LG Berlin
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GG Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1, 5; BGB § 12 |
Leitsätze (der Redaktion) |
1.Das Namensrecht eines Namensträgers
wird auch dann verletzt, wenn lediglich ein prägender Namensteil unbefugt
in einer Internet-Domain eines anderen verwendet wird.
2.Zwar darf sich der Inhaber einer Domain auf seiner Website im Rahmen der Kommunikationsrechte des Art. 5 GG kritisch mit der Unternehmenspolitik und den Umweltstandards eines Unternehmens auseinandersetzen, dieses Recht reicht aber nur so weit, wie Rechte anderer, insbesondere auch das Namensrecht aus § 12 BGB, nicht beeinträchtigt werden. |
Tatbestand |
Die Antragstellerin ist ein Unternehmen der ..., welches kürzlich aus den drei Unternehmen ..., ... und ... gebildet wurde. Ihre Produkte werden u. a. an Tankstellen mit der Bezeichnung ... vertrieben. Der Antragsgegner ist eine international tätige Umweltschutzorganisation. | JurPC Web-Dok. 141/2001, Abs. 1 |
Der Antragsgegner unterhielt eine Domain ..., von welcher die Antragstellerin am 10. Januar 2001 Kenntnis erlangte. Wer diese Domain aufrief, wurde auf Internet-Seiten der Antragsgegnerin unter ... umgeleitet, die sich kritisch mit der Ölförderung der Antragstellerin in Russland sowie deren Unternehmenspolitik auseinandersetzen. | Abs. 2 |
Die Antragstellerin hält die Domain ... für eine Verletzung der von ihr beanspruchten Kennzeichenrechte und hat am 18. Januar 2001 eine einstweilige Verfügung erwirkt, mit der dem Antragsgegner bei Vermeidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel untersagt worden ist, unter der Internet-Domain "..." im Internet aufzutreten. Hiergegen richtet sich der Widerspruch des Antragsgegners, dem die einstweilige Verfügung am 26. Januar 2001 zugestellt worden ist. | Abs. 3 |
Die Antragstellerin trägt vor:
Die Angabe ... werde nach der Verkehrsauffassung dahin verstanden, dass es sich um Internet-Seiten handele, die sich mit den Mineralölprodukten der Antragstellerin befassten, und nicht um Internet-Seiten einer Umweltschutzorganisation. Der Benutzer könne erst nach näherem Hinsehen erkennen, dass er nicht wie erwartet, auf Internet-Seiten der Antragstellerin gelangt sei. Hierin sei eine Irreführung des Verkehrs zu sehen, welche eine Verletzung des Namensrechts der Antragstellerin bewirke. Die Internet-Domain besitze ganz überwiegend Namensfunktion, weshalb es allein der Antragstellerin vorbehalten sei, eine Domain wie die streitgegenständliche zu benutzen. | Abs. 4 |
Die Antragstellerin beantragt,
| Abs. 5 |
Der Antragsgegner beantragt,
| Abs. 6 |
Der Antragsgegner stellt eine unbefugte Namensführung nach § 12 BGB in Abrede. Die Domain "..." sei im vorliegenden Fall - ähnlich wie eine Schlagzeile in der Presse - als Titelzahl dort eingesetzt worden. Weder über die Verantwortlichen noch über den Betreiber werde hier in die Irre geführt. Jeder Internet-Besucher könne auf den zweiten Blick erkennen, dass er sich auf den Internet-Seiten des Antragsgegners befinde, was auch dadurch deutlich werde, dass die Domain ... in Umweltverzeichnissen wie ... geführt werde. Es sei schon technisch für den Benutzer nicht möglich, den Antragsgegner beim Aufsuchen der Domain zu übersehen. | Abs. 7 |
Der Antragsgegner bestreitet, dass sich die Domain den Namen der Antragstellerin zu eigen mache. Es handele sich um eine Schlagzeile, in der, von den Kommunikationsrechten des Artikel 5 Grundgesetz geschützt, der Name der Antragstellerin nur als Gegenstand einer Aussage genannt werde. Der Name der Antragstellerin sei als Stichwort für kritische Auseinandersetzungen anzusehen. Auch erfolge durch den ironischen Anklang an ... eine Distanzierung. | Abs. 8 |
Die Domain "..." solle der Kommunikation dienen, um den Diskurs über die Unternehmenspolitik und die Ölförderung der Antragstellerin in Russland zu fördern. Gleichzeitig solle unter dem Stichwort ... Information vermittelt, eine Aufklärung erzielt und so eine Lösung über die Medien erzielt werden. | Abs. 9 |
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf die ihren Verfahrensbevollmächtigten eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. | Abs. 10 |
Entscheidungsgründe |
Die einstweilige Verfügung ist zu bestätigen, da sie zu Recht ergangen ist, §§ 936, 925 ZPO. Die Antragstellerin hat gegen den Antragsgegner einen dringenden Unterlassungsanspruch gemäß § 12 BGB. Die Kammer verbleibt bei ihrer Auffassung, dass hier eine Namensrechtsverletzung im Sinne der zuletzt genannten Vorschrift vorliegt. | Abs. 11 |
Mit der Unterhaltung der Domain "..." hat der Antragsgegner unbefugt als prägenden Bestandteil den der Antragstellerin zustehenden Namensbestandteil ... gebraucht und dadurch deren schutzwürdiges Interesse verletzt. Denn nach der Ansicht eines beachtlichen Teils des Verkehrs lässt die Verwendung der streitgegenständlichen Domain auf eine Beziehung zu dem Mineralölunternehmen der Antragstellerin schließen. Hierfür genügt es, wenn nur einzelne Namensteile gebraucht werden, sofern es sich hierbei um besonders prägende handelt. Die Antragstellerin lässt unter der Bezeichnung "..." ihre Produkte auf Tankstellen vertreiben. Auch wenn die korrekte Bezeichnung des Unternehmens seit der Fusion ... lautet, so ist doch zu beachten, dass der Verkehr vor allem bei längeren Namen zu Abkürzungen neigt und "..." einen prägenden Bestandteil des Namens darstellt und das Unternehmen auch weiterhin als "..." im geschäftlichen Verkehr auftritt und bekannt ist. Der unbefugte Gebrauch folgt aus dem Vorliegen der Verwechslungsgefahr und der Zuordnungsverwirrung bei Verwendung des Namens ... als Internet-Domain. | Abs. 12 |
Bei einer Internet-Domain handelt es sich regelmäßig um ein namensähnliches Kennzeichen, dem eine Namensfunktion zukommt. Wer das Internet zur Darstellung eigener Inhalte nutzen möchte, tritt in der Regel unter einer Domain mit dem eigenen Namen auf. Auch verbindet der durchschnittliche Anwender regelmäßig die Bezeichnung der Domain gedanklich mit dem Namen des gesuchten Anbieters. Führt nun die Domain "..." nicht zu Internet-Seiten der Antragstellerin, so unterliegt der Benutzer einer zumindest anfänglichen Zuordnungsverwirrung, deren Unterbindung die Antragstellerin verlangen kann. | Abs. 13 |
Der Antragsgegner trägt hiergegen vor, jeder Internet-Besucher könne auf den zweiten Blick erkennen, sich auf den Internet-Seiten des Antragsgegners zu befinden, was auch dadurch deutlich werde, dass die Domain ... in Umweltverzeichnissen wie ... ausgeführt werde. Hierdurch wird aber gerade nicht die anfängliche Verwechslungsgefahr beseitigt, gegen die sich die Antragstellerin ebenso zu Recht wehrt, wie gegen den Umstand, dass eine Irreführung über den Betreiber jedenfalls beim Aufsuchen der Domain zunächst gegeben ist. | Abs. 14 |
Auch eine Abwägung des Interesses des Antragsgegners mit dem der Antragstellerin ergibt, dass das schutzwürdige Interesse der Antragstellerin überwiegt. Ohne Zweifel hat zwar der Antragsgegner das Recht, sich im Rahmen der Kommunikationsrechte des Artikel 5 Grundgesetz über das Medium Internet mit der Unternehmenspolitik und den Umweltstandards der Antragstellerin kritisch auseinanderzusetzen und hierbei selbstredend auch den Namen ... anzuführen. Des Weiteren ist es ihm unbenommen, die Öffentlichkeit zu informieren und aufzuklären sowie seine Standpunkte darzulegen. Der Schutz durch Artikel 5 Grundgesetz reicht allerdings nur so weit, wie nicht die Rechte anderer beeinträchtigt werden (siehe Absatz 2 der genannten Vorschrift). Zu solchen Rechten anderer gehört u.a. das Namensrecht. Hierdurch wird dem Antragsgegner auch nicht untersagt, eine bestimmte Meinung zu äußern, und auch die Pressefreiheit ist hier nicht tangiert. Denn nach Auffassung der Kammer trifft es nicht zu, dass die Internet-Domain mit der Überschrift eines Zeitungsartikels vergleichbar wäre. Wenn überhaupt insoweit ein Vergleich gezogen werden kann, so ist es eher so, dass die Domain dem Titel eines Presseorgans (und nicht eines Presseartikels) vergleichbar wäre. Dass aber Pressetitel auf die Kennzeichenrechte Dritter Rücksicht zu nehmen haben und dass dem auch nicht die Pressefreiheit entgegensteht, bedarf aus Sicht der Kammer keiner weiteren Vertiefung, zumal auch die hier in Rede stehenden Kennzeichnungsrechte grundrechtsrelevante Positionen (Allgemeines Persönlichkeitsrecht, Artikel 1, Absatz 1, Artikel 2, Absatz 1 Grundgesetz, und Eigentum, Artikel 14 Grundgesetz) darstellen. | Abs. 15 |
Die mögliche Distanzierung durch den ironischen Anklang an "..." vermag an alledem ebenfalls nichts zu ändern. Zum einen ist zu bezweifeln, ob diese Anspielung überhaupt von jedermann erkannt wird. Zum anderen liegt eine kritische Auseinandersetzung mit besagtem Kosmetikartikel nicht vor. | Abs. 16 |
Festzuhalten bleibt, dass nach Auffassung der Kammer die Untersagungsverfügung nicht in verfassungsrelevanter Weise in die durch Artikel 5 Grundgesetz geschützten Grundrechte des Antragsgegners eingreift. Denn der Antragsgegner darf - was nochmals zu betonen ist - sämtliche Inhalte weiterhin im Internet als Informations- und Aufklärungsmaterial verwenden. Diese werden vom Verbotsinhalt nicht umfasst. Der Antragsgegner muss nur eine andere Domain auswählen, die nicht das durch § 12 BGB geschützte Namensrecht der Antragstellerin verletzt. | Abs. 17 |
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Einer Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit bedurfte es nicht, da einstweilige Verfügungen und ihre Bestätigungen bereits aus sich heraus kraft Natur der Sache sofort vollstreckbar sind, ohne dass dies gesondert ausgesprochen werden müsste. | JurPC Web-Dok. 141/2001, Abs. 18 |
Anm. der Redaktion: 1. Gegen das Urteil wurde Berufung beim Kammergericht eingelegt; dortiges Aktenzeichen: 5 U 101/01. 2. Vgl. den in der Sache ergangenen Beschluss vom 18.01.2001 unter gleichem Aktenzeichen (= JurPC Web-Dok. 142/2001). |
[online seit: 16.07.2001] |
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok., Abs. |
Zitiervorschlag: Berlin, LG, "oil-of-elf.de" - JurPC-Web-Dok. 0141/2001 |