LG München II
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Leitsatz (der Redaktion) |
Domain-Grabbing, bei dem Domain-Namen bekannter Marken registriert werden, ohne dass der Registrierende ein eigenes Interesse an der Veröffentlichung einer Homepage unter der Domain-Adresse hat, ist strafrechtlich als Kennzeichenverletzung und Erpressung bzw. versuchte Erpressung strafbar, wenn von den Markeninhabern unter Androhung der Ausnutzung der Sperrwirkung der Registrierung ein Entgelt für die Freigabe der Domain verlangt wird. |
Tenor |
1. Der Angeklagte K... ist schuldig
der versuchten strafbaren Kennzeichenverletzung in 10 Fällen in Tatmehrheit mit strafbarer Kennzeichenverletzung in 12 Fällen, davon in 3 Fällen je in Tateinheit mit Erpressung und in 9 Fällen je in Tateinheit mit versuchter Erpressung, sowie des Computerbetruges in 2 Fällen in Tatmehrheit mit versuchtem Computerbetrug in 2 Fällen in Tatmehrheit mit Betrug in 10 Fällen. |
2. Er wird deshalb zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr 10 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird. |
3. Der Angeklagte K... hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. |
Angewendete Vorschriften: §§ 14 Abs. 2 Nr. 3, 143 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 und 3 Markengesetz, 253, 263 a Abs. 1 und 2, 263 Abs. 1 und 2, 22, 23, 47, 52, 53, 54, 56 StGB. |
Gründe(abgekürzt gemäß § 267 Abs. V StPO) |
I.
Der Angeklagte wurde am ... 1972 in ... geboren. Er wuchs bei seinen Eltern in Thüringen auf. Der Vater, ein bereits verstorbener Bauarbeiter, verließ die Familie als der Angeklagte 4 Jahre alt war. Die Mutter hat 1995 wieder geheiratet und ist als Bürokraft tätig. Der Stiefvater arbeitet in der Forstverwaltung. Der Angeklagte hat einen um zwei Jahre älteren Stiefbruder. Der Angeklagte besuchte zehn Jahre die Schule, die er mit dem politechnischen Abschluß beendete, der dem Erreichen der mittleren Reife vergleichbar ist. Anschließend absolvierte er eine Lehre zum Industriekaufmann, die er 1993 erfolgreich abschloß. | JurPC Web-Dok. 228/2000, Abs. 1 |
Nachfolgend war er bei der ... zwei Jahre in der Finanzverwaltung beschäftigt und verdiente monatlich ca. 2.000,- DM netto. Weil die Stelle auf die Hälfte gekürzt werden sollte, was dem Angeklagten nicht akzeptabel erschien, wurde das Arbeitsverhältnis schließlich im gegenseitigen Einvernehmen aufgelöst. | Abs. 2 |
Seither ist der Angeklagte arbeitslos, obwohl er zwischenzeitlich einen Außenwirtschaftskurs und Betriebsinformatikkurs belegte, sich also fortzubilden suchte. Die Arbeitslosenhilfe ist dabei im April dieses Jahres ausgelaufen. Der Angeklagte bestreitet deshalb derzeit seinen Lebensunterhalt ausschließlich durch Zuwendungen seiner Mutter. Diese bezahlt insbesondere die Miete in Höhe von monatlich 600,-DM für die Wohnung des Angeklagten. Der Angeklagte, der täglich viele Stunden vor seinem Computer verbringt, hat über das Internet eine Ausländerin kennengelernt, die er am 02.07.2000 geheiratet hat. Da diese nicht im Besitz einer Arbeitserlaubnis ist, kann auch sie derzeit keiner Beschäftigung nachgehen. | Abs. 3 |
Der Angeklagte verfügt über kein Vermögen. Seinen PKW mußte er zwischenzeitlich verkaufen. Aus den Zivilprozessen, die wegen der von ihm vorgenommenen Registrierung verschiedener domains geführt wurden, sind ihm hohe Schulden erwachsen. | Abs. 4 |
Unfälle oder Krankheiten, die sich auf seine Schuldfähigkeit auswirken könnten, hat der Angeklagte nicht erlitten. | Abs. 5 |
Strafrechtlich ist der Angeklagte bislang nicht in Erscheinung getreten. | Abs. 6 |
II.
A. Der Angeklagte betätigte sich im Bereich des sogenannten Domain-Grabbing wie folgt: | Abs. 7 |
Im Zeitraum vom Dezember 1997 bis Februar 1999 ließ er von seinem Wohnsitz in ... aus per e-mail auf seinen Namen in einer Vielzahl von Fällen bei den zuständigen Registrierungsbehörden (Network Information Center, sog. NIC) homepage-Namen (sog. domains) registrieren. | Abs. 8 |
Diese domains enthielten in der Bundesrepublik Deutschland allgemein bekannte und durch das Markengesetz geschützte Markennamen. | Abs. 9 |
In den nachgenannten Fällen kam es nur zu der Registrierung, jedoch nicht zu einem geschäftlichen Kontakt zwischen dem Angeklagten und dem Inhaber der jeweils betroffenen Marke: | Abs. 10 |
| Abs. 11 |
In den nachgenannten Fällen kam es zu einem Briefverkehr oder zu Geschäftsverhandlungen mit den betroffenen Markeninhabern: | Abs. 12 |
| Abs. 13 |
Der Angeklagte hatte in allen genannten Fällen nicht die Absicht, unter der registrierten domain eine homepage zu errichten. Die Domainnamen wurden von ihm nicht aktiv genutzt, d.h. der Internetnutzer, der versucht hätte, durch Einsetzen der Marke Informationen der hinter den Markeninhabern stehenden Firmen zu erhalten, hätte mangels Einrichtung einer homepage lediglich festgestellt, daß auf die Seite nicht zurückgegriffen werden kann. Allerdings existieren Programme, über die der Internetnutzer feststellen kann, welche domains vergeben und auf wen sie registriert sind. In diesen ist der Angeklagte namentlich bzw. unter der Bezeichnung S... C... als Registrant aufgeschienen, was ihm auch bewußt war. Ihm war ferner bekannt, daß die Domainnamen ohne Überprüfung der Berechtigung eines Anmelders reserviert und registriert werden und lediglich eine bereits erfolgte anderweitige Zuteilung einer Vergabe entgegensteht. Eben diese Sperrwirkung wollte er sich zunutze machen, um von Interessenten für die Freigabe Geld zu verlangen und sich hierdurch eine Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu schaffen. Er war sich darüber im klaren, daß der Wert der von ihm reservierten domains allein darauf beruhte, daß der Bekanntheitsgrad und die Wertschätzung der Marke bei den Nutzern des Internets einen Wiedererkennungseffekt hervorruft und zugleich die Erwartung weckt, unter dieser Adresse Informationsangebote des Inhabers des Markenrechts abrufen zu können. Er wußte, daß er durch seine Registrierungen die Berechtigten bei der Verwendung ihrer Marke im Internet, d.h. der Nutzung eines Mediums, das in der Geschäftswelt enorme Bedeutung erlangt hat und dessen Benutzung für den Wirtschaftsverkehr eminent wichtig geworden ist, wesentlich behindert. Der Angeklagte bot jedoch in keinem der vorgenannten Fälle von sich aus die domains zum Verkauf an. Er wartete zu, bis Interessenten, die auf eine gewünschte domain nicht mehr zugreifen konnten und für die er, wie dargelegt, als Registrant ermittelbar war, an ihn herantraten. Dabei war er gewillt, diese bei entsprechender Bezahlung nicht nur an die Markenrechtsinhaber, sondern an jeden beliebigen, zum Beispiel auch ein Konkurrenzunternehmen, zu veräußern. Aufgrund ergangener Zivilurteile war er sich bewußt, daß er die domains letztendlich den Markenrechtsinhabern überlassen muß, sein Vorgehen also rechtswidrig ist. Gleichwohl drohte er diesen für den Fall einer Nichtzahlung mit der weiteren Sperrung der domains unter Hinweis auf die lange Dauer etwaiger Zivilprozesse und der Möglichkeit, die domains anderen Interessenten zu überlassen. | Abs. 14 |
B.
Außerdem bestellte der Angeklagte K... ebenfalls von seinem Wohnsitz in ... aus in der Zeit von August 1998 bis November 1998 Waren- und Dienstleistungen bei verschiedenen Firmen über das Internet und benutzte dabei zur Bezahlung Daten von fremden Kreditkarten, die er sich unberechtigt verschafft hatte. | Abs. 15 |
Im einzelnen handelte es sich um die folgenden Fälle: | Abs. 16 |
1. Am 19.11.1998 bestellte der Angeklagte bei der Karstadt AG, 45119 Essen, ein Autoradio Blaupunkt Viking TMC zum Preis von 899,-DM und gab dabei die Kartennummer der ...-card ..., ausgestellt für D... K..., als Zahlungsmittel an. Am 23.11.1998 bestellte er auf gleiche Weise eine AIWA Stereoanlage NSX S 90 RX zum Preis von 899,-DM sowie Autolautsprecher Pioneer TSE zum Preis von 399,-DM und gab dabei als Zahlungsmittel die ...-card mit der Nr. ..., ausgestellt für ..., an. Diese Bestellungen wurden bei der Fa. Karstadt AG mittels eines automatisierten EDV-Programms einer Routineprüfung unterzogen und führten automatisch zu einem Warenversand an den Angeklagten. Von den Kreditkartenunternehmen wurden die Kaufpreise nicht an die Karstadt AG ausgezahlt, so daß diese bislang keine Kaufpreiszahlung erhalten hat. Am 26.11.1998 bestellte der Angeklagte die Autolautsprecher Pioneer TSE zum Preis von 299,-DM, einen Siemens Wasserkocher zum Preis von 299, -DM, einen Computerbaustein Simm zum Preis von 369,-DM und gab hierbei als Zahlungsmittel die ...-card ...., ausgestellt für R..., an. Am 29.11.1998 bestellte der Angeklagte auf die gleiche Weise die Lautsprecherboxen Canton zum Preis von 599,-DM und gab hierbei als Zahlungsmittel die ...-card ..., ausgestellt für M..., an. Aufgrund eines zwischenzeitlich in die EDV eingetragenen Sperrvermerks führten die beiden letztgenannten Bestellungen nicht mehr zu einer Warenfreigabe durch die automatisierte EDV. Bei den 4 vorgenannten Bestellungen nahm der Angeklagte zumindest billigend in Kauf, daß seine Bestellungen vollautomatisch bearbeitet würden, und beabsichtigte für diesen Fall, den Datenverarbeitungsvorgang dahingehend zu beeinflussen, daß ihm die Waren in gleicher Weise ausgeliefert würden, wie wenn er der berechtigte Karteninhaber gewesen wäre. Er wollte eine Warenlieferung ohne Gegenleistung erreichen. | Abs. 17 |
2. Am 19.07.1998 bestellte der Angeklagte bei der staatlichen Lotterieeinnahme H... N... in Hamburg per Internet zwei Lose zum Gesamtpreis von 200, -DM und gab dabei als Zahlungsmittel die ...-card mit der Nummer ... an. Die Bestellung wurde manuell bearbeitet und die Lose nach Prüfung der Gültigkeit der Kreditkarte abgesandt. Im September 1998 bestellte der Angeklagte darüberhinaus zwei Lose der Norddeutschen Klassenlotterie zum Preis von 424,-DM bei der staatlichen Lotterieeinnahme Gregor und gab dabei als Zahlungsmittel die ...-card mit der Nummer ..., ausgestellt für K..., an. Das Loszertifikat wurde auch hier nach Bearbeitung durch einen Mitarbeiter am 30.09.1998 an den Angeklagten versandt. Von den Kreditunternehmen wurden jeweils die Forderungen nicht anerkannt. Der Angeklagte beabsichtigte in den vorgenannten Fällen jeweils für den Fall, daß eine manuelle Bearbeitung erfolgen würde, daß beim Sachbearbeiter der Eindruck erweckt würde, der Angeklagte sei zur Verfügung über die angegebene Kreditkarte berechtigt. | Abs. 18 |
3. Am 29.09.1998 bestellte der Angeklagte bei der Firma DELL-Computer, Monzastr. 4, 63225 Langen, einen Drucker HP Deskjet oder Office Jet zum Preis von 738, 92 DM und gab dabei als Zahlungsmittel zunächst die ...-card ..., ausgestellt für K..., an. Eine Verfügungsberechtigung über diese Karte hatte der Angeklagte nicht. Auf manuelle Bearbeitung der Bestellung bei der Fa. DELL wurde der Drucker an den Angeklagten ausgeliefert. Der Kaufpreis wurde von Visacard nicht beglichen. Auch in diesem Fall war die Angabe der Kartendaten zu dem Zweck erfolgt, bei dem Sachbearbeiter der Fa. DELL den Eindruck zu erwecken, der Angeklagte sei über die Karte verfügungsbefugt. | Abs. 19 |
4. Bei der Fa. EDV-Buchverband Delf Michel in 42897 Remscheid verfuhr der Angeklagte in gleicher Weise wie in den vorgenannten Fällen und tätigte in derselben Absicht die folgenden Bestellungen: | Abs. 20 |
- am 29.09.1998 die Software Lotus SMARTSUITE 98 zum Preis von
309,-DM und Angabe der ...-Karte ..., ausgestellt für
J...
- am 05.10.1998 die Software Microsoft-Windows 98 Updates zum Preis von 209,-DM unter Angabe der ...-card ... der ...-Bank - am 20.10.1998 die Microsoft Encarta Weltatlas zum Preis von 109,-DM unter Angabe der nicht existierenden Kartennummer ... - am 28.10.1998 die Microsoft-Formpage 1998 zum Preis von 359,-DM unter Angabe der ...-Kartennummer ..., ausgestellt für ... - am 28.11.1998 das Microsoft Office 1997 Update zum Preis von 498,-DM unter Angabe der ...-card ..., ausgestellt für D... | Abs. 21 |
Die Waren wurden nach Prüfung durch Mitarbeiter jeweils ausgeliefert. Von den Kartenunternehmen wurden die Kaufpreiszahlungen jeweils verweigert. | Abs. 22 |
5. Am 10.11.1998 bestellte der Angeklagte bei der Fa. TUI in 39625 Hannover ein Flugticket München-Mombasa zum Preis von 928,-DM und gab dabei für die Anzahlung als Zahlungsmittel die ...-card ..., ausgestellt für die F... an und für die Restzahlung die ...-card ..., ausgestellt für ..., sowie die ...-card mit der Nummer ... . Außerdem bestellte er am 24.11.1998 eine Flugreise nach Agadir zum Preis von 1.158,-DM und gab hierbei als Zahlungsmittel ebenfalls die ...-card Nr. ..., ausgestellt für R..., an. Die Reiseunterlagen und Flugtickets wurden jeweils an den Angeklagten abgesandt. | Abs. 23 |
Zur Verfügung über die angegebenen Kreditkarten war der Angeklagte jeweils nicht berechtigt, was er auch wußte. | Abs. 24 |
III.
Die Feststellungen zu I. zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten K... beruhen auf dessen Angaben sowie dem Bundeszentralregisterauszug. | Abs. 25 |
Die Feststellungen zu II. stützen sich auf das Geständnis des Angeklagten, der den ihm in der Anklage zur Last gelegten Sachverhalt umfassend eingeräumt hat. Dieses Geständnis ist glaubhaft, da es mit den Ermittlungsergebnissen der Polizei und der Staatsanwaltschaft übereinstimmt und dem Akteninhalt entspricht. Außerdem steht zur Überzeugung der Kammer fest, daß der Angeklagte - insbesondere in Anbetracht der Vielzahl der vorgenommenen Registrierungen und der von den Betroffenen abverlangten Gelder zwischen 2.500,-DM und 14.900,-DM - gewerbsmäßig gehandelt hat, d.h. sich eine Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer schaffen wollte. | Abs. 26 |
IV.
Nach dem festgestellten Sachverhalt hat sich der Angeklagte der versuchten strafbaren Kennzeichenverletzung in 10 Fällen in Tatmehrheit mit strafbarer Kennzeichenverletzung in 12 Fällen, davon in 3 Fällen je in Tateinheit mit Erpressung und in 9 Fällen je in Tateinheit mit versuchter Erpressung, sowie des vollendeten und versuchten Computerbetruges in jeweils zwei Fällen und des Betruges in 10 Fällen gemäß den §§ 14 Abs. 2 Nr. 3, 143 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 und 3 Markengesetz, 253, 263 a Abs. 1 und 2, 263 Abs. 1 und 2 StGB schuldig gemacht. Insoweit wird auf den Beschluß des 2.Strafsenats des Oberlandesgerichts München vom 27.06.2000 (Az.: 2 Ws 654/2000) verwiesen. | Abs. 27 |
V.
Der Strafrahmen für ein Vergehen der strafbaren Kennzeichenverletzung, die gewerbsmäßig begangen wurde, reicht gemäß § 143 Abs.2 Markengesetz von 5 Tagessätzen Geldstrafe bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe. Gleiches gilt gemäß § 253 Abs.1 StGB für den Strafrahmen der Erpressung. Auch der Betrug und der Computerbetrug sind gemäß § 263 Abs.1 bzw. § 263 a Abs.1 StGB mit einer Geldstrafe von 5 Tagessätzen bis hin zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren zu ahnden. Im Falle des Versuches kann gemäß § 23 Abs.2 StGB milder bestraft werden, d.h. nach § 49 Abs.1 Nr.2 StGB würde sich das Höchstmaß der angedrohten Strafe auf 3 Jahre 9 Monate Freiheitsstrafe reduzieren. | Abs. 28 |
Zugunsten des Angeklagten K... sprachen dabei insbesondere folgende Umstande: | Abs. 29 |
Der Angeklagte hat bereits zu Beginn der gegen ihn getätigten Ermittlungen den ihm vorgeworfenen Sachverhalt eingeräumt und auch in der Hauptverhandlung ein umfassendes Geständnis abgelegt. Die Straftaten des Angeklagten, der sich bisher völlig straffrei gehalten hat, liegen nunmehr schon etwas länger zurück. Es wurde zudem gesehen, daß die Reservierung der domains mit geschützten Markennamen dem Angeklagten besonders einfach gemacht wurde. So war diese ohne Nachweis der entsprechenden Markenrechte möglich. Der Angeklagte mußte solche hierfür nicht einmal vortragen. Zugunsten des Angeklagten hat die Kammer schließlich berücksichtigt, daß in den Fällen des Computerbetruges und Betruges die Vermögensvorteile, die der Angeklagte, der sich in schlechten finanziellen Verhältnissen befand, erstrebt bzw. erhalten hat, nicht sonderlich groß waren. | Abs. 30 |
Zu Lasten des Angeklagten waren folgende Umstände anzuführen: | Abs. 31 |
Der Angeklagte hat in einer Vielzahl von Fällen über einen langen Zeitraum Straftaten begangen, wobei insbesondere bei zahlreichen weiteren Registrierungen von domains mit Markennamen gemäß § 154 Abs.1 StPO verfahren wurde. Er hat, sobald es zu einer Kontaktaufnahme mit Interessenten an den von ihm reservierten domains gekommen ist, Schreiben verfaßt und Telefonate getätigt, wobei er versiert und nachhaltig aufgetreten ist. Die von ihm entfalteten Aktivitäten waren dabei auf den Erhalt erheblicher Summen gerichtet, wovon ihm insgesamt 10.000,-DM bezahlt wurden. | Abs. 32 |
Unter Berücksichtigung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände erschienen der Kammer daher folgende Einzelstrafen tat- und schuldangemessen, wobei aufgrund einer Gesamtschau der Tatumstände in den Fällen der versuchten strafbaren Kennzeichenverletzung § 23 Abs. 2 StGB angewandt wurde: | Abs. 33 |
für die 10 Fälle der versuchten strafbaren
Kennzeichenverletzung:
je 1 Monat Freiheitsstrafe für die 9 Fälle der vollendeten strafbaren Kennzeichenverletzung jeweils in Tateinheit mit versuchter Erpressung: je 3 Monate Freiheitsstrafe für die 3 Fälle der vollendeten strafbaren Kennzeichenverletzung jeweils in Tateinheit mit vollendeter Erpressung: je 4 Monate Freiheitsstrafe für die 2 Fälle des vollendeten Computerbetruges: je 3 Monate Freiheitsstrafe für die 2 Fälle des versuchten Computerbetruges: je 1 Monat Freiheitsstrafe für die 10 Fälle des Betruges: je 2 Monate Freiheitsstrafe für die 8 Fälle unter II. B. 1 mit 4 je 5 Monate Freiheitsstrafe für die 2 Fälle unter II. B. 5 (Flugtickets) | Abs. 34 |
Soweit Taten in Idealkonkurrenz zueinander standen wurde das Absorptionsprinzip des § 52 Abs. 1 StGB beachtet. Angesichts der Vielzahl der Taten war die Verhängung kurzer Freiheitsstrafen zudem zur Einwirkung auf den Angeklagten, der täglich viele Stunden vor seinem Computer verbringt und sich dabei immer wieder auf rechtlich zu mißbilligende Gebiete begeben hat, unerläßlich (§ 47 Abs.1 StGB) . Aus den verhängten Einzelstrafen war gemäß § 54 StGB eine Gesamtstrafe dadurch zu bilden, daß die höchste Einzelstrafe von 5 Monaten Freiheitsstrafe moderat zu erhöhen war. Dabei wurden alle für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände nochmals umfassend gewürdigt, insbesondere das Geständnis und die bisherige Straffreiheit des Angeklagten einerseits, andererseits die Anzahl der Einzeltaten und die teilweise dabei entfaltete erhebliche kriminelle Energie. | Abs. 35 |
Unter Berücksichtigung aller Umstände erschien der
Kammer daher eine
Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr 10 Monaten tat- und schuldangemessen. | Abs. 36 |
Die verhängte Freiheitsstrafe konnte zur Bewährung ausgesetzt werden. Es ist zu erwarten, daß sich der geständige und bisher nicht vorbestrafte Angeklagte die Verurteilung zur Warnung wird dienen lassen und auch ohne Vollzug der Strafe nicht mehr straffällig werden wird (§ 56 Abs.1 StGB). Auch die besonderen Voraussetzungen, eine Freiheitsstrafe von mehr als 1 Jahr zur Bewährung auszusetzen (§ 56 Abs.2 StGB) liegen vor. Der Angeklagte mußte erstmals bestraft werden und erschien hiervon nachhaltig betroffen. Da es im Bereich des Domain-Grabbing bislang ersichtlich nicht zu Verurteilungen kam, konnte ihm zudem erst jetzt die hohe Strafwürdigkeit seines Tuns vor Augen geführt werden. Angesichts dessen war ihm noch eine Strafaussetzung zur Bewährung zuzubilligen. | Abs. 37 |
Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs.1 StPO.
| JurPC Web-Dok. 228/2000, Abs. 38 |
[online seit: 27.11.2000] |
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok., Abs. |
Zitiervorschlag: München II, LG, Strafbarkeit wegen Domain-Grabbing - JurPC-Web-Dok. 0228/2000 |