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Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin kann keinen
Erfolg haben. Der Antragstellerin steht ein im Wege der einstweiligen Verfügung
sicherbarer Anspruch aus den §§ 3 und 1 UWG auf Unterlassung der
beanstandeten Internet-Werbung zu.
Allerdings trifft der Hinweis der Antragsgegnerin zu, dass es sich nicht um
eine Blickfangwerbung handelt, so dass die hierfür entwickelten Grundsätze
nicht anwendbar sind. Dennoch ist die Werbung irreführend. Dabei ist vom
Verständnis des breiten Publikums auszugehen, denn die Werbung wendet sich
letztlich an alle, so dass auch die erkennenden Richter zu den angesprochenen
Verkehrskreisen gehören. Zutreffend weist die Beklagte weiter darauf hin,
dass auch nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. WRP 2000,
517/520 - "Orientteppichmuster"; GRUR 2000, 528/529 - "L-Carnitin")
auf das Verständnis des durchschnittlich informierten und verständigen
Durchschnittsverbrauchers (europäisches Verbraucherleitbild) und nicht mehr
auf den ungezwungen-flüchtigen Verbraucher abzustellen ist. Doch ist es
nach der Auffassung des Senats überwiegend wahrscheinlich, dass auch der "Durchschnittsverbraucher"
die beanstandete Werbung nicht so kritisch durchsieht, dass er zu der richtigen
- aber dem Fließtext der Internet-Anzeige widersprechenden - Feststellung
kommt, dass es sich hier gerade nicht um einen Festpreis handelt und man gerade
nicht surfen kann, solange wie man will. Diese Auflösung ergibt sich erst
aus der Sternchen-Fußnote, welche die Beklagte offenbar bewusst so
angeordnet hat, dass sie erst nach kritischem Studium des gesamten Textes
auffallen kann. Dabei fällt ins Gewicht, dass das Sternchen nicht etwa dem
Wort "Festpreis" beigegeben ist und so nicht geeignet ist, den Begriff
im Sinne des Angebots der Klägerin abweichend vom üblichen
Verkehrsverständnis zu definieren. Das Sternchen findet sich auch nicht
etwa hinter der Angabe "99,00 DM pro Monat", wo es gegebenenfalls noch
zur Aufklärung des Verbrauchers geeignet sein könnte, sondern
versteckt sich auch noch abgedeckt durch das Wort "inklusive" hinter
der Angabe "1 GB", die aus der Sicht der Mitglieder des Senats auch
nicht vom Durchschnittsverbraucher sogleich durchschaut wird. Dieser rechnet
eher mit Zusatzkosten, die sich auf den Zeitablauf beziehen und nicht etwa auf
die Speicherkapazität. Dass der Begriff "Gigabyte" dem
Durchschnittsverbraucher in seiner Bedeutung bekannt ist, ist aus der Sicht des
Senats auch nicht überwiegend wahrscheinlich. Hinzu kommt noch, dass durch
das vorangestellte Wort "inklusive" der Eindruck erweckt wird, den
Verbraucher erwarte ein "Bonus". Damit wird er davon abgelenkt, dass
es sich bei dem "aufklärenden" Hinweis um einen solchen handelt,
der die ursprüngliche Werbeaussage ("Festpreis") an sich in ihr
Gegenteil verkehrt. Unter diesen Umständen bleibt es trotz des letztlich
doch erfolgten "Sternchen-Hinweises" dabei, dass es überwiegend
wahrscheinlich ist, dass der Durchschnittsverbraucher die Aufklärung nicht
richtig wahrnimmt und versteht. Es geht hier nicht nur um das Verständnis
von Internet-Insidern, sondern es geht auch um den durchschnittlichen
Internet-Nutzer, dessen Verständnis ebenso durch die Angebote der
Konkurrenz beeinflusst ist. Wenn hier nun ein vom Üblichen abweichendes
Preismodell in versteckter Form und im Widerspruch zu der Angabe "Festpreis"
beworben wird, so kann keineswegs vorausgesetzt werden, dass der
Durchschnittsverbraucher die Einzelheiten des Preismodells erkennt und die auf
ihn zukommenden Kosten einigermaßen sicher kalkulieren kann. Auch das "europäische
Verbraucherleitbild" führt nicht dazu, dass von einem Verbraucher
auszugehen ist, der die ihm unterbreiteten Angebote besonders kritisch prüft
und im Grunde davon ausgeht, dass schon irgendwo ein Haken sein wird. Entgegen
der Auffassung der Beklagten ist ihre Werbung auch nicht so zu behandeln wie die
der dortigen Antragsgegnerin in dem Fall OLG Hamburg, MMR 2000, 702 = MD 2000,
867. Denn dort erschien das auf die weitergehende Aufklärung hinweisende
Sternchen unmittelbar hinter der Angabe des Monatstarifs. Damit lag es für
den Interessenten nahe, sich mit dem Inhalt der "Aufklärung"
vertraut zu machen, die darauf hinwies, dass 3,9 Pfennig pro Minute und 6
Pfennig pro Verbindung zu zahlen sind, was einer üblichen Preisgestaltung
entsprechen dürfte, den Hinweis "Festpreis" aber auch nicht
verdient. Während also bei der Fallgestaltung des OLG Hamburg noch eine für
den Durchschnittsverbraucher hinreichende Aufklärung unterstellt werden könnte,
so gilt dies für den hier zu entscheidenden Fall nicht.
Die beanstandete Werbung stellt sich auch als Verstoß gegen § 1
UWG dar. Zwar fällt die verwirrende Werbung der Beklagten mit einem
angeblichen "Festpreis" unter keine der Fallgestaltungen, die bislang
unter dem Gesichtspunkt "übertriebenes Anlocken" diskutiert
worden sind, doch liegt es nahe, in dieser Art der Werbegestaltung ein solches übertriebenes
Anlocken zu sehen. Denn der Interessent wird mit einer objektiv falschen Angabe
dazu gebracht, sich auf das Angebot der Beklagten überhaupt einzulassen und
sich näher mit diesem zu befassen. Dies könnte unter Umständen
wettbewerbsrechtlich wesentlich bedenklicher als ein "übertriebenes
Anlocken" mit einem vielleicht sogar vorteilhaften Angebot, etwa einem
solchen mit Geldgeschenken oder sonstiger Wertreklame, erscheinen. Jedenfalls
verbietet auch § 1 UWG irreführende Angaben, da solche als Verstoß
gegen das Wahrheitsgebot, das oberste Gebot des Lauterkeitsrechts, regelmäßig
auch sittenwidrig sind (vgl. Köhler/Piper, UWG, 2. Aufl., § 1 Rdn.
13). Sollte es entgegen der Auffassung des Senats an der Relevanz der Irreführung
im Sinne des § 3 UWG fehlen, fände jedenfalls § 1 UWG Anwendung,
da das täuschende Vorgehen der Beklagten fraglos sittenwidrig ist. Es geht
nicht an, Interessenten mit einer eindeutig unwahren Werbeangabe anzusprechen
und in der Werbeanzeige ganz versteckt über den wahren Inhalt des Angebots
und auch das noch in missverständlicher Form aufzuklären. Die Werbung
der Beklagten erweist sich als unlauter, weil sie es letztlich dem
detektivischen Verstand des Interessenten überlässt, ob er den wahren
Inhalt des Angebots enträtselt oder nicht. Ersichtlich verspricht sich die
Beklagte Einiges davon, dass viele Interessenten den erforderlichen
detektivischen Sachverstand nicht aufbringen werden und die Anzeige letztlich in
der Weise missverstehen, dass sie von einem objektiv günstigen "Festpreis"
ausgehen.
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Abs. 7 |