Lars Jaeschke *Urteilsanmerkung zu OLG Frankfurt, 11 U 32/04 (Kart), "vw.de"JurPC Web-Dok. 113/2008, Abs. 1 - 32 |
Das Urteil des OLG Frankfurt am Main (Az.: 11 U 32/04 (Kart), verk. am 29.04.2008) hinsichtlich der Verurteilung der Denic, die Domain www.vw.de für Volkswagen zu registrieren, führt nicht dazu, dass die Denic nun verpflichtet wäre, grundsätzlich Domains mit einer Länge von nur 2 Buchstaben zu registrieren. | JurPC Web-Dok. 113/2008, Abs. 1 |
Das Urteil ist ausdrücklich auf die §§ 20, 33 GWB, also auf das Kartellgesetz, bezogen. Danach darf ein marktbeherrschendes Unternehmen wie es die Denic für de.-Domains ist, andere Unternehmen in einem Geschäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist, nicht benachteiligen oder solche Unternehmen ohne sachlichen Grund unterschiedlich behandeln. Das heisst im Endeffekt, dass VW hinsichtlich der Domain vw.de nicht anders behandelt werden darf als BMW hinsichtlich der Domain bmw.de. Diese gesetzlichen Vorgaben können auch dazu führen, dass marktbeherrschende Unternehmen, hier die Denic, Leistungen erbringen müssen, die sie bislang nicht erbracht haben, wie etwa Domains zu registrieren, die aus zwei Buchstaben bestehen. | Abs. 2 |
Dass eine Ungleichbehandlung von VW und etwa BMW vorliegt, hat auch das LG Frankfurt als Vorinstanz bejaht. Im Verfahren vor dem OLG Frankfurt ging es nur noch um die Frage, ob die Ungleichbehandlung gerechtfertigt ist. Dies hat das OLG Frankfurt verneint. Zur Begründung stützte sich das OLG Frankfurt auf Sachverständige, die vorgetragen haben, zu Störungen im Internetverkehr (Nutzer werden zur falschen Website geleitet oder E-Mails den falschen Adressaten zugestellt) könne es nur kommen, wenn Top Level Domain und Second Level Domain gleich lauten, also etwa www.vw.vw. Dieses Problem bestünde aber auch bei Domains, die aus drei Buchstaben bestehen. Und selbst diese möglichen Störungen seien heute noch bei circa 3,5 % der Server mit alter Software denkbar. Das OLG Frankfurt kam zu dem Schluss, dass jedenfalls bei der Domain www.vw.de derzeit kein technisches Risiko vorliege, weshalb die Versagung der Domain objektiv unsachgemäß und unangemessen sei und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz widerspreche. Der Denic sei zwar zuzubilligen, nur solche Second Level Domains zu vergeben, die eine Störung vollkommen ausschließen, dies sei aber – zumindest solange es noch keine Top Level Domain „.vw“ gäbe – vorliegend der Fall. Auch für die Zukunft seien Störungen sehr unwahrscheinlich. Die Denic habe nicht aufgezeigt, welche Staatenbildung zu einer entsprechenden Ergänzung der Länderliste um die geographische Top Level Domain „.vw“ führen könnte. | Abs. 3 |
Die mit dieser
Entscheidung des OLG Frankfurt verbundenen Registrierungswünsche anderer
Internet-Teilnehmer vermochten an diesem Ergebnis nichts zu ändern, d.h.
der Anspruch von VW konnte nicht unter Hinweis auf das mögliche
Anspruchsverhalten Dritter zurückgewiesen werden. Allerdings erscheint
diese Entscheidung des OLG Frankfurt nicht geeignet, die Denic
verpflichten zu können, nun generell „.de“-Domains, die aus zwei
Buchstaben bestehen, einzutragen, da wegen der klaren Bezugnahme des
Urteils auf die §§ 20, 33 GWB immer eine ähnliche Interessenlage wie im
entschiedenen Fall gegeben sein müsste, d.h. ein Unternehmen mit bekanntem
Kürzel („VW“) müsste gegenüber einem anderen Unternehmen („BMW“) ungleich
behandelt werden. Es bleibt aber abzuwarten, ob andere Gerichte oder auch
das OLG Frankfurt bei Klagen anderer Unternehmen oder auch Privater den
Gedanken der Verhältnismäßgkeit vor dem Hintergrund nicht zu erwartender
technischer Störungen durch Second Level Domains, die aus 2 Buchstaben
bestehen, fruchtbar machen und die Denic praktisch zur generellen
Zulassung solcher Domains verpflichten.
| JurPC Web-Dok. 113/2008,Abs. 4 |
* Dr. Lars Jaeschke ist Rechtsanwalt im Frankfurter Büro von GÖHMANN Rechtsanwälte. |
[ online seit: 08.07.2008 ] |
Zitiervorschlag: Autor, Titel, JurPC Web-Dok., Abs.
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Zitiervorschlag: Jaeschke, Lars, Urteilsanmerkung zu OLG Frankfurt, 11 U 32/04 (Kart), "vw.de" - JurPC-Web-Dok. 0113/2008 |