Schweizerisches Bundesgericht |
Schweiz. ZGB Art. 29, Schweiz. UWG Art. 2 |
Leitsätze (der Redaktion) |
1. Internet-Benutzer, die den Domain-Namen "maggi.com" gebrauchen,
erwarten unter dieser Bezeichnung nicht einen unbekannten Familien-Namen,
sondern bringen damit das berühmte Zeichen "Maggi" in
Verbindung. |
Sachverhalt |
A. |
Die Pro Fiducia Treuhand AG registrierte am 12. Juni 1996 den Domain-Namen "www.maggi.com" bei der für "com"-Registrierungen zuständigen Network Solutions Inc. Sie übertrug diesen Domain-Namen am 14. Dezember 2001 an Romeo Maggi (Beklagter), Hergiswil, der zu diesem Zeitpunkt ihr Verwaltungsratspräsident war und 50 % der Aktien besass. Die Homepage ist seit September 2002 als Familien-Website aufgeschaltet. Über diese Website ist die Homepage der vom Beklagten gegründeten "Maggi Romeo & Cornelia - Stiftung für Kinder" zugänglich. Durch ein Pop-Up-Fenster ("Suchen Sie Maggi Produkte der Nestlé?") werden die Benutzer darauf hingewiesen, dass Maggi-Produkte anderswo zu finden seien, wobei ein Link zu "maggi.ch" angeboten wird. | JurPC Web-Dok. 46/2005, Abs. 1 |
Die Société des Produits Nestlé SA, Vevey, (Klägerin 1) ist Inhaberin der Marke "Maggi", die für eine Vielzahl von Produkten eingetragen ist. Die Maggi-Unternehmungen AG, Kemptthal (Klägerin 2) bezweckt, sich an Unternehmungen, besonders an solchen der Nahrungsmittelindustrie, im In- und Ausland zu beteiligen, solche Unternehmungen zu gründen, zu erwerben, zu fördern, Aktien, Obligationen und andere Titel solcher Unternehmungen zu erwerben usw. Die Klägerinnen verwarnten die Pro Fiducia Treuhand AG am 23. Juli 1999 und forderten sie auf, den Domain-Namen "maggi.com" an sie zu übertragen. Sie gelangten am 17. Juli 2001 an das Administrative Panel des WIPO Arbitration and Mediation Center, das am 12. Oktober 2001 zu Ungunsten der Klägerinnen entschied. | Abs. 2 |
B. |
Nach erfolglosem Sühneversuch vor dem Friedensrichteramt Hergiswil stellten die Klägerinnen am 13. September 2002 beim Kantonsgericht Nidwalden (Zivilabteilung, Grosse Kammer II) folgende Rechtsbegehren: | Abs. 3 |
"1.Es sei der Beklagte, unter Androhung der Bestrafung wegen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung im Sinne von Art. 292 StGB (Bestrafung mit Haft oder Busse) für den Zuwiderhandlungsfall, zu verpflichten, sämtliche Erklärungen abzugeben, welche erforderlich sind, um den Domainnamen www.maggi.com entschädigungslos auf die Klägerin 1 zu übertragen. | Abs. 4 |
2. Eventualiter sei die Nichtigkeit der Domainnamen-Registrierung www.maggi.com des Beklagten festzustellen und es sei die Registrierungsbehörde Network Solutions Inc., 505 Huntmar Park Drive, Hernon, Virginia 20170, USA, anzuweisen, diesen Domainnamen des Beklagten sofort nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils zu löschen. | Abs. 5 |
3. Es sei dem Beklagten, unter Androhung der Bestrafung wegen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung im Sinne von Art. 292 StGB (Bestrafung mit Haft oder Busse) für den Zuwiderhandlungsfall, vorsorglich zu untersagen, den Domainnamen www.maggi.com vor Einritt der Rechtskraft des Urteils in der vorliegenden Sache löschen zu lassen oder an eine andere Partei als die Klägerin 1 zu übertragen ..." | Abs. 6 |
Dem Begehren in Ziffer 3 entsprach der Kantonsgerichtspräsident mit vorsorglichem Massnahmeentscheid vom 2. Dezember 2002. | Abs. 7 |
Der Beklagte schloss mit Rekursantwort vom 6. Dezember 2002 auf Abweisung der Klage und stellte widerklageweise folgenden Antrag: | Abs. 8 |
"1.Widerklageweise sei die Klägerin und Widerbeklagte 1 zu verurteilen, dem Beklagten und Widerkläger Ersatz im Zusammenhang mit dem WIPO- Schiedsverfahren Nr. D-2001-0916 von insgesamt CHF 38'884.45 inkl. Zins zu 5 % seit dem 12. Oktober 2001 zu bezahlen ..." | Abs. 9 |
C. |
Mit Urteil vom 7. Januar 2004 verpflichtete das Kantonsgericht Nidwalden den Beklagten, unter Androhung der Bestrafung nach Art. 292 StGB für den Zuwiderhandlungsfall, sämtliche Erklärungen abzugeben, die erforderlich sind, um den Domain-Namen "www.maggi.com" entschädigungslos auf die Klägerin 1 zu übertragen (Dispositivziffer 1). Die Widerklage wies das Gericht ab (Dispositiv-ziffer 2). In einer Rechtsmittelbelehrung eröffnete das Kantonsgericht zunächst die Appellation an das Obergericht Nidwalden (Dispositivziffer 5). Darauf kam das Gericht mit Urteilsberichtigung vom 21. September 2004 zurück und erklärte unter Verweis auf Art. 15 Ziff. 1 Gerichtsgesetz (NW) sowie Art. 58 MSchG und Art. 12 Abs. 2 UWG, es sei die Berufung an das Bundesgericht ohne Rücksicht auf den Streitwert zulässig. | Abs. 10 |
D. |
Mit eidgenössischer Berufung stellt der Beklagte das Rechtsbegehren, das Urteil des Kantonsgerichts Nidwalden vom 7. Januar 2004 sei aufzuheben. Er rügt als offensichtliches Versehen die Feststellung im angefochtenen Entscheid, dass die Maggi-Unternehmungen AG berühmt sei; der Beklagte bringt sodann vor, die Anwendung des Markenschutzgesetzes falle ausser Betracht, weil er das Zeichen bloss privat gebrauche; aus demselben Grund hält er einen Anspruch aus Firmenrecht für nicht gegeben und verneint er die Anwendbarkeit des UWG; ausserdem bestreitet der Beklagte, dass er den Klägerinnen den Zugang zum schweizerischen Markt versperren wolle. Das Namensrecht hält der Beklagte für eine mögliche Anspruchsgrundlage, bestreitet jedoch, dass die Klägerin 2 für die Kurzbezeichnung "Maggi" namensrechtlichen Schutz geniesse und gegenüber seinen schutzwürdigen Interessen durchdringe; zudem bestreitet er, dass die Klägerin 1 sich auf Namensrecht berufen könne. Weiter bringt er vor, der Anspruch der Klägerinnen wäre jedenfalls verwirkt. Abschliessend nimmt der Beklagte zu den Anträgen der Klägerinnen Stellung und schliesst, Rechtsbegehren Nr. 1 der Klägerinnen könne nicht geschützt werden, weil die Klägerin 1 mangels markenrechtlicher Grundlage nicht aktivlegitimiert sei und die Klägerin 2 in diesem Begehren nicht genannt sei; Rechtsbegehren Nr. 2 könne nicht geschützt werden, weil die Domain-Vergabestelle zur Löschung angewiesen werde, obwohl sie nicht verfahrensbeteiligte Partei sei. | Abs. 11 |
E. |
Die Klägerinnen schliessen auf Abweisung der Berufung, soweit darauf einzutreten sei. | Abs. 12 |
|
1. |
Die Berufung ist gemäss Art. 48 Abs. 1 OG zulässig gegen Endentscheide der oberen kantonalen Gerichte; gegen Endentscheide unterer kantonaler Gerichte ist die Berufung gemäss Art. 48 Abs. 2 OG nur zulässig, wenn diese als letzte, aber nicht einzige kantonale Instanz entschieden haben (lit. a) oder wenn sie als die vom Bundesrecht vorgesehene einzige kantonale Instanz entschieden haben (lit. b). | Abs. 13 |
1.1 Das Kantonsgericht Nidwalden hat als unteres kantonales Gericht erstinstanzlich entschieden, so dass die Ausnahme gemäss Art. 48 Abs. 2 lit. a OG nicht in Betracht fällt. Die berichtigte Rechtsmittelbelehrung des Kantonsgerichts stützt sich auf die Kompetenz, die Art. 15 Ziff. 1 des kantonalen Gesetzes über die Organisation und das Verfahren der Gerichte (Gerichtsgesetz) vom 28. April 1968 den Grossen Kammern überträgt. Danach beurteilen die beiden Grossen Kammern des Kantonsgerichts als einzige Instanz die Zivilrechtsstreitigkeiten, für welche die Bundesgesetzgebung eine einzige kantonale Gerichtsinstanz vorsieht. Das Kantonsgericht beruft sich in der Rechtsmittelbelehrung auf Art. 58 MSchG, der den Kantonen vorschreibt, für zivilrechtliche Klagen aus dem Markenschutzgesetz (Art. 52 ff. MSchG) eine einzige kantonale Instanz zu bezeichnen. Ausserdem führt das Kantonsgericht Art. 12 Abs. 2 UWG an. Danach kann eine Klage wegen unlauteren Wettbewerbs auch an die vom Bundesrecht vorgesehene einzige kantonale Instanz angehoben werden, wenn sie mit der entsprechenden zivilrechtlichen Streitigkeit im Zusammenhang steht. In diesem Fall ist auch die Berufung an das Bundesgericht ohne Rücksicht auf den Streitwert zulässig. Art. 12 Abs. 2 UWG bezweckt, für die besonders häufige Konnexität von Lauterkeitsklagen und Klagen aus gewerblichem Eigentum einen einheitlichen Instanzenzug zu schaffen (BGE 125 III 95 E. 97 E. 2a, mit Verweis auf die einschlägige Botschaft des Bundesrates). | Abs. 14 |
1.2 Das Kantonsgericht hat im angefochtenen Urteil erkannt, der Beklagte habe mit der Registrierung bzw. Übernahme des Domain-Namens "www.maggi.com" von der Pro Fiducia Treuhand AG sowohl den Persönlichkeitsschutz der Klägerinnen verletzt als auch gegen Art. 2 UWG verstossen. Das Gericht hat gestützt auf das Namens- und das Lauterkeitsrecht das Hauptrechtsbegehren der Klägerinnen vollumfänglich geschützt und deshalb ausdrücklich offen gelassen, ob die weiteren von den Klägerinnen geltend gemachten Anspruchsgrundlagen des Marken- und Firmenrechts ebenfalls zur Gutheissung der Klage führen würden. | Abs. 15 |
Die Anspruchsgrundlage (Art. 58 MSchG), welche die bundesrechtliche Zuständigkeit des unterinstanzlichen Kantonsgerichts als einzige Instanz begründet, wurde daher zwar von den Klägerinnen zur Begründung ihrer Klage angerufen, vom Kantonsgericht jedoch nicht geprüft. Es stellt sich die Frage, ob das an sich im Sinne von Art. 48 Abs. 2 lit. b OG zur Beurteilung von Markenrechtsstreitigkeiten als einzige Instanz zuständige Kantonsgericht auch dann gemäss dieser Bestimmung entschieden hat, wenn das MSchG nicht angewendet wurde. | Abs. 16 |
1.3 Art. 48 Abs. 2 OG bezweckt, den Rechtsuchenden den doppelten Instanzenzug auch dort zu gewähren, wo das kantonale Recht eine untere Instanz für die Beurteilung von Streitigkeiten zuständig erklärt, wenn das Bundesrecht eine einzige Instanz vorschreibt (Poudret, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, Bd. II, N 3b zu Art. 48 OG, N 2.1 zu Art. 45 OG). | Abs. 17 |
Die Bestimmung schliesst die Zulässigkeit der Berufung nicht aus, wenn die Parteien - z.B. aus Versehen - die ordentliche kantonale Gerichtsbarkeit durchlaufen und daher zwei kantonale Instanzen sich mit dem Anspruch befassen, den das Bundesrecht an sich einer einzigen kantonalen Instanz zuweist (BGE 60 II 62 E. 5; vgl. dazu Poudret, a.a.O., N 3b zu Art. 48 OG). Die Gründe, die den Bundesgesetzgeber zur Einsetzung einer einzigen kantonalen Instanz insbesondere in immaterialgüterrechtlichen Streitigkeiten (vgl. Art. 64 Abs. 3 URG, 58 Abs. 3 MSchG, 37 DesG, 76 PatG, 10 Abs. 1 ToG, 42 SoG) bewogen haben, bestehen einerseits im Interesse der Prozessbeschleunigung (David, Der Rechtsschutz im Immaterialgüterrecht, SIWR Bd. I/2, 2. Aufl., S. 13; vgl. auch Jürg E. Heberlein, Zivilprozessuale Gerichtsstandsbestimmungen, sachliche und funktionelle Zuständigkeit für Klagen aufgrund der Bundesgesetze über den gewerblichen Rechtsschutz und das Urheberrecht, Diss. Zürich 1970, S. 47); anderseits sollen die Bestimmungen, die jeweils aus den alten Gesetzen übernommen wurden, die Streitigkeiten in den Bereichen des Immaterialgüterrechts hauptsächlich deshalb bei einer einzigen kantonalen Instanz konzentrieren, um in diesen Materien eine gewisse Fachkompetenz zu gewährleisten (vgl. Poudret, a.a.O., N 2.1 zu Art. 45 OG; David, a.a.O., S. 14; vgl. auch Blum/Pedrazzini, Das schweizerische Patentrecht, Kommentar zum PatG 2. Aufl. 1975, N 1 u. 2 zu Art. 76 PatG; Barrelet/Egloff, Das neue Urheberrecht, Kommentar zum UWG, 2. Aufl., N 11 zu Art. 64 URG). | Abs. 18 |
1.4 Die kantonale Instanz, die von Bundesrechts wegen als einzige zur Beurteilung bestimmter Streitigkeiten eingesetzt ist, hat die in ihrem Zuständigkeitsbereich eingeklagten Ansprüche nach dem Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes wegen (iura novit curia) aufgrund sämtlicher in Betracht fallender Rechtstitel zu beurteilen. Im Interesse der Rechtssicherheit kann der Instanzenzug nicht davon abhängen, welche Rechtsnormen im konkreten Fall tatsächlich zur Anwendung gebracht werden. Vielmehr ist für den Instanzenzug ebenso wie für die Zuständigkeit entscheidend, dass ein Anspruch rechtlich auf Normen gestützt werden kann, für die das Bundesrecht eine einzige kantonale Instanz vorschreibt. Wenn die klagende Partei an die bundesrechtlich statuierte einzige Instanz gelangt, ist nach Art. 48 Abs. 2 lit. b OG die Berufung unbesehen davon zulässig, welche Bundesrechtsnormen konkret zur Anwendung gebracht worden sind. | Abs. 19 |
2. |
Gemäss Art. 55 Abs. 1 lit. b OG muss die Berufungsschrift die genaue Angabe enthalten, welche Punkte des Entscheides angefochten und welche Änderungen beantragt werden. Der Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Entscheides genügt diesen Anforderungen nicht. Immerhin hat das Bundesgericht die Bestimmung stets so ausgelegt, dass die beantragten Änderungen nicht aus dem Wortlaut der Begehren selbst hervorgehen müssen, sondern dass es genügt, wenn in Verbindung mit der Begründung oder dem angefochtenen Urteil ohne Weiteres ersichtlich ist, in welchem Sinn das angefochtene Urteil nach dem Willen des Berufungsklägers abgeändert werden soll (BGE 125 III 412 E. 1b, mit Hinweisen). Aus der Begründung der Berufung ergibt sich im vorliegenden Fall insofern hinreichend klar, dass der Beklagte die Abweisung der Rechtsbegehren der Klägerinnen zu erreichen sucht, während anderseits die Begründung der Berufung keinerlei Ausführungen zur Widerklage enthält. Das Begehren auf Aufhebung des angefochtenen Urteils richtet sich materiell gegen Dispositivziffer 1 des angefochtenen Urteils. Sinngemäss wird die Abweisung der Klage beantragt. | Abs. 20 |
3. |
Der Beklagte rügt, die Vorinstanz habe mit dem Entscheid, die Klägerinnen könnten gestützt auf Art. 29 ZGB oder Art. 2 UWG die Übertragung des Domain- Namens "www.maggi.com" verlangen, Bundesrecht verletzt. Auch aus dem Marken- oder Firmenrecht ergibt sich nach Ansicht des Beklagten zugunsten der Klägerinnen kein derartiger Anspruch. | Abs. 21 |
3.1 Domain-Namen bezeichnen für die Internet-Benutzer aus Sicht der Anwender eine Website (Internet-Plattform) als solche und identifizieren zudem bei geeigneter Ausgestaltung auch die dahinter stehende Person, Sache oder Dienstleistung; sie sind daher je nach konkreter Situation als Kennzeichen mit einem Namen, einer Firma oder einer Marke vergleichbar (BGE 126 III 239 E. 2b, mit Hinweisen). Die Kennzeichnungsfunktion der Domain- Namen hat zur Folge, dass diese gegenüber absolut geschützten Kennzeichen Dritter den gebotenen Abstand einzuhalten haben, um Verwechslungen zu vermeiden. Ist der verwendete Domain-Name mit einem als Name, Firma oder Marke geschützten Zeichen verwechselbar, kann der Berechtigte dem Unberechtigten dessen Verwendung untersagen, wobei über Kollisionen zwischen verschiedenen Rechten durch Abwägung der gegenseitigen Interessen zu entscheiden ist (BGE 128 III 353 E. 4.3.2; 125 III 91 E. 3c, je mit Verweisen). Die Domain-Namen unterstehen überdies auch dem wettbewerbsrechtlichen Lauterkeitsgebot (BGE 126 III 239 E. 2c). | Abs. 22 |
3.2 Die Klägerin 1 ist Inhaberin der Marke "Maggi", die für eine Vielzahl von Produkten hinterlegt ist. "Maggi" bildet zudem den prägenden Bestandteil der Firma der Klägerin 2 (vgl. BGE 122 III 369 E. 1). Das Zeichen "Maggi" ist nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil berühmt, was der Beklagte zu Unrecht als offensichtliches Versehen beanstandet (vgl. zur Tragweite der Versehensrüge BGE 122 II 17 E. 3; 104 II 68 E. 3b, mit Verweisen). Dass die Marke im Sinne von Art. 15 MSchG berühmt ist, kann zudem als notorisch gelten. Der Beklagte trägt den Nachnamen Maggi, was ihn grundsätzlich nicht nur berechtigt, das Zeichen zur Identifizierung seiner eigenen Person zu verwenden, sondern auch zur Kennzeichnung seiner eigenen Werke und Produkte (BGE 116 II 614 E. 5c/aa). Beide Parteien sind somit am Zeichen "maggi" berechtigt. Es liegt ein Konflikt zwischen dem Namensrecht des Beklagten einerseits und dem Marken-, Firmen- sowie Wettbewerbsrecht der Klägerinnen anderseits vor, der in Abwägung der gegenseitigen Interessen zu lösen ist. Dabei ist das Bundesgericht in der jüngeren Rechtsprechung stets davon ausgegangen, dass die Existenz einer berühmten prioritätsälteren Marke rechtfertigt, dem jüngeren Wettbewerber einschränkende Auflagen in der Benutzung des Homonyms zu auferlegen (BGE 128 III 353 E. 4.3.2.; 125 III 91 E. 3c; 116 II 614 E. 5d S. 619). | Abs. 23 |
3.3 Die Vorinstanz hat die Interessen der an der Bezeichnung "maggi" grundsätzlich berechtigten Parteien abgewogen, wenn auch ausschliesslich unter namensrechtlichen Gesichtspunkten. Sie hat dabei insbesondere auf die Erwartung des durchschnittlichen Internet-Benutzers abgestellt und angenommen, dieser werde auf der Suche nach der Homepage eines berühmten Unternehmens oder einer berühmten Marke im Allgemeinen versuchen, den entsprechenden Namen in die Adresszeile einzugeben. Ein Internet-Benutzer auf der Suche nach der Homepage der Klägerin 2 werde also zuerst die Kurzbezeichnung "maggi" eingeben und ihre Homepage unter dem Top-Level- Domain-Namen (TLD) "com" erwarten, da ihm bekannt sei, dass es sich um ein Schweizer Unternehmen handle und er davon ausgehe, dass kommerzielle Angebote unter dem TLD "com" zu finden seien. Das Interesse der Klägerin 2, nicht mit einer unbekannten Person gleichen Namens verwechselt oder mit ihr in Verbindung gebracht zu werden, hat die Vorinstanz als gewichtiger erachtet, als das Interesse des Beklagten, seinen Nachnamen ohne unterscheidende Zusätze als Internet-Adresse zu verwenden. Ausserdem hat die Vorinstanz unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten berücksichtigt, dass die Klägerinnen durch die Registrierung des Domain-Namens "maggi.com" durch den Beklagten daran gehindert würden, das Internet unter diesem Namen für ihre geschäftlichen Zwecke zu nutzen und daher im Wettbewerb behindert würden. | Abs. 24 |
3.4 Die Interessenabwägung durch die Vorinstanz ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Vorinstanz geht zunächst zutreffend davon aus, dass die Internet-Benutzer, die den Domain-Namen gebrauchen, unter der Bezeichnung "maggi.com" nicht einen unbekannten Familien-Namen erwarten, sondern dass sie damit das berühmte Zeichen der Klägerinnen in Verbindung bringen. Dabei ist freilich anzunehmen, dass es weniger das Firmenkürzel der Klägerin 2 als die berühmte Marke der Klägerin 1 sein dürfte, die das massgebende Publikum der Internet-Benutzer mit der Adresse "maggi.com" gedanklich in Zusammenhang bringt. Es erscheint denn auch nahe liegender, das absolute Recht der Klägerin 1 an ihrer berühmten Marke abzuwägen gegen das Persönlichkeitsrecht des Beklagten an der ungehinderten Verwendung seines Nachnamens. In dieser Hinsicht hat die Vorinstanz im Ergebnis zutreffend auf Seiten der Klägerinnen deren Interesse berücksichtigt, von ihren (potenziellen) Kunden und Geschäftspartnern unter dem berühmten Kennzeichen im Internet kontaktiert und in diesem Kontakt nicht behindert zu werden. Ausserdem hat sie zutreffend das Interesse der Klägerin 1 an der Erhaltung des Rufs und der Unterscheidungskraft ihrer Marke berücksichtigt, die durch Verwechslungen mit einer unbekannten Person verwässert werden könnte, mit der die Klägerinnen in keiner Beziehung stehen (vgl. BGE 124 III 277 E. 1a). Auf Seiten des Beklagten hat die Vorinstanz ebenfalls zutreffend das Interesse auf Verwendung des Nachnamens in Alleinstellung in die Abwägung einbezogen. Sie hat dieses Interesse des Beklagten, die Internet-Adresse seiner privaten Website allein mit seinem Nachnamen zu bezeichnen, als geringer eingestuft; die Vorinstanz hat es als zumutbar erachtet, dass der Beklagte individualisierende Zusätze beifügt, um Verwechslungen mit dem berühmten Zeichen der Klägerinnen auszuschliessen. Sie hat damit Bundesrecht nicht verletzt. Die Vorbringen des Beklagten ändern daran nichts. | Abs. 25 |
3.5 Der Beklagte behauptet, er nutze seine Website allein zu privaten Zwecken, als Familien-Website. Ob dies angesichts des auf der Website angebrachten Links zu einer vom Beklagten gegründeten Stiftung, die sich um Spendengelder bemüht, ohne Weiteres zutrifft, kann offen bleiben. Denn das Persönlichkeitsrecht auf Gebrauch des Namens ist bei einem rein privaten Gebrauch nicht nachhaltiger betroffen, als wenn der Beklagte sich unter seinem Namen gewerblich betätigen wollte. Entgegen der Ansicht des Beklagten wird aber auch der Konflikt unter Gleichnamigen bzw. die Verwechslungsgefahr durch einen bloss privaten Gebrauch im vorliegenden Fall nicht beseitigt. Zwar trifft es zu, dass sich der markenrechtliche Ausschliesslichkeitsanspruch auf den gewerbsmässigen Bereich beschränkt und bloss privaten Gebrauch des Kennzeichens nicht hindert, was namentlich beim Import gefälschter Markenware zu privaten Zwecken erheblich ist (vgl. BGE 114 IV 6 E. 2; Marbach, Markenrecht, SIWR Bd. III, S. 197; David, Basler Kommentar, N 27 zu Art. 13 MSchG). Dies bedeutet jedoch entgegen der Ansicht des Beklagten nicht, dass eine Verletzung des gewerblichen Ausschliesslichkeitsrechtes unbesehen um die Art der Handlung nie vorliegen würde, wenn sie ein Privater vornimmt (vgl. z.B. für irreführende oder herabsetzende Angriffe auf eine Marke: David, a.a.O., N 27 zu Art. 13 MSchG). Die Internet-Adresse orientiert die Benutzer des Internets und richtet sich damit an das Publikum bzw. die Öffentlichkeit. Verwechslungen sind unbesehen des Inhalts der über diese Adresse abrufbaren Websites möglich; das Bundesgericht hat es denn auch abgelehnt, die Verwechslungsgefahr von Domain-Namen aufgrund des Inhalts der jeweiligen Sites auszuschliessen (BGE 128 III 353 E. 4.2.2.1; 128 III 401 E. 7.2.2 S. 409; Urteil 4C.141/2002 vom 7. November 2002 E. 4). Auch das Pop-Up-Fenster auf der Website des Beklagten vermag daher die Verwechslungsgefahr nicht zu beseitigen. | Abs. 26 |
3.6 Der Beklagte übersieht, dass Art. 15 MSchG der berühmten Marke einen besonderen Schutz gewährt, wenn er bestreitet, dass sich die Klägerin 1 auf Markenschutz berufen könne. Soweit er aus der angeblich fehlenden Aktivlegitimation der Klägerin 1 ableiten will, das Rechtsbegehren 1 sei unzulässig und die Vorinstanz habe diesem daher bundesrechtswidrig entsprochen, entbehrt sein Vorbringen jeglicher Grundlage. Da der Anspruch der Klägerin 1 markenrechtlich begründet ist, kann im Übrigen offen bleiben, inwieweit dieser Anspruch auch auf Firmenrecht oder Lauterkeitsrecht gestützt werden könnte. Denn die Abwägung der Interessen, welche die Vorinstanz aufgrund der den Parteien rechtmässig zustehenden Zeichen im Ergebnis zutreffend vorgenommen hat, wird dadurch vorliegend nicht wesentlich beeinflusst. Soweit der Beklagte in dieser Hinsicht vorbringt, es sei zu seinen Gunsten das Gerechtigkeitsprinzip der Priorität zu Unrecht nicht oder zu wenig berücksichtigt worden, kann ihm nicht gefolgt werden. | Abs. 27 |
4. |
Der Beklagte rügt schliesslich, das Kantonsgericht habe die Verwirkung der Ansprüche der Klägerin bundesrechtswidrig verneint. | Abs. 28 |
4.1 Die Verwirkung von Ansprüchen setzt voraus, dass der Berechtigte die Verletzung seiner Rechte durch Mitgebrauch eines gleichen oder ähnlichen Zeichens während längerer Zeit widerspruchslos geduldet und der Verletzer inzwischen am Zeichen einen eigenen wertvollen Besitzstand erworben hat (BGE 117 II 575 E. 4a; vgl. auch BGE 130 III 113 E. 4.2; 127 III 357 E. 4c/bb). Um dem Berechtigten entgegenhalten zu können, er habe den Mitgebrauch eines gleichen Kennzeichens widerspruchslos geduldet, ist grundsätzlich erforderlich, dass er um die Verletzung seiner Rechte weiss oder doch bei gehöriger Aufmerksamkeit wissen muss. Entscheidend ist sodann, dass beim Verletzer die Erwartung entsteht, der Berechtigte dulde die Verletzung (BGE 117 II 575 E. 4b). | Abs. 29 |
4.2 Der Domain-Name "www.maggi.com" wurde am 12. Juni 1996 von der Pro Fiducia Treuhand AG registriert und am 14. Dezember 2001 auf den Beklagten übertragen. Der Beklagte schaltete die Website im September 2002 auf, nachdem die Klägerinnen die hier strittigen Begehren im Januar 2002 beim Friedensrichteramt Hergiswil geltend gemacht hatten. Der Beklagte weist weder nach, dass er vor Vorinstanz einen wertvollen Besitzstand behauptet und entsprechende Beweise offeriert hätte noch ist der Berufung zu entnehmen, aus welchen Gründen der Beklagte im Zeitpunkt der Vornahme allfälliger Investitionen darauf vertrauen durfte, die Klägerinnen würden die Verletzung dulden. Es ist bei dieser Sachlage davon auszugehen, dass der Beklagte nicht in guten Treuen einen wertvollen Besitzstand erworben hat, weshalb unerheblich ist, wie lange die Klägerinnen mit der Geltendmachung ihres Rechtes zugewartet haben. Die Vorinstanz hat die Verwirkung der klägerischen Ansprüche im Ergebnis zutreffend verneint. | Abs. 30 |
5. |
Die Berufung ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem
Ausgang des Verfahrens ist die Gerichtsgebühr dem Beklagten zu auferlegen
(Art. 156 Abs. 1 OG). Dieser hat den Klägerinnen, die durch denselben
Anwalt vertreten sind und eine einzige Antwort eingereicht haben, die
Parteikosten zu ersetzen (Art. 159 Abs. 2 OG). Für den Streitwert, nach dem
sich die Kosten grundsätzlich richten, fehlen konkrete Anhaltspunkte.
Entgegen der Ansicht der Vorinstanz rechtfertigt sich in Streitigkeiten um
Domain-Namen eine Anlehnung an immaterialgüterrechtliche Schutzrechte
nicht. Mangels besonderer Anhaltspunkte ist für derartige Streitigkeiten
vielmehr ein Streitwert von rund Fr. 100'000.-- anzunehmen.
| JurPC Web-Dok. 46/2005, Abs. 31 |
Hinweis der Redaktion: Auf die vorliegende Entscheidung hat uns freundlicherweise Herr Rechtsanwalt Jan Gerd Mietzel, Ratingen, aufmerksam gemacht. |
[online seit: 22.04.2005 ] |
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen,
JurPC Web-Dok., Abs. |
Zitiervorschlag: Bundesgericht, Schweizerisches, www.maggi.com (II) - JurPC-Web-Dok. 0046/2005 |