OLG Köln |
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, TKV § 13 a |
Leitsätze |
1)Ein Klageantrag, in dem das gegen einen
Netzbetreiber erstrebte Unterlassungsgebot davon abhängig gemacht ist, dass
ein Anspruch gegen den Versender der Telefaxwerbung "kurzfristig"
nicht gerichtlich durchsetzbar ist, ist zu unbestimmt.
2)Die Mitteilung einer Verbraucherzentrale über den Missbrauch einer Mehrwertdiensterufnummer an einen Netzbetreiber begründet nicht generell dessen "gesicherte Kenntnis" von der missbräuchlichen Verwendung i. S. des § 13 a TKV. |
Gründe |
I. Der Kläger verfolgt als bundesweit tätiger Dachverband u.a. der Verbraucherzentralen der Länder satzungsgemäß Verstöße gegen das UWG und macht Ansprüche nach dem UKlaG geltend. Er nimmt die Beklagte als Betreiberin eines Telekommunikationsnetzes in Zusammenhang mit unverlangter Telefax-Werbung eines Dritten für u.a. von ihr über einen Reseller vergebene 0190er-Nummern auf Unterlassung in Anspruch. Mit der Klageschrift vom 23.05.2003 hat der Kläger den Hauptantrag gestellt,
| JurPC Web-Dok. 160/2004, Abs. 1 |
Hinweis: An dieser Stelle ist im Urteil eine Telefax-Werbung wiedergegeben, in der dazu aufgerufen wird, sich durch Anfaxen einer 0190-Nummer gegen das Schlachten von Tieren ohne Betäubung zu wenden. Eine Wiedergabe der Papierkopie kann auf elektronischem Wege nicht erfolgen, weil deren Qualität ein Einscannen nicht ermöglicht. | Abs. 2 |
| Abs. 3 |
In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer hat er die
Klage geändert und beantragt,
| Abs. 4 |
Das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat der Klage nach diesem Antrag unter dem Gesichtspunkt einer wettbewerbsrechtlichen Störerhaftung der Beklagten stattgegeben. Hiergegen wendet die Beklagte sich mit der Berufung, wobei sie ihre Auffassung wiederholt und vertieft, weder gemäß § 13 a TKV noch unter sonstigen rechtlichen Gesichtspunkten im Umfang des Klagebegehrens zu einem Sperren von Mehrwertdiensterufnummern verpflichtet zu sein. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger auf Hinweise des Senats hin erklärt, das Urteil nunmehr mit der Maßgabe zu verteidigen, dass wieder der in der Klageschrift formulierte Hauptantrag gestellt wird. | Abs. 5 |
II. Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg. | Abs. 6 |
Der Senat hat sich nicht mehr mit der Frage zu befassen, ob die Klage in der Fassung des im Verfahren erster Instanz geänderten und von dem Landgericht mit dem angefochtenen Urteil titulierten Unterlassungsantrags zulässig und begründet war, nachdem der Kläger diesen nicht mehr verfolgt. Soweit er eine Verurteilung auf den ursprünglichen und im Berufungsverfahren wieder aufgenommenen Hauptantrag stützt, führt die Berufung zur Abweisung der Klage als unzulässig. | Abs. 7 |
1. Der im Wege der neuerlichen, von dem Senat aber als sachdienlich i.S. des § 533 ZPO angesehenen Klageänderung verfolgte Unterlassungsantrag, mit dem ungeachtet der sprachlichen Fassung letztlich ein Gebot, nämlich das der Nummernsperrung unter bestimmten Voraussetzungen, erstrebt wird, ist nicht hinreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. | Abs. 8 |
Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein (auch Unterlassungs-)Antrag - und nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung - nicht derart undeutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht mehr klar umrissen sind, der Beklagte sich deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Beklagten ge- oder verboten ist (BGH in ständiger Rechtsprechung, vgl. zuletzt BGH WRP 2004, 227, 229 - "Farbmarkenverletzung I" m.w.N.). Der Kläger schränkt seinen Antrag durch drei kumulativ vorliegende Voraussetzungen ein. Nach dem dritten Unterpunkt wird die sog. Unterlassungsverpflichtung der Beklagten davon abhängig gemacht, dass ein Anspruch gegen den Telefax-Versender nicht "kurzfristig" gerichtlich durchgesetzt werden kann. Der Senat hält an der in der mündlichen Verhandlung erörterten Auffassung fest, dass die Verwendung des auslegungsbedürftigen Begriffs "kurzfristig" im konkreten Kontext zur Unbestimmtheit des gestellten Antrags insgesamt führt. Zwar ist die Verwendung auslegungsbedürftiger Begriffe in einem Klageantrag nicht schlechthin unzulässig, wohl aber dann, wenn der fragliche Begriff sich auf den Kern der mit dem Gebot oder Verbot erstrebten Regelung bezieht und bei seiner Aufnahme in den Antrag offen bliebe, ob das beanstandete Verhalten darunter fällt, diese Frage mithin in das Vollstreckungsverfahren verlagert würde (vgl. BGH a.a.O.; Zöller-Greger, 24. Aufl., § 253 Rn. 13 b m.w.N.). So liegt der Fall hier. Wann eine Zeitspanne noch als "kurzfristig" anzusehen ist, kann je nach den Umständen, auf welche sie sich bezieht, und in Abhängigkeit von der Anzahl der sodann zu bedenkenden Faktoren recht präzise oder auch gar nicht festgelegt werden. Anders als bei der Bestimmung der Spanne, welche der Beklagten nach dem ersten Teil des Antrags ("... nicht kurzfristig zu sperren...") für eine Nummernsperrung einzuräumen sein mag, ist die Frage, wann ein Rechtsanspruch gegen den Faxversender noch als "kurzfristig" gerichtlich durchsetzbar gelten kann, nicht nach allgemein verbindlichen Kriterien objektiv bestimmbar, sondern von einer so erheblichen Vielzahl von Faktoren wie Verfahrensart, Notwendigkeit einer Auslandszustellung, Belastungssituation des angerufenen Gerichts etc. abhängig, dass im Einzelfall als "kurzfristig" Wochen, aber auch mehrere Monate bis hin zur Jahresfrist bis zum Erlangen eines Titels angesehen werden können. Diese Spanne im Einzelfall als unmittelbare Voraussetzung des von dem Kläger begehrten Gebots und deshalb dessen Kernbereich unterfallende Regelung zu bestimmen, kann im Interesse von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit im Erkenntnisverfahren nicht offen bleiben. | Abs. 9 |
2. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass die Klage - die erörterten Zulässigkeitsbedenken dahin gestellt - als unbegründet abzuweisen wäre, weil sie weit über die Voraussetzungen des von dem Kläger als Rechtsgrundlage seines Begehrens herangezogenen § 13 a TKV hinausgeht. | Abs. 10 |
Der Senat lässt ausdrücklich offen, ob § 13 a TKV entgegen seinem Wortlaut in Konstellationen wie der hier fraglichen, also der Zwischenschaltung eines Resellers im Verhältnis zwischen Netzbetreiber und rechtswidrig handelndem "Kunden" i.S. der Vorschrift, überhaupt eingreift, wenn der Reseller - was vorliegend streitig ist - unmittelbar zu einer Sperrung des Mehrwertdienste-Rufnummernanschlusses technisch in der Lage ist. Es bedarf auch keiner Entscheidung, ob abweichend von den in § 13 a Sätzen 2 und 3 TKV normierten Voraussetzungen, welche der Klageantrag nicht aufgreift, eine sofortige Nummernsperrung auch ohne vorherige erfolglose Mahnung des unlauter handelnden Kunden verlangt werden kann, weil eine Abmahnung nach den besonderen Umständen des Einzelfalls ausnahmsweise als entbehrlich angesehen werden kann. Unbegründet ist die Klage nämlich jedenfalls deshalb, weil der Kläger nicht dem wesentlichen weiteren Tatbestandsmerkmal einer "gesicherten Kenntnis" des Netzbetreibers Rechnung trägt. Die aus Sätzen 2 und 3 der Vorschrift resultierenden Sanktionsmöglichkeiten bis hin zur Nummernsperrung (richtiger: Sperrung des Nummernanschlusses) setzen eine "gesicherte Kenntnis" von der missbräuchlichen Verwendung einer Mehrwertdiensterufnummer voraus. Demgegenüber will der Kläger nach seinem Antrag eine Handlungspflicht des Netzbetreibers schon dann begründet sehen, wenn er seine, des Klägers, nach näherer Maßgabe des Klageantrags spezifizierte "Mitteilung" über einen Nummernmissbrauch erhalten hat. Es liegt aber auf der Hand, dass eine über eine derartige Mitteilung allenfalls erlangbare einfache Kenntnis des Netzbetreibers - auch dann, wenn sie im Einzelfall von einem Verbraucherverband vermittelt wird - seiner "gesicherten", also Zweifel praktisch ausschließenden positiven Kenntnis nicht gleichgesetzt werden kann, sondern deutlich über diese und damit auch über die in § 13 a TKV normierten Voraussetzungen hinausgeht. | Abs. 11 |
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. | Abs. 12 |
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 ZPO liegen nicht vor. | Abs. 13 |
Streitwert im Berufungsverfahren: 10.000 EUR
| JurPC Web-Dok. 160/2004, Abs. 14 |
Mitgeteilt von den Mitgliedern des 6. Zivilsenats des OLG Köln. |
[online seit: 19.04.2004] |
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok., Abs. |
Zitiervorschlag: Köln, OLG, Netzbetreiberhaftung für unverlangte Fax-Werbung eines Dritten - JurPC-Web-Dok. 0160/2004 |