit
einem Grundrechtseingriff verbunden ist, bedarf aber einer
Ermächtigungsgrundlage, aus der sich in einer dem rechtsstaatlichen Gebot der
Normenklarheit entsprechenden Weise die Eingriffsvoraussetzungen und der Umfang
der erlaubten Eingriffe ergeben (vgl. BVerfGE 65, 1, 44; 113, 29, 50; BVerfG,
Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. November 2006 - 2 BvR
1418/05 -, NStZ-RR 2007, S. 92, 93). Hierzu zählt auch die klare Bestimmung der
zuständigen Behörde, die zu dem Eingriff ermächtigt ist.
| Abs. 74 |
| Selbst wenn, wie nunmehr die Beklagtenseite meint, das Veterinärwesen den
Tierschutz mit umfassen sollte und damit die Veterinärbehörden die zuständige
Behörde nach § 16 Abs. 1 TierSchG wären, ergibt sich daraus, jedoch ebenfalls
keine Zuständigkeit für die vorliegende Zirkusdatei. Nach dem vorgelegten
Verfahrensverzeichnis ist die datenverarbeitende Stelle das Hessische
Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz mit der
Organisationkennziffer Landesbeauftragte für Angelegenheiten des Tierschutzes.
Nach dem Organisationsplan des Hessischen Ministeriums für Umwelt, ländlichen
Raum und Verbraucherschutz vom 01.10.2007 ist die Landestierschutzbeauftragte
in Form einer Stabsstelle dem Staatssekretär zugeordnet. Demgegenüber gibt es
eine Abteilung V, welche für Verbraucherschutz, Lebensmittelüberwachung,
Tierschutz und Veterinärwesen zuständig ist.
| Abs. 75 |
| Auf diese Frage der internen Zuständigkeit kommt es vorliegend nicht an. Denn
nach den zuvor aufgeführten Verordnungen - gleich welcher Fassung - ist das
Hessische Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz (früher
das Hessische Sozialministerium) bzw. die Landesbeauftragte für Angelegenheiten
des Tierschutzes gerade nicht die zuständige Behörde nach § 16 Abs. 1
Tierschutzgesetz. Und damit auch nicht die zuständige datenverarbeitende
Stelle. Zuständige Behörden wären vielmehr die "Tierschutzbehörden", mithin -
nach der von dem Beklagten geäußerten Meinung - die Veterinärämter bei den
Landkreisen und kreisfreien Städten, die für die Überwachung nach § 11 TierSchG
zuständig sind.
| Abs. 76 |
| Auf diese Problematik wurde bereits vor der Einführung der Zirkusdatei von dem
Hessischen Datenschutzbeauftragten in seiner schriftsätzlichen Stellungnahme
vom 20.04.1998, wie auch in einer Erörterung am 08.06.1998, mehr als
ausreichend hingewiesen. Insoweit bedürfte es einer entsprechenden
Zuständigkeitszuweisung nach § 16 Abs. 1 TierSchG in der Verordnung über
Zuständigkeiten nach dem Tierschutzgesetz an das Hessische Ministerium für
Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz bzw. die
Landestierschutzbeauftragte, wenn die Hessische Zirkusdatei dort geführt werden
sollte. Eine solche Regelung fehlt.
| Abs. 77 |
| Hinzu kommt, dass die Daten für das Hessische Ministerium für Umwelt,
ländlichen Raum und Verbraucherschutz bzw. die Landestierschutzbeauftragte
mangels eigener Zuständigkeiten auch nicht erforderlich sind.
| Abs. 78 |
| Die Hessische Zirkusdatei soll gerade nicht zur Aufgabenerfüllung eigener
Aufgaben der datenverarbeitenden Stelle (Ministerium), sondern vielmehr als
Hilfsinstrument für die zuständigen Behörden nach § 16 Abs. 1 TierSchG und als
Informationspool dienen. Damit ist die Datei allenfalls nützlich, aber zur
Aufgabenerfüllung durch das Ministerium oder die Landestierschutzbeauftragte
nicht erforderlich. So trägt die Beklagtenseite selbst vor, dass die in der
Hessischen Zirkusdatei gesammelten Informationen (Daten) aus freiwilligen
Meldungen der Veterinärbehörden stammten und keinen Anspruch auf
Vollständigkeit erheben würden.
| Abs. 79 |
| Wären die Daten für das Ministerium oder die Landestierschutzbeauftragte
erforderlich, wäre eine zulässige vollständige Datenübermittlung der
Tierschutzbehörden nach § 14 HDSG gegeben und notwendig. Dass die Daten nicht
erforderlich sind zeigt gerade, dass die Daten auf freiwilliger Basis von den
Tierschutzbehörden an das Ministerium gemeldet werden sollen. Damit ist eine
aktuelle und vollständige Erfassung jedoch nicht gewährleistet, wie sich in dem
Erörterungstermin zeigte.
| Abs. 80 |
| Wegen fehlender Erforderlichkeit hätten die Tierschutzbehörden - die im Rahmen
einer Überprüfung erhobenen - Daten erst gar nicht an die Hessische
Tierschutzdatei und damit das Ministerium als eigenständige Behörde nach § 3
Abs. 1 HDSG übermitteln dürfen. Diese Übermittlungen sind in sich schon nach §
14 HDSG rechtswidrig.
| Abs. 81 |
| Werden aber personenbezogene Daten bei einer unzuständen Behörde gespeichert,
für die die Daten auch nicht erforderlich sind, ist die Speicherung schlicht
rechtswidrig (vgl. § 11 Abs. 1 HDSG). Dies gilt vorliegend auch für die Daten
der juristischer Personen.
| Abs. 82 |
| Das Gericht verkennt dabei nicht, dass die Belange des Tierschutzes zu würdigen
sind und Missstände verhindert werden müssen. Insoweit hätte für das Land
Hessen die Möglichkeit bestanden, entsprechend den Überlegungen in dem
Erörterungstermin am 09.10.2007 für die nach dem Tierschutzgesetz zuständigen
Behörden ein gemeinsames Verfahren gem. § 15 HDSG einzuführen. Denn die
zuständige kontrollierende Behörde ist befugt, die entsprechenden Angaben zur
Überprüfung der Einhaltung der Erlaubnisse nach § 11 TierSchG zu erheben und zu
speichern. Dies ist auch für die Klägerseite unstreitig und wäre akzepiert
worden. Die Behörde vor Ort erhebt die Daten, überprüft sie und nimmt die
Daten, welche sie für Kontrollzwecke benötigt, auf und speichert sie. Insoweit
regelt § 16 Abs. 6 TierSchG, dass personenbezogene Daten erhoben werden
dürfen, soweit dieses Gesetz - das Tierschutzgesetz - dies vorsieht oder ihre
Kenntnis zur Erfüllung der Aufgaben nach diesem Gesetz oder aufgrund dieses
Gesetzes erlassener Rechtsverordnung für die erhebende Stelle notwendig ist.
Erhebende Stelle ist nach der Beschreibung der Zirkusdatei auch die jeweilige
Tierschutzbehörde vor Ort - welche dies derzeit konkret auch immer sein möge -.
| Abs. 83 |
| Die zuständige Tierschutzbehörde darf auch an eine andere Tierschutzbehörde
Daten übermitteln, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben als Empfänger
erforderlich ist, § 14 HDSG. Die Datenübermittlung an das Hessische Ministerium
für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz bzw. die
Landestierschutzbeauftragte ist hierdurch jedoch nicht gedeckt. Denn die Daten
sind originär für die Aufgaben dort nicht erforderlich - zumindest wurde eine
Erforderlichkeit nicht vorgetragen. Das Hessische Ministerium für Umwelt,
ländlichen Raum und Verbraucherschutz bzw. die Landestierschutzbeauftragte
betreiben mit der Hessischen Zirkusdatei lediglich eine unzulässige
Datenbevorratung für zukünftige mögliche Fälle des Abrufes einer zuständigen
kontrollierenden Tierschutzbehörde. Insoweit erfolgt hier eine Datenspeicherung
für zukünftige Zwecke auf Vorrat, welche im Hinblick auf den allgemeinen
Erforderlichkeits- und Zweckbindungsgrundsatz schlicht unzulässig ist (vgl.
Simitis, Kommentar zum BDSG, 6. Auflage, 2006, § 1 Rdnr. 101; § 28 Rdnr. 59).
Mithin ist die gesamte Speicherung der Daten in der Hessischen Tierschutzdatei
rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten - Grundrechten -.
| Abs. 84 |
| Würden hingegen die Tierschutzbehörden ein gemeinsames Verfahren gem. § 15 HDSG
betreiben und im Rahmen der schriftlichen Festlegung gem. § 15 Abs. 2 HDSG das
Hessische Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz bzw.
die Landesbeauftragte für Angelegenheiten des Tierschutzes mit der Durchführung
des Verfahrens im Rahmen einer Auftragsdatenverarbeitung bestimmen, bliebe die
einzelne Behörde Herr ihrer Daten und das Ministerium wäre "nur" die das
gemeinsame Verfahren betreuende Stelle. Ein solches gemeinsames Verfahren liegt
jedoch ausweislich des vorliegenden Verfahrensverzeichnisses ausdrücklich nicht
vor.
| Abs. 85 |
| Nach alledem ist die Hessische Zirkusdatei in der vorliegenden Form und die
Verarbeitung (Speicherung) der darin enthaltenen Daten unzulässig, mit der
Folge, dass die Daten gem. § 19 Abs. 4 HDSG zu löschen sind. Denn die Folge der
Löschung ist immer gegeben, wenn die Speicherung der personenbezogenen Daten
von Anfang an unzulässig war, d. h. keine Erforderlichkeit nach § 11 HDSG
bestand (vgl. Nungesser, HDSG - Kommentar, 1. Aufl., § 19 Rdnr. 58,
Demke/Schild, HDSG - Kommentar, Lieferung 6.97, § 19, Erläuterung VI, m. w.
N.).
| Abs. 86 |
| Soweit bei den Klägern zu 1. bis 3. es sich um Kapitalgesellschaften handelt
und man der Meinung der Beklagtenseite folgen würde, dass das Hessische
Datenschutzgesetz keine Anwendung findet, folgt daraus nichts anderes. Denn
eine Behörde darf nicht willkürlich Betriebsdaten einer juristischen Person
speichern, sondern nur, wenn dies im Rahmen der Aufgabenerfüllung erfolgt. Dass
das Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz und die
Landestierschutzbeauftragte die Daten gerade - mangels Zuständigkeit - nicht im
Rahmen ihrer Aufgaben verarbeiten, wurde bereits ausreichend dargelegt.
Insoweit haben die Kläger zu 1. bis 3. im Falle einer Verneinung eines
gesetzlichen Löschungsanspruches nach § 19 Abs. 4 HDSG einen Anspruch auf
Löschung aufgrund eines Folgenbeseitigungsanspruches.
| Abs. 87 |
| Als Unterlegene hat das beklagte Land die Kosten des Verfahrens zu tragen, §
154 Abs. 1 VwGO.
| Abs. 88 |
| Der Ausspruch hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167
VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO entsprechend.
| Abs. 89 |
| Rechtsmittelbelehrung ...
| JurPC Web-Dok. 70/2008, Abs. 90 |
| Anmerkung der Redaktion: Vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Zulassung der
Berufung gegen die Entscheidung zurückgenommen worden (Beschluss vom 4.4.2006,
Az. 10 A 193/08). Die Entscheidung ist damit rechtskräftig. | |
| [ online seit: 22.04.2008 ] | |
|
Zitiervorschlag:
Wiesbaden, VG, Speicherung personenbezogener Daten in der "Hessischen Zirkusdatei" - JurPC-Web-Dok. 0070/2008
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