OLG München
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MarkenG §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, 15 Abs. 2 |
Leitsatz (der Redaktion) |
Zwischen den im Internet verwendeten Kennzeichnungen "Intershopping" und "Intershop" besteht Verwechselungsgefahr; angesichts der geringfügigen Unterschiede der beiden Kennzeichen muß zumindest mit der Gefahr gerechnet werden, dass beide Zeichen gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. |
Tatbestand |
Die Parteien streiten im Verfügungsverfahren über die Berechtigung des Antragsgegners, im Internet die Domain "Intershopping" zu benutzen. | JurPC Web-Dok. 185/2000, Abs. 1 |
Die Antragstellerin ist Inhaberin der am 21.3.1996 angemeldeten und am 20.9.1996 in die Markenrolle eingetragenen Marke "INTERSHOP", die für "Software-Programme zur Verwendung im Internet; Telekommunikation; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung" geschützt ist. Sie ist weiter Inhaberin der am 12.7.1995 angemeldeten und am 14.1.1997 eingetragenen Marke "INTERSHOP", die für "Vermittlung von Angeboten und Verträgen über die Anschaffung und Veräußerung von Waren sowie über die Erbringung von Dienstleistungen mittels Internet, Werbung; Telekommunikation" geschützt ist. Die Antragstellerin entwickelt und vertreibt Software, mit der gewerbliche Anbieter im Bereich des Internet über "Warenkorbsysteme" Waren anbieten können. | Abs. 2 |
Bei DeNic ist für JxORGxM Products, den Haag, die Domain "INTERSHOPPING.COM" registriert. Der Antragsgegner ist in der Registrierung (Anl. AST 7) als "Administrative Contact" und "Billing Contact" angegeben. Unter der genannten Domain ist eine "INTERSHOPPING worldwide advertising and on-line shopping" überschriebene Homepage zu erreichen, über die ein umfangreiches Waren- und Dienstleistungsangebot angeboten wird. Der Verkauf der Waren und Dienstleistungen erfolgt allerdings nicht durch den Betreiber der Homepage, sondern über Links, die zu den Angeboten der jeweiligen Anbieter führen, die sich der erwähnten Homepage zu Werbezwecken bedienen. | Abs. 3 |
Die Antragstellerin hat geltend gemacht, der Antragsgegner sei
Betreiber der erwähnten Homepage. Die Domain "INTERSHOPPING" und
die gleichlautende Homepage-Bezeichnung sei mit ihrer Firma und ihren Marken
verwechselbar. Sie hat eine einstweilige Verfügung des Landgerichts München
I erwirkt, durch die dem Antragsgegner bei Meidung näher bezeichneter
Ordnungsmittel verboten wurde,
| Abs. 4 |
Gegen diese einstweilige Verfügung hat der Antragsgegner Widerspruch eingelegt. Er hat die Zuständigkeit des Landgerichts München I gerügt mit der Begründung, die Domain sei in den USA, die Firma JxORGxM in den Niederlanden registriert. Er, der Antragsgegner, sei nicht passivlegitimiert, da er nicht Inhaber der Domain sei; diese werde seit 1995/1996 von JM Products benutzt. "INTERSHOP" sei nicht schutzfähig und nicht geeignet, Namensfunktion zu erfüllen. Die Angebote der Parteien seien sehr verschieden, es bestehe keine Branchennähe. Von Frau M... K... sei die Bezeichnung "Intershopping" schon seit etwa 1991 benutzt worden. Von ihr sei die Domain schon am 11.3.1996 unter J&M Products angemeldet worden. | Abs. 5 |
Die Antragstellerin ist dem entgegengetreten. | Abs. 6 |
Durch das angefochtene Urteil hat das Landgericht die einstweilige Verfügung bestätigt. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergebe sich aus § 14 Abs. 5, 2 Nr. 2 MarkenG. Die Verwechslungsgefahr sei zu bejahen. Der Antragsgegner sei Störer, da die Domain auf seinen Namen registriert sei. Der Antragstellerin stehe die Priorität zu. | Abs. 7 |
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Antragsgegners. Mit ihr macht er geltend, der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung sei unzulässig insoweit, als er das Ausland betreffe. Die Bezeichnung "INTERSHOP" sei beschreibend und nicht schutzfähig. Verwechslungsgefahr bestehe unter diesen Umständen nicht. Insbesondere im Internet genügten geringfügigste Unterschiede zwischen den von Teilnehmern benutzten Kennzeichnungen. Jedenfalls bestehe keine Waren- bzw. Dienstleistungsähnlichkeit. Der Antragsgegner zeichne nur für die technische Verwaltung der Domain, er sei nicht ihr Inhaber. Die Domain werde seit 1991 von M... K... benutzt; der Antragsgegner sei mit J&M Products nicht identisch. | Abs. 8 |
Der Antragsgegner beantragt,
| Abs. 9 |
Die Antragstellerin beantragt,
| Abs. 10 |
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. | Abs. 11 |
Im übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze und die von ihnen vorgelegten Urkunden Bezug genommen. | Abs. 12 |
Entscheidungsgründe |
Die zulässige Berufung des Antragsgegners hat keinen Erfolg. | Abs. 13 |
1. Die Bedenken des Antragsgegners gegen die Zulässigkeit des Antrages sind unbegründet. Zutreffend weist die Antragstellerin darauf hin, daß die einstweilige Verfügung sich nur auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland bezieht (Territorialitätsprinzip). Sie ist im Ausland nicht vollstreckbar. | Abs. 14 |
2. Der Antragsgegner ist für den geltend gemachten Anspruch passivlegitimiert. Hinter den verschiedenen Bezeichnungen der Inhaberin der streitigen Domain (JxORGxM Products, JM Products, J&M Products) steht ersichtlich keine juristische Person, sondern eine Personengesellschaft nach Art einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat war unstreitig, daß die Vermutung des Senats, daß die Buchstaben J und M sich auf die Anfangsbuchstaben der Vornamen des Antragsgegners und der Frau K... beziehen, zutrifft. In der vorgerichtlichen Korrespondenz hat der Antragsgegner auch nicht geltend gemacht, nicht passivlegitimiert zu sein, sondern ältere Rechte zu besitzen. | Abs. 15 |
3. Die Kennzeichnung "INTERSHOP" besitzt jedenfalls das für einen namens- und markenrechtlichen Schutz notwendige Mindestmaß an Kennzeichnungskraft für das hier streitige Waren- und Dienstleistungsgebiet. Der Senat schließt sich insoweit der Auffassung des Bundespatentgerichts (GRUR 1997, 280) an. Die Marke Nr. ... ist im übrigen als reines Wortzeichen registriert; auch die Marke Nr. ... kann jedoch nicht nur in ihrer konkreten grafischen Gestaltung, sondern auch darüber hinaus als Wortzeichen - wenn auch wohl mit geringer Kennzeichnungskraft - Schutz beanspruchen. | Abs. 16 |
4. Zwischen den beiderseitigen Kennzeichnungen besteht Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2, § 15 Abs. 2 MarkenG. Dabei ist davon auszugehen, daß der Antragsgegner "INTERSHOPPING" nicht nur als reine Internetadresse, sondern zugleich mit Namensfunktion und als Kennzeichen der von ihm angebotenen Dienstleistungen und Waren benutzt. Soweit es um die Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit geht, ist zu differenzieren: Der Antragsgegner wendet sich mit seinem Angebot an zwei unterschiedliche Kundenkreise. Insoweit, als er die von ihm beworbenen Waren- und Dienstleistungen im Internet den Endverbrauchern anbietet, besteht zwar keine Ähnlichkeit des Angebots des Antragsgegners mit den von der Antragstellerin angebotenen Datenverarbeitungsprogrammen. Insoweit, als der Antragsgegner seine Dienstleistungen der Werbung für die Waren und Dienstleistungen der von ihm angesprochenen Gewerbetreibenden mit "Intershopping" kennzeichnet, besteht jedoch zunächst Waren- bzw. Dienstleistungsidentität mit der "Vermittlung von Angeboten und Verträgen über die Anschaffung und Veräußerung von Waren sowie über die Erbringung von Dienstleistungen mittels Internet, Werbung", für die die Marke Nr. ... der Antragstellerin geschützt ist. Auf die Frage der Benutzung dieser Marke kommt es nicht an, da die "Benutzungsschonfrist" gemäß § 26 Abs. 5, § 25 Abs. 1 MarkenG. erst am 12.8.2003 endet. | Abs. 17 |
Angesichts der damit bestehenden Waren- und Dienstleistungsidentität können die geringfügigen Unterschiede zwischen "INTERSHOP" einerseits und "INTERSHOPPING" andererseits nicht genügen, um die Gefahr von Verwechslungen auszuschließen. Insbesondere angesichts der engen begrifflichen Verwandtschaft der beiderseitigen Kennzeichnungen muß zumindest mit der Gefahr gerechnet werden, daß das Zeichen des Antragsgegners mit der Marke der Antragstellerin gedanklich in Verbindung gebracht wird. Unter diesen Umständen muß auch Verwechslungsgefahr i. S. von § 15 Abs. 2 MarkenG zwischen der Firma der Antragstellerin und der vom Antragsgegner benutzten Kennzeichnung bejaht werden. | Abs. 18 |
Die Marken der Antragstellerin sind mit Priorität vom
12.7.1995 bzw. 21.3.1996 geschützt. Daß der Antragsgegner an "INTERSHOPPING"
ältere Rechte hätte, ist substantiiert nicht geltend gemacht. Dabei
kann als zutreffend unterstellt werden, daß diese Kennzeichnung von einer
aus dem Antragsgegner und Frau K... bestehenden Gesellschaft benutzt wird und daß
die Gesellschaft sich gegenüber der Antragstellerin auf ein eventuell von
Frau K... erworbenes älteres Recht berufen könnte. Denn ein solcher
Rechtserwerb ist - insbesondere auch hinsichtlich des Zeitpunktes des Erwerbs
des Rechts - nicht substantiiert dargetan. Aus dem Schreiben der Frau K... vom
11.3.1996 geht nur hervor, daß Frau K... für J&M Products im März
1996 sich um die hier streitige Domain bemüht hat und die entsprechenden
Unterlagen angefordert hat. Die Registrierung ist jedoch, wie sich aus dem von
der Antragstellerin vorgelegten DeNic-Auszug ergibt, dann erst am 13.5.1996
erfolgt. Auch damit ist jedoch die Entstehung eines Rechts an der Kennzeichnung
"INTERSHOPPING" nicht schlüssig dargelegt und glaubhaft gemacht,
da es an substantiiertem Sachvortrag hinsichtlich der Art und des Umfanges der
Benutzung in der Bundesrepublik Deutschland fehlt. Die Verteidigung des
Antragsgegners kann daher jedenfalls im vorliegenden Verfügungsverfahren
keinen Erfolg haben.
| JurPC Web-Dok. 185/2000, Abs. 19 |
[online seit: 30.10.2000] |
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok., Abs. |
Zitiervorschlag: München, OLG, "Intershopping" - JurPC-Web-Dok. 0185/2000 |