LG Frankfurt a.M.
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UWG § 3 |
Leitsatz (der Redaktion) |
Der Verbraucher erwartet unter "www.drogerie.de" den Zugang zu einem Informationsarchiv zu Drogerie- und sachverwandten Themen; die Annahme, er treffe auf eine Plattform für E-Mail Adressen und/oder Subdomains im Wege der Verpachtung ("domain-sharing") durch eine branchenfremde Person, einen hauptberuflichen Baustoffhändler, liegt dem Internetnutzer fern. Soweit unter "www.drogerie.de" ein Informationsportal angeboten werden soll, erwartet der Internetnutzer die redaktionelle Bearbeitung der Inhalte durch eine sach- und fachkundige Person. Die Enttäuschung dieser Erwartungen begründet eine Irreführung, § 3 UWG. |
Tatbestand |
Kläger ist ..., eingetragen in das Vereinsregister des Amtsgerichts Köln unter der Nummer VR 5190. Nach § 2 Abs. 1 seiner Satzung bezweckt der Verband die Wahrnehmung und Förderung aller ideellen sowie fachlichen, beruflichen, wirtschaftlichen und sozialen Interessen des Berufsstandes und seiner Mitglieder. | JurPC Web-Dok. 186/2001, Abs. 1 |
Die Beklagte zu 1) betreibt den Handel mit Dachbaustoffen. Der Beklagte zu 2) ist ihr Geschäftsführer. | Abs. 2 |
Für die Beklagte zu 1) sind mehr als 2000 Internetdomains registriert, so unter anderem der Domainname "drogerie.de". | Abs. 3 |
Eingetragen ist für die Beklagte zu 1) auch der Domainname "internetfuehrer.de". Erkundigt man sich dort online nach der Verfügbarkeit einer der zahlreichen Domains, werden Angebote für die Schaltung von E-Mail-Adressen und Subdomains unterbreitet, wie aus Anlage K 7 zur Klageschrift ersichtlich. Dieser Ausdruck gemäß Anlage K 7 war das Ergebnis der Eingabe von "drogerie.de". Durch die Aktivierung dieser Domain bot die Beklagte zu 1) mithin E-Mail-Adressen etwa der Art "peter@drogerie.de" oder Subdomains etwa der Art "peter.drogerie.de" gegen Entgelt zur Nutzung an. | Abs. 4 |
Im Laufe des Rechtsstreits legte der Kläger den Internetausdruck per 12.02.2001 vor, abrufbar unter "www.drogerie.de". In diesem Ausdruck heißt es: | Abs. 5 |
"Hier entsteht das Internetportal
drogerie.de drogerie.de wird Informationen zu Drogerien im Internet und zur rechtlichen Situation des Versandhandels von chemisch-pharmazeutischen Produkten und Arzneimitteln erhalten. (hier: Urteile des Landgerichts Frankfurt am Main) Daneben ermöglichen wir allen mit dem Begriff drogerie in Zusammenhang stehenden Branchen, Firmen und Personen kostenlose Eintragungen in dafür vorgesehenen Rubriken. Wenn Sie also gewerbliche oder private Informationen zu dem Begriff drogerie beisteuern können oder einen Rubrikeneintrag erhalten möchten, so senden Sie uns eine E-Mail!". |
Abs. 6 |
Darunter befindet sich der Copyright-Vermerk, der auf die Rechte der Beklagten zu 1) hinweist. | Abs. 7 |
Der Kläger führt aus: | Abs. 8 |
Nach der Anlage K 7 böten die Beklagten nach einer Aktivierung der Domain "drogerie.de" E-Mail-Adressen oder Unterdomains gegen Entgelt zur Nutzung an. Damit liege ein Handeln im geschäftlichen Verkehr vor. Gleichzeitig werde ein "Ad-hoc-Wettbewerbsverhältnis" begründet. Insgesamt lasse sich bei den Beklagten die Tendenz erkennen, Gattungsdomains, die weder mit dem Kerngeschäft der Beklagten zu 1), dem Dachbaustoffhandel, noch mit dem Namen des Beklagten zu 2) in irgendeinem assoziativen oder sachlichen Zusammenhang stünden, zu kommerzialisieren. Dies habe zur Folge, daß sich ganze Berufsgruppen an einem Auftritt unter ihrer originären, schlagwortartigen Kennzeichnung gehindert sähen. Der Verkehr werde, wenn er den Begriff "drogerie" in die Eingabezeile eines Internet-Browsers eingebe, irregeführt in seiner Erwartung, dort Informationen über die in Deutschland tätigen Drogerien bzw. eine zentrale Auflistung der gewerblichen Berufsträger zu erhalten. Entgegen der Nutzererwartung finde sich unter "drogerie.de" gerade kein zentrales Internet-Portal mit Weiterverweisungen zu deutschen Drogerien; auch finde sich dort, was ebenfalls noch im Bereich der Nutzererwartung liegen könnte, kein Informationsarchiv zu sachverwandten Themen. | Abs. 9 |
Die Verwendung beschreibender Gattungsdomains sei wegen des damit verbundenen Kanalisierungseffekts jedenfalls dann unlauter, wenn ein solcher Begriff in den Händen eines einzelnen Domaininhabers unter Ausschluß sämtlicher Beteiligter der interessierten Branchenkreise monopolisiert werde. Dieser Monopolisierungseffekt, den die Beklagten bewußt für sich kommerziell ausbeuteten, führe zur Unlauterkeit der Registrierung. Davon abgesehen sei davon auszugehen, daß eine Internetadresse, die objektiv falsche Angaben enthalte und daher vom Verkehr falsch verstanden werde, gemäß § 3 UWG irreführend wirke und als unlauter qualifiziert werden müsse, wenn dem Werbenden ein schützenswertes Interesse nicht zugestanden werden könne, in der beanstandeten Art unter dem Gattungsbegriff zu werben. | Abs. 10 |
Was das angekündigte "Internet-Portal" (Anlage K 9 zum Schriftsatz des Klägers vom 09.02.2001) anbetreffe, so habe der Kläger als Verband ein legitimes Interesse, seine Mitglieder davor zu schützen, von Internetnutzern mit dem "Portal" der Beklagten gedanklich assoziiert zu werden und daraus resultierende Irrtümer über die Herkunft des Angebots und dessen Urheber zu verhindern. Folgerichtig müßte die Domain dann insgesamt dem geschäftlichen Verkehr entzogen werden. | Abs. 11 |
Mit einem Titelschutz reklamierenden und eine diskriminierungsfreie Aufnahme sämtlicher interessierten Kreise erlaubenden Portal könnten die Beklagten keine Erledigung des Klagebegehrens herbeiführen. Abzustellen sei auf die angesprochenen Verkehrskreise und deren objektiven Betrachtungshorizont. Wer im Internet in einer Suchmaschine den Begriff "Drogerie" auffinde, habe sich aller Wahrscheinlichkeit nach von der Hoffnung leiten lassen, eine Übersicht über sämtliche Drogerien in Deutschland oder zumindest eine weitestgehende Auflistung der Berufsträger nach regionalen Gesichtspunkten angezeigt zu bekommen. Vom Nutzer erwartet würden also "offizielle" Informationen seitens einer Trägerschaft bzw. einer Organisation, die dem entsprechenden Berufsbild angehöre oder zumindest dessen Interessen wahrnehme. Zumindest würde der Internetnutzer erwarten, daß die Information von einem Berufsträger selbst ins Netz gestellt werde. Die Beklagten handelten jedoch mit Dachbaustoffen und nunmehr offenbar auch mit Domains. Sie hätten über die Klageschrift davon Kenntnis erhalten, daß das nun von ihnen angeblich ins Leben gerufene Portal, d.h. die Onlineplattform, vom Kläger längst avisiert gewesen sei. Durch das Aufgreifen dieser Idee behinderten sie den Kläger in dessen statutarischer Betätigung. | Abs. 12 |
Das Vorhaben der Beklagten sei überdies vorgeschützt. Es handele sich um ein "Domain-Grabbing" klassischster Prägung. Die Beklagten müßten sich die Frage gefallen lassen, ob sie Tausende von Portalen zu Themen wie "Apotheke", "Feinkost", "Versicherungen" etc. erstrebten, allesamt Begriffe, die sie in mehr oder weniger leicht abgewandelter Form registriert hätten. | Abs. 13 |
Der Kläger beantragt,
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Abs. 14 |
Die Beklagten beantragen:
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Abs. 15 |
Die Beklagten führen aus, es werde bestritten, daß der Kläger für sich für die Bezeichnung "Drogerie" Verkehrsgeltung geltend machen könne. Eine Hinderungsabsicht der Beklagten liege nicht vor. Es mag zutreffen, daß der allgemeine Verkehrskreis unter der Internetadresse "drogerie.de" unter anderem Informationen zu deutschen Drogerien erwarte. Er erwarte aber nicht ausschließlich ein Angebot des Klägers, der dem allgemeinen Verkehrskreis völlig unbekannt sei. Es entspreche den guten Sitten im Wettbewerb, wenn die Beklagte zu 1) eine Domain wie die streitgegenständliche nicht auf sich alleine monopolisiere, sondern das Modell des "domain-sharings" praktiziere. Dem Kläger gehe es darum, die Beklagte zu 1) in ihrem virtuellen Eigentumsrecht oder virtuellem Besitzstand unbegründet zu stören. Die Beklagte zu 1) habe das Dilemma der Einmaligkeit einer Internetadresse als eine der ersten erkannt und mit ihrem "domain-sharing"-Angebot gegengesteuert. | Abs. 16 |
Wenn es dem Kläger darum ginge, unter der fraglichen Domain ein zentrales Mitgliederforum zu eröffnen, so könnte er auf sachdienlichen Antrag an die Beklagte zu 1) ohne weiteres an der Domain partizipieren. Praktisch könnte sich der Kläger - rechtlich und technisch selbständig - (beispielsweise) unter "www.VDD.drogerie.de" präsentieren. Solche Pläne verfolge die Klägerin nicht. | Abs. 17 |
Die instanzgerichtliche Rechtsprechung gehe in Abkehr von der Rechtsprechung des Landgerichts Düsseldorf im Fall "epson.de" in wohl nunmehr herrschender Meinung davon aus, daß es nicht auf die Domainbezeichnung als solche für die Lösung des Kennzeichenkonflikts ankomme, sondern auf das konkrete Produktangebot. Der Beklagten zu 1) insofern unter der Adresse "www.drogerie.de" die Gestaltung eines redaktionell betreuten Portals verbieten zu wollen - wie von der Beklagten zu 1) angekündigt und umgesetzt - sei dreist. Auch der Klageantrag zu 2) sei unbegründet. Es sei nicht ersichtlich, daß die Beklagte zu 1) ihre Registrantenstellung bezüglich der streitgegenständlichen Domain dergestalt mißbrauche, Dritte an einer Benutzung dieser Domain zu behindern, ohne eigene Gründe vorweisen zu können. Die Beklagte zu 1) verkaufe wegen ihrer Pläne bezüglich der Verwirklichung ihres Internetguides in Form von "Begriffsportalen" ihre Domains nicht, weil sonst ihr Geschäftszweck in ihren Grundfesten gefährdet würde. Der Geschäftszweck der Beklagten bestehe nämlich darin, allgemeinbegriffliche Domains als Begriffsportale auszugestalten und anderen den Zugang zur Domain zu ermöglichen. Dies sei eine redliche und nicht zu beanstandende Verwendungsweise. | Abs. 18 |
Der Beklagte zu 2) sei in Ermangelung einer rechtswidrigen Haupttat auch kein Mitstörer. | Abs. 19 |
Wegen aller Einzelheiten des sonstigen Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten Anlagen Bezug genommen. | Abs. 20 |
Entscheidungsgründe |
Die Klage ist zulässig und begründet. | Abs. 21 |
In tatsächlicher Hinsicht geht die Kammer davon aus, daß im Laufe des Rechtsstreits hinsichtlich des Sachverhalts eine Änderung eingetreten ist, möglicherweise als Folge des vom Kläger eingeleiteten Rechtsstreits. Ursprünglich ging das Angebot der Beklagten zu 1) unter ihrer Internetdomain "drogerie.de" wohl dahin, für interessierte Internetnutzer E-Mail-Adressen und/oder Subdomains auszugestalten, wie sie aus der Anlage K 7 zur Klageschrift ersichtlich sind; Beispiele hierfür hat der Kläger mit "peter@drogerie.de" (E-Mail) und "peter.drogerie.de" (Subdomain) benannt. Die entgeltliche Mitüberlassung der Internetdomain stellt sich qualitativ als "Internetdomain-Sharing" dar. | Abs. 22 |
Ausweislich der Anlage K 9 zum Schriftsatz des Klägers vom 09.02.2001 wird in der Internetpublikation unter "www.drogerie.de" die Einrichtung von E-Mail-Adressen und/oder Subdomains, wie ursprünglich in Anlage K 7 zur Klageschrift, nicht mehr erwähnt. Unter "drogerie.de" kündigt die Beklagte zu 1) die Entstehung des Internetportals "drogerie.de" an. Dieses Internetportal soll zu Informationen zu Drogerien im Internet und zur rechtlichen Situation des Versandhandels von chemisch-pharmazeutischen Produkten und Arzneimitteln führen. Daneben soll allen mit dem Begriff "Drogerie" in Zusammenhang stehenden Branchen, Firmen und Personen kostenlose Eintragungen in dafür vorgesehene Rubriken ermöglicht werden. Die interessierten Internetnutzer werden aufgefordert, eine E-Mail zu senden, wenn sie gewerbliche oder private Informationen zu dem Begriff "Drogerie" beisteuern könnten oder einen Rubrikeintrag erhalten möchten. | Abs. 23 |
Der Kläger hat auf Seite 4 und Seite 5 seines Schriftsatzes vom 09.02.2001 beachtliche Gründe geltend gemacht, ob die Beklagten es mit dem angekündigten Internetportal ernst meinen. Es stellt sich in der Tat die Frage, ob die Beklagte zu 1) eine Vielzahl von Portalen zu Themen wie "Apotheke", "Feinkost", "Versicherungen" etc. eröffnen will, allesamt Begriffe, die sie hat registrieren lassen. Wenn sie Internetdomains wie "drogerie-bedarf.de" und "drogerie.online.de" hält, so stellt sich die weitere Frage, warum diese Domains hier nicht für das nun ins Leben gerufene Portal nach Anlage K 9 genügen. Ebenso ist es fraglich, was der Begriff "Drogerie" mit dem rechtlich umstrittenen Versandhandel von Arzneimitteln zu tun hat. Wenn insoweit eine Verbraucheraufklärung beabsichtigt wäre, könnte das besser unter der inhaltlich zutreffenden Domain wie "apotheken-online.de" geschehen (auf die Beklagte zu 1) registriert, vgl. Anlage K 2 zur Klageschrift). | Abs. 24 |
Letztlich kommt es auf diese Bedenken nicht an. Beide Varianten der Verwendung der Internetdomain "drogerie.de", nämlich sowohl die gemäß Anlage K 7 zur Klageschrift als auch die gemäß Anlage K 9 zum Schriftsatz des Klägers vom 09.02.2001, sind unzulässig. | Abs. 25 |
Zwar ist insoweit ein wettbewerbswidriges Verhalten der Beklagten zu 1) unter dem Gesichtspunkt der Behinderungsabsicht (§ 1 UWG) nicht zu erkennen. Wettbewerbsrechtliche Vorschriften finden Anwendung. Vermarktet die Beklagte zu 1) im Wege des "Internetdomain-Sharing" E-Mail-Adressen und Subdomains (Anlage K 7) oder eröffnet sie das Internetinformationsportal "drogerie.de", so begründet das im Verhältnis zum Kläger das sogenannte "Ad-hoc-Wettbewerbsverhältnis"; diese Tätigkeit der Beklagten zu 1) kollidiert mit der des Klägers, zu dessen ureigenen Aufgaben es gehört, die ideellen sowie fachlichen, beruflichen, wirtschaftlichen und sozialen Interessen des Berufsstands und seiner Mitglieder wahrzunehmen und zu fördern. In diesem Bereich der kollidierenden Interessen sind die Parteien in weitestem Sinne unternehmerisch tätig. Es fehlt deshalb auf seiten der Beklagten auch nicht an der Voraussetzung des Handelns im geschäftlichen Verkehr. | Abs. 26 |
Was den etwaigen Vorwurf der Behinderungsabsicht der Beklagten zu 1) anbetrifft (§ 1 UWG), so ist zu berücksichtigen, daß der Kläger jedenfalls nach der Ausgestaltung des Angebots der Beklagten zu 1) gemäß Anlage K 7 zur Klageschrift durchaus die Möglichkeit hätte, an der Internetdomain "drogerie.de" der Beklagten zu 1) zu partizipieren, nämlich dergestalt, daß er sich internetmäßig dergestalt präsentiert, wie das die Beklagten beispielhaft aufgeführt haben, nämlich unter "www.VDD.drogerie.de". Auf diesem Hintergrund läßt sich insoweit eine Behinderungsabsicht der Beklagten zu 1) nicht begründen. | Abs. 27 |
Soweit der Kläger zur Begründung der Behinderungsabsicht die Entscheidung "mitwohnzentrale.de" des Hanseatischen OLG (Urteil vom 13.07.1999, 3 U 58/98 [= JurPC Web-Dok. 34/2000, Anm. der Red.]) für einschlägig hält, ist dem nicht zu folgen. Die Behinderungsabsicht begründete das Hanseatische Oberlandesgericht mit dem sogenannten Kanalisierungseffekt im Sinne einer unzulässigen Beeinflussung der Internetnutzer (vgl. hierzu auch OLG Frankfurt am Main, Beschluß vom 13.02.1997, CR 1997, 271). Das Hanseatische Oberlandesgericht führte aus, der unter "mitwohnzentrale.de" fündig gewordene Interessent werde im Regelfall keine Veranlassung haben, seine Suche nach weiteren Anbietern fortzusetzen, selbst wenn er erkenne, daß es sich bei der (dortigen, Anmerkung der Kammer) Beklagten zu 2) um einen Verein handele, der möglicherweise nicht alle Mitwohnzentralen umfasse. Hierdurch verschafften sich die Beklagten in unlauterer Weise einen erheblichen Wettbewerbsvorteil gegenüber dem Kläger und seinen Mitgliedern. Denn deren Homepages finde der Internetnutzer nur, wenn er die genaue Adressbezeichnung kenne, wovon im Zweifel nicht auszugehen sei. | Abs. 28 |
Diese Argumentation greift im Streitfall nicht. Dem Internetnutzer wird sich rasch erschließen, daß der Sache nach sich Unternehmenstätigkeiten wie Drogerie/Parfümerie einerseits und/oder Dachbaustoffe, der Hauptunternehmenstätigkeit der Beklagten zu 1), gegenüberstehen (vgl. Anlage K 5 zur Klageschrift). Unter diesen Umständen ist nicht erkennbar, wie eine wettbewerbswidrige Kanalisierung von Kundenströmen vom Kläger hin zur Beklagten zu 1) stattfinden soll; das erscheint ausgeschlossen. | Abs. 29 |
Die Entscheidung "mitwohnzentrale.de" ist auf den Fall zugeschnitten, daß sich zwei Wettbewerber im herkömmlichen Sinne gegenüberstehen, letztlich derselben Branche zugehörig sind und der Kanalisierungseffekt im Sinne einer unzulässigen Beeinflussung der Nutzer in Form der Kanalisierung von Kundenströmen seine Wirkung zeigen kann. Im vorliegenden Fall des sogenannten "Ad-hoc-Wettbewerbsverhältnisses" kommt diese Argumentation nicht zum Zuge. | Abs. 30 |
Sowohl in der Ausgestaltung des Angebots der Beklagten zu 1) gemäß Anlage K 7 zur Klageschrift als auch in der Ausgestaltung des Angebots gemäß Anlage K 9 zum Schriftsatz des Klägers vom 09.02.2001 verstößt die Beklagte zu 1) durch die Verwendung der Internetdomain "drogerie.de" gegen das Irreführungsverbot des § 3 UWG. Entgegen der Annahme des Klägers wird die Verbrauchererwartung des Internetnutzers allerdings nicht so weit gehen, daß er hinter der Internetdomain "drogerie.de" ein zentrales Internetportal mit Weiterverweisungen zu allen inländischen Drogerien vermutet. Diese Erwartung würde zu weit greifen; dies angesichts der Vielzahl von inländischen Drogerien. So spricht der Kläger selbst von 3500 Mitgliedern, mit weit überwiegendem Teil von Berufsträgern. Unter diesen Umständen kann nicht davon ausgegangen werden, die Erwartungshaltung des interessierten Internetnutzers gehe dahin, zu allen inländischen Drogerien im Sinne einer Detailinformation weiterverwiesen zu werden. | Abs. 31 |
Mit Recht macht der Kläger allerdings geltend, der Verbraucher erwarte unter "drogerie.de" den Zugang zu einem Informationsarchiv zu Drogerie- und sachverwandten Themen; die Annahme, er treffe bei der Internetdomain "drogerie.de" auf eine Plattform für E-Mail-Adressen und/oder Subdomains im Wege der Verpachtung durch eine branchenfremde Person, einer hauptberuflichen Baustoffhändlerin, liegt dem Internetnutzer fern. Unter diesem Gesichtspunkt erachtet die Kammer das entgeltliche Angebot der Beklagten zu 1) gemäß Anlage K 7 zur Klageschrift als irreführend, § 3 UWG. | Abs. 32 |
Erwartet der Internetnutzer - wie ausgeführt - unter der Internetdomain "drogerie.de" den Zugang zu einem Informationsarchiv zu Drogerie- und sachverwandten Themen; so wird die Erwartung allerdings nicht so weit gehen, daß es sich um eine Informationsplattform handeln muß, für die es eine "offizielle Trägerschaft", etwa durch den Kläger, gibt. Der Internetnutzer wird sich in aller Regel keine Vorstellungen darüber machen, was in Zusammenhang mit dem Drogeriewesen eine "offizielle Trägerschaft" für eine Bedeutung haben soll; die Zurechnung zum Kläger als Interessenverband würde voraussetzen, daß die Existenz des Klägers als Verband deutscher Drogisten weitläufig bekannt ist. Das kann nicht unterstellt werden; Erkenntnisse hierüber liegen nicht vor und der Kläger hat über seinen Bekanntheitsgrad außerhalb der Fachkreise und somit innerhalb des großen Kreises der Internetnutzer nichts vorgetragen. | Abs. 33 |
Allerdings geht die Erwartungshaltung des Internetnutzers bei der Internetdomain "drogerie.de" und dem dahinter vermuteten Portal zu einem Informationsarchiv nicht etwa dahin, die anzutreffenden Informationen seien wahllos und ohne qualifizierte Prüfung und Ordnung in das Internet eingestellt. Der Internetnutzer erwartet von einem solchen Informationsarchiv eine sach- und fachkundige Hilfe und Unterstützung unter dem Gesichtspunkt der Nützlichkeit und Brauchbarkeit der Informationen, was nur dann gewährleistet ist, wenn diese Informationen redaktionell bearbeitet werden, und zwar unter Federführung zumindest eines Berufsträgers. Nur dann kann ein Informationsarchiv das halten, was es aus der Sicht des Internetnutzers verspricht und was dieser von einem Informationsarchiv zu Drogerie- und sachverwandten Themen erwartet. Mit dieser Erwartung hat das Angebot der Beklagten zu 1) gemäß Anlage K 7 zur Klageschrift nichts zu tun, ebenso nur vordergründig das Angebot der Beklagten zu 1) gemäß Anlage K 9 zum Schriftsatz des Klägers vom 09.02.2001. Die redaktionelle Bearbeitung des Internetinformationsportals durch eine sach- und fachkundige Person, so einen Berufsträger, ist offensichtlich nicht vorgesehen; bei dem Beklagten zu 2), dem Geschäftsführer der Beklagten zu 1) , handelt es sich um eine branchenfremde Person. Informationen zur rechtlichen Situation des Versandhandels von chemisch-pharmazeutischen Produkten und Arzneimitteln erwartet der Internetnutzer bei einem Informationsarchiv, das unter "drogerie.de" abrufbar ist, nicht. Branchen, Firmen und Personen, die mit dem Begriff "Drogerie" in Zusammenhang stehen, soll die kostenlose Eintragung in vorgesehene Rubriken ermöglicht werden. Die Wertigkeit, Brauchbarkeit und Nützlichkeit im Sinne eines Informationsarchivs wird nicht geprüft, ebenso bei gewerblichen oder privaten Informationen zu dem Begriff "Drogerie", die von Internetnutzern im Wege einer E-Mail beigesteuert werden. | Abs. 34 |
Unter diesen Umständen erscheint die Bezeichnung Internetinformationsportal unter "drogerie.de" nicht sachgerecht. Sie ist irreführend und verstößt deshalb gegen § 3 UWG. Ausgehend von der Erwartungshaltung des Internetnutzers ergeben sich bei einer branchenfremden Baustoffhändlerin Informationsdefizite, angesichts derer die Erwartungen an ein Internetportal "drogerie.de" nicht erfüllt werden können. | Abs. 35 |
Nur nebenbei weist die Kammer darauf hin, daß der Beklagten zu 1) die Verwendung der Internetdomain "drogerie.de" nicht generell untersagt werden soll. Sofern die Beklagte ihrem Internetauftritt einen unterscheidungskräftigen Zusatz hinzufügt, ist ihr das nach dem Klageantrag 1) und nach dem entsprechenden Unterlassungsgebot 1) gestattet. | Abs. 36 |
Der Beklagte zu 2) ist als Geschäftsführer für Handlungen der Beklagten zu 1) bestimmend; er ist daher Mitstörer im wettbewerbsrechtlichen Sinne. Der Klageantrag zu 1) ist deshalb unter dem Gesichtspunkt des § 3 UWG auch gegenüber dem Beklagten zu 2) begründet. | Abs. 37 |
Durch die Verwendung der Domain "drogerie.de" ohne unterscheidungskräftigen Zusatz haben die Beklagten im Rahmen ihres Internetauftritts einen wettbewerbswidrigen Störungszustand geschaffen. Sie sind verpflichtet, diesen zu beseitigen, § 1004 BGB analog, was dadurch zu geschehen hat, daß sie gegenüber der DENIC eG den Verzicht auf die Domain "drogerie.de" erklären. | Abs. 38 |
Da die Beklagten unterliegen, haben sie die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 91 Abs. 1 ZPO. | Abs. 39 |
Die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 1 ZPO.
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JurPC Web-Dok. 186/2001, Abs. 40 |
[online seit: 15.10.2001] |
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok., Abs. |
Zitiervorschlag: Frankfurt, LG, "drogerie.de" - JurPC-Web-Dok. 0186/2001 |