Eva Wiesmann*JUSLEX oder Die elektronische Verwaltung rechtssprachlicher Terminologie und PhraseologieJurPC Web-Dok. 267/2004, Abs. 1 - 45 |
JUSLEX wurde im Rahmen meiner Promotion am Fachbereich Angewandte Sprach- und Kulturwissenschaft der Universität Mainz konzipiert und mit dem an der Scuola Superiore di Lingue Moderne per Interpreti e Traduttori der Universität Bologna entwickelten Programm Juslex Manager als Prototyp realisiert. Die derzeit mit ca. 1500 Einträgen vorwiegend aus dem italienischen und dem bundesdeutschen Gesellschafts-, Vertrags- und Handelsrecht gefüllte Datenbank soll ein Hilfsmittel für den Rechtsübersetzer, speziell für den in der Übersetzerausbildung, sein, ist aber, wie im Folgenden zu zeigen sein wird, auch für denjenigen Juristen interessant, der als Rechtsübersetzer tätig ist oder der sich aus übersetzungsunabhängigen Gründen mit der rechtssprachlichen Terminologie und Phraseologie anderer Rechtsordnungen befasst. Meine Dissertation (Wiesmann 2004), auf der der vorliegende Beitrag im Kern basiert, ist im September dieses Jahres in der Reihe Forum für Fachsprachen-Forschung beim Gunter Narr-Verlag unter dem Titel Rechtsübersetzung und Hilfsmittel zur Translation. Wissenschaftliche Grundlagen und computergestützte Umsetzung eines lexikographischen Konzepts erschienen. Darin werden die Datenbank und das ihr zugrunde liegende Programm ausführlich beschrieben und die daran zu stellenden benutzer-, gegenstands- und medienbedingten Anforderungen sowohl auf übersetzungs- und sprachtheoretischer als auch auf metafachlexikographischer und terminologiewissenschaftlicher Grundlage unter Einbeziehung der einschlägigen Ergebnisse der Wörterbuch- und Hilfsmittelforschung sowie der Evaluierungskriterien für elektronische Wörterbücher und Terminologieverwaltungssysteme bestimmt. | JurPC Web-Dok. 267/2004, Abs. 1 |
Im Folgenden geht es zunächst um die unterschiedlichen Wissensvoraussetzungen der beiden Gruppen von Hilfsmittelbenutzern, deren gemeinsame Anforderungen an das Hilfsmittel näher ins Auge gefasst werden. Daran schließt sich eine Auseinandersetzung mit dem Gegenstand der Datenbank, der Terminologie und Phraseologie der Rechtssprache, an, bei der es um die Besonderheiten der Rechtssprache als Fachsprache ebenso geht wie um die Möglichkeiten ihrer Beschreibung, ihres Vergleichs und ihrer Verwaltung im elektronischen Medium. Im dritten und letzten Teil des vorliegenden Beitrags schließlich wird das Konzept von JUSLEX einschließlich der wichtigsten Funktionen von Juslex Manager vorgestellt. | Abs. 2 |
I n h a l t 1 Die Benutzer von JUSLEX 1.1 Die Wissensvoraussetzungen der Datenbankbenutzer 1.2 Die Anforderungen der Benutzer an die Datenbank 2 Der Gegenstand von JUSLEX: die Terminologie und Phraseologie der Rechtssprache 2.1 Die Rechtssprache - eine systemgebundene und eine inhomogene Fachsprache 2.2 Die Rechtsterminologie 2.2.1 Extensionale Abgrenzung und intensionale Bestimmung 2.2.2 Die Art der Definition und ihre Rolle bei der Bestimmung rechtlicher Begriffe 2.2.3 Anforderungen an die Verwaltung von Rechtsterminologie 2.3 Die rechtssprachliche Phraseologie und ihre Verwaltung 3 Das Konzept von JUSLEX 4 Bibliographie |
1 Die Benutzer von JUSLEX |
JUSLEX ist eine Datenbank, die auf die Wissensvoraussetzungen von Rechtsübersetzern, v.a. von solchen in der Übersetzerausbildung, abgestimmt ist und deren Anforderungen umfassend Rechnung zu tragen sucht. Da mit JUSLEX jedoch ein kohärentes Wissenssystem aufgebaut wird, das den Benutzern der Datenbank nicht nur die Rechtssprache, sondern auch das Recht näher bringt, ist die Datenbank in verschiedener Hinsicht auch für diejenigen Juristen geeignet, die sich im Zusammenhang mit ihrer übersetzerischen oder ihrer juristischen Tätigkeit mit der Rechtssprache und dem Recht einer ihnen fremden Rechtsordnung befassen. | Abs. 3 |
1.1 Die Wissensvoraussetzungen der Datenbankbenutzer |
Die Frage nach den Wissensvoraussetzungen der Datenbankbenutzer ist für die Bestimmung der benutzerbedingten Anforderungen an JUSLEX insofern relevant, als es darum geht zu klären, welche in der Datenbank grundsätzlich repräsentierbaren Wissenskomponenten für die Benutzer von besonderer Bedeutung sind und folglich einer Repräsentation in der Datenbank bedürfen. Wissen wird dabei neben Fähigkeiten und Fertigkeiten als ein Teil der beruflichen Kompetenz, m.a.W. der Kompetenz der Vertreter einer Berufsgruppe - wie Rechtsübersetzer oder Juristen - betrachtet, der grundlegend im Zusammenhang mit der jeweiligen Berufsausbildung erlangt und im Anschluss daran durch Berufserfahrung vertieft wird und der zusammen mit den Fähigkeiten und Fertigkeiten zur professionellen Ausübung der betreffenden beruflichen Tätigkeit erforderlich ist. | Abs. 4 |
Sind Rechtsübersetzer nicht gleichzeitig Juristen oder umgekehrt, bringen die Vertreter der beiden Berufsgruppen unterschiedliche Wissensvoraussetzungen mit. Juristen, die nicht als Rechtsübersetzer tätig sind, verfügen über keine übersetzerische Kompetenz. Rechtsübersetzer, die nicht volljuristisch qualifiziert sind, besitzen keine Kompetenz, die sie zum rechtlichen Handeln im Rahmen der entsprechenden beruflichen Tätigkeit befähigt und für die eine theoretisch-methodische Juristenausbildung die grundlegende Voraussetzung ist. Ihr Fachwissen Recht beschränkt sich vielmehr darauf, dass sie ein Wissen darüber haben, wie Recht grundsätzlich funktioniert und wie Juristen denken und rechtlich handeln und dass sie über solide Grundkenntnisse der bei der Rechtsübersetzung involvierten Rechtsordnungen verfügen, was impliziert, dass sie die rechtlichen Sach- und Handlungszusammenhänge im Wesentlichen kennen(1). Da Recht "in der Sprache und durch die Sprache" (Braselmann 1992: 55) lebt, erlangt das rechtssprachliche Wissen sowohl für die Juristen als auch für die Rechtsübersetzer eine besondere Bedeutung. Es umfasst die rechtssprachliche Terminologie und Phraseologie und ihre Verwendung in Rechtstexten ebenso wie die Normen und Konventionen der Vertextung. Außer der besagten juristischen Kompetenz gehört zur übersetzerischen Kompetenz der Rechtsübersetzer und damit zu ihren Wissensvoraussetzungen noch ein allgemeines - nichtrechtliches und gemeinsprachliches - sowie ein übersetzerisches Wissen, das mit den Anforderungen an eine Rechtsübersetzung, dem Erwerb und der Verwaltung des hierzu benötigten - v.a. rechtlichen und rechtssprachlichen - Wissens und der Ausführung der Rechtsübersetzung verbunden ist, aber auch beeinhaltet, dass die Rechtsübersetzer ihr Wissen über zwei oder mehr Rechtsordnungen und Rechtssprachen zueinander in Relation setzen können. | Abs. 5 |
Im groben Überblick lassen sich die beiden Kompetenzen wie folgt gegeneinander abgrenzen und es lässt sich zeigen, welche Komponenten des Wissens des Rechtsübersetzers und des Juristen in einer Datenbank wie JUSLEX grundsätzlich als Daten repräsentierbar sind(2): | Abs. 6 |
1.2 Die Anforderungen der Benutzer an die Datenbank |
Um die Anforderungen an JUSLEX auf einer soliden und möglichst breiten Grundlage nicht nur mit Blick auf den Benutzer, sondern auch mit Blick auf den Gegenstand und das elektronische Medium zu bestimmen, habe ich in meiner Dissertation sowohl übersetzungs- und sprachtheoretische als auch metafachlexikographische und terminologiewissenschaftliche Überlegungen angestellt. Des Weiteren habe ich die einschlägigen Ergebnisse der systematischen und der kritischen Wörterbuchforschung (insbesondere Tarp 1995, de Groot 1999, Sarcevic 1997, Sandrini 1996 und Groffier/Reed 1990) und der empirischen Wörterbuch- oder, besser, Hilfsmittelbenutzungsforschung (Nord 2002) ausgewertet und die Evaluierungskriterien herangezogen, die (v.a. von Holderbaum 1999, Lemberg 2001, Trojanus 2002, Mayer 1996 und Schmitz 2001) für elektronische Wörterbücher und Terminologieverwaltungssysteme aufgestellt wurden(3). Daraus resultiert das im Einzelnen noch vorzustellende Konzept von JUSLEX als elektronisches Hilfsmittel für den Rechtsübersetzer in der Übersetzerausbildung, von dem anzunehmen ist, dass für den Juristen als Benutzer die folgenden Punkte von Interesse sind: | Abs. 7 |
a) JUSLEX ist als enzyklopädisches Rechtswörterbuch in elektronischer Form realisiert, das zu den in der Datenbank gemäß den gegenstandsbedingten Anforderungen verwalteten terminologischen und phraseologischen Einheiten als Angaben sowohl rechtssprachbezogene (grammatikalische Angabe, Synonym- und Variantenangabe, Definition, Kontext- und Phraseologieangabe, Anmerkungen, Angabe einer Übersetzung mit Äquivalenzgrad bzw. eines Übersetzungsvorschlags) als auch rechtsbezogene (Angabe der Rechtsordnung, Rechtsgebietsangabe, Angabe von rechtlichen Informationen zur Vertiefung der Definition, Angabe von rechtlichen Sach- und Handlungszusammenhängen) liefert, von denen für den Juristen neben der Definition - und ggf. der Übersetzung - als rechtssprachlichen Angaben v.a. die rechtlichen Angaben von Interesse sind; | Abs. 8 |
b) in JUSLEX sind die Daten, die die für den Rechtsübersetzer relevanten Wissenskomponenten repräsentieren, in einem durch die Einbindung von Graphiken semiotisch erweiterten Hypertextsystem umfassend miteinander vernetzt und es wird ein kohärentes rechtliches und rechtssprachliches Wissenssystem aufgebaut, das nicht nur bei der übersetzungsabhängigen, sondern auch bei der übersetzungsunabhängigen Rezeption und Produktion eingesetzt und folglich auch vom Juristen gewinnbringend genutzt werden kann; | Abs. 9 |
c) dank der hierarchischen Anordnung der Daten und dank der vielfältigen und theorieunabhängigen Zugriffsmöglichkeiten, die das ausgehend von den medienbedingten Anforderungen als Prototyp entwickelte Datenbankprogramm Juslex Manager bietet, kann der Jurist schließlich das Mehr an Wissensverwaltung und -aufbereitung, das von dem nicht volljuristisch qualifizierten Rechtsübersetzer in der Übersetzerausbildung benötigt wird, entweder ausblenden oder aber ausklammern, während er das Wissen, das er darüber hinaus benötigt, zumindest zu einem Teil aus den mit JUSLEX vernetzten Korpustexten, insbesondere den Formularbüchern und den Gesetzen, beziehen kann, bezüglich des anderen Teils jedoch auf seine herkömmlichen Quellen zurückgreifen muss. | Abs. 10 |
An die Verwaltung der rechtssprachlichen Terminologie und Phraseologie als dem Gegenstand der Datenbank sind besondere Anforderungen zu stellen, die mit den Besonderheiten der Rechtssprache und den besonderen Schwierigkeiten, die ihre Beschreibung und ihr Vergleich mit sich bringen, verbunden sind. | Abs. 11 |
2 Der Gegenstand von JUSLEX: die Terminologie und Phraseologie der Rechtssprache |
2.1 Die Rechtssprache - eine systemgebundene und eine inhomogene Fachsprache |
Die Besonderheiten der Rechtssprache sind vor allen Dingen durch die Besonderheiten des institutionellen, immer an vorwiegend nationale, aber auch an supra- oder internationale Rechtsordnungen gebundenen rechtlich-sprachlichen Handelns bedingt(4), das sich im Rahmen der Rechtsetzung, der Rechtsanwendung und der Rechtspraxis vollzieht und von dem das Sprechen über Recht im Rahmen der Rechtslehre beeinflusst ist. Recht ist "die Gesamtheit der Rechtsvorschriften, durch die das Verhältnis einer Gruppe von Menschen zueinander oder zu den übergeordneten Hoheitsträgern oder zwischen diesen geregelt ist." (Kauffmann 1996: 987) Gleich ob Gesetzes-, Richter- oder Gewohnheitsrecht betreffen die Rechtsvorschriften, die die nationale, supranationale oder internationale Rechtsordnung ausmachen, grundsätzlich alle Bereiche des menschlichen Lebens und bedürfen bei der Anwendung auf die jeweils relevanten Lebenssachverhalte in jedem Fall der Auslegung. Aus der zur Anwendung abstrakt formulierter Rechtsvorschriften auf konkrete Lebenssachverhalte erforderlichen Interpretationsoffenheit der Rechtssprache ergibt sich ein besonders enges Verhältnis zur Gemeinsprache, während die Vielfalt der Regelungsbereiche zu Überschneidungen nicht nur mit der Gemeinsprache, sondern auch mit anderen Fachsprachen führen kann. | Abs. 12 |
Bedingt der Bezug auf Rechtsordnungen die Systemgebundenheit der Rechtssprache, so machen die durch das enge Verhältnis zur Gemeinsprache und zu anderen Fachsprachen bedingten Besonderheiten die Rechtssprache zu einer inhomogenen Fachsprache. Bei der Rechtsterminologie ist folglich die extensionale Abgrenzung erschwert, v.a. aber werden Probleme der intensionalen Bestimmung aufgeworfen. Für diese müssen Lösungen aufgezeigt werden, um die Terminologie einer Rechtsordnung beschreiben und mit der von anderen Rechtsordnungen vergleichen zu können. | Abs. 13 |
2.2 Die Rechtsterminologie |
2.2.1 Extensionale Abgrenzung und intensionale Bestimmung |
Werden bei der Abgrenzung der Rechtsterminologie nach außen - wie das in der italienischen Rechtswissenschaft bei Scarpelli (1959) und Belvedere (1994) der Fall ist - die Regelungen einer Rechtsordnung und die in diesen berücksichtigten Regelungsbereiche als Grundlage herangezogen, an die die Rechtsanwendung, die Rechtspraxis und die Rechtslehre gleichermaßen anknüpfen, dann wird die Rechtsterminologie damit zwar in ihrer Gesamtheit und Vielfalt erfasst, gleichzeitig werden angesichts ihrer daraus resultierenden Inhomogenität jedoch die Probleme der Bestimmung des Rechtssprachlichen als dem gemeinsamen Nenner aller zur Rechtsterminologie einer Rechtsordnung gehörenden Einheiten potenziert. Nach Scarpelli und Belvedere gehören zur Rechtsterminologie a) Termini, die wie legge (Gesetz) oder rilevante (erheblich) allein auf Rechtliches referieren, b) Termini, die wie parentela (Verwandtschaft) oder gravidanza (Schwangerschaft) auf Tatsächliches und damit auf Außerrechtliches referieren, das der rechtlichen Regelung grundsätzlich zugänglich ist, und c) Termini, die wie contratto (Vertrag) oder notaio (Notar) insofern auf Rechtliches und Tatsächliches gleichzeitig referieren, als sich von einem konkreten Sachverhalt bzw. einer konkreten Person erst dann sagen lässt, es handele sich hierbei um einen Vertrag bzw. einen Notar, nachdem festgestellt wurde, dass die rechtlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt sind. Die besagten Unterscheidungen werfen die Frage auf, welche Rolle rechtlichen Definitionen als Kriterium zur Bestimmung des Rechtssprachlichen zukommt. Diesbezüglich muss zunächst Folgendes festgestellt werden: | Abs. 14 |
Den Definitionen und der Definierbarkeit sind im Recht in verschiedener Hinsicht Grenzen gesetzt, die das Definiens und das Definiendum ebenso betreffen wie die Definitionsmacht der Definierenden und den Zweck der von ihnen erarbeiteten Definitionen. Hinsichtlich des Definiens gibt es im Recht funktionsbedingt unbestimmte Rechtsbegriffe wie gute Sitten, die, mit Busse (1999: 1383) gesprochen, einen verhältnismäßig großen Deutungs- und, damit verbunden, Bedeutungsspielraum haben und der Weiterentwicklung des Rechts und seiner Anpassung an die sich im Laufe der Zeit ändernden Gegebenheiten dienen, was eine Definition allenfalls im Zuge der Rechtsanwendung, aber nicht a priori, d.h. bei der Rechtsetzung sinnvoll macht. Was das Definiendum anbelangt, so ist es - wie sich unschwer am Beispiel Recht zeigen lässt(5) - u.U. so komplex, dass eine umfassende Definition sich als ein schwieriges, wenn nicht gar unmögliches Unterfangen erweist oder mangels Legaldefinition nicht mit dem Konsens aller Juristen rechnen darf, wofür bereits die Rede von der herrschenden Meinung und der herrschenden Lehre spricht. In Bezug auf die Definitionsmacht der Definierenden setzt der Vorrang der gesetzgeberischen Definition, d.h. der sog. Legaldefinition, den Rechtsanwendern und den Rechtswissenschaftlern Grenzen. "Durch Rechtsprechung konkretisierte und aktualisierte Rechtsbegriffe sind [...]" - wie Sandrini (1996: 32) feststellt - "immer von der Norm abhängig [...]. Rechtswissenschaft und Rechtsprechung schließen darüber hinaus in ihrer Definitionsarbeit an den vom Gesetzgeber verfolgten Regelungszweck an, soweit sich dieser aus der Norm oder sonstwie feststellen läßt [...]." Die im Definitionszweck begründeten Grenzen rechtlicher Definitionen schließlich hängen damit zusammen, dass Definitionen wie im Fall von Sache im Bürgerlichen Gesetzbuch vielfach nur in Bezug auf eine bestimmte Regelung oder aber auf einen bestimmten Einzelfall bezogen sind und daher keine allgemeine Gültigkeit für sich in Anspruch nehmen können. | Abs. 15 |
Wenn zudem Termini wie gute Sitten, aber auch Treu und Glauben, Gemeinwohl, usw., die niemand als nichtrechtsprachlich betrachten würde, nicht definiert sind, dagegen aber für Termini wie Abfall, Emissionen oder Anlagen, die auf den ersten Blick so gar nichts Rechtssprachliches an sich haben, eine rechtliche Definition vorliegt, dann ergibt sich daraus, dass rechtliche Definitionen kein ausreichendes Kriterium zur Bestimmung des Rechtssprachlichen sind. Ein ausreichendes Kriterium ist hingegen die rechtssprachliche Bedeutung, die sich bestenfalls rechtlichen Definitionen, sonst aber dem Gebrauch im Rechtstext entnehmen lässt. | Abs. 16 |
2.2.2 Die Art der Definition und ihre Rolle bei der Bestimmung rechtlicher Begriffe |
Mit Blick auf die Datenbank sind Definitionen jedoch erforderlich, d.h. es muss in jedem Fall eine intensionale, eine extensionale oder aber - im Fall der unbestimmten Rechtsbegriffe - eine funktionale Bestimmung erfolgen, wenn dem Datenbankbenutzer der Inhalt, der Umfang oder die Funktion der Rechtstermini einer Rechtsordnung zugänglich gemacht und der Vergleich mit den Rechtstermini einer anderen Rechtsordnung ermöglicht werden soll. Die Grundlage dieser lexikographisch notwendigen Definitionen bildet angesichts dessen, dass Juristen nicht die gleichen definitorischen Erfordernisse haben wie Lexikographen, nicht nur die betreffende rechtliche Definition oder - im Fall mehrerer Definitionen - die rechtlichen Definitionen, sondern auch der juristische Sprachgebrauch, m.a.W. der Gebrauch der Termini im Rechtstext, der über die rechtssprachliche Bedeutung der Termini Aufschluss gibt. | Abs. 17 |
Für die Beschreibung der Terminologie einer Rechtsordnung, die als Grundlage für deren Vergleich mit der Terminologie anderer Rechtsordnungen dient, muss geklärt werden, was überhaupt definiert wird, die Rechtstermini mit ihrer rechtssprachlichen Bedeutung oder die rechtlichen Begriffe. Als Definitionsarten kommen demgemäß die Nominaldefinition und die Begriffsdefinition in Frage, denen ein je unterschiedliches Begriffsverständnis zugrunde liegt, das traditionellen bzw. modernen terminologiewissenschaftlichen Auffassungen entspricht. | Abs. 18 |
In der traditionellen Terminologielehre von Wüster (1959/60) werden Begriffe als sprachunabhängig gegebene, lediglich sprachlich benannte Vorstellungen von der Wirklichkeit betrachtet, die onomasiologisch ausgehend von der außersprachlichen Wirklichkeit untersucht und nur durch Begriffsdefinitionen beschrieben werden können, die allein dem fachlichen Kontext Rechnung tragen. Nach modernen terminologiewissenschaftlichen Theorien (wie Pozzi 1999) werden Begriffe hingegen als sprachlich abgegrenzte, kulturbedingte menschliche Vorstellungen von der Wirklichkeit gesehen, die semasiologisch ausgehend von den betreffenden Termini zu untersuchen sind und entsprechend am besten durch Nominaldefinitionen beschrieben werden, die nicht nur den fachlichen, sondern auch den sprachlichen Kontext berücksichtigen. | Abs. 19 |
Was die Anwendung dieser unterschiedlichen Auffassungen auf die Rechtsterminologie anbelangt, so gestaltet sie sich in beiden Fällen schwierig. Bedingt durch die Besonderheiten der Rechtssprache sind, m.a.W., Anpassungen erforderlich. Der Versuch einer solchen Anpassung wurde hinsichtlich der traditionellen Terminologielehre von Sandrini (1996) unternommen. So setzt der Wissenschaftler rechtliche Begriffe mit den Tatbeständen von Normen gleich und hält fest, dass sie onomasiologisch ausgehend von den Lebenssachverhalten zu ermitteln und unter Einbeziehung des Normzwecks durch teleologische Begriffsdefinitionen zu bestimmen seien, die von ihm als Einheit von Tatbestand und Rechtsfolge betrachtet werden. | Abs. 20 |
Doch erweisen sich teleologische Begriffsdefinitionen als ein Ideal, das der Realität der rechtlichen Definitionen nicht entspricht und das angesichts dessen, dass Sandrini keine neuen Definitionen erstellt, sondern in seiner wissenschaftlichen Arbeit von den bereits vorliegenden gesetzgeberischen, gerichtlichen und rechtswissenschaftlichen Definitionen ausgeht, auch nicht verwirklicht wird. Zwar lassen sich durchaus Beispiele wie die Definition von Kündigung finden, die sich insofern als Einheit von Tatbestand und Rechtsfolge betrachten lässt, als es sich bei der Kündigung im Arbeitsrecht um eine einseitige, empfangsbedürftige, rechtsgestaltende, bedingungsfeindliche, unwiderrufliche, formpflichtige Willenserklärung (Tatbestand) handelt, durch die der Endtermin des Arbeitsverhältnisses (Rechtsfolge) bestimmt wird. Bereits beim Arbeitnehmer, der als derjenige definiert wird, der - so der Tatbestand - aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags oder eines ihm gleichgestellten Rechtsverhältnisses im Dienst eines anderen Arbeit leistet, zeigt sich jedoch, dass die mannigfaltigen Rechtsfolgen, die damit verbunden sind, nicht in der Definition erfasst sind und, abgesehen davon, auch nicht erfasst werden können. | Abs. 21 |
Da die Methode Sandrinis also auf Grenzen stößt, habe ich in meiner Dissertation versucht, einen neuen Weg einzuschlagen, und statt der traditionellen Terminologielehre von Wüster die gleichfalls anpassungsbedürftige moderne terminologiewissenschaftliche Theorie von Pozzi (1999) zugrunde gelegt(6). Dabei bin ich zu dem Schluss gekommen, dass rechtliche Begriffe zwar sprachlich abzugrenzende juristische Vorstellungen von der außersprachlichen Wirklichkeit sind, dass sich aber v.a. diejenigen rechtlichen Begriffe, die wie z.B. Bürgschaft und Garantievertrag auf Rechtliches und Tatsächliches gleichzeitig referieren, durch die Nominaldefinition der entsprechenden Rechtstermini zwar grundlegend, aber nicht unbedingt vollständig abgrenzen lassen, dass zur vollständigen Begriffsbestimmung also auch die Auseinandersetzung mit den Gegenständen des Rechts erforderlich ist. Dies lässt sich an der Gegenüberstellung der rechtlichen Definitionen von Bürgschaft und Garantievertrag aufzeigen, die bei der nach der rechtssprachlichen Bedeutung der Termini fragenden semasiologischen Ermittlung neben - oder besser vor - dem juristischen Sprachgebrauch zu berücksichtigen sind. Wenn eine Bürgschaft ein Vertrag ist, durch den sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger eines Dritten verpflichtet, für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Dritten einzustehen, und ein Garantievertrag demgegenüber ein Vertrag, durch den eine Partei der anderen Partei zusagt, für das Eintreten oder Nichteintreten eines bestimmten Erfolgs einzustehen, dann wird einer der wesentlichen Unterschiede zwischen Bürgschaft und Garantievertrag, nämlich der, dass die Bürgschaft anders als der Garantievertrag akzessorisch ist, in der von Juristen erarbeiteten rechtlichen Definition gerade nicht berücksichtigt. Erst die Auseinandersetzung mit den Gegenständen der außersprachlichen Wirklichkeit, die insbesondere in der Rechtsetzung, in der gerichtlichen Rechtsanwendung und in der Rechtslehre erfolgt, gibt über den besagten Unterschied Aufschluss. Dazu braucht nur ein Lehrbuch zum Bürgerlichen Recht (wie Musielak 1992) konsultiert werden. Für Nominaldefinitionen von Rechtstermini statt für Begriffsdefinitionen rechtlicher Begriffe spricht im Übrigen auch die Tatsache, dass gerade die relevantesten rechtlichen Definitionen, nämlich die des Gesetzgebers, Nominaldefinitionen sind(7). | Abs. 22 |
2.2.3 Anforderungen an die Verwaltung von Rechtsterminologie |
Soll den Benutzern der Datenbank im Rahmen eines kohärenten Wissenssystems zur Rechtssprache und zum Recht ein umfassender kognitiver Hintergrund für die übersetzungsabhängige oder auch die übersetzungsunabhängige Auseinandersetzung mit der Rechtsterminologie der sie interessierenden Rechtsordnungen geliefert und ihnen zugleich deutlich gemacht werden, welche Relationen zwischen den Rechtstermini zweier oder mehrerer Rechtsordnungen bestehen, dann ergibt sich für die Anforderungen an die Verwaltung von Rechtsterminologie in JUSLEX Folgendes: | Abs. 23 |
a) der Systemgebundenheit der Rechtssprache muss durch die eindeutige Zuordnung der Rechtstermini zu den betreffenden Rechtsordnungen Rechnung getragen werden; | Abs. 24 |
b) die sich aus der Systemgebundenheit ergebenden inkongruenten Beziehungen zwischen den Rechtstermini unterschiedlicher Rechtsordnungen, die in ihrer annähernden oder teilweisen Äquivalenz zum Ausdruck kommen, müssen durch die Angabe von Äquivalenzgraden zum Ausdruck gebracht und bei Nulläquivalenz oder nicht ausreichender Teiläquivalenz muss ein Übersetzungsvorschlag formuliert werden; | Abs. 25 |
c) neben den von Juristen erarbeiteten Definitionen bzw. den mangels derselben von lexikographischer Seite ausgehend vom juristischen Sprachgebrauch erstellten Definitionen muss die zur umfassenden Bestimmung rechtlicher Begriffe ggf. erforderliche Auseinandersetzung mit den Gegenständen des Rechts Platz in der Datenbank finden; | Abs. 26 |
d) es muss der Tatsache Rechnung getragen werden, dass es für einen Rechtsterminus auch mehrere rechtliche Definitionen geben kann, die von den Juristen, aber auch von den Lexikographen erarbeitet werden können und für die der fachliche wie der sprachliche Kontext die Grundlage ist. | Abs. 27 |
An konkreten Beispielen aufgezeigt, gestaltet sich die Verwaltung von Rechtstermini auf der Grundlage der besagten Anforderungen also wie folgt: | Abs. 28 |
Zu den Termini einer jeden Rechtssprache, gleich ob es sich hierbei um Substantive wie Grundkapital, Verben wie zeichnen, Adjektive wie nichtig, Adverbien wie unverzüglich oder Abkürzungen wie AG handelt, wird in JUSLEX in jedem Fall die Rechtsordnung angegeben, was bei den aus der deutschen Rechtssprache Deutschlands stammenden Beispielen heißt, dass neben der Abkürzung DE für "deutsch" auch die Abkürzung D für "Deutschland", und zwar in der Reihenfolge DE (D) verwendet wird. Da die Übersetzung für den Terminus capitale sociale, der der italienischen Rechtssprache Italiens zuzuordnen ist, mit Bezug auf die deutsche Rechtsordnung sowohl Grundkapital als auch Stammkapital oder Gesellschaftskapital lauten kann, wobei es sich im ersten und im zweiten Fall um teiläquivalente Termini und im dritten Fall um einen Übersetzungsvorschlag handelt, wird dies den Benutzern von JUSLEX durch das Symbol ± bzw. das zur Kennzeichnung von italienisch-deutschen Übersetzungsvorschlägen gewählte Sigel ÜV angezeigt. Um den mit dem bundesdeutschen Terminus Kapitalgesellschaft verbundenen rechtlichen Begriff nicht nur umfassend zu bestimmen, sondern die Benutzer über diese Bestimmung auch umfassend zu informieren, sind in JUSLEX über die Definition "Gesellschaft, bei der die Mitgliedschaft auf die Kapitalbeteiligung und nicht auf das persönliche Engagement der Gesellschafter zugeschnitten ist" hinaus auch die folgenden Informationen zur rechtlichen Vertiefung eingetragen: "Zu den Kapitalgesellschaften gehören die Aktiengesellschaft, die Kommanditgesellschaft auf Aktien und die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die kraft Gesetzes immer Handelsgesellschaften sind, auch dann, wenn der Gegenstand des Unternehmens nicht im Betrieb eines Handelsgewerbes besteht. Den Kapitalgesellschaften kommt damit Kaufmannseigenschaft kraft Rechtsform zu, d.h. sie sind Formkaufleute. Kapitalgesellschaften gehören wegen ihrer körperschaftlichen Struktur zu den Körperschaften. Wesentlich für die Kapitalgesellschaft ist, dass gesetzlich ein bestimmtes Mindesteigenkapital vorgeschrieben ist, welches die Grundvoraussetzung für den Zugang zur Rechtsform selbst ist und das v.a. einen Haftungsfonds für die Gläubiger bildet, denen die Gesellschafter für die Gesellschaftsschulden grundsätzlich nicht haften. Für den Gesellschafter bemessen sich, entsprechend der kapitalistischen Prägung seiner Mitgliedschaft, Stimmrecht und Gewinnanteil i.d.R. nach der Höhe der Kapitalbeteiligung. Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft obliegt Organen, die nach dem Prinzip der Dritt- oder Fremdorganschaft besetzt sind." Als ein Beispiel für die mit der Anführung mehrerer Definitionen verbundene Bedeutungsdifferenzierung in JUSLEX mag schließlich der gleichfalls bundesdeutsche Terminus Geschäftsführung dienen, der in der Datenbank wie folgt definiert ist: "(insbesondere) jede zur Förderung des Zwecks der Gesellschaft bestimmte, für die Gesellschaft vorgenommene Tätigkeit (Geschäftsführung (1)) (aber auch) das Organ, das die Geschäftsführung innehat (Geschäftsführung (2)) (und insofern vor allem) die Geschäftsführer der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Geschäftsführung (3))". | Abs. 29 |
2.3 Die rechtssprachliche Phraseologie und ihre Verwaltung |
Neben der rechtssprachlichen Terminologie wird in JUSLEX extensiv auch die Phraseologie der Rechtssprache verwaltet, was für den Rechtsübersetzer von besonderem Interesse ist, aber auch für den Juristen interessant sein kann. Zur rechtssprachlichen Phraseologie werden dabei sowohl die Kollokationen als auch die Phraseologismen gezählt, von denen erstere als sprach- oder sachnormbedingte Wortverbindungen mit mindestens einem Rechtsterminus betrachtet werden und letztere als gleichfalls mindestens einen Rechtsterminus umfassende Wortverbindungen, die sich, wie z.B. Die Gesellschaft ist für unbestimmte Zeit eingegangen, durch ihre textpositionelle Festigkeit auszeichnen. Sprach- und sachnormbedingt heißt dabei, dass die Verbindung durch eine sprachliche bzw. durch eine sachliche Norm bedingt ist, die die Verbindung des Rechtsterminus mit anderen Wörtern oder Termini in bestimmten Zusammenhängen oder grundsätzlich ausschließt. So kann der Terminus "erwerben" in der sachnormbedingten Kollokation Aktien erwerben grundsätzlich dann nicht durch den Terminus "kaufen" ersetzt werden, wenn der Erwerb nicht durch Kauf geschieht, und das Wort "leisten" in der sprachnormbedingten Kollokation Einlagen leisten lässt sich nur außerhalb des gesetzlichen Zusammenhangs des Aktiengesetzes und des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung durch das Wort "erbringen" ersetzen. | Abs. 30 |
Die rechtssprachliche Phraseologie wird in JUSLEX genauso wie die Rechtsterminologie verwaltet, d.h. es werden grundsätzlich eigene Einträge zu den Kollokationen wie zu den Phraseologismen angelegt, die darüber hinaus auch in den Einträgen zu den Rechtstermini, die sie enthalten, als Phraseologieangabe erfasst sind. Beim Rechtsterminus Einlage finden sich beispielsweise in der Phraseologieangabe die Wortverbindungen Einlagen auf Aktien, Einlagen auf Geschäftsanteile, Einlagen auf das Grundkapital, Einlagen auf das Stammkapital, Einlagen einzahlen/Einzahlung von Einlagen, Einlagen erbringen/Erbringung von Einlagen, Einlagen leisten/Leistung von Einlagen/Einlageleistung, usw., die darüber hinaus in je eigenen Einträgen verwaltet werden und im Wesentlichen mit den gleichen Angaben wie die Rechtstermini versehen sind. So wird zu den Kollokationen insbesondere eine - nur bei Phraseologismen nicht vorhandene - Definition angegeben, die dem Rechtsübersetzer für ihn ansonsten nur schwer und vielfach nur über den Juristen zugängliche Informationen liefern will. Zur rechtssprachlichen Bedeutung von Kollokationen wie das Grundkapital aufbringen oder Aktien (gegen Einlagen) übernehmen beispielsweise wird er in anderen elektronischen wie nichtelektronischen Hilfsmitteln nur schwer Erklärungen finden. | Abs. 31 |
Auf der Grundlage der benutzer-, gegenstands- und medienbedingten Anforderungen, von denen im Rahmen des vorliegenden Beitrags nur die benutzer- und die gegenstandsbedingten Anforderungen grob skizziert werden konnten, wurde das folgende lexikographische Konzept ausgearbeitet, das der Datenbank JUSLEX und ihrem Programm Juslex Manager zugrunde liegt(8). | Abs. 32 |
3 Das Konzept von JUSLEX |
JUSLEX wurde als lexikographisches Nachschlagewerk in elektronischer Form (Datenbank) mit Zugriff auf ein Korpus von Hilfstexten (v.a. Formularbücher und Gesetze) konzipiert und gleichzeitig als elektronisches Instrument der übersetzerischen Terminologie- und Phraseologiearbeit oder, kurz, als Terminologieverwaltungssystem. Die Datenbank JUSLEX und das ihr zugrundeliegende Programm Juslex Manager zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass | Abs. 33 |
- | in JUSLEX die rechtssprachliche Terminologie und Phraseologie rezeptions- und produktionsorientiert verwaltet wird, d.h. so, dass die Datenbank für die Übersetzung in beide Richtungen, aber auch übersetzungsunabhängig einsetzbar ist; | Abs. 34 |
- | die Datenverwaltung mit Juslex Manager einfach und v.a. multilingual ist, dass also beliebig viele Rechtssprachen aus beliebig vielen Rechtsordnungen (so etwa die deutsche Rechtssprache Deutschlands und die italienische Rechtssprache Italiens, aber auch die deutsche Rechtssprache Italiens, Österreichs, der Schweiz und der Europäischen Union) verwaltet werden können; | Abs. 35 |
- | JUSLEX als enzyklopädisches Rechtswörterbuch oder, m.a.W., als rechtliches Allbuch mit Angaben zu den Rechtsordnungen (Italien, Deutschland, EU, usw.) konzipiert ist, denen die rechtssprachlichen Einheiten zugehören, sowie zu den (annähernd, teil- oder nulläquivalenten) Beziehungen, die zwischen ihnen bestehen; | Abs. 36 |
- | die Definition (zu Termini und Kollokationen) in JUSLEX keine enzyklopädische Definition ist, sondern von der Definition die Informationen zur Vertiefung getrennt werden; | Abs. 37 |
- | die Angaben zu den verwalteten terminologischen und phraseologischen Einheiten insofern eine Kontextualisierung in fachlicher wie auch in sprachlicher Hinsicht gewährleisten, als einerseits das Rechtsgebiet und rechtliche Informationen zur Vertiefung der Definition und andererseits eine grammatikalische Angabe, eine Phraseologie- und eine Kontextangabe sowie Anmerkungen geliefert werden; | Abs. 38 |
- | das Eintragsmodell grundlegend ein benennungsorientiertes ist, um neben der Bedeutungsdifferenzierung die Darstellung der Inkongruenzen zu ermöglichen, die sich aus der Bindung der Rechtssprachen an die Rechtsordnungen ergeben, dass aber durch die gemeinsame Verwaltung von Synonymen und Varianten auch eine begriffsorientierte Sicht ermöglicht wird; | Abs. 39 |
- | die Eintragsstrukturen für Ausgangs- und Zielsprache in JUSLEX je unterschiedliche sind, damit zu jedem übersetzungsunabhängig erstellten ausgangssprachlichen Eintrag (mit grammatikalischer Angabe, Angabe der Rechtsordnung und der Rechtssprache, Rechtsgebietsangabe, Definition und Informationen zur Vertiefung, Kontextangabe, Phraseologieangabe, Verweisen, Anmerkungen und Quelle zu den verwalteten terminologischen und phraseologischen Einheiten sowie zu deren Synonymen und Varianten) genau der dazu passende zielsprachliche Eintrag (mit grammatikalischer Angabe, Angabe der Rechtsordnung und der Rechtssprache, Angabe des Äquivalenzgrades bzw. der Kennzeichnung, dass es sich um einen Übersetzungsvorschlag handelt, Anmerkungen und Quelle) geliefert werden kann, und gleichzeitig durch die Möglichkeit des Wechsels der Sprachrichtung gewährleistet wird, dass der Benutzer zu jedem zielsprachlichen Eintrag genau diejenigen Angaben konsultieren kann, die zu dem ausgangssprachlichen Eintrag vorgesehen sind; | Abs. 40 |
- | die Datenverwaltung, um bei der Übersetzung in beide Richtungen eine punktuelle sowie eine systematische Konsultation und eine Bereitstellung der Informationen je nach Informationsbedarf zu ermöglichen, eine hierarchische ist, bei der die einer Rechtsordnung und einem Rechtsgebiet zugeordnete terminologische und phraseologische Einheit mit ihrer (lediglich bei den Phraseologismen nicht vorhandenen) Definition und ihrer Übersetzung im Vordergrund steht; | Abs. 41 |
- | mit Juslex Manager eine umfassende Datenvernetzung gewährleistet wird, und zwar über ein semiotisch durch die Einbindung von Graphiken erweitertes und durch die Verlinkung mit Korpustexten aus der Datenbank herausführendes Hypertextsystem aus impliziten und expliziten Verweisen und Links zwischen den terminologischen und den phraseologischen Einheiten und ihren Synonymen und Varianten sowie ihren Übersetzungen; | Abs. 42 |
- | die Datenpräsentation in JUSLEX benutzerfreundlich ist, auf einen großen metasprachlichen Apparat verzichtet und keinerlei Platzbeschränkungen unterliegt; | Abs. 43 |
- | mit Juslex Manager schließlich über eine Stichwort- und eine Volltextsuche sowie eine Navigation im semiotisch erweiterten Hypertextsystem umfassende, theorieunabhängige Zugriffsmöglichkeiten gewährleistet werden, die einen selektiven Zugriff auf die benötigten Informationen erlauben. | Abs. 44 |
Mit dem Entwurf und der prototypischen Entwicklung von JUSLEX sollte
den Bedürfnissen des Rechtsübersetzers, v.a. desjenigen in der
Übersetzerausbildung, umfassend Rechnung getragen werden. Dass auch
der Jurist der Datenbank wertvolle Informationen entnehmen kann, hoffe
ich mit dem vorliegenden Beitrag gezeigt zu haben.
| JurPC Web-Dok. 267/2004, Abs. 45 |
4 Bibliographie |
Arntz, Reiner / Barczaitis, Rainer (1998): "Fachübersetzerausbildung und Fachübersetzungsdidaktik". In: Hoffmann/Kalverkämper/Wiegand (1998: 998-1003) |
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Fußnoten:(1) Zur Bedeutung eines system- und problemorientierten Denkens als Komponenten des vom Fachübersetzer im Zuge seiner Übersetzerausbildung zu erlangenden Fachwissens vgl. Arntz/Barczaitis (1998: 998). (2) Zur Kompetenz des Übersetzers im Allgemeinen und des Rechtsübersetzers im Besonderen und zur Unterscheidung zwischem dem Wissen des Rechtsübersetzers und dem des Juristen vgl. ausführlich Wiesmann (2004: 166 ff.). Zur Repräsentierbarkeit der verschiedenen Wissenskomponenten in einer Datenbank und zu den das Wissen repräsentierenden Daten vgl. hingegen Wiesmann (2004: 179 ff.). (3) Zur Bestimmung der Anforderungen an die Datenbank vgl. im Detail Wiesmann (2004: 246 ff.). (4) Zur Systemgebundenheit der Rechtssprache und zu den daraus resultierenden gegenstandsbedingten Anforderungen an ein Hilfsmittel für den Rechtsübersetzer vgl. insbesondere de Groot (1999). (5) Zum Recht als dem zentralen Begriff der Rechtswissenschaft wird von juristischer Seite ausgeführt, dass er "so vielschichtig und umfassend [ist], daß er sich nicht mehr einheitlich bestimmen läßt, vielmehr jede Bestimmung nur einen einzelnen Aspekt umfassen kann." (Tilch/Arloth 2001: 3445) (6) Zu der terminologiewissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Rechtsterminologie und der sprachtheoretischen Grundlage, auf der mein Ansatz basiert, vgl. im Einzelnen Wiesmann (2004: 200 ff.). (7) Zur Unterscheidung zwischen Nominal- und Realdefinition und zu den Parallelen zwischen Real- und Begriffsdefinition vgl. Wiesmann (2004: 41 ff.). (8) Zum Konzept von JUSLEX und zu den Funktionen von Juslex Manager vgl. ausführlich Wiesmann (2004: 299 ff.). |
*Dr. phil Eva Wiesmann ist Lehrbeauftragte ("professore a contratto") an der Universität Bologna (Università degli Studi di Bologna - Scuola Superiore di Lingue Moderne per Interpreti e Traduttori). |
[online seit: 12.11.2004 ] |