Prüfungsschema
UWG - Vorschlag
für die Prüfung eines Wettbewerbsverstoßes nach dem UWG 2008 - |
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Schritt 1: Vorliegen einer geschäftlichen Handlung i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 1? ..."geschäftliche Handlung" jedes
Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens
vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des
Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem
Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder
Dienstleistungen objektiv zusammenhängt; als Waren gelten auch Grundstücke,
als Dienstleistungen auch Rechte und Verpflichtungen; |
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Schritt 2: Geschäftliche Handlung im
"B2B" oder im "B2C"? |
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Geschäftliche Handlung gegenüber Mitbewerbern oder sonstigen Marktteilnehmern i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 2 und 3 ("B2B") |
Geschäftliche Handlung
gegenüber Verbrauchern |
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Schritt 2a: Eingreifen der "schwarzen Liste"? Vorliegen einer stets
unzulässigen geschäftlichen Handlung |
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Schritt 3: Vorliegen eines beispielhaft geregelten Falls der Unlauterkeit
(§ 3 Abs. 1 i.V.m.
§§ 4 bis 6)?
[1]
♦ Vorliegen einer "unlauteren" geschäftlichen Handlung i.S.v. § 3 Abs. 1
– Verwirklichung eines oder
mehrerer der Beispieltatbestände der § 4 Nr. 1 — 11; – Vorliegen einer irreführenden
geschäftlichen Handlung (§ 5) oder einer "Irreführung durch Unterlassen" (§ 5a); – Vorliegen einer vergleichenden Werbung unter Verstoß gegen einen der Verbotstatbestände nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 — 6. |
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♦ Spürbarkeit: Eignung der
geschäftlichen Handlung, die Interessen der Mitbewerber oder sonstigen
Marktteilnehmer spürbar zu beeinträchtigen ( 3 Abs. 1). |
♦ Fachliche Sorgfalt: Im B2C ist eine geschäftliche
Handlung gemäß § 3 Abs. 2 S. 1 jedenfalls dann
unzulässig, wenn sie nicht der für den Unternehmer geltenden fachlichen
Sorgfalt (i.S.v.
§ 2 Abs. 1 Nr. 7) entspricht.
[2]
♦ Spürbarkeit:Diese ist gemäß im B2C gegeben, wenn die geschäftliche Handlung geeignet ist, die Fähigkeit des Verbrauchers, sich aufgrund von Informationen zu entscheiden, spürbar beeinträchtigt und ihn damit zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst, die er andernfalls nicht getroffen hätte (§ 3 Abs. 2 S. 1), wobei auf den Durchschnittsverbraucher bzw. das durchschnittliche Mitglied der adressierten Verbrauchergruppe abzustellen ist (§ 3 Abs. 2 S. 2, 3). |
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Schritt 4: Vorliegen einer unzumutbaren Belästigung (i.S.v. § 7) als selbständigem Verbotstatbestand? |
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Schritt 5: Vorliegen eines sonstigen, nicht beispielhaft geregelten Falles der Unlauterkeit? |
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Eingreifen der allgemeinen Generalklausel nach § 3 Abs. 1
als Auffangtatbestand. |
Eingreifen der Verbrauchergeneralklausel nach § 3 Abs. 2
als Auffangtatbestand.[3] |
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1 Die
Unlauterkeit einer geschäftlichen Handlung nach Maßgabe der Beispieltatbestände
lässt sich auch im B2C nur unter Rückgriff auf § 3 Abs. 1
feststellen, da die Unlauterkeit einer geschäftlichen Handlung allein in
§ 3 Abs. 1, nicht jedoch in § 3 Abs. 2 in Bezug
genommen wird — Schöttle, GRUR 2009, 546, 548.
2 Da bei einer
geschäftlichen Handlung, die nach Maßgabe eines der Beispieltatbestände als
unlauter (= vorgreifliches Tatbestandsmerkmal) zu bewerten ist, davon
auszugehen ist, dass diese auch nicht der "fachlichen Sorgfalt" entspricht,
dürfte diesem Tatbestandsmerkmal keine (nennenswerte) eigenständige Bedeutung
zukommen - in diesem Sinne wohl auch Schöttle, GRUR 2009, 546, 548; ferner
Köhler, WRP 2009, 109 ff., III. 2. c).
3 Der Gesetzgeber
hat das Verhältnis von § 3 Abs. 1 (allgemeine Generalklausel) zu
§ 3 Abs. 2 (Verbrauchergeneralklausel) weder explizit geregelt
noch hierzu in der Gesetzesbegründung ausdrücklich Stellung genommen. Es
spricht jedoch Einiges dafür, in den Fällen, in denen § 3 Abs. 2 als
originärer Auffangtatbestand zur Anwendung kommt, ausschließlich auf die
Verbrauchergeneralklausel in Abs. 2 abzustellen, d.h. dafür, diese als
gegenüber Abs. 1 selbständige, speziellere und abschließende Regelung zu
begreifen — so Schöttle, GRUR 2009, 546, 551, mit überzeugender Begründung.
Zitiervorschlag: Pierson, Matthias, Prüfungsschema UWG - Vorschlag für die Prüfung eines Wettbewerbsverstoßes nach dem UWG 2008 - - JurPC-Web-Dok. 0206/2009 |