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| Wolfgang Kuntz* | | | | | | Abmahnungen wegen „Anhängens[1]" an ASIN-Nummern –
eine Übersicht zu Rechtsprechung und Literatur[2] | | | JurPC Web-Dok. 46/2015, Abs. 1 - 49 | | | | |
| | | 1. ASIN-Nummern | Abs. 1 | | Laut Wikipedia ist eine ASIN "die Amazon Standard
Identification Number (Amazon-Standard-Identifikationsnummer), d.h.
eine zehnstellige alphanumerische Produktidentifikationsnummer, die
von den Amazon-Versandhäusern eingeführt wurde. Die ASIN
dient insbesondere als Hilfe für Geschäftspartner im
Internet, die seit 1996 im ‚Amazon Associates program‘
unterstützt werden, und stellt im Gegensatz zur ISBN keinen
internationalen Standard dar. Jedes Produkt, das auf einer der
Amazon-Websites angeboten wird, erhält eine eindeutige ASIN.
Bei Büchern, die eine ISBN besitzen, entspricht die ASIN der
alten, bis 2006 gültigen zehnstelligen ISBN. Büchern ohne
(zehnstellige) ISBN und allen anderen Artikeln wird eine ASIN
zugeordnet. ASINs können in eine EAN umgewandelt werden und
umgekehrt. Die ASIN kann auf der jeweiligen Produktseite jedes
Artikels eingesehen werden. Auch die Web-Adresse (URL) jedes
Produkts im Katalog von Amazon enthält die ASIN."[3] | Abs. 2 | | Die Einführung und Vergabe von ASIN-Nummern durch
Amazon ist bereits im Jahr 2005 von Jimmy Wales als Instrument einer
proprietären Kontrolle seitens des Konzerns kritisiert worden[4]. | Abs. 3 | | 2. Rahmenbedingungen bei Amazon –
Änderungsbefugnisse | Abs. 4 | | Amazon schreibt zu den ASIN auf seiner deutschen
Website: „Amazon Standard-Identifikationsnummern (ASIN) sind
eindeutige Gruppen von 10 Buchstaben und/oder Ziffern, anhand derer
Artikel identifiziert werden. Die ASIN finden Sie bei Amazon.de auf
der Produkt-Detailseite. Bei Büchern entspricht die ASIN der
ISBN-Nummer. Bei allen anderen Produkten wird jedoch eine neue ASIN
angelegt, wenn der Artikel unserem Katalog hinzugefügt wird.
Die ASIN des Artikels finden Sie auf der Produkt-Detailseite neben
weiteren Einzelheiten zu dem jeweiligen Artikel. Hier können
Sie z. B. die Größe, Seitenzahl (bei Büchern) oder
die Anzahl von CDs (bei CDs) finden. ASIN können zur Suche nach
Artikeln in unserem Katalog verwendet werden. Wenn Sie die ASIN oder
ISBN des gewünschten Artikels kennen, geben Sie diese einfach
in das Suchfeld ein (in der Regel im oberen Fensterbereich) und
klicken Sie auf ‚Los‘. Wenn der Artikel in unserem
Katalog aufgeführt ist, erscheint er im Suchergebnis."[5] | Abs. 5 | | Bei Amazon können Verkäufer/Produzenten mit
Hilfe der Funktion „Produkt hinzufügen" neue
Produkt-Detailseiten im Katalog von Amazon.de anlegen. Die
Verkäufer können dann über die neu erstellten
Produkt-Detailseiten ihre Artikel anbieten. Alle Verkäufer bei
Amazon.de können über diese Seite verkaufen. Die neu
angelegten Produkt-Detailseiten werden zu einem festen Bestandteil
des Amazon-Katalogs. Mehrere Produkt-Detailseiten für einen
Artikel sind dabei nicht erlaubt. Dazu gehören auch
Produkt-Detailseiten auf anderen Amazon Websites. Bei der
Daten-Übermittlung wird von Amazon automatisch geprüft, ob
bereits eine entsprechende Seite in den Katalogen vorhanden ist. Ist
dies der Fall, darf für dieses Produkt keine neue Seite
erstellt werden. Der Verkäufer muss also vor dem Erstellen
einer neuen Produkt-Detailseite prüfen, ob das Produkt bereits
von Amazon angeboten wird.[6] | Abs. 6 | | Die Erstellung eines neuen Artikels sowie die
Einstellung einer Kategorie oder Unterkategorie bzw. eines
Produkt-Typ kann von einem anderen Verkäufer nicht
geändert werden. Diese Einstellungen werden beim Erstellen der
Detailseite festgelegt. Um zu den Produktinformationen eines
Artikels etwas beizutragen, muss ein anderer Verkäufer in
seinem Verkäuferkonto die Produkt-Detailseiten bearbeiten. Dazu
benötigt er die ISBN oder ASIN des Artikels. Diese Nummer wird
beim Erstellen einer Produkt-Detailseite angegeben. Wenn der
Verkäufer die Seite nicht selbst erstellt hat, kann er in
seinem Verkäufer-Konto auf die ISBN/ASIN zugreifen. Die
ISBN/ASIN ist auch in der URL der Produkt-Detailseite enthalten,
sobald der Artikel über Suche angezeigt wird.[7] | Abs. 7 | | Dies bedeutet, dass die Gestaltung des
Amazon-Marketplace darauf angelegt ist, dass ein
Verkäufer/Produzent ein Produkt mit ASIN anlegt und andere
Verkäufer, die das gleiche Produkt verkaufen wollen, sich an
das angelegte Produkt „anhängen" müssen. Sie
können dann lediglich noch Detail-Produktbeschreibungen
verändern, ergänzen, nicht jedoch die Grundeinstellungen
wie Produkt-Typ, Kategorie oder Unterkategorie. Auch die ASIN-Nummer
des betreffenden Produktes kann nicht mehr von dem weiteren
Verkäufer verändert werden. Ein Löschen der
Produkt-Detailseiten durch einen Verkäufer ist nicht
möglich. Die Seiten sind fester Bestandteil des Amazon-Katalogs
und sollen laut Amazon zukünftig jederzeit für Käufer
und andere Verkäufer verfügbar sein. | Abs. 8 | | Das Phänomen des „Anhängens" an eine
eigentlich „fremde" ASIN-Nummer hat in der Vergangenheit zu
etlichen Abmahnungen und Rechtsstreitigkeiten geführt, die
nachfolgend untersucht werden sollen. Dabei sollen Fragen der
Zuordnung der GTIN (EAN, IBSN oder UPC) im Folgenden ausgespart
werden.[8] | Abs. 9 | | 3. Abmahnungen | Abs. 10 | | Abmahnungen und Rechtsstreitigkeiten wegen ASIN-Nummern
können hauptsächlich in drei Kategorien von Rechtsgebieten
unterteilt werden. Der Fokus der Abmahnungen liegt meist im
Markenrecht, Urheberrecht oder im Wettbewerbsrecht, wobei es zu
Überschneidungen bei Betrachtung der einzelnen Fälle
kommen kann. Die o.a. Grobgliederung soll im Folgenden beibehalten
werden. | Abs. 11 | | a. Markenrecht | Abs. 12 | | Hinsichtlich markenrechtlicher Abmahnungen geht es fast
durchweg um die Fallkonstellation, dass ein Anbieter bei Amazon sich
an das Angebot unter einer ASIN-Nummer anhängt, das eine
geschützte Marke zum Gegenstand hat. In diesen Fällen
erfolgt keine Wiederholung des Markennamens im Individualtext des
Angebots. Das LG Düsseldorf hatte einen derartigen Fall zu
entscheiden[9]. Das
Gericht führte aus, dass es unerheblich sei, dass der Zusatz
des Markennamens im Individualtext des Beklagtenangebots nicht
wiederholt sei. Denn das Angebot des Beklagten erscheine als eines
von dreien unter der Überschrift "Schwarz / Grün Bumper
Silikon Hülle Schutzhülle Tasche Case für Apple
iPhone 4 / 4G / 4S von xxx" und werde von den angesprochenen
Verkehrskreisen damit auch als Schutzhülle von xxx verstanden.
Die Gerichte gehen damit in derartigen Fällen
grundsätzlich vom Vorliegen einer Markenverletzung durch das
Anhängen an die ASIN-Nummer aus. | Abs. 13 | | Problematisch sind Fälle geworden, in denen ein
Anhängen an die ASIN-Nummer gegeben war, dann aber die
Beschreibung durch den Verkäufer mit Beifügung einer Marke
geändert worden war. Kurze Zeit nach der Beifügung der
Marke durch den Verkäufer wurde der Anhängende wegen
Markenverwendung unter derselben ASIN durch den ändernden
Verkäufer abgemahnt. Diese Konstellation entschied das OLG
Frankfurt[10]. Das
Gericht führt aus: „Der Kläger hatte seit 31.
Oktober 2007 unter der ASIN-Nummer ... im Warenkatalog von Amazon
Brillen unter der Gattungsbezeichnung
‚Pilotenbrille-Sonnenbrille - auch mit schwarzen Gläsern!
Inkl. Etui‘ angeboten. Diesem Angebot hatte sich der Beklagte
in der auf der Handelsplattform Amazon üblichen Weise
angeschlossen, so dass beide Parteien über ca. 1 ½ Jahre
nebeneinander die gleichen Brillen unter dieser beschreibenden
Bezeichnung vertrieben haben. Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei
festgestellt, dass der Kläger zwischen dem 7. und 8. Juli 2009
die Produktbeschreibung geändert und stattdessen seine Marke
‚ALPLAND‘ eingefügt hat. Der Kläger war diesem
durch entsprechende Belege (Bl 142/ 143 d. A.) untermauertem Vortrag
des Beklagten nicht substantiiert entgegengetreten (§ 138 Abs.
3 ZPO). Die Änderung der Produktbeschreibung wirkte sich auf
die Internet-Präsentationen sämtlicher unter dieser ASIN
auftretenden Anbieter aus." Das OLG entschied, dass die Verfolgung
markenrechtlicher Ansprüche rechtsmissbräuchlich ist, wenn
der Markeninhaber die Verletzung selbst dadurch provoziert hat, dass
er in die durch ihn und den Verletzer gemeinsam benutzte
Warenbeschreibung (über die gemeinsame ASIN-Nummer) auf einer
Handelsplattform nachträglich seine Marke eingefügt hat,
ohne den Mitbewerber auf die bevorstehende Änderung
hinzuweisen. | Abs. 14 | | Ähnlich entschied das LG Frankfurt in einem
aufgrund Klagerücknahme in der Berufungsinstanz für
wirkungslos erklärten Urteil[11]. Das Gericht stellte in der dort
vorliegenden Konstellation einer Gegenabmahnung fest: Ändert
ein Mitbewerber das Verkaufsangebot auf einer von mehreren
Mitbewerbern genutzten Internet-Verkaufsplattform (für Kabel
und Zubehör für Satellitenanlagen) durch Einfügung
seiner Marke in den Warenkatalog, so dient dies in erster Linie der
Behinderung der Entfaltungsmöglichkeit der unter der
Artikelnummer aufgelisteten Konkurrenten. Die einseitige
Änderung des Verkaufsangebots soll insbesondere dazu
führen, das Angebot anderer Bewerber entfernen zu lassen, indem
diese wegen Verletzung der Marke abgemahnt werden. | Abs. 15 | | b. Urheberrecht | Abs. 16 | | Bezüglich der urheberrechtlichen Abmahnungen wegen
des Anhängens an ASIN-Nummern stellen sich Rechtsfragen sowohl
bezüglich der in Betracht kommenden Verletzungshandlung, einer
möglichen Haftung des sich Anhängenden als Täter oder
Mittäter einer Urheberrechtsverletzung als auch Fragen der
Störerhaftung, hier insbesondere die Frage der
Prüfpflichten des sich Anhängenden und der
Möglichkeit, die Rechtsverletzung überhaupt unterbinden zu
können. | Abs. 17 | | Das OLG München hatte im Jahr 2014 einen Fall der
Einstellung urheberrechtlich geschützter Produktbilder zu
entschieden[12]. In
dem entschiedenen Fall hatte bereits der Erstverkäufer des
Angebots gegen das Urheberrecht verstoßen. Fraglich war, ob
auch derjenige haftet, der sich über die ASIN-Nummer an dieses
urheberrechtswidrige Angebot anhängt. Das Gericht verneinte
zunächst eine Pflicht, Nachprüfungen anzustellen, ob die
Lichtbilder berechtigterweise in das Portal eingestellt worden waren
bzw. im Falle der Nichtberechtigung darauf hinzuwirken, dass weitere
Rechtsverletzungen in der Zukunft unterbleiben. Das Gericht
entschied, dass die Verletzung einer Prüfpflicht des
Anhängenden im Streitfall nicht in Betracht komme. Er habe
weder selbst eine Gefahrenquelle geschaffen noch an deren Entstehung
mitgewirkt. „Gegen das Bestehen einer Prüfungspflicht
bzw. deren Verletzung im Falle ihres Bestehens spricht aber vor
allem, dass deren Einhaltung nicht dazu geführt oder
beigetragen hätte, eine in der Zukunft drohende
Rechtsverletzung zu verhindern oder zu unterbinden. Selbst wenn die
Beklagte – über A. – in Erfahrung gebracht
hätte, dass eine Nutzungsberechtigung in Bezug auf das
öffentliche Zugänglichmachen der
streitgegenständlichen Lichtbilder nicht bestand und die
Beklagte hierwegen ihr Verkaufsangebot zurückgezogen
hätte, hätte dies nicht ohne weiteres zur Folge gehabt,
dass A. oder der Einsteller die streitgegenständlichen
Abbildungen aus dem Internet entfernt hätten. Es ist nicht
ersichtlich, dass der Beklagten erfolgversprechende
Möglichkeiten (in tatsächlicher und/oder rechtlicher
Hinsicht) zur Verfügung gestanden hätten, auf eine
Entfernung der Fotos hinzuwirken." Das Gericht stellte die
Üblichkeit des Vorganges des Anhängens auf der Plattform
Amazon fest und legte dem Urteil zugrunde, dass das vom
Ersteinsteller hochgeladene Produktfoto damit automatisch auch
für alle weiteren Händler verwendet werde, die sich
über die ASIN-Nummer anhängen. Der sich Anhängende
hafte in Konstellationen wie der oben beschriebenen mangels
zumutbarer Prüfpflichten nicht als Störer für die
Urheberechtsverletzung des Ersteinstellers. Bereits das Landgericht
München I in der ersten Instanz[13] hatte festgestellt, dass das Anhängen
an Angebote bei Amazon keine Urheberrechtsverletzung darstelle. Eine
urheberrechtlich relevante Nutzungshandlung könne nicht
festgestellt werden. Der Anhängende stelle die Produktbilder
nicht selbst bei Amazon ein und mache sie daher nicht selbst
öffentlich zugänglich. | Abs. 18 | | Einen etwas anderen Ansatz vertritt das LG Köln[14]. Das Anhängen
an ein bereits bestehendes Amazon-Angebot über die ASIN-Nummer
des Produkts stellt nach Ansicht des Gerichts ein Zueigenmachen der
Inhalte und damit auch der enthaltenden Lichtbilder dar. Es fehle
allerdings an der Rechtswidrigkeit einer öffentlichen
Zugänglichmachung, wenn der Urheber in Kenntnis der Praxis des
Anhängens bei Amazon Lichtbilder in ein Angebot einstellt, da
er in diesem Fall mit den nach den Umständen bei Amazon
üblichen Benutzungshandlungen rechnen muss. Das Gericht geht
somit von einer Einwilligung in die Nutzung durch andere
Händler aus, die nur dann nicht eingreift, wenn der
Ersteinsteller/Urheber zu erkennen gibt, dass er mit der Nutzung des
Bildes durch andere nicht einverstanden ist (z.B. durch
Urheberhinweis). | Abs. 19 | | In einem einstweiligen Verfügungsverfahren vertrat
das LG Köln[15] im
Jahr 2013 die Ansicht, dass die Frage, ob die Nutzung des Inhalts
eines bereits bestehenden Angebots nebst Lichtbildern auf einer
Internetplattform durch Verwendung einer von dem Anbieter der
Plattform herausgegebenen Standard Identifikationsnummer eine
Urheberrechtsverletzung darstellt, grundsätzlich wegen der
schwierigen materiell rechtlichen Beurteilung sowie der hierzu
ergangenen Rechtsprechung nicht im Wege einer einstweiligen
Verfügung geregelt werden könne. Insoweit seien die
Regelungen des UWG zum Verfügungsgrund im Rahmen der
Urheberrechtsverletzung nicht anwendbar. Das Gericht meint, dass
für die täterschaftliche Verletzung des Rechts zur
öffentlichen Zugänglichmachung eine Kontrolle über
das Bereithalten des Lichtbildes erforderlich sei, an der es
vorliegend fehle. Die Antragsgegnerin, die sich lediglich an ein
bestehendes Angebot auf der Internetplattform Amazon angehängt
habe, mache das Lichtbild nicht in eigener Person öffentlich
zugänglich sondern nutze lediglich eine bereits andernorts
erfolgte öffentliche Zugänglichmachung für eigene
Angebotszwecke. Ob das Bild öffentlich zugänglich bleibt,
entziehe sich ihrer Kontrolle. Die Entscheidung hierüber liege
allein bei Amazon bzw. dem Ersteller des ersten Angebotes, an das
sich die Antragsgegnerin angehängt hat. Die Antragsgegnerin
würde auch dann nicht zum Täter der Rechtsverletzung nach
§ 19a UrhG, wenn sie sich das Lichtbild zu eigen gemacht
hätte. Das Recht des öffentlichen Zugänglichmachens
werde nicht verletzt, wenn der für einen Internetauftritt
Verantwortliche nur den - tatsächlich unzutreffenden - Eindruck
erweckt, er halte selbst das Werk zum Abruf bereit. Der Tatbestand
einer urheberrechtlichen Nutzungshandlung wird allein durch die
Vornahme der Nutzungshandlung erfüllt und nicht dadurch, dass
deren Merkmale vorgetäuscht werden. Indessen nutzte die
Antragsgegnerin ein von Amazon zur Verfügung gestelltes System,
das nicht per se die Gefahr von Rechtsverletzungen in sich
trägt. Die Antragsgegnerin durfte daher grundsätzlich
darauf vertrauen, dass die Nutzungsbedingungen eingehalten werden
und die Nutzung rechtmäßig erfolgt. Eine proaktive
Prüfpflicht traf sie nicht. Eine solche wird man erst annehmen
können, wenn nach Hinweis auf die Rechtsverletzung keine
Maßnahmen zu deren Beseitigung getroffen werden, wie
Löschung des Angebots oder Bildes durch Einwirkung auf Amazon.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass Amazon selbst, die das
Verfahren zur Verfügung stellt und fördert, lediglich nach
vorherigem Hinweis auf die Rechtswidrigkeit der Lichtbildnutzung
haftet, wenn das Lichtbild nicht unverzüglich entfernt wird.
Dann kann aber derjenige, der das Lichtbild erst von Amazon
erhält um sein Angebot entsprechend den Vorgaben Amazons zu
erstellen, nicht weitergehend haften[16]. | Abs. 20 | | c. Wettbewerbsrecht | Abs. 21 | | Eine Reihe von Urteilen im Wettbewerbsrecht im
Zusammenhang mit dem Anhängen an die ASIN-Nummer befasst sich
mit der Täuschung über die betriebliche Herkunft der Ware
im Sinne von §§ 3 Abs. 1, 2 und 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG.
Für den Tatbestand der betrieblichen Herkunftstäuschung
kommt es dabei darauf an, ob es infolge der angegriffenen Handlung
zu relevanten Fehlvorstellungen der Verbraucher über die
betriebliche Herkunft der angebotenen Dienstleistungen kommen kann[17]. | Abs. 22 | | Das LG Köln hat in einer ganz aktuellen
Entscheidung bestätigt, dass das Anhängen an fremde
Angebote bei Amazon stellt eine Täuschung über die
betriebliche Herkunft der Ware darstelle, wenn der sich
Anhängende nicht ein identisches Produkt von derselben Firma,
die als Hersteller in Deutschland auftritt, anbietet[18]. | Abs. 23 | | Dies nimmt auch das LG Düsseldorf[19] an. Wer für seine Waren
unter der von Amazon für das Angebot eines Dritten vergebenen
Identifikationsnummer (ASIN) wirbt, macht irreführende Angaben
über die betriebliche Herkunft der Ware (§ 3 Abs. 1, 2,
§ 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG), weil er den Eindruck erweckt, die
Ware stamme aus dem Betrieb des Dritten. Das Gericht führt dazu
aus: „Die Klägerin konnte von dem Beklagten zu 1)
ebenfalls mit Erfolg verlangen, es zu unterlassen, irreführende
Angaben über die betriebliche Herkunft der Ware durch die
Übernahme einer fremden Identifikationsnummer (ASIN) bei Amazon
zu machen, § 3 Abs. 1, 2, § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG.
Danach ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn
sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete
Angaben, zum Beispiel über die betriebliche Herkunft der Waren
enthält. So liegt der Fall hier. Indem der Beklagte zu 1) die
Handyhülle wie aus der Anlage K 2 ersichtlich bewarb, erweckte
er den Eindruck, die Hülle stamme aus dem Betrieb der
Klägerin, was unstreitig nicht der Fall ist." Diese Ansicht
hatte das Gericht auch bereits in dem früheren
Teilanerkenntnis- und Schlussurteil zu dem gleichen Aktenzeichen
festgestellt[20]:
Das Anhängen an fremde Angebote bei Amazon durch Übernahme
einer individuellen Identifikationsnummer (ASIN) stellt eine
Markenrechtsverletzung und eine Täuschung über die
betriebliche Herkunft der Ware dar, wenn ein fremder Produktname
für das eigene Angebot übernommen wird. Ganz ähnlich
hatte bereits im Jahre 2011 das Landgericht Berlin entschieden[21]. | Abs. 24 | | Auch das OLG Hamm vertrat diese Ansicht[22]. „Objektiv stellte sich
am 27.08.2010 das Angebot der Beklagten so dar, dass ein bestimmtes
Koaxialkabel mit der Kennzeichnung "SatConn" verkauft werden sollte.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte sich an ein
vorhandenes Angebot der Klägerin angeschlossen hat. Dieses
procedere ist auf der Handelsplattform X üblich.
…Unstreitig zwischen den Parteien ist weiter, dass die
Beklagte im Rahmen eines Testkaufs der Klägerin ein solches
Kabel nicht geliefert hat. Vielmehr hat sie ein Koaxialkabel eines
anderen Herstellers geliefert. In der Lieferung eines vom Angebot
abweichenden Produktes ist stets eine Irreführung zu sehen. Das
gilt insbesondere dann, wenn das angebotene Produkt
üblicherweise höherpreisig verkauft wird und
dementsprechend als ein Markenprodukt angesehen werden kann." | Abs. 25 | | In den oben erwähnten Entscheidungen wurde meist
nicht problematisiert, ob zwischen den Parteien tatsächlich ein
konkretes Wettbewerbsverhältnis bestand. Hier wird man m.E. zur
Bejahung eines Wettbewerbsverhältnisses fordern müssen,
dass beide Parteien aktuell im Zeitpunkt des abgemahnten Vorwurfs
auf der Plattform Amazon mit den eigenen Angeboten auch (noch)
vertreten waren. Ein in dem genannten Zeitpunkt
ausschließlicher Vertrieb über sonstige Kanäle (z.B.
ein daneben betriebener Internet-Shop) dürfte nicht ausreichend
sein, wenn die Abmahnung ausschließlich auf das Anhängen
bei der ASIN-Nummer gestützt wird[23]. | Abs. 26 | | Ferner könnte es Fallgestaltungen geben, in denen
die Irreführung über die betriebliche oder regionale
Herkunft eines Produktes durchaus fraglich sein kann. Beispielsweise
bietet der Erstverkäufer A das Produkt X unter der ASIN an, die
für den deutschen Herstellerbetrieb „Aaabbb GmbH"
vergeben ist. Verkäufer B verwendet die vorgenannte ASIN,
bietet darunter das von den Inhaltsstoffen her identische Produkt
an, das aber aus dem österreichischen Betrieb stammt und
verweist in der Artikelbeschreibung, die auf der Vergleichsseite der
hierzu verfügbaren Amazon-Angebote und unmittelbar vor der
Kaufentscheidung angezeigt wird, auf die Herkunft des Produktes aus
dem österreichischen Betrieb „aaabbb GmbH". Die
entscheidende Frage ist hier, ob die Bezeichnung durch die ASIN,
nämlich der darin konkludent liegende Hinweis auf das deutsche
Produkt, stärker ins Gewicht fällt als der explizite
Hinweis des Verkäufers bei seinem Angebot. Dies dürfte
anhand der Umstände des jeweiligen Einzelfalles (z.B.
Deutlichkeit und Erkennbarkeit des Hinweises) in die eine oder die
andere Richtung zu entscheiden sein. Eine derartige Konstellation
war - soweit ersichtlich - noch nicht Gegenstand der
Rechtsprechung. | Abs. 27 | | Eine Reihe weiterer wettbewerbsrechtlicher
Entscheidungen hat den Fokus eher auf Fragen der
Rechtsmissbräuchlichkeit. | Abs. 28 | | Dazu hat das OLG Hamm im Jahr 2012 eine Entscheidung
gefällt[24].
Das Gericht führt aus: „Ihre mit der Abgabe der
Unterlassungserklärung verbundene eigene Rechtsverfolgung
diente nach dem Wortlaut des Schreibens allein dazu, die vorherige
Abmahnung zu neutralisieren und im Hinblick auf eine mögliche
Kostenerstattung eine gleich hohe Gegenforderung zu begründen.
Die Beklagte sah zumindest das Risiko, mit ihren Angeboten bei X
weiterhin unlauter zu handeln. Deshalb wollte sie ungeachtet der
abgegebenen Unterlassungserklärung etwaige
Vertragsstrafenansprüche der Klägerin in Zusammenhang mit
einem späteren Verstoß verhindern. Für sie spielte
es dabei eine gewichtige Rolle, dass die Angebote auf der
Verkaufsplattform X nach ihrer Einschätzung nur schwer zu
kontrollieren und deshalb Wettbewerbsverstöße in
Zusammenhang damit schwer zu verhindern waren. Sie wollte letztlich
weiter auch möglicherweise unlauter handeln, ohne
Vertragsstrafen an die Klägerin zahlen zu müssen. Die
Abmahnung wegen der eigenen Verstöße der Klägerin
erfolgte in erster Linie, um diese zu dem vorgeschlagenen Verzicht
auf die Vertragsstrafenansprüche zu veranlassen und die
Position der Beklagten im Hinblick auf
Kostenerstattungsansprüche zu verbessern." Die zugrunde
liegende Abmahnung wurde vom OLG Hamm als rechtsmissbräuchlich
angesehen. | Abs. 29 | | Bereits im Jahr 2011 hatte das OLG Hamm[25] in einem anderen Fall eine
Rechtsmissbräuchlichkeit angenommen. Das Gericht führte
aus: „Ersichtlich ging es der Beklagten nicht um den lauteren
Wettbewerb. Ihre Rechtsverfolgung diente allein dazu, die vorherige
Abmahnung aus der Welt zu schaffen. Das wird bereits aus dem
Wortlaut der E-Mails vom 09.09., 12.09 und 13.09.2010 (Anlagen K 6
und K 7, GA 39 und 40 f) sehr deutlich, in denen sie der
Klägerin die Chance einräumt, ihre Abmahnung
zurückzunehmen. Außerdem hat das Landgericht zu Recht dem
anwaltlichen Schreiben der Beklagten vom 15.09.2010 entnommen, dass
die Abmahnung vom gleichen Tag nicht ernst gemeint war, sondern dazu
diente, eine Gegenposition aufzubauen, um anschließend eine
außergerichtliche Einigung abzuschließen, wonach keine
Seite die jeweils geltend gemachten Ansprüche
weiterverfolgt." | Abs. 30 | | Auch das OLG Oldenburg[26] musste sich im Jahr 2010 mit der
Rechtsmissbräuchlichkeit einer Abmahnung wegen einer
Markenrechtsverletzung befassen. In dem entschiedenen Fall hatte ein
Erstanbieter zunächst ein No-Name-Produkt angeboten,
später einen Markennamen eingefügt, ohne eine neue ASIN
hierfür bei Amazon zu beantragen. Später machte er eine
Abmahnung gegen einen weiteren Verkäufer geltend, der sich bei
der ASIN angehängt hatte. Auch in dem dortigen Fall wurde vom
Gericht eine Rechtsmissbräuchlichkeit erkannt. Das Gericht
führt aus: "Wettbewerbsrechtlich relevant ist allerdings nur
die gezielte Behinderung, die dann anzunehmen ist, wenn bei
objektiver Würdigung aller Umstände die Maßnahme in
erster Linie nicht auf die Förderung des eigenen Absatzes oder
des sonstigen legitimen eigenen Wettbewerbs, sondern auf die
Beeinträchtigung der wettbewerbsrechtlichen Entfaltung des
Mitbewerbers gerichtet ist. Eine subjektive Behinderungsabsicht ist
hierfür zwar keine zwingende Voraussetzung. Eine gezielte und
damit wettbewerbsrechtlich unlautere Behinderung ist aber stets
gegeben, wenn die Maßnahme subjektiv von einer
Behinderungsabsicht getragen ist, der Handelnde also subjektiv die
Absicht hat, den Mitbewerber an seiner wettbewerbsrechtlichen
Entfaltung zu hindern und ihn ganz oder in einem Teilbereich vom
Markt zu verdrängen. Von letzterem ist im vorliegenden Fall
auszugehen. Wie zuvor dargestellt, war die unberechtigte Anzeige
einer Markenrechtsverletzung seitens des Beklagten darauf
ausgerichtet, das Angebot der Klägerin bei Amazon entfernen zu
lassen und durch die Veränderung der Produktbeschreibung das
konkurrierende Angebot der Klägerin auszuschließen. Dies
war auch subjektiv das vom Beklagten vorausgesehene und letztlich
auch angestrebte Ziel seines Handelns." | Abs. 31 | | Weitere Abmahnungen werden auch auf Angaben zu
„Unverbindlichen Preisempfehlungen" (UVP) auf Amazon auch im
Zusammenhang mit dem Anhängen an ASIN-Nummern
ausgesprochen. | Abs. 32 | | Das OLG Köln[27] hat die Entscheidung der Vorinstanz bestätigt und
festgestellt, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Verfügung begründet ist aus §§ 3,5,8 UWG. Es sei
unstreitig, dass die beanstandete durchgestrichene UVP in der
angegebenen Höhe tatsächlich am 14.01.2014 nicht mehr
bestand. Der in der Sache insoweit erhobene Einwand, die
Antragsgegnerin sei als Dienstanbieterin gemäß § 2
Abs. 1 TMG für die unstreitig von … eingestellte UVP und
damit für einen fremden Inhalt nicht verantwortlich nach
Maßgabe der §§ 8 ff TMG, verhilft der Berufung nicht
zum Erfolg. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 TDG (sic, Anm. d.
Verf.) ist ein Dienstanbieter jede natürliche oder juristische
Person, die eigene oder fremde Teledienste zur Nutzung
bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt.
Regelmäßig ist dies der Homepage-Inhaber, d.h. das
für die Website insgesamt verantwortliche Unternehmen; bei
Internetportalen kommt daneben der einzelne Anbieter als
Dienstanbieter in Betracht, sofern er geschäftsmäßig
Teledienste, etwa auf untergeordneten Seiten anbietet (vgl. OLG
Düsseldorf, MMR 2008, 682 f, zitiert nach juris Rn. 20). Diese
Voraussetzungen erfüllt die Antragsgegnerin nicht. Ihr
Warenangebot erfolgt nicht im Rahmen eines eigenen Internetauftritts
unter einer individualisierten Adresse. Der Umstand, dass auf der
Verkaufsplattform des Betreibers b ein Warenangebot der
Antragsgegnerin beworben wird, genügt ersichtlich nicht, um
diese auch als Teledienstanbieter ansehen zu können, denn der
Produktanbieter ist jedenfalls dann nicht zugleich Anbieter des
Teledienstes, wenn mithilfe des Teledienstes für den
Produktanbieter geworben wird (vgl. OLG Frankfurt, MMR 2007, 379 f,
zitiert nach juris Tz. 27). Auf etwaige Haftungsprivilegien kann
sich die Antragsgegnerin nicht berufen. Der Senat hat im
Übrigen bereits in seinem o.g. Urteil vom 28.05.2014 darauf
hingewiesen, dass es sich um das bei … eingestellte eigene
Angebot der dortigen Antragsgegnerin handelt und es insoweit auf
Verschulden im Rahmen des verschuldensunabhängigen
Unterlassungsanspruchs nicht ankommt." | Abs. 33 | | Das Landgericht Bochum[28] hatte einen ähnlichen Fall zu
entscheiden, wobei nach dem Tatbestand der Entscheidung unklar
bleibt, ob die fehlerhafte UVP-Angabe auf das Anhängen bei
einer ASIN-Nummer zurückzuführen ist oder im direkten
Verantwortungsbereich von Amazon lag. Das Gericht führt aus:
„Die Abmahnung der Klägerin war berechtigt. Beide
Parteien sind Wettbewerber. Hierbei ist es entgegen der von dem
Beklagten vertretenen Auffassung unerheblich, dass die Klägerin
Armbanduhren über ihren Online-Shop sowie über eBay
vertreibt, während der Beklagte Uhren über die
Handelsplattform Amazon anbot. Die Werbung des Beklagten war
irreführend nach §§ 5, 5a UWG, weil die
unverbindliche Preisempfehlung wahrheitswidrig nicht mit 89,90 EUR,
sondern mit 130,00 EUR angegeben worden ist. Hierbei ist es
unerheblich, ob die unrichtige Angabe direkt von dem Beklagten oder
- wie er vorträgt - von der Streitverkündeten veranlasst
worden ist. Denn ein Händler, der ein Online-Portal zum
Warenabsatz nutzt, muss sich Angaben in seinen Angeboten, die der
Portalbetreiber den Warenangeboten hinzusetzt, als Handlung
zurechnen lassen, wenn diese Angaben wettbewerbswidrig sind, ohne
dass es auf den tatsächlichen Einfluss des Händlers
gegenüber dem Portalbetreiber ankäme (vgl. OLG Hamm,
Urteil vom 05.03.2013 - 4 U 139/12). Denn der Beklagte hat die
Marketingbedingungen der Streitverkündeten akzeptiert und bei
Einstellen seiner Angebote in Kauf genommen, dass die
Streitverkündete Änderungen an seinem Angebot
vornimmt." | Abs. 34 | | 4. Thema ASIN-Nummern in der Literatur | Abs. 35 | | Trotz der praktischen Relevanz des Themas sind soweit
ersichtlich Veröffentlichungen in der Literatur noch
vergleichsweise dünn gesät. | Abs. 36 | | Eine Kommentierung zum erwähnten Urteil des OLG
Frankfurt[29] stammt
von Eike Ullmann[30] im
jurisPR-WettbR. Die Entscheidung stehe im Kontext zur Praxis der
Gerichte, Abmahnungen im Lauterkeitsrecht wie im gewerblichen
Rechtsschutz kritisch auf ihren Anlass zu überprüfen und
massenhaftem wie vorschnellem Vorgehen den Einwand
rechtsmissbräuchlichen Verhaltens entgegenzusetzen. Das sei
für den Berechtigten ein gewisses Risiko. Um dieses Risiko
abzufangen, sollte er sich vor einer (vorschnellen) Abmahnung in die
Rolle des Abgemahnten versetzen und sich fragen, ob aus dessen Sicht
sein Verhalten guten kaufmännischen Sitten entspreche.
„Das hätte dem Kläger hier die Augen öffnen
können und erst einmal ein aufklärendes Schreiben
formulieren lassen." | Abs. 37 | | Der Entscheidung sei bei der gegebenen Konstellation -
Angebot desselben Produkts jahrelang der Gattung nach bezeichnet,
plötzlich mit Marke - zuzustimmen. Der Vorwurf, der Kläger
habe den Beklagten „bewusst in die Falle laufen lassen"
scheine allerdings überzogen. Vielleicht habe er auch im
blinden Überschwang der Freude eines frisch gebackenen
Markeninhabers gehandelt. | Abs. 38 | | Eine oben genannte Entscheidung des LG Köln[31] ist in jurisPR-ITR
von Kathrin Berger kommentiert worden[32]. Sie kommt zu dem Fazit, dass die
Beurteilung der Einbindung von Produktfotos durch die ASIN-Nummern
in Angebote Dritter urheberrechtlich schwierige Fragen aufwerfe, die
durch die bisher bekannten Urteile nicht als geklärt angesehen
werden könnten. Dabei sei schon die Feststellung schwierig,
worin die Verletzungshandlung liegen soll. Die Lösung in dem
besprochenen Urteil des LG Köln, dass jedenfalls eine
Einwilligung des Einstellenden vorliege, erscheine daher
sachgerecht, helfe aber auch nur dann weiter, wenn die Fotos
ursprünglich rechtmäßig eingestellt wurden, was
vorliegend nicht der Fall war. Eine echte Lösung sei noch nicht
in Sicht. | Abs. 39 | | 5. Probleme von Änderungen in Amazon | Abs. 40 | | Nachträgliche Veränderungen der
Produktbeschreibungen unter einer bestimmten ASIN sind wie oben
gesehen insbesondere durch den ersten Verkäufer in einem
größeren Umfang möglich. Ebenso ist es jedoch auch
möglich, dass ein Erstanbieter zunächst ein No-Name
Produkt anbietet und nachträglich hierzu eine Marke unter
seinem Produkt einträgt und dann gegen sich Anhängende
wegen einer Markenrechtsverletzung vorgeht. Abgesehen von den
hierbei anzutreffenden Konstellationen, die zu einem
Rechtsmissbrauch führen können (vgl. oben) ist den
Verkäufern bei Amazon, die sich an andere Produkte
anhängen, zu raten, die Produktbeschreibungen unter der ASIN
beim Einstellen des eigenen Artikels zu dokumentieren, um ggf. bei
einer späteren Auseinandersetzung überhaupt einen Nachweis
führen zu können. | Abs. 41 | | Ein anderes Problem sind bereits abgegebene
Unterlassungserklärungen. Nachträgliche Änderungen
der Produktbeschreibungen können dazu führen, dass
Unterlassungserklärungen im Nachhinein anders gelesen,
ausgelegt und angewandt werden müssen und können dann
grundsätzlich leichter zu einer Vertragsstrafenverwirkung
führen. | Abs. 42 | | Zu raten ist in diesen Fällen entweder ein Hinweis
in der Unterlassungserklärung auf das Verschuldenserfordernis
im Rahmen des § 890 ZPO. | Abs. 43 | | Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 2006
festgestellt[33]:
„Da die Vorschrift des § 890 ZPO auch strafrechtliche
Elemente enthält, setzt die Festsetzung von Ordnungsmitteln ein
Verschulden voraus. Bei juristischen Personen ist dabei das
Verschulden der handelnden Organe i.S.d. § 31 BGB
maßgebend; Drittverschulden muss sich die
unterlassungsverpflichtete juristische Person grundsätzlich
nicht zurechnen lassen." | Abs. 44 | | Das OLG Celle[34] hat die Pflichten in einem Beschluss aus dem Jahr 2012
konkretisiert: „Der Schuldner eines Unterlassungsgebots hat
alles zu tun, was im konkreten Fall erforderlich und zumutbar ist,
um künftige Verletzungen des Gebots zu verhindern. Da es sich
im Rahmen des § 890 ZPO nicht um ein Verschulden im
strafrechtlichen Sinne handelt, sondern um eine vorwerfbare
Pflichtverletzung innerhalb des durch das Unterlassungsgebot
begründeten Schuldverhältnisses, die zeigt, dass der
Schuldner nicht alles ihm Mögliche veranlasst hat, um die
lückenlose Beachtung des titulierten Gebotes sicherzustellen,
muss der Schuldner sich auch das Verhalten Dritter zurechnen lassen,
die in seinem Einflussbereich tätig sind, soweit er die
rechtliche und tatsächliche Möglichkeit hat, auf das
Verhalten dieser Dritten Einfluss zu nehmen und soweit er nicht alle
Möglichkeiten seiner Einflussnahme umfassend ausgeschöpft
hat. Denn der Schuldner darf sich auch nicht als Störer, d. h.
willentlich und adäquat kausal, an entsprechenden Handlungen
Dritter beteiligen (vgl. z. B. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 8.6.2006, 4
W 11/06, Tz. 20; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.11.2001, 20 W
90/00,Tz. 4)." | Abs. 45 | | Insbesondere die in diesem Beschluss angesprochene
tatsächliche und rechtliche Möglichkeit, auf Dritte
Einfluss zu nehmen, dürfte im Falle der Änderungen durch
Erstanbieter bei Amazon eine große Rolle spielen. Die
tatsächliche und rechtliche Möglichkeit, Änderungen
durch den Erstverkäufer zu verhindern, wird durch das
Amazon-System nach meinem Dafürhalten für einen
späteren Verkäufer, der sich anhängt, weitgehend
nicht gegeben sein. | Abs. 46 | | Möglich ist daneben auch ein Hinweis auf § 339
BGB und das dort ebenfalls vorausgesetzte Verschuldenserfordernis.
Der Schuldner wird nach § 339 Satz 2 BGB jedenfalls dann von
seiner Verpflichtung frei, wenn er beweist, dass er die
Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat[35]. Hierfür gibt es, wie auch die
Rechtsgedanken verschiedener Gerichte im Zusammenhang mit den
Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen (vgl. oben 3 b) zeigen,
durchaus argumentative Ansatzpunkte. | Abs. 47 | | 6. Ausblick | Abs. 48 | | Vor allem die urheberrechtlichen Fragestellungen beim
Anhängen an eine ASIN-Nummer sind immer noch als sehr
problematisch und noch nicht endgültig gelöst anzusehen.
Insoweit lohnt es sich, die weitere Rechtsentwicklung rund um die
ASIN-Nummern weiter zu verfolgen. | Abs. 49 |
| | |
| | | | | Fußnoten | | | * Wolfgang Kuntz
ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht in der Kanzlei
Valentin & Kollegen, Saarbrücken, ist Redakteur der
Internetzeitschrift „JurPC" und daneben für die
„Gemeinsame Kommission Elektronischer Rechtsverkehr" des
EDV-Gerichtstages e.V. tätig. | | [1] Der Begriff
„Anhängen" oder „Sich-Anhängen" zur
Beschreibung des Phänomens der Mitbenutzung einer fremden
ASIN-Nummer hat sich in der juristischen Literatur durchgesetzt,
obwohl der Begriff einen pejorativen (abwertenden) Bedeutungsinhalt
in sich trägt. Der Begriff wird im Folgenden zu
Vereinfachungszwecken gleichwohl verwendet. | | [2] Stand des
Beitrages: Februar 2015. Der Beitrag erhebt nicht den Anspruch auf
Vollständigkeit. Der Autor freut sich über Mitteilungen
der Leser/Innen hinsichtlich weiterer hier nicht genannter
relevanter Entscheidungen und Aufsätze. | | [3] Beschreibung
aus Wikipedia unter http://de.wikipedia.org/wiki/Amazon_Standard_Identification_Number entnommen. | | [4] Jimmy Wales,
Vortrag auf der US-Veranstaltung Wikimania im Jahr 2005; http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/aa/Wikimania_Jimbo_Presentation.pdf (dort Folien 17 und 18) | | [5] https://www.amazon.de/gp/seller/asin-upc-isbn-info.html | | [6] http://www.amazon.de/gp/help/customer/display.html?nodeId=200104190 | | [7] http://www.amazon.de/gp/help/customer/display.html?nodeId=200104190 | | [8] Dies
könnte ggf. Gegenstand eines eigenen Beitrags werden. | | [9] LG
Düsseldorf, Teilurteil vom 20.01.2014, 2a O 58/13 = JurPC
Web-Dok. 48/2014 = http://www.jurpc.de/jurpc/show?id=20140048. Das Gericht
geht damit offenbar von einer „markenmäßigen
Verwendung" des Zeichens aus. Nach BGH, Urteil vom 25.01.2007, I ZR
22/04, ist das anzunehmen, wenn die Bezeichnung „im Rahmen des
Produktabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Ware eines
Unternehmens von denen anderer dient". | | [10] OLG
Frankfurt, Urteil vom 27.10.2011, 6 U 179/10. | | [11] LG
Frankfurt, Urteil vom 11.05.2011, 3-08 O 140/10 | | [12] OLG
München, Urteil vom 27.03.2014, 6 U 1859/13, Rn. 46, juris | | [13] LG
München I, Endurteil vom 26.03.2013, 33 O 19285/12 | | [14] LG
Köln, Urteil vom 13.02.2014, 14 O 184/13 | | [15] LG
Köln, Urteil vom 04.12.2013, 28 O 347/13 | | [16] LG
Köln, Urteil vom 04.12.2013, 28 O 347/13, Rn. 25, juris | | [17] BGH,
Urteil vom 12.05.2010, I ZR 214/07 = http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=1aa91982308e872040e8fc82d2a45293&nr=54492&pos=0&anz=1 | | [18] LG
Köln, Teil-Urteil vom 03.12.2014, 84 O 149/14 = JurPC Web-Dok.
1/2015 = http://www.jurpc.de/jurpc/show?id=20150001 | | [19] LG
Düsseldorf, Urteil vom 28.05.2014, 2a O 58/13 | | [20] LG
Düsseldorf, Teilanerkenntnis- und Schlussurteil vom 20.01.2014,
2a O 58/13 = JurPC Web-Dok. 48/2014 = http://www.jurpc.de/jurpc/show?id=20140048 | | [21] LG
Berlin, Beschluss vom 25.11.2011, 15 O 436/11 = JurPC Web-Dok.
96/2013 = http://www.jurpc.de/jurpc/show?id=20130096 | | [22] OLG
Hamm, Urteil vom 19.07.2011, 4 U 22/11, I-4 U 22/11, Rn. 31,
juris | | [23] Insoweit
entgegen LG Bochum (s.u. Az.: I-13 O 129/14), wobei im Fall des LG
Bochum aber nach dem Tatbestand der Entscheidung unklar bleibt, ob
die fehlerhafte Angabe der UVP tatsächlich maßgeblich auf
das Anhängen unter der ASIN zurückzuführen ist. | | [24] OLG
Hamm, Urteil vom 08.11.2012, 4 U 86/12, Rn. 28, juris | | [25] OLG
Hamm, Urteil vom 19.07.2011, 4 U 22/11, I-4 U 22/11, Rn. 53,
juris | | [26] OLG
Oldenburg, Urteil vom 06.05.2010, 1 W 17/10 | | [27] OLG
Köln, Beschluss vom 23.09.2014, 6 U 115/14 = http://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/koeln/j2014/6_U_115_14_Beschluss_20140923.html | | [28] LG
Bochum, Urteil vom 26.11.2014, I-13 O 129/14 | | [29] Oben
Fußnote 8. | | [30] Prof.
Dr. Eike Ullmann, jurisPR-WettbR 12/2011 Anm. 4 | | [31] Siehe
Fußnote 12. | | [32] RAin
Kathrin Berger, jurisPR-ITR 7/2014 Anm. 5 | | [33] BVerfG,
Beschluss vom 04.12.2006, 1 BvR 1200/04 | | [34] OLG
Celle, Beschluss vom 22.11.2012, 13 W 95/12 | | [35] BGH, NJW
1972, 1893/2264. | | | |
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| | | (online seit:
10.03.2015) | | | |
| | | Zitiervorschlag: Autor, Titel, JurPC Web-Dok,
Abs. | | | |
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