LG Düsseldorf |
BGB §§ 826, 1004 |
Leitsatz (der Redaktion) |
Die Reservierung einer (beschreibenden) Domain ist nach § 826 BGB sittenwidrig, wenn alleine die formalrechtliche Stellung dazu benutzt werden soll, Gewinne zu erzielen, die nicht mit irgendeiner Leistung des Rechtsinhabers im Zusammenhang stehen, sondern alleine von der Bedeutung abhängen, die der "Vertragspartner" der Sache beimisst. |
Tatbestand |
Die Klägerin ist Herausgeber der seit September 2000 erscheinenden Zeitschrift "...". Am 14. Januar 2000 erfolgte eine Titelschutzanzeige für den Titel "..." im ...blatt des deutschen Buchhandels. | JurPC Web-Dok. 8/2002, Abs. 1 |
Der Beklagte betreibt ein EDV-Unternehmen für den Verkauf von Hard- und Software. Außerdem erstellt er nach eigener Darstellung Internetpräsenzen und vollständige Web-Sites. Er hat bei der für die Reservierung von Internetdomains zuständigen Stelle eine Vielzahl von Domainnamen reserviert. Einer dieser Domainnamen lautet ..., und ist seit dem 6. Mai 1999 eingetragen. | Abs. 2 |
Die Klägerin hat den Beklagten vorprozessual aufgefordert, ihr die Rechte an dieser Domain zu überlassen. Sie möchte unter dieser Bezeichnung die Inhalte ihrer Zeitschrift sowie ergänzende Informationen darstellen und verbreiten. | Abs. 3 |
Durch anwaltliches Schreiben vom 12. Dezember 2000 erklärte sich der Beklagte grundsätzlich mit einer Übertragung einverstanden, gab aber an, "dass der mögliche Kaufpreis ... in sechsstelliger Höhe lauten sollte". | Abs. 4 |
Die Klägerin sieht die Voraussetzungen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung als erfüllt an. Der Beklagte behindere ohne nachvollziehbares eigenes Interesse die Klägerin. Es liege ein Fall des sogenannten Domain-Grabbing vor. Vorbeugende Unterlassungsansprüche ergeben sich, sofern der Beklagte tatsächlich eine Nutzung der Domain planen sollte, aus den §§ 15 Abs. 2 Markengesetz und 1 UWG. | Abs. 5 |
Die Klägerin beantragt,
| Abs. 6 |
Der Beklagte beantragt,
| Abs. 7 |
Er trägt vor, er habe eine Reihe glatt beschreibender Domains - wie auch vorliegend - für sich reservieren lassen um später für etwaige Kunden noch zu gestaltende Web-Sites unter passender Adresse anbieten zu können. Er denke sogar darüber nach, die hier fragliche Domain zu privaten Zwecken als Plattform für lesebegeisterte Freunde und Bekannte zu verwenden. | Abs. 8 |
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt verwiesen. | Abs. 9 |
Entscheidungsgründe |
Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch darauf, dass er das Kennzeichen ... als Internetdomain und/oder E-Mail-Adresse nicht benutzt und für sich reserviert hält gem. § 826 BGB in Verbindung mit § 1004 BGB analog. | Abs. 10 |
Es spricht bereits vieles dafür, dass der Beklagte schon bei der Reservierung der Domain im Jahre 1999 die Absicht gehabt hat, diese Adresse nicht etwa für eigene gewerbliche oder private Zwecke zu nutzen sondern als Handelsware gegenüber einem derzeit noch nicht bekannten Interessenten zu verwerten. Der Beklagte räumt selbst ein, eine Vielzahl von Namen reserviert zu haben, die im wesentlichen beschreibende Begriffe beinhalten. Solche Namen eignen sich in besonderer Weise zur Kennzeichnung von Dienstleistungen und als Warenoberbegriffe, so dass schon theoretisch mit einer erheblichen Anzahl von Interessenten in Zukunft gerechnet werden kann. Die Unterschiedlichkeit der reservierten Namen und der insoweit unwidersprochen gebliebene Vortrag der Klägerin bezüglich mangelnder Erfahrung auf dem Gebiet der Gestaltung von Web-Sites zeigen zudem, dass der Beklagte an einer Verwendung der Domainbezeichnung zu eigenen Zwecken von Anfang an nicht interessiert war. | Abs. 11 |
Eine solche Art der Reservierung dürfte jedenfalls dann wettbewerbsrechtlich und auch im Sinne von § 826 BGB sittenwidrig sein, wenn allein die formalrechtliche Stellung dazu benutzt werden soll, Gewinne zu erzielen, deren Höhe nicht mir irgendeiner Leistung des Rechtsinhabers in Zusammenhang steht, sondern allein von der Bedeutung abhängt, die der "Vertragspartner" der Sache beimißt. | Abs. 12 |
Jedenfalls seit dem Erscheinen der Zeitschrift der Klägerin und der Aufforderung, gegen Kostenerstattung eine Übertragung der Domainbezeichnung vorzunehmen, stellt sich die Weigerung verbunden mit einer sechsstelligen Kaufpreisforderung als sittenwidrige und vorsätzliche Schädigung der Klägerin dar. Diese Reservierung ist seit mehreren Jahren ungenutzt. Ernsthafte Anstalten oder Bemühungen einer Nutzung durch den Beklagten sind nicht erfolgt. Für eine Nutzung als eigene Literaturplattform sind keinerlei konkrete Anhaltspunkte vorgetragen. Es ist auszuschließen, dass außer dem reinen Verkauf der Kennzeichnung in Zukunft eine Nutzung des Beklagten erfolgen wird, die nicht ihrerseits marken- oder wettbewerbsrechtlich unzulässig wäre. | Abs. 13 |
Dem Beklagten ist auch bekannt, dass die Klägerin die Bezeichnung ... schlagwortmäßig als Titel einer Zeitschrift benutzt und es bereits zu Fehlleitungen an die Redaktion gerichteter Beiträge gekommen ist. Die Behinderung ist damit offensichtlich. Das Aufrechterhalten der Reservierung dient damit allein dem sittlich zu mißbilligenden Zweck der eigenen Bereicherung für die Aufgabe der Behinderung durch Beibehaltung einer formalen Rechtsposition. | Abs. 14 |
Zur Beseitigung des fortdauernd unrechtmäßigen Zustandes kann die Klägerin zum einen den Verzicht auf die Registrierung verlangen, zum anderen hat der Beklagte es zukünftig zu unterlassen, die streitige Domain reservieren zu lassen oder in sonstiger Weise zu benutzen. | Abs. 15 |
Ob das Begehren der Klägerin auch aus markenrechtlichen Gesichtspunkten gerechtfertigt sein könnte, bedarf bei dieser Situation keiner Entscheidung. | Abs. 16 |
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. | Abs. 17 |
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 ZPO. | Abs. 18 |
Der Streitwert wird auf 100.000,-- DM festgesetzt.
| JurPC Web-Dok. 8/2002, Abs. 19 |
[online seit: 14.01.2002] |
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok., Abs. |
Zitiervorschlag: Düsseldorf, LG, literaturen.de - JurPC-Web-Dok. 0008/2002 |