Von der Darstellung und Sprache richtet sich das Buch aber eher an den Juristen als an den Laien. Es ist fast ausschließlich als reiner Fließtext geschrieben und gibt oft über mehrere Absätze Auszüge aus Urteilen wieder. Es einhält keine Übersichten, Grafiken oder Schaubilder, die das Thema dem juristischen Laien anschaulich machen könnte. Lediglich einige wenige Aufzählungen und Prüfungsschemata lockern das Schriftbild etwas auf und Schlagworte sind durch Fett-Druck hervorgehoben. | Abs. 6 |
Die Autoren wollen sich vom Aufbau ihrer Darstellung her an den alltäglichen Fragestellungen des "Fotorechts" und den praktischen Bedürfnissen orientieren, wobei offen bleibt, wessen Fragestellungen und Bedürfnisse abgedeckt werden sollen. Nach meinem Eindruck ist das Buch schwerpunktmäßig aus Sicht der Verwerter, insbesondere der Verlage, geschrieben. | Abs. 7 |
Entsprechend dem praktischen Ansatz folgt das Werk keiner
rechtssystematischen Struktur, sondern gliedert sich nach praktischen
Fragestellungen: so werden in vier Kapiteln folgende Themen behandelt:
| Abs. 8 |
Leider wird aber weder die Gliederung nach praktischen Fragestellungen noch eine nach rechtssystematischen Gesichtspunkten durchgehalten. Auf mich macht die Darstellung oft den Eindruck eines Brainstormings. Außerdem ist die Verzahnung der drei Kapitel von Wanckel und des letzten Kapitels von Nitschke nicht gut gelungen. Insbesondere die Darstellung des Urheberrechts überschneidet sich in den ersten beiden und im letzten Kapitel. | Abs. 9 |
Interessant sind einige Themen, die an anderer Stelle nicht oft zu finden sind, so etwa Ausführungen zum gesetzlichen Fotografierverboten, Fotografieren bei Gerichtsverhandlungen und in Behörden, Fotografieren von militärischen Anlagen und Wehrmitteln, Luftaufnahmen, Zutrittsrecht zu Veranstaltungen. | Abs. 10 |
Im Kapitel "Herstellung von Personenfotos" wird bereits kurz der Entwurf des neuen § 201 a StGB zum Schutz vor Spanner- und Paparazzi-Fotos erwähnt. Im Kapitel "Rechtsfolgen" wird das Thema unter "Strafrechtliche Konsequenzen" noch mal behandelt. | Abs. 11 |
Im Kapitel "Erwerb von Fotos" wird auf den Erwerb vom Fotografen, von Agenturen und von Verwertungsgesellschaften "insbesondere VG Bild-Kunst" eingegangen. Welche andere VG für den Erwerb von Rechten an Fotos in Betracht kommen soll, bleibt unklar. Der Sitz der VG Bild-Kunst wird vom Autoren kurzerhand von Frankfurt (§ 1 der Satzung) nach Bonn verlegt, wo sich zwar das Büro der VG befindet, nicht aber ihr Sitz. Grundsätzlich nimmt die VG Bild-Kunst bei Fotografen nur die gesetzlichen Vergütungsrechte wahr, so dass er seine Erstverwertungsrecht behält und kein Verwerter diese von der VG erwerben kann. Der Autor nutzt die praktisch sehr seltene vorkommende Möglichkeit (gelegentlich in Nachlassfällen), der VG auch die Erstverwertungsrechte zur Wahrnehmung zu übertragen, um das Recht der Verwertungsgesellschaften, Wahrnehmungsvertrag, Verteilungsplan und CMMV kurz darzustellen. | Abs. 12 |
Im Zusammenhang mit der Veröffentlichung von Sachfotos werden entgegenstehende Rechte, etwa die Privatsphäre, das Eigentumsrecht, urheber-, marken- und wettbewerbsrechtliche Beschränkungen dargestellt. An dieser Stelle werden bereits einige Urheberrechtsschranken behandelt, auf die Nitschke in seinem Kapitel noch mal eingeht. Gegen die herrschende Meinung ist die Ansicht, dass derjenige, der ein Gemäldefoto aus einem Katalog vervielfältigt gegen das Urheberrecht des Gemäldefotografen verstößt (Rn 86). Während ich mit dem OLG Düsseldorf (Fotos von Beuys-Zeichnungen) der Meinung bin, dass man derartigen Reproduktionsfotografien durchaus des Schutz als Lichtbild nach § 72 UrhG zuerkennen kann, geht die überwiegende Meinung davon aus, dass Reprofotos weder urheberrechtlich geschützt sind, noch Lichtbildschutz genießen. | Abs. 13 |
Begrüßenswert ist, dass der Autor auf mögliche markenrechtliche Probleme beim Fotografieren entsprechender Marken eingeht (Rn 113), da dieses Thema bisher weitgehend unbehandelt geblieben aber für Fotografen und Verwerter von praktischer Relevanz ist. Leider wird das Thema nur bei Sachfotos behandelt, nicht bei Personenfotos, wo es auch Relevant ist. So hat sich Michael Schumacher ein Porträtfoto von sich als Marke eintragen lassen (vgl. BPatG, Beschluss vom 29.04.1998, 29 W (pat) 81/98; vgl. Graf Zeppelin: RG, Urteil vom 28.10.1910, Rep. II. 688/99, RGZ 74, 308). | Abs. 14 |
Lobenswert ist auch, dass als potentiell der Fotonutzung entgegenstehendes Recht auch das Geschmacksmusterrecht angesprochen wird (Rn 115). Leider wird nur auf das deutsche Geschmacksmusterrecht in zwei Absätzen eingegangen (und noch vom Deutsche Patentamt statt vom Dt. Patent und Markenamt gesprochen) und das neue Gemeinschaftsgeschmacksmuster nicht erwähnt. | Abs. 15 |
Während die Darstellung der Veröffentlichung von Sachfotos nicht mal 20 Seite umfasst, liegt - entsprechend der Beschäftigung von Wanckel mit den Caroline von Monaco Fällen - ein Schwerpunkt in der Darstellung der Rechtsfrage im Zusammenhang mit der Veröffentlichung von Personenfotos (60 Seiten + 30 Seiten über Rechtsfolgen bei Verstoß, 3 Seiten Herstellung von Personenfotos). Entsprechend eingehend wird das Bildnisrecht behandelt: Bildnisbegriff, Einwilligung (z.B. Minderjährige, Verstorbene, ausdrückliche und stillschweigende, Reichweiter, Widerruf), Ausnahmen nach § 23 KUG (z.B. absolute und relative Personen der Zeitgeschichte, Begleiter-Rechtsprechung, Promi-Kinder, entgegenstehende Interessen, werbliche Nutzung, Privat- und Intimsphäre, postmortaler Persönlichkeitsschutz, Personengefährdung, Fotomontage wobei jedoch das Stichwort "Star-Fake" nicht vorkommt). Für den am Bildnisrecht interessierten Juristen sind die zahlreichen Fundstellen und Entscheidungsauflisten (z.B. Rn 184, 200, 273, 282) zu bestimmten Stichworten eine interessante Fundgrube. Auf § 60 UrhG wird an dieser Stelle nicht eingegangen, sondern erst im Rahmen der Darstellung urheberrechtlicher Schranken (Rn 405). Ein Verweis wäre hier aber sinnvoll gewesen. | Abs. 16 |
Im vierten Kapitel erörtert Nitschke Rechtsfragen zwischen Fotografen und Verwertern. Die Darstellung über die vertraglichen Beziehungen enthält eine Checkliste für einen Lizenzvertrag mit fünf Stichpunkten, die weder dem Juristen noch dem Laien richtig weiterhilft. Wer hierzu etwas sucht, wird am besten in den leider nicht mehr ganz aktuellen Büchern von Dr. Maaßen, BFF- Handbuch Basiswissen und BFF-Handbuch Verträge sowie dem Vertragshand für Fotografen besser fündig. Der Leser des Buches Foto- und Bildrecht sucht Hinweise auf diese Bücher im knappen Literaturverzeichnis zu Beginn des Buches jedoch vergeblich. Der Autor weißt auf die Beweisprobleme bei der Auftragserteilung hin und empfiehlt zumindest ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben. Die inhaltliche Gestaltung von Fotoverträgen wird vom Grundprinzip her dargestellt, etwa hinsichtlich der Rechtseinräumung, unbekannte Nutzungsart, Honorarhöhe, Eigentum am Fotomaterial, Rückrufrecht und Haftung. | Abs. 17 |
Leider wird an dieser Stelle nicht auf das neue Urhebervertragsrecht und die wichtige Bestimmung der angemessenen Vergütung nach § 32 UrhG n.F. eingegangen. Gerade bei Aussagen, dass nach der geltenden Branchenübung durch die Zahlung eines Festhonorars die vollständigen Verwertungsrecht eingeräumt würden (Rn 330), wäre auf das Thema Buy-Out-Verträge und angemessene Vergütung einzugehen gewesen. | Abs. 18 |
Bei der Behandlung des Eigentums am Filmmaterial (Rn 347) vermisse ich die Behandlung von Fragen des Eigentums an Negativen und entsprechender Herausgabeansprüche. Wanckel erwähnt im Zusammenhang mit dem Erwerb von Fotos eine Entscheidung hierzu (Rn 64), ein entsprechendes Stichwort im Sachregister fehlt jedoch. Die Insolvenz von Verlagen und Fotoagenturen wird im Zusammenhang mit Rückrufrechten erwähnt. Die gerade auch in jüngster Zeit praktisch wichtigen insolvenzrechtlichen Fragen, ob und wie der Fotograf seine Fotos herausverlangen und anderweitig verwerten kann, bleiben leider offen. | Abs. 19 |
Die Aussage, dass AGBs wirksam einbezogen werden sollen, wenn sie sich nicht nur auf dem Lieferschein, sondern auch noch auf der Rechnung befinden (Rn 355) verwundert, da die Einbeziehung vor Vertragsschluß und damit vor Rechnungsstellung erfolgen muss. | Abs. 20 |
Im Kapitel Rechtsfolgen bei Vertragsstörung werden u.a. die Themen Blockierungs- und Layout-Honorar behandelt, allerdings ohne sie unter den in der Praxis bekannten Begriffen aufzuführen. | Abs. 21 |
Etwas unsystematisch im Kapitel "Rechtsfragen zwischen Fotografen und Verwerter" wird das interessante Thema der Laborhaftung (Rn 361) sowie unzulässige Labor-AGB-Klauseln behandelt. Es hatte sich angeboten, dann auch gleich noch die Haftung der Post für verlorene Foto- oder Filmsendungen mit zu behandeln (LG Hamburg, Urteil vom 02.07.1999, 303 O 100/99, NJW-RR 2000, 653). | Abs. 22 |
Erst auf Seite 177 wird nach der Gliederung das Urheberrecht dargestellt, jetzt aber weniger praktischen Fragestellungen folgend, als viel mehr rechtssystematisch. Leider ist jedoch gleich beim Werkbegriff (Rn 363) einiges verquer: "Geschützt ist somit jede Wiedergabe eines Motivs durch ein technisches Hilfsmittel, das Gegenstände durch Strahlen abbildet" und was ist mit Abbildungen von Personen? oder gleich im nächsten Satz: "Einer körperlichen Festlegung bedarf es nicht, so dass auch Digitalfotos geschützt sind." als wären diesen nicht körperlich, etwa auf dem Speicherchip festgelegt. Auch beim Lichtbildbegriff ist es nicht viel besser: "Zusätzlich ... geschützt sind sämtliche Erzeugnisse, die ähnlich wie Lichtbilder hergestellt werden .... Darunter fallen u.a ... Luftbildaufnahmen ... Fotos aus einem Passbildautomaten, aber z.B. nicht Reproduktionsbildern, da sie Ergebnis einer speziellen Drucktechnik sind." Weshalb Luftbildaufnahmen, die z.B. mit gewöhnlichen Kameras aufgenommen werden, keine Lichtbilder oder gar Lichtbildwerke sein sollen, sondern unter den Ähnlichkeitsbegriff fallen bleibt ebenso unklar, wie bei Passbildautomaten-Fotos. Erstaunlich ist auch, dass Reproduktionsfotos, die Wanckel noch als Lichtbildwerke einordnet, nun nicht mal mehr Lichtbilder oder auch nur ähnlich hergestellt worden sein sollen und statt mit einer Kamera aufgenommen worden zu sein, durch eine spezielle Drucktechnik entstehen. | Abs. 23 |
Weiter werden die einzelnen Verwertungsrechte, das Urheberpersönlichkeitsrecht und die Schranken sowie die Rechtsfolgen bei Rechtsverletzungen erläutert. Die Darstellung der Schadensersatzthematik geht auf alle wesentlichen Aspekte ein, die Berechnungsmethoden, den Verletzerzuschlag, Schadensersatz bei fehlender Urheberbenennung und immateriellen Schadensersatz ein. Positiv ist, dass auch auf die Berechnung des Verletzergewinns näher eingegangen wird und nicht nur auf die Lizenzanalogie. | Abs. 24 |
Die Darstellung schließt mit den Themen Urteilsveröffentlichung und strafrechtliche Konsequenzen, die zusammen auf einer Seite behandelt werden. Völlig unverständlich ist, weshalb die durch die letzte Urheberrechtsnovelle eingeführten ergänzenden Schutzbestimmungen, § 95a ff UrhG, nicht behandelt werden. Gerade technische Schutzsysteme wie digitale Wasserzeichen oder Informationen zur Rechtewahrnehmung wie IPTC-Header sind wichtige aktuelle Themen des Foto-Urheberrechts. | Abs. 25 |
Insgesamt kann das Buch von Wanckel/Nitschke allenfalls
Juristen empfohlen werden, die an der Darstellung zum Bildnisrecht samt
der vielen Fundstellen interessiert sind. Für juristische Laien und
Praktiker, die sich in das Foto- und Bildrecht einarbeiten wollen,
hingegen wenig geeignet.
| JurPC
Web-Dok. 251/2004, Abs. 26 |
* David Seiler ist Rechtsanwalt in Mainz, betreut inhaltlich die Webseite fotorecht.de und ist Mitautor des Buches "Internet-Recht im Unternehmen". |
[online seit: 10.09.2004] |
Zitiervorschlag: Autor, Titel, JurPC Web-Dok., Abs. |
Zitiervorschlag: Seiler, David, Rezension Wanckel/Nitschke, Foto- und Bildrecht - JurPC-Web-Dok. 0251/2004 |