JurPC Web-Dok. 256/2004 - DOI 10.7328/jurpcb/20041910204

Jörg Dittrich*

Missbräuchliche Beendigung eines Angebots bei eBay -
Anmerkung zu AG Duisburg, Urt. v. 25.03.2004 - 27 C 4288/03

JurPC Web-Dok. 256/2004, Abs. 1 - 33


Grundsätzlich sind alle bei eBay eingestellten Artikel verbindliche Angebote. Das ergibt sich aus § 9 Ziff. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von eBay Deutschland, denen jedes Mitglied des Online-Marktplatzes bei der Anmeldung auf einer deutschsprachigen eBay-Website zugestimmt hat(1). Dass derartige Vertragsbedingungen, die zunächst einmal nur in den zwischen dem Marktplatz-Betreiber und dem sich dort anmeldenden Mitglied abgeschlossenen Nutzungsvertrag einbezogen werden, auch für die Vertragsbeziehung zwischen den einzelnen Mitgliedern untereinander nicht ohne Bedeutung ist, hat der BGH bereits in seiner Entscheidung "ricardo" aus dem Jahre 2001 festgestellt. Der VIII. Zivilsenat betonte, die AGB des Betreibers eines virtuellen Marktplatzes seien die Auslegungsgrundlage dafür, wie die Mitglieder als Erklärungsempfänger bzw. der Marktplatz-Betreiber als deren Empfangsvertreter die jeweilig abgegebenen Erklärungen verstehen dürfen(2). Die Klauseln haben somit in jedem Fall auch eine mittelbare Wirkung für das Marktverhältnis. Doch was passiert eigentlich, wenn ein Mitglied, das solch ein verbindliches Angebot auf der Handelsplattform eingestellt hat, dieses vorzeitig beendet? Mit dieser Frage hatte sich vor Kurzem das AG Duisburg zu befassen. JurPC Web-Dok.
256/2004, Abs. 1
Inhaltsübersicht
       I. Der Sachverhalt
      II. Zur vorzeitigen Beendigung 
          eines Angebotes bei eBay
     III. Die Entscheidung 
          des AG Duisburg
      IV. Kritik
       V. Fazit

I. Der Sachverhalt

Der Beklagte hatte eine Armbanduhr der Marke Cartier bei eBay eingestellt und als Startpreis den Wert von EUR 1.199,00 eingegeben. Als Laufzeit der am 15.06.2003 gestarteten Online-Auktion wählte er den Zeitraum von zehn Tagen, so dass das Angebot am 25.06.2003 um 15:21 Uhr enden sollte. Doch so lange war das Angebot über die eBay-Website nicht verfügbar; der Beklagte hatte nämlich einen Tag vor dem regulären Ende der Laufzeit das Angebot vorzeitig beendet. Abs. 2
Der Kläger, der das Angebot offensichtlich unter Beobachtung hatte und erst gegen Ende der regulären Laufzeit ein Gebot für die Armbanduhr abgeben wollte, war enttäuscht und nutzte am 25.06.2003 um 11:26 Uhr die bei eBay verfügbare Funktion "Frage an den Verkäufer", um bei diesem per eMail nochmals wegen der Uhr nachzufragen. Erstaunlicherweise teilte dieser nun mit, er habe die Uhr noch; gegen ein "faires Angebot" von mindestens EUR 2.300,00 komme man ins Geschäft. Darauf reagierte der Kläger mit einer erneuten eMail vom 25.06.2003 um 15:17 (also noch vor dem regulären Ende der Laufzeit): Er lehne es ab, dem Beklagten ein eigenes Angebot zu unterbreiten, erkläre aber die Annahme des ursprünglichen Angebotes, wie es bei eBay eingestellt und inzwischen vorzeitig beendet worden war. Seiner Ansicht nach habe der Beklagte das Angebot nicht zurückziehen dürfen und er nehme es nunmehr als Käufer gerade noch rechtzeitig an. Abs. 3
Im weiteren Verlauf weigerte sich der Beklagte die Armbanduhr gegen Zahlung des Startpreises von EUR 1.199,00 zu übereignen. Der Kläger tätigte einen Deckungskauf zum Neupreis von EUR 3.670,00, trat von dem (vermeintlich) geschlossenen Kaufvertrag zurück und verlangte als Schadensersatz unter Berücksichtigung eines Abzuges "neu für alt" einen Differenzbetrag in Höhe von EUR 1.370,00. Abs. 4

II. Zur vorzeitigen Beendigung eines Angebotes bei eBay

Für denjenigen, der nicht ständig mit eBay und den dort geltenden "Spielregeln" befasst ist, stellt sich zunächst die Frage, wann und unter welchen Voraussetzungen das an sich verbindliche Angebot überhaupt vorzeitig beendet werden kann. Abs. 5
Die vorzeitige Beendigung eines Angebotes ist auf dem Online-Marktplatz eBay nur ausnahmsweise möglich. Voraussetzung dafür ist ausweislich des diesbezüglichen eBay-Grundsatzes, dass einer der folgenden Gründe gegeben ist: Abs. 6
-Einstellen des Artikels hat sich der Anbieter bezüglich der Beschaffenheit geirrt. Abs. 7
-Die maßgebliche Beschaffenheit des Artikels hat sich in der Zwischenzeit verändert. Abs. 8
-Der Artikel wurde in der Zwischenzeit zerstört. Abs. 9
Der zuerst aufgeführte Grund für eine vorzeitige Beendigung erfasst den gesetzlich normierten Fall der Anfechtung wegen eines Eigenschaftsirrtums nach § 119 Abs. 2 BGB, der in diesem Stadium - nämlich vor Gefahrübergang - nicht durch die Vorschriften zur Sachmängelhaftung ausgeschlossen ist. Abs. 10
Wurden auf den Artikel bereits Gebote abgegeben, müssen diese zunächst vom Anbieter gestrichen werden, um dann das eigene Angebot zurückziehen. Dem Anbieter verbleibt aber auch die Möglichkeit, den Artikel an den bis dahin Höchstbietenden zu verkaufen und zeitgleich das Angebot zu beenden - so etwa dann, wenn der Höchstbietende auch weiterhin Interesse an dem Artikel hat, obwohl sich eine maßgebliche Beschaffenheit in der Zwischenzeit geändert hat. Abs. 11

III. Die Entscheidung des AG Duisburg

Im Verlaufe des Rechtsstreits vor dem AG Duisburg hatte der beklagte Anbieter der Armbanduhr vorgetragen, er habe sich über eine wesentliche Eigenschaft der Uhr geirrt, da er erfahren habe, dass sich die auf seiner Uhr befindliche Gravur nicht entfernen lasse. Zudem sei die Uhr bei Renovierungsarbeiten beschädigt worden. Das Gericht sah die Schadensersatzklage des Klägers dennoch als im Wesentlichen begründet an und sprach diesem die Summe von EUR 1.003,00 zu. Dem Kläger stehe gem. § 280 BGB aus dem von den Parteien geschlossenen Kaufvertrag über die Armbanduhr ein Anspruch auf Schadensersatz zu. Abs. 12
Dabei ging das Gericht davon aus, ein seitens eBay anerkannter Grund für eine vorzeitige Angebotsrücknahme habe nicht bestanden. Auf etwaige Schwierigkeiten bei der Entfernung der auf der Uhr befindlichen Gravur habe sich der Beklagte nicht berufen können, weil er bereits in der Artikelbeschreibung darauf hingewiesen habe, dass sich auf der Innenseite der Uhr eine Gravur mit seinen Namensinitialen befindet, die "sicherlich von Cartier entfernt oder verändert werden" könne. Hinsichtlich des Einwandes, die Uhr sei überdies bei Renovierungsarbeiten beschädigt worden, habe er nicht hinreichend substantiiert vorgetragen. Insgesamt bestünden somit wegen des Fehlens eines anerkennenswerten Grundes keine Zweifel an der Berechtigung des geltend gemachten Schadensersatzes. Abs. 13

IV. Kritik

Auf den ersten Blick erscheint das Urteil des AG Duisburg durchaus vertretbar. Dies gilt umso mehr, wenn man sich den unbefriedigenden Umstand klar macht, dass es durchaus den ein oder anderen Anbieter bei eBay gibt, der seine Online-Auktion vorzeitig - unter Umständen auch noch kurz vor Ablauf der eigentlichen Laufzeit - beendet, weil ihm der zu erwartende Erlös nicht ausreichend erscheint oder er "an eBay vorbei" ein Angebot bekommen hat, den Artikel zu einem bestimmten Festpreis zu verkaufen. Dennoch kann die Entscheidung des AG Duisburg nicht überzeugen. Abs. 14

1.
Nachvollziehbar und richtig ist zunächst die Annahme, die Angebotsrücknahme des Beklagten könne nicht als Widerruf des Angebots gesehen werden. Denn das Einstellen des Artikels stellt ein verbindliches Angebot dar, das dem Grundsatz nach nicht mehr widerrufen oder zurückgenommen werden kann. Mit der gleichen Begründung, mit der das AG Menden die Frage der Widerruflichkeit eines bei eBay abgegebenen Gebotes negiert hat(3), ist auch hier ein Widerruf des Angebotes nach § 130 Abs. 1 S. 2 BGB abzulehnen. Danach wird eine Willenserklärung, die einem Abwesenden gegenüber abzugeben ist, dann nicht wirksam, wenn dem anderen vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht. Die mit dem Einstellen eines Artikels und dem Freischalten auf dem eBay-Marktplatz verbundene Willenserklärung zum Abschluss eines Kaufvertrages über den angebotenen Artikel geht eBay aber als Empfangsvertreter der Marktplatzmitglieder i.S.d. § 164 Abs. 3 BGB zu und wird damit wirksam i.S.d. § 130 Abs. 1 S. 1 BGB(4). Wollte man also die Angebotsrücknahme als Widerruf i.S.d. § 130 Abs. 1 S. 2 BGB begreifen, wäre dieser in jedem Fall verspätet und damit ohne Wirkung. Abs. 15

2.
Wie allerdings unter II. bereits dargestellt, sind bei eBay gewisse Ausnahmen anerkannt, unter denen ein Angebot zurückgenommen werden kann. Fraglich war im vorliegenden Fall nun, ob eine dieser Ausnahmekonstellationen, für die sich ein Anbieter den Rücktritt vorbehält, vorlag. Abs. 16
Soweit der Beklagte zunächst vorgetragen hatte, er habe sich im Hinblick auf die Beschaffenheit der Uhr geirrt, hat das Gericht erkannt, dass sich in der Artikelbeschreibung bereits ein Hinweis auf die vorhandene Gravur befand. Dort stand weiter, dass die Gravur ggf. entfernt oder geändert werden könne. Den späteren Einwand des Beklagten, die Gravur lasse sich nicht entfernen, hat das Gericht nicht anerkannt. In der Tat dürfte außer Zweifel stehen, dass es in jedem Fall möglich ist, eine solche Gravur zumindest unkenntlich zu machen oder aber abzuändern. Deshalb lag insoweit auch kein anerkennenswerter Grund für eine Anfechtung oder einen Rücktritt entsprechend den eBay-Grundsätzen vor. Soweit sich der Beklagte darüber hinaus darauf berufen hatte, die Uhr sei inzwischen zerstört worden, hat das Gericht ebenfalls gegen den Beklagten entschieden; er habe dies im Prozess nicht ausreichend nachweisen können. Abs. 17
Damit lag hier insgesamt kein die vorzeitige Beendigung des Angebotes rechtfertigender Grund vor. Es ist von einer missbräuchlichen Beendigung des Angebots auszugehen, die dazu führt, dass das mit dem Einstellen des Artikels bei eBay verbundene Angebot zunächst fortbestand. Abs. 18

3.
Dennoch ist die Annahme des AG Duisburg, im vorliegenden Fall sei es zu einem wirksamen Vertragsschluss zwischen den Parteien gekommen, nicht haltbar. Das Gericht hat zu dem - streitentscheidenden - Punkt, wie der Vertrag zwischen den Parteien letztendlich geschlossen worden sein soll, keinerlei rechtliche Ausführungen gemacht. Stattdessen ist man sogleich auf den von der Klägerseite geltend gemachten Schadensersatz übergegangen und hat einen zustande gekommenen Vertrag als bestehend vorausgesetzt. Abs. 19

a.
Den Ausführungen im Tatbestand der Entscheidung zufolge hat sich der Kläger nach der Rücknahme des Angebots per eMail über die eBay-Kontaktfunktion mit dem Beklagten in Verbindung gesetzt - dies zunächst am 25.06.2003 um 11:26 Uhr, um nachzufragen und sodann um 15:17 Uhr, um das fortbestehende Angebot anzunehmen. Abs. 20
Wäre die zweite eMail, mit welcher der Kläger das originäre Angebot angenommen haben will, nur fünf Minuten später erfolgt, hätte ein Vertrag wohl auch nach Ansicht des Gerichts nicht mehr zustande kommen können. Denn das ursprüngliche Angebot des Beklagten war bis längstens 15:21 Uhr befristet. Abs. 21
Hier allerdings wurde die eMail mit der (vermeintlichen) Annahme des ursprünglichen Verkaufsangebotes ja noch vorher, nämlich um 15:17 Uhr versendet. Damit stellt sich also zwingend die Frage, ob der Kläger das ursprüngliche Angebot überhaupt noch annehmen konnte und, wenn ja, ob dies per eMail möglich war. Denn mit der vorzeitigen Beendigung durch den Beklagten war über die dann technisch nicht mehr ausführbare Bietfunktion ein reguläres Gebot auf den Artikel nicht mehr möglich. Abs. 22

b.
Offensichtlich ist das Gericht im vorliegenden Fall davon ausgegangen, der Kläger habe das fortbestehende Angebot mit seiner zweiten eMail annehmen können. Dies scheint auf den ersten Blick auch nicht unlogisch, wenn man bedenkt, dass das ursprüngliche Angebot ja befristet war - hier ganz konkret bis zum 25.06.2003 um 15:21 Uhr. Gemäß § 148 BGB kann die Annahme eines befristeten Angebots nur innerhalb der bestimmten Frist erfolgen; die Annahmefrist kann nachträglich nicht einseitig verkürzt werden(5). Dabei übersieht das AG Duisburg m.E. jedoch, dass durch die vorzeitige Beendigung der Online-Auktion ein (weiteres) Gebot auf den Artikel bei eBay faktisch nicht mehr möglich war. Das Angebot einer Online-Auktion bei eBay richtet sich nicht an jedermann und kann auch nicht auf jede beliebige Art und Weise angenommen werden. Bereits aufgrund der Gestaltung des Online-Marktplatzes ist evident, dass die Annahme von Angeboten auf der Handelsplattform ausschließlich durch registrierte eBay-Mitglieder über die Funktion "Bieten" zu erfolgen hat. Voraussetzung dafür ist wiederum, dass man sich mit dem eigenen eBay-Mitgliedsnamen und dem persönlichen Passwort auch eingeloggt hat. Schließlich richtet sich das Angebot in einer Online-Auktion an das eBay-Mitglied, das während der (tatsächlichen) Laufzeit der Online-Auktion das höchste Gebot auf der eBay-Plattform (!) abgibt. Abs. 23
Ob das mit dem Einstellen eines Artikels bei eBay verbundene Angebot angesichts dessen überhaupt auslegungsbedürftig ist, kann bezweifelt werden. In jedem Fall würde eine Auslegung gemäß den Grundsätzen der §§ 133, 157 BGB zum gleichen Ergebnis führen. Zieht man etwa § 9 AGB (eBay) zur Auslegung des Angebots heran, ergibt sich auch daraus, dass sich das Angebot letztlich an denjenigen Bieter richtet, der im Wege der Gebotsabgabe auf der eBay-Plattform das höchste Gebot über seinen Account abgibt. Abs. 24

c.
Im zugrundeliegenden Fall will der Kläger nun das Angebot per eMail angenommen haben. Eine Gebotsabgabe über die Funktion "Frage an den Verkäufer" ist - wie schon die Bezeichnung dieser Funktion ergibt - allerdings ebenso wenig möglich, wie etwa ein telefonisches Gebot. Die eBay-Grundsätze für Online-Auktionen besagen in § 10 Ziff. 1 AGB (eBay) sogar explizit, dass ein eBay-Mitglied den Bietern, die auf seinen Artikel bieten, Artikel vergleichbarer Art und Güte nur in weiteren Angeboten auf der eBay-Website anbieten darf, nicht aber auf anderem Wege - z.B. per eMail. Auch daran lässt sich sehen, dass Transaktionen bei eBay ausschließlich über die Plattform zu laufen haben und nicht etwa an eBay vorbei. Hinsichtlich des Verkaufsformats der "Online-Auktion" kommt es einem jeden Anbieter ja auch gerade auf die Eröffnung eines Bietgefechts auf der eBay-Plattform an, um allen potentiellen Käufern die gleiche Chance zur Abgabe eines Gebotes zu geben. Abs. 25
Die Annahme des ursprünglichen Angebots per eMail war daher ganz unabhängig davon nicht möglich, da sich das Angebot schon gar nicht an Bieter gerichtet hat, die ihr Gebot nicht über die reguläre Gebotsabgabe abzugeben versuchen. Wäre das anders, könnte künftig auch jeder Außenstehende unter Umgehung der Bietfunktion ein Gebot auf die dort eingestellten Artikel per eMail abgeben oder beispielsweise im richtigen Zeitpunkt eine telefonische Nachricht beim jeweiligen Anbieter hinterlassen, dass er dessen Angebot annehme. Abs. 26
Sucht man nach Parallelen im Offline-Bereich, wird einem relativ schnell klar, dass sich die Entscheidung des AG Duisburg so nicht aufrechterhalten lässt. Werden beispielsweise anlässlich einer Versteigerung im eigentlichen Sinne schriftliche und / oder fernmündliche Gebote nicht zugelassen, hätte wohl niemand auch nur den Hauch eines Zweifels, dass ein Gebot, das während der laufenden Auktion dennoch per eMail oder via Fax bei dem Versteigerer eingeht, unbeachtlich ist. Vergleichbar mag die Sachlage auch damit sein, dass ein Gericht im Rahmen eines Termins zur Zwangsversteigerung eine Sicherheitsleistung fordert, der Bietende allerdings die nach § 68 ZVG verlangte Sicherheit für ein Zehntel des Verkehrswerts nicht zu leisten imstande ist. Abs. 27

4.
Insgesamt hat ein Missbrauch der Beendigungsfunktion bei eBay also zur Folge, dass zwar das Angebot wegen der unwirksamen Rücknahme zunächst fortbesteht, ein neues Gebot kann aber dennoch nicht per eMail abgegeben werden. Die Online-Auktion selbst ist beendet: "Rien ne va plus - nichts geht mehr" würde man beim Roulette sagen. Der Anbieter schafft mit der Beendigung des Angebots vollendete Tatsachen; gelingt es ihm im Streitfall nicht nachzuweisen, dass ein berechtigter Grund dafür bestand, muss er mit folgenden Konsequenzen rechnen. Abs. 28

a.
Wurde bis zur vorzeitigen Beendigung des Angebots - wie auch in dem dem AG Duisburg vorliegenden Fall - kein einziges Gebot abgegeben, ist ein Vertragsschluss also nicht erfolgt, so kann ein solcher aus den angeführten Gründen bei eBay auch nicht mehr zustande kommen, es sei denn der Artikel wird erneut eingestellt. Die spätere Annahme des Angebots auf einem anderen Wege als die reguläre Gebotsabgabe bei eBay kommt jedenfalls nicht in Betracht. Abs. 29
Es verbleibt in einem solchen Fall ein Verstoß gegen die AGB von eBay und deren Grundsätze. Dieser mag zwar im Einzelfall nicht einfach nachzuweisen sein; jedoch wird eBay zur Kenntnis nehmen, falls gehäuft von der Möglichkeit der Angebotsrücknahme Gebrauch gemacht wird und Konsequenzen daraus ziehen. Immerhin droht in solchen Fällen die sofortige Sperrung der Mitgliedschaft oder die Kündigung des Nutzungsvertrages durch eBay. Abs. 30

b.
Sind dagegen zum Zeitpunkt der vorzeitigen Beendigung der Online-Auktion bereits Gebote auf den Artikel abgegeben worden und stellt sich nachträglich heraus, ein berechtigter Grund dafür lag nicht vor, kommt der Vertrag mit demjenigen zustande, der zuletzt das höchste Gebot abgegeben hat. Denn die Streichung der bereits abgegebenen Gebote wäre insoweit ebenfalls unberechtigt erfolgt und daher unwirksam. Entsprechend der Regelung in § 9 Ziff. 3 AGB (eBay) käme der Vertrag zwischen dem Anbieter und dem das höchste Gebot abgebenden Bieter zustande. Abs. 31
Hat der Anbieter die Möglichkeit zum vorzeitigen Abbruch der Online-Auktion also missbraucht und wurden zuvor bereits Gebote abgegeben, muss er den Artikel an das jeweilige eBay-Mitglied abgeben, das zum Zeitpunkt der Angebotsbeendigung das bis dahin höchste (reguläre) Gebot abgegeben hat. Ist ihm dies nicht mehr möglich, weil er den Artikel anderweitig veräußert hat, muss er mit zweierlei rechnen: Auf der einen Seite droht auch hier die sofortige Sperrung der Mitgliedschaft oder die Kündigung des Nutzungsvertrages durch eBay, wenn dort die missbräuchliche Beendigung des Angebots bekannt wird oder sich eine solche Vorgehensweise häuft. Auf der anderen Seite muss der Anbieter damit rechnen, dass das bis zur Beendigung des Angebots als Höchstbietender geführte Mitglied auf Erfüllung des abgeschlossenen Vertrages pocht. Abs. 32

V. Fazit

Das AG Duisburg ist zu Unrecht von einem wirksamen Vertragsschluss zwischen den Parteien ausgegangen. Das Gericht hätte allenfalls danach fragen können, ob ein (neuer) Vertrag außerhalb von eBay zustande gekommen ist. Dem war aber offensichtlich nicht so, weil man sich bezüglich des Verkaufspreises nicht einigen konnte.
Abs. 33

Fußnoten:

(1) Die Allgemeine Geschäftsbedingungen für die Nutzung der deutschsprachigen eBay-Websites sind abrufbar unter: http://pages.ebay.de/help/community/png-user.html
(2) Vgl. BGH, Urt. v. 07.11.2001 - VIII ZR 13/01 = JurPC Web-Dok. 255/2001, Abs. 1 - 37
(3) Vgl. AG Menden, Urt. v. 10.11.2003 - 4 C 183/03 = JurPC Web-Dok. 187/2004, Abs. 1 - 19
(4) So auch BGH, Urt. v. 07.11.2001 - VIII ZR 13/01 = JurPC Web-Dok. 255/2001, Abs. 20
(5) Vgl. Palandt, 63. Auflage, § 148 Rdn. 4
* Rechtsanwalt Jörg Dittrich ist Mitarbeiter der Kanzlei Schlömer und Sperl (http://www.schloemer-sperl.de). Zusammen mit Rechtsanwalt Dr. Uwe Schlömer ist er Herausgeber des im Springer-Verlag erschienenen Rechtsratgebers "eBay&Recht" (Weitere Informationen auch unter http://www.mein-recht-im-netz.de).
Anmerkung der Redaktion:

Zu dem Beitrag hat es folgende Zuschrift gegeben:

"...erlauben Sie eine kurze Anmerkung zu Ihrem Aufsatz http://www.jurpc.de/aufsatz/20040256.htm: Das Ergebnis, dass ein zu Unrecht beendetes Angebot praktisch nicht mehr angenommen werden kann, widerspricht m. E. grundlegenden Wertungen unserer Rechtsordnung. Richtig ist allerdings, dass grundsätzlich Willenserklärungen bei Ebay nur über die dafür vorgesehenen Wege abgegeben werden können und damit ein Gebot über "Frage an den Verkäufer" ausgeschlossen ist. Darauf allerdings kann sich ein Verkäufer, der ein Angebot zu Unrecht gestoppt hat, nicht berufen. Es handelt m. E. sehr eindeutig um eine Konstellation, die unter dem Rubrum Venire "contra factum proprium" als Anwendungsfall des § 242 BGB zu fassen ist. Dementsprechend ist das Urteil des Amtsgerichts Duisburg zwar vielleicht etwas sparsam begründet, aber im Ergebnis richtig."

Diese Anmerkung führte zu folgender Replik des Autors:

"...vielen Dank für Ihre eMail und die Anmerkung, der ich jederzeit offen gegenüber stehe. Mir ist durchaus bewusst, dass teilweise die von Ihnen skizzierte Argumentation vertreten wird. Allerdings führt diese m.E. zu unüberwindbaren Ergebnissen, wenn es bereits einen Bieter auf den beendeten Artikel gibt. In diesem Fall hat nämlich der bis dahin Höchstbietende ein anerkannt schützenswertes Interesse daran, den Artikel zu seinem Gebot zu erhalten. Daher würde mich im Gegenzug interessieren, wie Sie diesen Fall lösen würden? Es ist allgemein anerkannt, dass bei Empfangsvorrichtungen nur solche berücksichtigt werden, die zum Empfang von Willenserklärungen bestimmt sind. Dies richtet sich vornehmlich nach dem Willen des Empfängers und umfasst bei eBay m.E. eben nicht die Funktion "Anfrage an den Verkäufer". Auch soll die Anmerkung nicht dahin verstanden werden, dass derjenige, der durch Nichtabgabe seines Gebotes unbedingt leer ausgehen muss. Es kann m.E. aus obigen Gründen kein Zugang vorliegen; hat der Anbieter allerdings in schuldhafter Weise das Angebot ohne Grund beendet, kann ein vorvertragliches Verschulden vorliegen, welches zum Schadensersatz berechtigt (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB). Eine dann zu klärende Frage ist, ob dieser in diesem Stadium überhaupt schon schützenswert ist, obgleich er - wie im damaligen Fall - noch nicht einmal ein Gebot abgegeben hat. Die Anmerkung bezog sich allerdings vornehmlich um die Frage des Vertragsschlusses."
[online seit: 15.10.2004, die Leserbriefe sind seit 09.01.2007 online ]
Zitiervorschlag: Autor, Titel, JurPC Web-Dok., Abs.
Zitiervorschlag: Dittrich, Jörg, Missbräuchliche Beendigung eines Angebots bei eBay - Anmerkung zu AG Duisburg, Urt. v. 25.03.2004 – 27 C 4288/03 - JurPC-Web-Dok. 0256/2004