JurPC Web-Dok. 175/2001 - DOI 10.7328/jurpcb/20011610188

LG Saarbrücken
Urteil vom 30.01.2001

7 IV O 97/00

Domainübertragung im Einstweiligen Verfügungsverfahren

JurPC Web-Dok. 175/2001, Abs. 1 - 37


MarkenG § 14; BGB §§ 823 Abs. 2, 1004

Leitsatz (der Redaktion)

Der Anspruch auf Übertragung der Domain aus §§ 14 MarkenG, 823 Abs. 2, 1004 BGB kann auch durch einstweilige Verfügung ausgesprochen werden (vgl. LG Wiesbaden, MMR, 2001, S. 59 f.).

Tatbestand

Der Verfügungskläger (nachfolgend "Kläger" genannt) ist Inhaber der deutschen Marke "S.A.P. Show-Agenturen-Pool", angemeldet am 11.9.1999, eingetragen am 10.2.2000. JurPC Web-Dok.
175/2001, Abs. 1
Die Marke ist in den Klassen 16, 35, 41 und 42 eingetragen. Der Markenschutz umfasst unter anderem die Künstlervermittlung von Künstlern aller Art, die Arbeitsvermittlung im Bereich des Show-Geschäfts sowie die wirtschaftliche Beratung und Vertretung zum Abschluss von Verträgen im Show- und Unterhaltungsbereich.Abs. 2
Der Verfügungsbeklagte (nachfolgend "Beklagter" genannt) ist seit dem 2.11.2000 als Inhaber der Domain "Show-Agenturen-Pool.de" bei der zuständigen Verwaltungsgesellschaft, der DENIC e. G., Wiesenhüttenplatz 26, 60329 Frankfurt/Main, registriert.Abs. 3
Der Beklagte betreibt unter der Internetadresse "www.Show-Agenturen-Pool.de", die der Domain "Show-Agenturen-Pool.de" zuzuordnen ist, ein Internetangebot. Dieses Internetangebot, das auch unter der Adresse "www.1a-Agent-Marketing.de" erreichbar ist, dient unter anderem auch der Vermittlung von Künstlern.Abs. 4
Unstreitig besteht eine Firma ..., deren allein vertretungsberechtigter Geschäftsführer der Kläger ist. Ein Herr ... ist einer von mehreren Gesellschaftern.Abs. 5
Der Kläger trägt vor, er habe gegen den Beklagten einen Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 5 in Verbindung mit § 14 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG.Abs. 6
Unter Verweis auf die Rechtsprechung ist der Kläger der Auffassung, dass in der Registrierung eines Internet-Domain-Namens eine kennzeichenmäßige Benutzung im Sinne des Markengesetzes liegt. Der Kläger trägt weiter vor, eine Markenrechtsverletzung sei in jedem Fall dann gegeben, wenn unter dem Domain-Namen, der der Marke entspreche und mit ihr verwechslungsfähig sei, wie hier, ein kommerzielles Internetangebot abrufbar sei, das zu einer der geschützten Klassen gehöre.Abs. 7
Nach Auffassung des Klägers gewährt ihm sein Markenrecht .ein Verbietungsrecht gegenüber Jedermann.Abs. 8
Der Kläger behauptet, es sei zwischen dem Beklagten und der vorgenannten GmbH kein Vertrag über die Übertragung der Domain des Beklagten an die GmbH zustande gekommen. Herr ... sei hierfür nicht bevollmächtigt gewesen. Im Übrigen besitze die eingetragene Marke auch die erforderliche Unterscheidungskraft. Eine Übertragung der Domain an den Kläger könne auch durch einstweilige Verfügung im Sinne eines schnellen und effektiven Rechtsschutzes angeordnet werden. Eine Vorwegnahme der Hauptsache sei nicht gegeben. Abs. 9
Der Kläger erwirkte am 8.12.2000 folgende einstweilige Verfügung:

1.Dem Antragsgegner wird bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu einem Betrag von 500.000,00 DM und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten untersagt, den Begriff "Show-Agenturen-Pool" im Internet als Domain-Namen zu benutzen. Dem Antragsgegner wird bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Zwangsgeldes bis zu einem Betrag von 50.000,00 DM und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Zwangshaft bis zu 6 Monaten aufgegeben, der Übertragung des Internet-Domain-Namens "Show-Agenturen-Pool.de" innerhalb der Top Level Domain "de" an den Antragsteller zuzustimmen.

2.Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

3.Der Streitwert wird auf 100.000,00 DM festgesetzt.

Abs. 10
Der Beklagte erhob am 8.1.2001 Widerspruch. Abs. 11
Der Kläger beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 8.12.2000 zu bestätigen.

Abs. 12
Hilfsweise beantragt er,

den Beklagten zu verurteilen, gegenüber der DENIC e. G., Wiesenhüttenplatz 26, 60329 Frankfurt, den Verzicht auf die Domain "Show-Agenturen-Pool.de" zugunsten des Klägers zu erklären.

Abs. 13
Der Beklagte beantragt,

den Beschluss vom 8.12.2000 aufzuheben sowie Abweisung des gestellten Hilfsantrags.

Abs. 14
Er trägt vor, Herr ... habe im Auftrag der GmbH der Übertragung der Domain des Beklagten an die GmbH Zug um Zug gegen Zahlung von 500,00 DM zugestimmt und einen entsprechenden Vertrag mit dem Beklagten abgeschlossen. Unstreitig ist zwischen den Parteien, dass die erwähnten 500,00 DM zwischenzeitlich gezahlt sind.Abs. 15
Der Beklagte trägt weiter vor, da er sich demnach bereits rechtsverbindlich zur Übertragung der Domain an die GmbH verpflichtet habe, könne er diese nicht an den Kläger übertragen. An den Gesellschafterbeschluss der GmbH, sich an den Beklagten zum Zwecke der Verhandlung über die Übertragung von dessen Domain zu wenden, sei der Kläger gebunden. Den seitens des Klägers erhobenen Ansprüchen stehe jedenfalls der Einwand des Rechtsmissbrauchs gemäß § 242 BGB entgegen. Auch sei die GmbH bereits in der Zeit vor September 1999 im geschäftlichen Verkehr aufgetreten. Im Übrigen sei die Bezeichnung "Show-Agenturen-Pool" nicht unterscheidungskräftig und damit nicht schutzfähig. Des Weiteren sei die Anordnung der Übertragung der Domain nicht statthaft, insbesondere nicht im einstweiligen Verfügungsverfahren.Abs. 16
Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Abs. 17

Entscheidungsgründe

Nach Erhebung des Widerspruchs war über die Rechtmäßigkeit der einstweiligen Verfügung durch Endurteil zu entscheiden. Die neuerliche Überprüfung führt zur Bestätigung (§§ 936, 925 ZPO).Abs. 18

I.

Das zulässige Verfügungsgesuch ist begründet.
Abs. 19
Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund sind zu bejahen. Abs. 20
Der Kläger hat gegen den Beklagten aus § 14 Abs. 5 MarkenG in Verbindung mit § 14 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG den geltend gemachten Unterlassungsanspruch. Abs. 21
In der Registrierung eines Internet-Domain-Namens liegt eine kennzeichenmäßige Benutzung im Sinne des Markengesetzes (vgl. Fezer, MarkenG, Rdnr. 317 ff. m. w. N.). Daher verletzt die Registrierung eines Domain-Namens, der einer Marke entspricht oder mit ihr verwechslungsfähig ist, die Rechte des Markeninhabers aus § 14 Abs. 2 MarkenG (vgl. Landgericht Frankfurt, NJW-RR 1998, 974 für das Namensrecht). Abs. 22
Eine Markenrechtsverletzung liegt darüber hinaus dann vor, wenn unter dem Domain-Namen, der der Marke entspricht oder mit ihr verwechslungsfähig ist, wie hier, ein kommerzielles Internetangebot abrufbar ist, das zu einer der geschützten Klassen gehört. Abs. 23
Der Domain-Name Show-Agenturen-Pool ist mit der Marke des Klägers weitgehend identisch. Die Buchstabenfolge "S.A.P." stellt lediglich eine Abkürzung von "Show-Agenturen-Pool" dar und ist daher unbeachtlich. Jedenfalls ist aber der Domain-Name des Beklagten mit der Marke des Klägers verwechslungsfähig. Die Marke des Klägers ist gegenüber der Domain-Anmeldung des Beklagten prioritätsälter.Abs. 24
Unstreitig hat der Kläger weder dem Beklagten noch der GmbH noch Herrn ... ein Nutzungsrecht an seinem Markenrecht erteilt. Abs. 25
Der Beklagte als formaler Inhaber der streitgegenständlichen Domain war im Übrigen materiellrechtlich dem Kläger als Markeninhaber gegenüber nicht in der Lage bzw. befugt, mit einem Dritten, hier dem Zeugen ..., einen Vertrag zur Übertragung der Domain gegen Zahlung einer Geldsumme zu schließen, denn ein solcher Vertrag ist gemäß § 138 BGB nichtig (vgl. Landgericht Frankfurt, NJW-RR 1998, 999).Abs. 26
Im Übrigen hat der Beklagte auch nicht glaubhaft gemacht, dass der Zeuge ... befugt war, namens der GmbH mit dem Beklagten einen Vertrag über die Übertragung von dessen Domain an die GmbH abzuschließen. In seiner eidesstattlichen Versicherung vom 19.1.2001 hat der Zeuge ... ausgeführt, es habe bei dem Beklagten nachgefragt werden sollen, ob er die Domain "Show-Agenturen-Pool" übertragen würde. Von einem Gesellschafterbeschluss zum Abschluss entsprechender Verträge ist nicht die Rede.Abs. 27
Selbst wenn man die eidesstattliche Versicherung des Zeugen ... so verstehen würde, stünde ihr jedenfalls diametral die eidesstattliche Versicherung des Klägers vom 1.1.2001 bzw. vom 23.1.2001 entgegen. Im Übrigen ergibt sich aus dem Gesellschaftsvertrag, dass eine Befugnis auf Erteilung einer Spezialhandlungsvollmacht nicht der Beschlusszuständigkeit der Gesellschafterversammlung unterliegt. Im Hinblick auf die widersprechenden eidesstattlichen Versicherungen ist noch nicht einmal glaubhaft gemacht, dass eine solche Vollmacht zu Händen des Zeugen ... zum Abschluss eines Vertrages erteilt wurde.Abs. 28
Die zugunsten des Klägers eingetragene Marke besitzt auch die erforderliche Unterscheidungskraft (§ 3 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).Abs. 29
Selbst wenn man alle drei Begriffe, aus denen sich die Marke zusammensetzt, als beschreibend ansehen wollte, ist die Marke dennoch als unterscheidungskräftig anzusehen. Auch Zeichen, die ausschließlich aus Bestandteilen zusammengesetzt sind, die jeweils für sich betrachtet beschreibend sind, können dann insgesamt unterscheidungskräftig sein, wenn der Gesamteindruck des Zeichens nicht beschreibend ist. Nach der Rechtsprechung ist nur dann von einem Fehlen der Unterscheidungskraft auszugehen, wenn der zusammengesetzte Begriff als solcher und in dieser Form in der deutschen Sprache gebräuchlich ist und vom Verkehr als Beschreibung eines bestimmten Produkts verstanden wird. Gibt es keine Hinweise, dass diese Kombination auf dem angemeldeten Warengebiet beschreibend verwendet wird, so ist sie in ihrer zeichenbildenden Gesamtheit keine freizuhaltende beschreibende Angabe (vgl. BGH GRUR 1992, 607). Bei dem Begriff "Show-Agenturen- Pool" handelt es sich nicht um einen in der deutschen Sprache gebräuchlichen Begriff. Auch in Fachkreisen ist dieser Begriff nicht in dieser Kombination gebräuchlich. Es handelt sich um eine phantasievolle Zusammenstellung, die in dieser Kombination kein bestimmtes Produkt beschreibt. Er ist daher unterscheidungskräftig. Abs. 30
Es ist auch seitens des Beklagten nicht glaubhaft gemacht, dass die GmbH ihre Geschäftstätigkeit bereits vor der Anmeldung der Marke am 11.9.1999 aufgenommen hätte. Ein Anzeigenschluss am 30. September lässt nicht zwingend auf ein Auftreten im geschäftlichen Verkehr vor dem 11.9.1999 schließen. Abs. 31

II.

Der Kläger hat auch aus §§ 14 MarkenG, 823 Abs. 2, 1004 BGB Anspruch auf Übertragung der Domain (vgl. Landgericht München, NJW-RR 1998, 973; Landgericht Frankfurt, NJW-RR 1998, 974 ff.; Landgericht Hamburg, K & R 2000, 613).
Abs. 32
Die Übertragung der Domain schafft einen schnellen und effektiven Rechtsschutz. Da nach der Rechtsprechung auch die bloße Registrierung einer Domain eine Markenverletzung darstellt, muss der unberechtigte Inhaber der Domain ohnehin seine Löschung als Domain-Inhaber betreiben, um dem Unterlassungsanspruch nachzukommen. Wird der bisherige Inhaber der Domain gelöscht, steht die Domain jedoch jedermann zur Registrierung zur Verfügung. Wird daher der Zeitpunkt nicht genau abgestimmt, oder aber eine direkte Übertragung der Domain auf den Berechtigten durchgeführt, kann der Rechtsschutz des Markeninhabers dadurch vereitelt werden, dass ein Dritter die Domain auf sich registriert. Dies würde einem schnellen und effektiven Rechtsschutz des Domain-Inhabers zuwider laufen und die Gerichte weiter belasten. Die Verurteilung zur Übertragung der Domain auf den Berechtigten ist daher der effektivste Weg zur Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes (vgl. Landgericht Frankfurt, Landgericht München, Landgericht Hamburg, a.a.O.).Abs. 33
Ein derartiger Anspruch kann auch durch einstweilige Verfügung ausgesprochen werden (vgl. Landgericht Wiesbaden, MMR, 2001, S. 59 f.) .Das Gericht schließt sich insoweit den für zutreffend erachteten Ausführungen des Klägers auf S. 6 im Schriftsatz vom 22.1.2001 an. Abs. 34
Die Dringlichkeit ist analog § 25 UWG zu bejahen.Abs. 35
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Abs. 36
Das Urteil ist ohne besonderen Ausspruch vorläufig vollstreckbar.
JurPC Web-Dok.
175/2001, Abs. 37
[online seit: 01.10.2001]
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok., Abs.
Zitiervorschlag: Saarbrücken, LG, Domainübertragung im Einstweiligen Verfügungsverfahren - JurPC-Web-Dok. 0175/2001