AG Kehl |
BGB §§ 812, 437 Nr. 2, 434 Abs. 1 Satz 1, 323, 346 |
Leitsätze (der Redaktion) |
1. Eine arglistige Täuschung im Rahmen des Verkaufs eines Handys über eine Versteigerungsplattform im Internet kann auch darin liegen, dass der Verkäufer nicht darauf hingewiesen hat, dass es sich um ein Handy aus zweiter Hand handelt. 2. Ist der Verkäufer nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen verpflichtet, sein Angebot richtig und vollständig zu beschreiben und alle für die Kaufentscheidung wesentlichen Eigenschaften und Merkmale anzugeben, muss er auch die Anzahl der Vorbesitzer als ein für die Kaufentscheidung wesentliches Merkmal nennen. 3. Dieser Pflicht zur vollständigen und korrekten Beschreibung des angebotenen Kaufgegenstandes kann sich der Verkäufer nicht dadurch entziehen, dass er angibt, das Gerät habe einen Defekt und es könnten weitere Defekte nicht ausgeschlossen werden. |
Tatbestand |
Der Kläger nimmt den Beklagten auf Rückgängigmachung eines Kaufvertrages in Anspruch. | JurPC Web-Dok. 267/2003, Abs. 1 |
Der Beklagte bot vom 24.01.03 bis zum 27.01.03 auf der Internet-Plattform der Firma ... ein Handy der Marke N. 3310 an. | Abs. 2 |
Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Firma ..., denen sich beide Parteien unterworfen haben, lauten auszugsweise wie folgt: | Abs. 3 |
| Abs. 4 |
Die "Grundsätze für den Handel", um deren Beachtung die Firma ... bittet, lauten auszugsweise wie folgt: | Abs. 5 |
| Abs. 6 |
Der Beklagte beschrieb das verkaufte Gerät, das ihm von einem Freund im November 2002 geschenkt worden war, wie folgt: | Abs. 7 |
"** N 3310 Display Defekt!?** | Abs. 8 |
Der Kläger ersteigerte das Gerät zum Preis von 41,50 . Er überwies an den Beklagten den Kaufpreis inklusive der geforderten pauschalen Versandkosten und erhielt das Gerät. | Abs. 9 |
Der Kläger trägt vor, dass er nach Erhalt des Gerätes festgestellt habe, dass an der Platine unfachmännisch gelötet worden sei mit der Folge, dass es irreparabel zerstört sei und von ihm - entgegen seiner Erwartung - weder repariert noch sonst verwertet werden könne. Mit einem solchen - vorsätzlich verursachten - Defekt habe er trotz der Verkaufsbeschreibung des Beklagten nicht rechnen müssen, weshalb er sich betrogen fühle und sein Geld zurück haben wolle. | Abs. 10 |
Der Kläger beantragt,
| Abs. 11 |
Der Beklagte beantragt,
| Abs. 12 |
Er bestreitet, dass an dem Gerät gelötet worden sei und trägt darüber hinaus vor, dass er das Handy von seinem Freund ohne weiteren Kommentar erhalten habe. Jedenfalls er selbst habe keine Lötarbeiten vorgenommen; bei seinem Freund habe er sich nicht erkundigt. Zunächst habe er beabsichtigt gehabt, das Handy selbst zu verwenden. Nachdem ihm die Firma N. mitgeteilt habe, dass sich die Reparaturkosten auf 70 belaufen würden, habe er davon Abstand genommen. Dem Kläger stünden keine Ansprüche zu, da er darauf hingewiesen habe, dass das Display ausgelaufen sei und er weitere Defekte nicht ausschließen könne. | Abs. 13 |
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens und zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und sonstigen Aktenteile Bezug genommen. | Abs. 14 |
Entscheidungsgründe |
Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet. | Abs. 15 |
I. Der Kläger hat gegen den Beklagten gemäß § 812 BGB sowie gemäß §§ 437 Nr. 2, 434 Abs. 1 Satz 1, 323, 346 BGB Anspruch auf Rückerstattung des bezahlten Kaufpreises in Höhe von 41,50 und gemäß §§ 437 Nr. 3, 284 BGB Anspruch auf Ersatz der aufgewandten Versandkosten in Höhe von 8 Zug-um-Zug gegen Rückgabe des streitgegenständlichen Handys. Hinsichtlich der geforderten Nebenkosten von 10 war die Klage abzuweisen. | Abs. 16 |
1. Der Kläger hat gegen den Beklagten gemäß § 812 BGB sowie gemäß §§ 437 Nr. 2, 434 Abs. 1 Satz 1, 323, 346 BGB Anspruch auf Rückerstattung des bezahlten Kaufpreises in Höhe von 41,50. | Abs. 17 |
a) Der Kläger hat den geschlossenen Kaufvertrag wirksam gemäß § 123 BGB angefochten, da er durch den Beklagten arglistig getäuscht wurde. Der Beklagte ist daher gemäß § 812 BGB zur Herausgabe des Kaufpreises verpflichtet. | Abs. 18 |
Der Beklagte hat den Kläger arglistig im Sinne von § 123 BGB getäuscht, in dem er trotz der von ihm als Verkäufer akzeptierten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Firma ... sowie deren Grundsätze für den Handel in seiner Beschreibung des angebotenen Objekts nicht darauf hingewiesen hat, dass es sich um ein Handy aus zweiter Hand handelt. Hierzu wäre er aber verpflichtet gewesen, da er gemäß den Allgemeinen Geschäftsbedingungen sein Angebot richtig und vollständig zu beschreiben und alle für die Kaufentscheidung wesentlichen Eigenschaften und Merkmale anzugeben hat. Es liegt auf der Hand, dass die Anzahl der Vorbesitzer ein für die Kaufentscheidung wesentliches Merkmal ist (vgl. für Gebrauchtwagen: Palandt, 62. Aufl., BGB, § 434 RN 72 mit Hinweis auf OLG Köln, VersR 1974, 584; LG Bonn, NJW 1972, 1137). Dem Beklagten war zweifellos bewusst, dass seine Beschreibung unvollständig und damit falsch war. | Abs. 19 |
Die Täuschung war auch ursächlich für den Kaufentschluss des Klägers. Dieser hat in der mündlichen Verhandlung plausibel und nicht bestritten dargelegt, dass er das Handy nicht erworben hätte, wenn er gewusst hätte, dass es nicht vom Erstbesitzer angeboten wird. | Abs. 20 |
Der Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass er das Handy als defekt angeboten und darauf hingewiesen hat, weitere Defekte nicht ausschließen zu können, da er sich durch diesen allgemeinen, pauschal gehaltenen Hinweis seiner vertraglichen Pflicht zur umfassenden Beschreibung des Angebots nicht entziehen kann. | Abs. 21 |
b) Der Anspruch des Klägers auf Rückerstattung des Kaufpreises sowie auf Ersatz der Versandkosten ist auch gemäß §§ 437 Nr. 2, 434 Abs. 1 Satz 1, 323, 346 BGB bzw. §§ 437 Nr. 3, 284 BGB begründet, da das angebotene Gerät mangelhaft im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz BGB ist. Der Kläger durfte aufgrund der Beschreibung des Beklagten davon ausgehen, dass er ein Handy aus erster Hand erwerben würde, was unstreitig nicht der Fall war. Der Gewährleistungsausschluss ("ohne Garantie") ist gemäß § 444 BGB unwirksam, da der Beklagte die Tatsache, dass das Gerät bereits einen Vorbesitzer hatte, arglistig verschwiegen hat. | Abs. 22 |
2. Hinsichtlich der als Nebenkosten pauschal geforderten 10 war die Klage abzuweisen. Der Kläger hat nicht annähernd dargelegt, inwieweit und wodurch ihm zusätzliche Kosten von 10 entstanden sind. | Abs. 23 |
II. Die prozessualen Nebenentscheidungen hinsichtlich der Kosten und der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf § 92 Abs. 1 ZPO bzw. §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO. Es erschien sachgerecht, die Kosten gegeneinander aufzuheben, um den in der Hauptsache erfolgreichen, nicht anwaltlich vertretenen Kläger nicht einen Teil der außergerichtlichen Kosten des Beklagten tragen zu lassen. Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert (§ 511 Abs. 4 Satz 1 ZPO). | JurPC Web-Dok. 267/2003, Abs. 24 |
[online seit: 06.10.2003] |
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok., Abs. |
Zitiervorschlag: Kehl, AG, Angebotsbeschreibung bei Internetversteigerung - JurPC-Web-Dok. 0267/2003 |