Jan Fritz Geiger *Geo-Information als immaterielles RechtsgutJurPC Web-Dok. 70/2001, Abs. 1 - 64 |
I. Einleitung |
Was ist Geo-Information, oder, genauer gesprochen, geographische Information ? | JurPC Web-Dok. 70/2001, Abs. 1 |
Der Versuch, diese Frage im Sinne einer exakten Definition zu
beantworten, führt direkt in die Problematik hinein. Der Begriff der
geographischen Information läßt sich weder in bestimmten Daten, noch
in dem Eindruck des vielfach künstlerisch wirkenden Bildes mit Linien,
Zeichen und Farben erfassen, den ein Flächenkataster, eine topographische
Karte oder ein Stadtplan auf einen Menschen, z. B. ein Kind ausübt, dem die
realitätsabbildende Dimension des Werks verborgen ist. Beide
charakterisieren sehr wohl aber den Anfangs- und Endpunkt eines
Arbeitsprozesses, der durch eine Vielzahl sich ergänzender geistiger,
insbesondere auch technischer Leistungen geprägt wird. Dies wird sofort
deutlich, wenn man die Behauptung aufstellen würde, daß sich
Kartographie und Vermessung in der Ermittlung der Funktion (1) h = f(,) erschöpfen würde, wobei h die Höhe, und die Winkel für die hier anzuwendenden Kugelkoordinaten wären. | Abs. 2 |
Schon die Messung dieser Größe h setzt bereits die Lösung enormer technischer Probleme voraus. Weiterhin ist diese Funktion ohne räumliche Begrenzung und weitere Bearbeitung nicht zweidimensional darstellbar, es muß eine Projektion in eine Darstellungsform vorgenommen werden, die es ermöglicht, Entfernungen und Höhen durch einfaches Messen von Abständen oder Ablesen zu bestimmen. | Abs. 3 |
Eine Karte, die sich auf die Darstellung - des immerhin mathematisch eineindeutigen- Ausdrucks (1) beschränkt, also nur über die Höhe der Erdoberfläche Auskunft gibt, hat nur begrenzten Nutzen. Die dargestellte Funktion wird stets durch weitere Informationen (Flächentyp, Siedlungen, Verkehrswege etc.) ergänzt werden. In der Auswahl, Gliederung und Anordnung dieser Information bietet sich eine weite, je nach Anwendungszweck von individuellen Vorstellungen geprägte Bandbreite an Varianten. Am Ende des Prozesses, nämlich in der Gestaltung der zu fertigenden Karte, eröffnet sich ebenfalls eine Vielzahl von Realisierungsmöglichkeiten, die Ausdruck kreativer Entscheidungen sind. | Abs. 4 |
Hinter diesem Prozeß stecken erhebliche geistige Leistungen und bedeutende Investitionen. Bereits ohne einen Blick in das Gesetz legt allein schon das Gerechtigkeitsempfinden nahe, daß diese Leistungen auch honoriert werden müssen. Wer sät, soll auch ernten. Die Einhaltung dieses Prinzips zu erzwingen, ist aber im Bereich geistiger Leistungen längst nicht so leicht wie auf dem Gebiet der Landwirtschaft. Diese Lücke muß die Rechtsordnung schließen, wobei dies durch die Schaffung von besonderen Schutzrechten verwirklicht wird. | Abs. 5 |
Der nächste Abschnitt wird sich daher mit der Frage zu befassen haben, in welcher Form Geo-Information in diesem weiten Sinne einem solchen Schutz zugänglich ist. | Abs. 6 |
II. Geo-Information und Schutzrechte |
Anstelle von "Schutzrechten" oder "immateriellen
Rechtsgütern" wird sehr oft, dem angloamerikanischen "intellectual
property" entlehnt, auch vom geistigen Eigentum gesprochen. Dieser Ausdruck
mag im rechtsdogmatischen Sinne es vielleicht an der nötigen Exaktheit
vermissen lassen und aus heutiger Sicht überholt erscheinen(1), er verfügt aber über den Vorzug großer
Anschaulichkeit. Eigentum ist eine Institution, die tief in der menschlichen
Existenz verankert ist. An dem eingezäunten Schrebergarten werden auch die
zwei das Eigentum im Sinne des § 903 BGB geradezu konstituierenden
Grundfunktionen deutlich: die positive: der Eigentümer darf sein Eigentum nutzen oder dies lassen, entscheiden, ob und wie es andere nutzen dürfen die negative: der Eigentümer darf jeden anderen von seinem Eigentum fernhalten(2). | Abs. 7 |
Schutzrechte für geistige Leistungen folgen genau diesem Prinzip. Nur der Inhaber darf sie nutzen oder über ihre Nutzung bestimmen, jedem anderen kann er die Nutzung verbieten. Diese Analogie zum Grundstückseigentum läßt sich auch noch ein Stück weit fortsetzen: An die Stelle von Miete und Pacht tritt im Bereich des geistigen Eigentums die Lizenz. Immaterielles Rechtsgut kann somit jede geistige Leistung sein, sofern sie nur von der Rechtsordnung durch ein entsprechendes Schutzrecht geschützt wird. | Abs. 8 |
Während beim Grundstückseigentum die Grenzziehung allein eine Frage der korrekten, mitunter durch historische Vorgänge erschwerten Tatsachenermittlung ist, deren Ergebnis nach Einmessung im Abmarkungsverfahren ermittelt und schließlich im Kataster festgehalten wird, ist dies bei geistigen Leistungen nur sehr schwer nach objektiven Kriterien möglich. Die unvermeidlich vorzunehmende Abgrenzung vollzieht sich im Spannungsfeld zwischen der verfassungsrechtlich in Art. 5, Abs. 3 GG verankerten Wissenschaftsfreiheit einerseits(3) und dem notwendigen Schutz schöpferischer Tätigkeit, die andererseits ebenfalls grundsätzlich von der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie des Art. 14, Abs. 1, S. 1 GG erfaßt wird(4). Schließlich ist gerade eine Wirtschaftsordnung, die verstärkt auf Wissen und Information und technischem Know-how basiert, auf einen rechtlichen Schutz dieses unsichtbaren Kapitals angewiesen. Bedenklich erschiene es wiederum, wenn die Rechtsordnung Möglichkeiten bereitstellen würde - in den USA deutet sich dieser Weg im Patentrecht an(5)-, Ideen zum geistigen Eigentum und damit zu monopolisieren. | Abs. 9 |
Die Problematik wird deutlich, wenn man sich vorstellt, z. B.
der Satz des Pythagoras z² = x² + y², wobei z Hypotenuse und x bzw. y Katheten eines rechtwinkligen Dreiecks sind, stünde den Nachkommen des Pythagoras als geistiges Eigentum zu. Das hieße, daß ein Großteil der trigonometrischen Berechnungen durch diese Nachkommen verhindert, bzw. zumindestens lizenzpflichtig gemacht würden. Die Konsequenzen wären fatal. | Abs. 10 |
Genauso absurd wird das Ergebnis, wenn man Rohinformationen zum Gegenstand von Schutzrechten machen würde, und dann derjenige, der Fernerkundungsaufnahmen von der Erdoberfläche, etwa der Stadt Saarbrücken anfertigt, von jedermann Lizenz verlangen kann, der vom Touristenflugzeug aus eine Liebhaberskizze mit schnellen Bleistiftstrichen fertigt, oder gar nur versonnen auf das dahintreibende Wasser der Saar von einer Saarbrücke aus blickt, nur weil diese auf der Fernerkundungsaufnahme enthalten sind. Einer solchen Monopolisierung stände mit Sicherheit die ebenfalls verfassungsrechtlich verankerte Informationsfreiheit (Art. 5, Abs. 1 GG) entgegen. Gleichwohl steht aber auch hier fest, daß die technische und photographische Leistung, die in diesen Fernerkundungsaufnahmen steckt, anerkannt und darum geschützt werden muß. | Abs. 11 |
Es ist nun Aufgabe von Gesetzgebung und Rechtsanwendung, diesen Interessenkonflikt zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen. | Abs. 12 |
Dieser Kompromiß läßt sich in der
Rechtsordnung der Bundesrepublik, wie auch in Europa insgesamt in mehreren
Leitlinien zusammenfassen:
| Abs. 13 |
Wenn man nun auf den weiten Begriff der Geo-Information zurückkommt, so ist nunmehr eine Differenzierung erforderlich. Die objektiven, allgemein wahrnehmbaren Rohinformation über Erdoberfläche, Vegetation und Besiedlung sind kein immaterielles Rechtsgut, die Verfahren und Geräte zur Informationsgewinnung (vom Theodoliten bis zum Fernerkundungssatelliten), die mit diesen Verfahren gewonnenen oder gar noch weiter aufbereiteten Daten und zuletzt die Darstellung auf einer Karte können es hingegen sehr wohl sein. | Abs. 14 |
A. Schutz durch das Patentrecht |
Der Blick auf das Patentrecht mag im Zusammenhang mit Geo-Informationen, Vermessungswesen und Kartographie zunächst einmal überraschen. Beim näheren Hinsehen ergeben sich sehr wohl Berührungspunkte und denkbare Anwendungsfälle. Dies beginnt beim Teodolithen und hört bei satellitengeführten Fernerkundungssystemen nicht auf. Das Patent, so wird auch landläufig assoziiert, ist das gewerbliche Schutzrecht für die Technik, eine berechtigte Einschätzung, die auch in den entsprechenden Gesetzen grenzüberschreitend ihren Niederschlag findet. | Abs. 15 |
Das Patentrecht ist grundsätzlich durch die nationale Gesetzgebung geregelt, für den europäischen Raum ist noch das Europäische Patent nach dem Europäischen Patentübereinkommen, das vom Europäischen Patentamt mit Sitz in München und Straßburg erteilt wird, von besonderer Bedeutung. Europäisches Patent und Europäisches Patentamt haben mit der Europäischen Union direkt nichts zu tun. Das EPÜ ist eine völkerrechtliche Vereinbarung, der auch Staaten beigetreten sind (etwa die Schweiz), die nicht Mitglieder der Europäischen Union sind. Das Europäische Patentamt ist auch keine den Gemeinschaftsorganen unterstellte Einrichtung, es ist eine supranationale Behörde eigener Art. Gleichwohl orientiert sich das Europäische Patentamt teilweise am Recht der Europäischen Gemeinschaft, etwa an der Richtlinie über sogenannte Biopatente. | Abs. 16 |
Davon unabhängig ist aber die Einrichtung eines Europäischen Gemeinschaftspatents geplant und vorgesehen, die Realisierung und Ausgestaltung ist jedoch noch nicht vollständig geklärt(6). | Abs. 17 |
Die Anforderungen an eine dem Patentschutz zugängliche geistige Leistung sind im Bundesdeutschen Patentgesetz und im Europäischen Patentübereinkommen gleichlautend geregelt, mit gewissen Modifikationen auch in vielen anderen europäischen Staaten. | Abs. 18 |
Gemäß § 1 PatG bzw. Art. 52 EPÜ wird Patentschutz vom Patentamt für Erfindungen gewährt, die neu sind, gewerblich anwendbar sind und auf erfinderischer Tätigkeit beruhen. Neu ist, was noch nicht zum Stand der Technik gehört, auf erfinderischer Tätigkeit beruht, was sich nicht für den Durchschnittsfachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Insbesondere aus § 3, Abs. 1 PatG (Art. 54 EPÜ) ergibt sich weiterhin die gewichtige Einschränkung, daß nur technische Erfindungen dem Patentschutz zugänglich sind(7). Im Bereich der Geo-Information ist darüber hinaus der Ausschlußkatalog des § 1, Abs. 2 PatG (Art. 42, Abs. 2 EPÜ) von Bedeutung, demnach sind Entdeckungen, Algorithmen, Programme für Datenverarbeitungsanlagen und die Wiedergabe von Informationen als solche vom Patentschutz ausgenommen, wobei sich die Abgrenzungskriterien im EDV-Bereich zur Zeit sehr im Fluß befinden(8), weil sich der bislang hier vorherrschende Schutz durch das Urheberrecht mehr und mehr als unzureichend herausgestellt hat(9). | Abs. 19 |
Für Vermessungsdaten, konkrete Karten und Kataster in digitaler Form ist der Schutz durch ein Patent nicht möglich. Angebracht ist er hingegen über die eingangs genannten Beispiele hinaus für alle technischen Hilfsmittel, Komponenten und Verfahren, deren sich die Vermessungstechnik bedient, angefangen vom optischen Sensor im Satelliten, Sender und Empfänger für die GPS-Technologie bis hin zum lasergestützten Winkel- und Abstandmesser. | Abs. 20 |
Der Patentschutz entsteht nur, wenn das Patent angemeldet wird, was auch bei bestimmten Patentinformationszentren erfolgen kann, und das Patent auch erteilt wird. Der Patentschutz empfiehlt sich sowohl, um den Nutzen aus den Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen zu ziehen, als auch um ggfs. zu verhindern, den Unterlassungsansprüchen aus Patenten anderer ausgesetzt zu werden. Macht ein Arbeitnehmer oder Beamter eine auf den Dienst bezogene Erfindung, so ist er verpflichtet, dies seinem Arbeitgeber oder Dienstherren zu melden. Dieser kann entweder die Erfindung freigeben, so daß der Mitarbeiter diese nun selbst zum Patent anmelden kann, er kann sie aber auch in Anspruch nehmen, was für den Arbeitnehmer den Vorteil hat, daß er, ohne Kosten des Verfahrens tragen zu müssen, Anspruch auf eine Vergütung hat, und, wenn ein Patent erteilt wird, als Erfinder genannt werden muß. | Abs. 21 |
B. Schutz durch das UrhG und nationale Parallelgesetze |
1. Landkarte und Plan als schutzfähige Werke im Sinne des Urheberrechts |
Das deutsche Urheberrecht hat seinen Ursprung im Bereich des Verlagswesens, der Kunst und Musik(10). Vor seiner Entstehung konnte es durchaus vorkommen, daß ein erfolgreicher Opernkomponist, wie Albert Lortzing, dessen Melodien in aller Munde waren, bettelarm war, weil ihm niemand bei Aufführung seiner Werke Lizenzen zahlen mußte(11). Der Anwendungsbereich ist jedoch im Laufe der Zeit weit über das Feld der Kunst hinausgewachsen. Aus dem künstlerischen Ursprung wird aber die Struktur der urheberrechtlichen Befugnisse verständlich, die in einen mehr persönlichkeitsrechtlichen Bereich (Nennung des Urhebers, Schutz vor Entstellung, Bestimmung über Erstveröffentlichung) und in einen mehr vermögensrechtlichen Bereich (Vervielfältigung, Verbreitung und andere Verwertungsformen) zerfallen. In Frankreich können diese beiden Rechtsbereiche getrennte Wege gehen, d. h. verschiedenen Personen (etwa Autor und Verlag) zustehen(12), in Deutschland ist dies nicht der Fall(13). | Abs. 22 |
Das Urheberrecht ist durchweg in den nationalstaatlichen Rechtsordnungen durch Spezialgesetze geregelt, Vorgaben aus dem europäischen Gemeinschaftsrecht zur Harmonisierung befinden sich aber in der Erarbeitung. Ein internationales Urheberrecht im strengen Sinne gibt es nicht, wohl aber die revidierte Berner Übereinkunft, nach der die Rechte in den Unterzeichnerstaaten gegenseitig anerkannt werden(14). | Abs. 23 |
In der Bundesrepublik Deutschland gilt das Urheberrechtsgesetz, das zuletzt am 16.07.1998 geringfügig geändert wurde, eine umfangreiche Novellierung, dann unter Berücksichtigung der durch das Internet geschaffenen Kommunikationswege und gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben(15) ist demnächst zu erwarten(16). | Abs. 24 |
Karten und Pläne sind im Urheberrechtsgesetz ausdrücklich gewürdigt. So findet sich bei der exemplarischen Aufzählung der schutzfähigen Werke in § 2, Abs. 1 des bundesdeutschen Urheberrechtsgesetzes unter Nr. 7 "Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, wie Zeichnungen, Pläne, Karten..." | Abs. 25 |
Hieraus ist die Grundentscheidung des Gesetzgebers zu entnehmen, daß Karten und damit die typische Darstellungsform von Geodaten vom Schutz des Urheberrechts erfaßt sein sollen. Viele andere europäische Staaten, so ausdrücklich z. B. Frankreich und Luxemburg haben an dieser Stelle vergleichbare Regelungen (vgl. L 112-2 Nr. 11 CPI bzw. L 112-2 Nr. 12). | Abs. 26 |
Auch hier stellt sich schnell die Frage, ob, nachdem einmal z. B. ein Stadtplan von Saarbrücken erstellt worden ist, es jedem anderen verwehrt ist, ebenfalls einen Stadtplan von Saarbrücken zu erstellen. Der Schutz bezieht sich nur auf die Darstellung, nicht aber den Inhalt(17), damit ist klar, daß die bloße Rohinformation nicht monopolisiert werden darf, geographische Tatsachen also urheberrechtsfrei sind(18). Somit stellt sich die Frage, nach welchen Kriterien abzugrenzen ist. Einen Maßstab gibt das Urheberrechtsgesetz in § 2, Abs 2 selbst, indem es formuliert, daß schutzfähige Werke nur persönliche geistige Schöpfungen sind. Während das Merkmal "persönlich" immerhin noch geeignet ist, Zufallswerke von Apparaten und Tätigkeit von Tieren aus dem Werkbegriff auszuscheiden(19), ist mit dem Begriff der geistigen Schöpfung zur weiteren Eingrenzung nicht viel gewonnen. Als Folge des Schweigens des Gesetzgebers hat man zur Auslegung eine Vielfalt von Theorien entwickelt. Die Rechtsprechung tendiert hier zu einer Betrachtungsweise, die dem Verfahren der signifikanten Abweichung (Vergleich mit der Standardabweichung) bei einer statistischen Analyse von Meßdaten(20) ähnelt. Durch Vergleich mit anderen vorbekannten Gestaltungsformen, also anderen vorhandenen Landkarten und Plänen, werden individuelle Merkmale gesucht(21). Auch wenn das handwerklich-durchschnittliche, also die allein durch vorgegebene Tatsachen und fachkundliche Regeln bedingten Eigenheiten außen vor bleiben müssen(22) - die sich hieraus ergebenden Verschiedenheiten liegen noch innerhalb der Standardabweichung -, so kann bereits schon ein geringes Maß an schöpferischer Eigentümlichkeit genügen, um von einer geistigen Schöpfung und damit einem nach dem Urheberrecht schutzfähigen Werk sprechen zu können(23). Ein geistig schöpferischer Gehalt kann hierbei schon allein in der Form und Art der Sammlung der Daten, der Einteilung, Anordnung und Darstellung liegen(24). So können allein der gewählte Farb- und Zeichenschlüssel, die besondere Art der Darstellung der Verkehrswege und der Bebauung die einzelne Karte wie auch ein gesamtes Kartenwerk zu einem nach dem Urheberrecht geschützten Werk machen(25). Entscheidend kommt es hierbei auf die von der Aufgabenstellung abhängige jenseits der fachkundlichen Regelungen verbleibende Gestaltungs- und Darstellungsfreiheit an. Während bei Katasterkarten das Kartenbild durch die technischen Regeln weitgehend determiniert ist und fast ausschließlich von der, wie oben bereits gezeigt, nicht schutzfähigen Datenbasis vorgegeben ist, so daß hier regelmäßig ein Urheberrechtsschutz zu verneinen sein wird, besteht bereits bei topographischen Karten ein gewisser schöpferischer Freiraum für die Erstellung des Kartenbildes(26), der bei thematischen Karten noch weiter reicht(27). | Abs. 27 |
Das Maß der schöpferischen Eigentümlichkeit bestimmt auch den Schutzumfang. Ist also nur sehr wenig individuelle Gestaltung in das Werk eingeflossen, so kann der Urheber nur die wörtliche Übernahme, also gerade einmal das unveränderte Abpausen als sogenannte unfreie Benutzung, auch Plagiat genannt, verbieten(28). Bei entsprechenden Textwerken, wie etwa Kochrezeptbüchern, spricht man hier von der "kleinen Münze"(29). Bei sehr komplexen Darstellungskonzepten, wie sie etwa bei thematischen Karten entwickelt werden können, reichen bloße Änderungen und Weglassungen eines Nachahmers nicht aus, die schöpferischen Züge des benutzten Werks müssen verblassen, wobei kein zu enger Maßstab angelegt werden darf(30). Auch auf dem Gebiet geistiger Leistungen soll somit gelten, daß, wer viel investiert, auch eines größeren Schutzes bedarf. | Abs. 28 |
Ein wesentlicher Unterschied des Urheberrechts zum Patentrecht besteht darin, daß der Schutz nicht durch einen behördlichen Akt entsteht, sondern allein durch die Entstehung des Werks(31), ein Anmelde- und Erteilungsverfahren also vollkommen entfällt. Insbesondere ist auch kein Copyrightvermerk erforderlich(32). Dieser Copyrightvermerk hat seine Ursache in solchen Registrierungen, die in Großbritannien bis 1956 und in den USA bis 1978 bestanden(33). Gleichwohl ist es aus Gründen der besseren Beweisbarkeit sinnvoll, einen Urhebervermerk und insbesondere die Erklärung, sich alle Rechte vorzubehalten, auf dem Werk anzubringen. Schadensersatzansprüche setzen zumindest fahrlässiges Verschulden voraus(34), der Benutzer, der das Werk unter den Kopierer legt, kann sich dann nicht darauf berufen, er habe vom bestehenden Urheberrecht nichts gewußt und auch nichts wissen können. | Abs. 29 |
An dieser Stelle erhebt sich die Frage, wer nun diese mächtige Figur, der Urheber ist. | Abs. 30 |
Dies wird in § 7 UrhG beantwortet, nachdem der Schöpfer des Werks der Urheber ist, also derjenige Mensch, der die Karte in der o.g. Form gestaltet, indem er bzw. sie sich den Zeichenschlüssel ausdenkt, die Auswahl der Daten aus der Deutschen Grundkarte durchführt, etc., niemals aber ein Unternehmen, eine Körperschaft, oder eine Behörde(35). | Abs. 31 |
Daran ändert auch das übliche, arbeitsteilige Vorgehen nichts. Dieses macht nur die beteiligten Personen gem. § 8 UrhG zu gemeinschaftlichen Urhebern. | Abs. 32 |
Bei den Nutzungsrechten, die, wie oben bereits erwähnt, im wesentlichen bei Karten die Vervielfältigung (§ 16 UrhG) und Verbreitung (§ 17 UrhG) umfassen, kommt aber nun der Arbeitgeber, bzw. der Dienstherr zum Zuge. Hier ist die bundesdeutsche gesetzliche Regelung sehr offen und damit auch streitanfällig. § 31, Abs. 5 UrhG in Verbindung mit § 43 bestimmen, daß sich der Umfang der dem Arbeitgeber einzuräumenden Nutzungsrechte nach dem Zweck der Nutzung - die Rechtswissenschaft spricht hier von der Zweckübertragungstheorie - bestimmen, sofern nicht nach dem Inhalt des Arbeits- oder Dienstverhältnisses explizite Regelungen getroffen wurden(36). Maßgeblich sind die im Rahmen des Beamtenverhältnisses oder Arbeitsvertrages bestehenden oder getroffenen Vorschriften, man wird aber davon ausgehen können, daß dem Arbeitgeber oder Dienstherren ein ausschließliches Nutzungsrecht (§ 31, Abs. 3 UrhG) an der Karte zusteht und die vermögensrechtlichen Befugnisse, insbesondere was Verbreitung, Vervielfältigung und darüber hinaus auch das Recht der Bearbeitung anbelangt, ausschließlich in seiner Hand liegen(37). Dies hat die Konsequenz, daß der angestellte Kartograph, der die von ihm gezeichnete Karte auf einen Münzkopierer legt und die von ihm selbst bezahlte Kopie am heimischen Stammtisch vorzeigt, eine nach § 106, Abs. 1 UrhG strafbare Urheberrechtsverletzung begeht, eine Pflichtverletzung seines Arbeitsvertrages verwirklicht, auf Schadensersatz, Unterlassung und Vernichtung der Kopie in Anspruch genommen werden kann(38). Insofern wird in diesem Falle die fortbestehende Urheberstellung in weiten Bereichen zu einer Hülle ohne Inhalt, dem Urheber verbleiben aber die Verbietungsbefugnisse gegenüber Dritten, die das Werk ohne Zustimmung seines Arbeitgebers benutzen und gewisse Zustimmungserfordernisse, was oft übersehen wird(39). | Abs. 33 |
Zwar steht dem angestellten Urheber das Recht zu, zu entscheiden, ob er die von ihm gezeichnete Karte mit seinem Namen versehen will, was zuweilen, z. B. auf Karten von freiberuflichen Vermessungsingenieuren wie auch auf Wetterkarten des Deutschen Wetterdienstes zu sehen ist, aber auf das Recht zur Anbringung des Namens kann im Rahmen eines Arbeitsvertrages oder Dienstverhältnisses auch stillschweigend verzichtet werden(40). Die Person des Urhebers bzw. der Urhebergemeinschaft ist jedoch entscheidend für die Dauer des Urheberrechtsschutzes. Diese beträgt gem § 64 UrhG 70 Jahre, gerechnet ab dem Tode des letztversterbenden Miturhebers. Sofern Kartenwerke immer wieder überarbeitet werden und durch die Bearbeitung neue Bearbeiterurheberrechte entstehen, wird das Urheberrecht immer weiter perpetuiert. | Abs. 34 |
Zusammenfassend läßt sich also festhalten, daß Karten, wenn auch nur in ihrer konkreten Ausgestaltung, urheberrechtlich geschützte Werke sind, bei denen die wirtschaftlich relevanten Rechte, insbesondere auf Vervielfältigung und Verbreitung, dem Arbeitgeber bzw. Dienstherren zustehen, der dann auch selbst klagebefugt ist(41). Die Rohdaten sind hingegen urheberrechtsfrei, bei einer Katasterkarte wird aufgrund fehlender schöpferischer Eigentümlichkeit Urheberrechtsschutz regelmäßig zu verneinen sein. | Abs. 35 |
2. Schutz von Luftbildaufnahmen als Lichtbild i. S. v. § 72 UrhG |
Auch die zur Vermessung gehörenden Luftbildaufnahmen sind nach dem Urheberrecht schutzfähig. Da der Lichtbildwerkschutz gem. § 2, Abs. 1, Nr. 5 UrhG der künstlerischen Photographie vorbehalten ist, dürften die unter vermessungstechnischen Zielsetzungen hergestellten Luftbildaufnahmen eher als Lichtbilder im Sinne von § 72 UrhG anzusehen sein, der wiederum auf den ersten Abschnitt des Urheberrechtsgesetzes verweist, so daß somit ein ähnliches Ergebnis hinsichtlich des Schutzes wie bei den Karten erzielt wird(42). | Abs. 36 |
Wichtig ist, daß § 72 UrhG den Schutz durch die Einbeziehung "ähnlich hergestellter Aufnahmen" auch auf die digitale Photographie von Satelliten aus erweitert(43). Hervorzuheben ist aber, daß sich aus § 72 UrhG kein Schutz des Motivs oder ein Schutz vor dem Nachschaffen herleiten läßt(44). Dieser ergibt sich aber bei Lichtbildern aus einer strafrechtlichen Norm, nämlich § 109g, Abs. 2 StGB, der die Anfertigung und Weitergabe von Lichtbildaufnahmen von Luftfahrzeugen aus generell unter Strafe stellt(45). | Abs. 37 |
Im Unterschied zu den Karten erlischt gem. § 72, Abs. 3 UrhG der Schutz nach jetzt geltender Rechtslage 50 Jahre nach dem Erscheinen, bzw. bei bis dahin unterbliebenen Erscheinens oder erlaubter Wiedergabe 50 Jahre nach der Herstellung. | Abs. 38 |
3. Schutz als Datenbankwerk |
Kataster werden zunehmend elektronisch geführt(46). Hierzu werden Rohdaten gesammelt, nach systematischen Kriterien geordnet und elektronisch abgespeichert, um ggfs. als Graphik auf dem Bildschirm sichtbar gemacht zu werden. Basis dieses elektronischen Katasters wird somit eine Datenbank sein. | Abs. 39 |
Hinsichtlich des Schutzrechtes von Datenbanken wirkt sich im Bereich der Europäischen Gemeinschaft die Richtlinie 96/9/EG vom 11.03.1996 aus(47). Im Gegensatz zu einer Verordnung der Gemeinschaftsorgane, die unmittelbar geltendes Recht innerhalb der Europäischen Union schafft, ist die Richtlinie nur an die Mitgliedsstaaten der Union gerichtet, als Auftrag, bestimmte Vorgaben in nationalstaatliches Recht umzusetzen, wobei der Lösungsweg dem Mitgliedsstaat freigestellt wird(48). Unmittelbare Rechtswirkungen für den Unionsbürger gehen von einer Richtlinie nicht aus, unter Umständen können aber Schadensersatzansprüche gegen den Mitgliedsstaat erwachsen, die gegen den Mitgliedsstaat zu richten sind, der eine Richtlinie nicht oder nicht rechtzeitig umsetzt(49), in der Bundesrepublik Deutschland ist dieser Anspruch kraft Richterrecht amtshaftungsähnlich (§ 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG) ausgestaltet(50). | Abs. 40 |
Aufgrund der Richtlinie kann davon ausgegangen werden, daß diese einen rechtlichen Mindeststandard vorgibt, der in allen Mitgliedsstaaten der Union Gesetz geworden ist. | Abs. 41 |
In der Bundesrepublik wurde die Richtlinie zum Schutz von Datenbanken durch die Aufnahme besonderer Bestimmungen (§§ 87a-87e) über Art. 7 des IUKD in das Urheberrechtsgesetz umgesetzt, die ab 01.01.1998 inkraftgetreteten sind. | Abs. 42 |
Inhaber des ausschließlichen Vervielfältigungs- Verbreitungs- und Wiedergaberechts (§ 87b, Abs. 1, S. 1 UrhG) ist der Hersteller, das ist abweichend von der sonstigen Systematik des Urheberrechts nicht der Schöpfer, sondern derjenige, der die wirtschaftliche Investition vornimmt (§ 87a, Abs. 2 UrhG). Im Falle der Katasterdatenbank wäre es der Dienstherr, also der Staat. | Abs. 43 |
Für Datenbanken gilt als Sonderregelung eine verkürzte Schutzfrist von 15 Jahren, die ab Veröffentlichung, bzw. bei unveröffentlichten Datenbanken ab Herstellung gilt (§ 87d UrhG). | Abs. 44 |
Auch hier gilt, daß die Daten selbst nicht vom Schutz erfaßt werden(51). | Abs. 45 |
4. Umfang und Schranken des Urheberrechts |
Zunächst liegt der Gedanke nahe, daß Karten als amtliche Werke gem. § 5, Abs. 2 UrhG (vergleichbare Regelungen existieren auch in Frankreich und Luxemburg) urheberrechtsfrei sind. Die Rechtsprechung hat jedoch diese Urheberrechtsfreiheit bei Karten der Vermessungsämter jedoch stets mit der Begründung verneint, daß die Veröffentlichung nicht im amtlichen Interesse erfolgt(52). | Abs. 46 |
Anders sieht es nur dann aus, wenn ein Kartenauszug Bestandteil einer Rechtsnorm im materiellen Sinne, etwa eines Bebauungsplans oder einer Polizeiverordnung ist(53). | Abs. 47 |
Grundsätzlich sind auch amtliche Karten durch das Urheberrecht geschützt. | Abs. 48 |
Wie bereits erwähnt gibt das Urheberrecht dem Urheber bzw. dem Inhaber des ausschließlichen Nutzungsrechts kein schrankenloses Monopol auf Veröffentlichung, Vervielfältigung und Verbreitung. Eine im Bereich des Vermessungswesens wichtige Schranke stellt der § 45 UrhG dar, der Vervielfältigungen von Karten zum Zwecke der Verwendung im Verkehr von und mit Gericht und Behörde von diesem Monopol ausnimmt. Weitere Bedeutung hat auch die Vervielfältigung zum eigenen privaten oder wissenschaftlichen Gebrauch, die gem. § 53 UrhG ebenfalls nicht vom Urheberrecht erfaßt wird. Nicht zuletzt sollte das im wissenschaftlichen Bereich wichtige Zitierrecht (§ 51 UrhG) erwähnt werden, durch das dem Autor eines wissenschaftlichen Werks erlaubt wird, etwa eine Ausschnittskopie einer urheberrechtlich geschützten Karte zur Erläuterung des Inhalts in das Werk aufzunehmen. Die Quelle ist dann allerdings im allgemeinen anzugeben (§ 63, Abs. 1, S. 1 UrhG). | Abs. 49 |
Für Datenbanken gelten anstelle des § 53 UrhG eigene Schrankenregelungen. | Abs. 50 |
C. Leistungsschutz durch § 1 UWG |
Auch wenn keines der besonderen Schutzrechte eingreift, kann die unveränderte Übernahme der Leistung eines anderen im Wettbewerb sittenwidrig sein und einen Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz begründen. Wann eine solche Ausbeutung fremder Leistung vorliegt, hängt stark von den Umständen des Einzelfalls ab(54). Die bloße unveränderte Übernahme der Leistung reicht nicht aus, es müssen weitere Umstände hinzukommen, die geeignet sind, das Sittenwidrigkeitsurteil zu stützen(55). | Abs. 51 |
Der Anspruch setzt ein Wettbewerbsverhältnis zwischen dem Schädiger und dem Geschädigten voraus(56). Ob ein solches denkbar ist, wenn der Geschädigte, wie bei den Vermessungsämtern, eine Behörde ist, erscheint zweifelhaft, wurde aber noch nicht von der Rechtsprechung entschieden. Die Frage könnte aber im Falle einer Privatisierung der Vermessungsverwaltung durchaus an Bedeutung gewinnen. | Abs. 52 |
III. Spezifische Modifikationen bei geographischen Informationen |
A. Allgemeine Bedeutung öffentlich-rechtlicher Regelungen |
Das Urheberrecht gilt für jeden Rechtsinhaber, sei er Privatmann, juristische Person des Privatrechts oder Träger öffentlicher Gewalt. Vermessungswesen ist aber eine staatliche Aufgabe, für die die einschlägigen Regelungen und Beschränkungen des öffentlichen Rechts gelten, die teilweise auch rein private Rechte und Befugnisse staatlicher Träger beeinflussen. | Abs. 53 |
Im Gegensatz zu einem privaten Rechtsinhaber ist der Staat bei der Ausübung etwa seiner aus dem Urheberrecht erwachsenden privatrechtlichen Rechte und Befugnisse nicht frei, er ist vielmehr an die verfassungsmäßige Ordnung, insbesondere an den Gleichheitsgrundsatz und das Übermaßverbot gebunden(57). Weiterhin ist die Behörde an die Spezialgesetze, insbesondere an das jeweils geltende Vermessungsgesetz gebunden. Dies stellt klar, daß die Erstellung von Karten hoheitliche Tätigkeit ist. | Abs. 54 |
Hinsichtlich des Vermessungswesen liegen sowohl die Gesetzgebungskompetenz (Art. 30,70 GG) als auch die Gesetzesvollzugskompetenz in der Bundesrepublik bei den Bundesländern. Jedes Bundesland hat somit ein eigenes Vermessungsgesetz, inhaltlich bestehen aber weitgehende Übereinstimmungen. Im Saarland gilt das Vermessungsgesetz in der Fassung vom 16.10.1997 (Abl. S. 1130). | Abs. 55 |
Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, daß sich
Anwendungsbereich des Urheberrechts und Vermessungsgesetz nur teilweise überschneiden.
Dies betrifft im wesentlichen
| Abs. 56 |
Die Herausgabe von Karten wird z. B. vom Saarländischen Vermessungsgesetz nicht weiter geregelt. | Abs. 57 |
Die Rohdaten bzw. die Katasterkarten werden hingegen vom Urheberrecht nicht, wohl aber von den Vermessungsgesetzen und anderen öffentlich-rechtlichen Normen erfaßt. | Abs. 58 |
Nach dem SVermKatG wie auch nach den übrigen
Vermessungsgesetzen folgt die Nutzung dieser Daten nach folgenden Prinzipien:
| Abs. 59 |
Ein weitergehender Anspruch auf Vermessungs- oder Katasterdaten ergibt sich auch nicht aus dem zur Umsetzung der Richtlinie 90/313/EWG geschaffenen Umweltinformationsgesetz vom 08.07.1994. Gem. § 3, Abs. 2, Nr. 1 sind Umweltinformationen im Sinne des Gesetzes nur Daten über den Zustand von Gewässern, Luft, Boden, Tier, Pflanzenwelt und der natürlichen Lebensräume. Nach Ansicht des Verfassers können diese Regelungen bei den Vermessungsnachweisen und Katastern nicht eingreifen, da es sich bei den hier aufgenommenen Daten nicht um die genannten Zustände handelt und die Regelung im Hinblick auf das Ziel des Gesetzes, wie auch aus den in § 3, Abs. 2 folgenden Ziffern 2 und 3 hervorgeht nämlich allein als Beurteilungsgrundlage im Hinblick auf Umweltschädigungen und demzufolge einschränkend auszulegen ist(58). | Abs. 60 |
Anders mag die Situation in den Ländern, wie z. B. Schleswig-Holstein, Brandenburg oder Berlin aussehen, in denen Informationsfreistellungsgesetze erlassen sind, die eine umfassende öffentliche Zugänglichkeit der Kataster bestimmen. Vergleichbare Regelungen sind im Saarland aber nicht in Sicht. | Abs. 61 |
B. Kataster und Datenschutz |
Obwohl vom Urheberrecht nicht geregelt und in den Vermessungsgesetzen nicht explizit erwähnt, darf die Problematik der Berücksichtigung schutzwürdiger privater Interessen bei Auskünften aus dem Kataster nicht unberücksichtigt bleiben. Steht die Zuordnung einer Information zu einer Person in Rede, was zwar nicht bei einer Landkarte, wohl aber beim Kataster durch die allein bereits durch die Auskunft nur mögliche Zuordnung zu einem Grundstückseigentümer gegeben ist, liegen personenbezogene Daten vor. Bei einer Weitergabe kann somit das vom Bundesverfassungsgericht aus Art. 2, Abs. 1 i. V. m. Art. 1, Abs. 1 GG abgeleitete Recht des Grundstückseigentümers auf informationelle Selbstbestimmung über seine Daten berührt sein(59). Hinter der Formel des berechtigten Interesses bei der Auskunftserteilung steckt in Wirklichkeit eine diffizile Abwägung des Interesses des Auskunftssuchers gegen das Interesse des betroffenen Grundstückseigentümers auf Schutz seiner personenbezogenen Daten. | Abs. 62 |
Diese Problematik ist schlagartig deutlich geworden bei der Erarbeitung eines Gebäudephotographieatlanten der bundesdeutschen Großstädte durch ein privates Unternehmen, einer materiellrechtlichen Entscheidung ist die Rechtsprechung bislang ausgewichen(60). | Abs. 63 |
IV. Zusammenfassung |
Bei der Frage, ob Geo-Information als immaterielles Rechtsgut
anzusehen ist, ist eine differenzierte Betrachtung notwendig. Während die
Rohdaten, die unmittelbarer Wahrnehmung zugängliche Information stets frei
und nicht Gegenstand von Schutzrechten ist, wohl aber von öffentlich-rechtlichen
Regelungen erfaßt werden, können Karten, je nach individuell
genutzter Gestaltungsfreiheit dem umfassenden Schutz des Urheberrechts
unterworfen sein. Luftaufnahmen sind nach diesem Gesetz als Lichtbilder geschützt,
die systematisch geordneten Rohdaten nehmen in ihrer Gesamtheit am
urheberrechtlichen Datenbankschutz teil, technische Komponenten und Verfahren,
die bei der Vermessung eingesetzt werden, sind patentierbar. Die Inhaberschaft für
die Rechte in wirtschaftlicher Hinsicht liegt bei einem Arbeitnehmer oder
Beamten in der Regel beim Arbeitgeber bzw. Dienstherren. Handelt es sich dabei
um einen Träger staatlicher Gewalt, so ist dieser bei der Ausübung der
Rechte an die Verfassung, insbesondere an den Gleichheitsgrundsatz gebunden, maßgeblich
sind insbesondere auch die einschlägigen Spezialgesetze.
| JurPC Web-Dok. 70/2001, Abs. 64 |
Fußnoten:(1) Hubmann, Urheber und Verlangsrecht, 5. Aufl. (1984), § 3.IV.1., S. 14 ff.(2) Schwab-Prütting, Sachenrecht, 26. Aufl. (1996), § 27.I.3, S. 129 (3) BGH, Urteil vom 21.11.1980, AZ I ZR 106/78=GRUR 1981, 352(353) -Staatsexamensarbeit- (4) Sachs-Wendt, Grundgesetz, 1996, Art. 14, RN 24 (5) Betten, Anm. zu BGH, Beschluß vom 13.12.1999, AZ X ZB 11/98 -Logikverifikation- in GRUR 2000,498(502) (6) Schäfers, GRUR 1999, 820 ff. (7) Mit anderer Begründung BGH, Beschluß vom 22.06.1976, AZ X ZB 23/74= BGHZ 67,22(32) -Dispositionsprogramm- (8) siehe BGH, Beschluß vom 11.05.2000, AZ X ZB 15/98 = JurPC, Web-Dokument 137/2000, Abs. 16 (9) Mellulis, GRUR 1998, 843 (10) Rehbinder, Urheberrecht, 9. Aufl. (1996), § 3.IV, S. 26 (11) Schwarze-Reiflingen, Musik-ABC, 12. Aufl. (1949), Sp. 343-344 (12) vgl. Veröffentlichung des Code de la Propriètè Intellectuelle, UFITA 125(1994), 231 (13) Rehbinder, a. a. O., § 4.V., S. 34 (14) für die Bundesrepublik: BGBl 1974, Teil I, S. 165 u. 1079 ff. (15)Berichterstattung zum Stand der Beratungen für die europäische Harmonisierungsrichtlinie z. B. "Welt", Web-Wirtschaft, 07.09.2000, S. 12, "Frankfurter Allgemeine Zeitung", Wirtschaft, 26.05.2000, S. 14 (16) wohl so zu verstehen: Däubler-Gmelin, ZUM 1999, 769 ff. (17)Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, 2. Aufl. (1999), § 2, RN 194 (18) BGH, Urteil vom 03.07.1964, AZ I ZR 146/62=GRUR 1965, 45(47) -Stadtplan- (19)Schricker-Loewenheim, a.a. O, § 2, RN 12 und 15 (20) etwa bei Bandermann in: Ullmanns Encyklopädie der technischen Chemie, Bd. V, S. 41 (42) (21)BGH, Urteil vom 28.05.1998, AZ I ZR 81/96=BGHZ 139, 68(74) -Stadtplanwerk- (22) Fromm/Nordemann/Vinck, Urheberrecht, § 2, RN 9 (23) BGH, Urteil vom 20.11.1986, AZ I ZR 160/84= GRUR 1987, 360(361) -Werbepläne- (24) BGH, Urteil vom 12.03.1987, AZ I ZR 71/85=GRUR 1987, 704(705) -Warenzeichenlexika- (25) BGH, Urteil vom 28.05.1998, AZ I ZR 81/96=BGHZ 139, 68(72) -Stadtpanwerk- (26)BGH, Urteil vom 02.07.1987, AZ I ZR 232/85=GRUR 1988, 33(35) -Topographische Landeskarten- (27) Twaroch, Medien und Recht, 1992, 183(185ff.) (28)Schricker-Loewenheim, a. a. O., § 2, RN 132 (29) G. Schulze, Kleine Münze, S. 1 ff., dazu kritisch: Rehbinder, a. a. O., § 6.I.1.b, S. 45 (30) BGH, Urteil vom 03.07.1964, AZ I ZR 146/62=GRUR 1965, 45(47) -Stadtplan- (31)Rehbinder, a. s. O., § 11.II.2., S. 87 (32)Junker, JurPC, Web-Dokument 69/1999, Abs. 8 (33) Rehbinder, a. a. O., § 3.IV.1, S. 23-24 (34) Schricker-Wild, a. a. O., § 97, RN 50 (35) LG Berlin, Urteil v. 30.05.1989, AZ 16 O 33/89 = GRUR 1990, 270 -Satellitenphoto- (36) Fromm/Nordemann/Vinck, a. a. O., § 43, RN 2 (37) Wandte, Rechte der Urheber und ausübenden Künstler im Arbeits-und Dienstverhältnis, 1993, RN 362-366 (38) Rehbinder, a. a. O., § 41.II.2., S. 226 (39) Rehbinder, a. a. O., § 41.II.2, S. 227 (40)Schricker-Rojahn, a. a. O., § 43, RN 49 (41)Schricker-Schricker, a. a. O., § 31/32, RN 5 (42) LG Berlin, GRUR 1990, 270 -Satellitenphoto- (43) BGHZ 37, 1(6,9) -AKI-, Maaßen, ZUM 1992, 338(339) (44) OLG Hamburg, ZUM-RD 1997, 217(219,221) -Nachahmung einer Photographie- (45) Dreher-Tröndle, Strafgesetzbuch, 47. Aufl. (1995), § 109g, RN 5 (46) aus der Tagespresse etwa: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 17.07.1998, -Immobilienmarkt, , S. 41 (47) GRUR Int. 1996, 806 ff. (48) Schweitzer, Staatsrecht III, 6. Aufl (1997), RN 344-345 (49)EuGH, Slg. 1991, I-5357 ff. -Francovich- (50)EuGH in EuZW 1996, 654 ff. -Dillenkofer- (51)Dies ausdrücklich betonend: KG, Urteil vom 09.06.2000, AZ 5 U 2172/00 (52) BGH in GRUR 1988, 33(35) -Topographische Landeskarten- (53)Katzenberger, GRUR 1972, 686(693) (54)Ensthaler, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Teil E, 4.3.2, S. 222-223 (55) BGH, Urteil vom 22.01.1952, AZ I ZR 68/52=BGHZ 5, 1(10) -Hummelfiguren- (56)Rittner, Wettbewerbs-und Kartellrecht, 5. Aufl. (1995), § 2, RN 9, S. 31 (57) Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 11. Aufl. (1997), § 17, RN 1, (58) in dieser Richtung wohl auch zu verstehen: VGH BW, Urteil v. 10.06.1998, AZ 10 S 58/97=NVwZ 1998, 987-990 (59) BVerfG, Urteil vom 15.12.1983, AZ 1 BvR 207/83 u. a.=BVerfGE 65, 1(insbes. 42 ff.) (60)VG Karlsruhe, Beschluß vom 11.12.1999, AZ 2 K 2911/99=NJW 2000, 2222-2224, OLG Karlsruhe, Urteil vom 16.03.2000, AZ 4 U 145/99=ZMR 2000, 522-526 |
* Dr. rer. nat. Jan Fritz Geiger ist Diplomphysiker und Rechtsreferendar und Mitarbeiter am Institut für Rechtsinformatik, Bürgerliches Recht und Rechtstheorie von Prof. Dr. Maximilian Herberger an der Universität des Saarlandes. Der vorliegende Beitrag ist das Manuskript eines Vortrages, der auf der Tagung "GIS ohne Grenzen - Geographische Informationssysteme für Europa" gehalten wurde, die vom 04.10. - 06.10.2000 in der Europäischen Akademie Otzenhausen stattfand. |
[online seit: 05.06.2001] |
Zitiervorschlag: Autor, Titel, JurPC Web-Dok., Abs. |
Zitiervorschlag: Geiger, Jan Fritz, Geoinformation als immaterielles Rechtsgut - JurPC-Web-Dok. 0070/2001 |