JurPC Web-Dok. 254/2000 - DOI 10.7328/jurpcb/20001512240

Dieter Meurer *

Rezension: Ulrich Sieber, Verantwortlichkeit im Internet

JurPC Web-Dok. 254/2000, Abs. 1 - 5


Ulrich Sieber,
Verantwortlichkeit im Internet: technische Kontrollmöglichkeiten und multimediarechtliche Regelungen;
C.H. Beck München 1999,
XXIV,
354 Seiten,
78,- DM.
Schlagworte wie WorldWideWeb, Internet und Multimedia sind in aller Munde. Kaum ein Unternehmen glaubt, ohne eigene Website auskommen zu können, es gibt online-Rechtsberatung; jedes Nachrichtenmagazin, jede Zeitschrift, die etwas auf sich hält, ist inzwischen im Internet vertreten. Doch vielfach kann man sich des Eindrucks kaum erwehren, daß nicht jeder versteht, worüber er spricht. Gelegentlich wird das Internet auch als Hort des Bösen, der Heimstatt Pädophiler und Rechtsradikaler ausgemacht, dem dringend Einhalt geboten werden müßte. Auch unter Juristen ist die Kenntnis über Chancen, Risiken und den verantwortungsvollen Umgang mit den neuen Medien nicht gerade weit verbreitet. Siebers neues Buch bietet eine ebenso interessante wie unterhaltsame Möglichkeit, sich in die Materie technischer Kontrollmöglichkeiten und multimedialer Regelungen einzuarbeiten. JurPC Web-Dok.
254/2000, Abs. 1
Im Mittelpunkt der Darstellung steht die 1997 mit dem Teledienstegesetz und dem Mediendienste-Staatsvertrag geschaffene Verantwortlichkeitsregelung. Sie hat nicht nur Bedeutung für die in den Boulevardmagazinen deutscher Privatsender immer wieder gerne hervorgehobenen Möglichkeiten zur Verbreitung von Kinderpornographie und gewaltverherrlichender Äußerungen. Auch für Urheber-, Marken- und Wettbewerbsrechtsverletzungen haben die rechtlichen Regelungen wegen ihrer straf- und zivilrechtlichen Sanktionen erhebliche Auswirkungen.Abs. 2
"Verantwortlichkeit im Internet" führt zunächst in die technischen Grundlagen ein, deren Kenntnis unerläßliche Voraussetzung für das Verständnis multimedialer Regelungen ist. Mit anschaulichen Beispielen wird aufgezeigt, daß Kontrollmöglichkeiten auch dort, wo sie vorhanden bzw. einsetzbar sind, letztlich scheitern: Die Informationsflut von 14 Millionen Newsartikeln allein in einem Monat kann kein Mensch nach strafbaren Inhalten durchforsten. Maschinelle Filter kommen derweil zu kuriosen Ergebnissen: Eine von amerikanischen Providern versuchte Sperrung von Newsgroupartikeln, die das Wort "breast(s)" enthielten, verhinderte nicht nur die Verbreitung eines leckeren Kochrezepts für "chicken breast", sondern rief auch den Unmut krebskranker Frauen hervor, die sich in einer entsprechenden Newsgroup über ihre Erfahrungen mit Brustkrebserkrankungen austauschten. Abs. 3
Umfassend führt Sieber in das System der Verantwortlichkeitsregelung und -begrenzung der §§ 5 TDG/MDStV ein. Die fehlende Detailregelung der Normen zeige sich dabei nicht als Nachteil, sondern als deren Vorteil, da sie so weniger anfällig für technische Veränderungen seien. § 5 TDG könne daher im Grundsatz als gelungene Lösung bezeichnet werden. Rechtsvergleichende Analysen beleuchten unterschiedliche Regelungsansätze und Entwicklungen eigenständiger Normen für elektronische Kommunikationsdienste. Ein Ausblick auf zukünftige Regelungen und Perspektiven zeigt Entwicklungschancen in der Informationsgesellschaft auf.Abs. 4
Mit der bislang ausführlichsten Darstellung der neuen Verantwortlichkeitsregelungen bietet Sieber ein Kompendium des Medienrechts im Internet, das in keiner medienrechtlichen Bibliothek fehlen darf.
JurPC Web-Dok.
254/2000, Abs. 5
* Dr. Dieter Meurer ist Professor für Strafrecht, Strafprozeßrecht und Rechtsphilosophie und Direktor des Instituts für Kriminalwissenschaften an der Philipps-Universität Marburg. Er ist daneben Vorsitzender Richter am LG Marburg.
[online seit: 18.12.2000]
Zitiervorschlag: Autor, Titel, JurPC Web-Dok., Abs.
Zitiervorschlag: Meurer, Dieter, Rezension: Ulrich Sieber, Verantwortlichkeit im Internet - JurPC-Web-Dok. 0254/2000