JurPC Web-Dok. 52/2000 - DOI 10.7328/jurpcb/200015563

Über die Erfahrungen der Bundestagsabgeordneten mit E-Mail

- Auswertung einer von JurPC durchgeführten Umfrage unter den in der Online-Liste der Bundestagsverwaltung vertretenen Abgeordneten, Stand: Ende Februar 2000 -

JurPC Web-Dok. 52/2000, Abs. 1 - 22


Vorbemerkung:
Der nachfolgende Bericht gibt den Stand von Ende Februar 2000 wieder. Mittlerweile hat sich die Gestaltung der Internetseiten des Deutschen Bundestages insofern geändert, als nun keine tabellarische Liste der Abgeordneten mit Homepage und E-Mail mehr im Internet eingestellt ist, sondern nur noch eine Liste der Abgeordneten mit Homepage. Zu jedem in der "neuen" Liste aufgeführten Abgeordneten gibt es eine Seite mit den persönlichen Daten, darunter auch die E-Mail Adresse. Laut der neuen Aufstellung gibt es nun mehr Abgeordnete mit E-Mail Verbindung (ca. 200) als in der früheren tabellarischen Aufstellung enthalten waren. JurPC wird dies zum Anlaß nehmen die Umfrage zu gegebener Zeit zu wiederholen, um einerseits den Kreis der Befragten zu vergrößern, andererseits zwischenzeitlich eingetretene Verhaltensänderungen im Umgang mit E-Mail erfassen zu können.
JurPC Web-Dok.
52/2000, Abs. 1

1. Idee und Ziel der Befragung

Unter der Adresse http://www.bundestag.de/mdb14/mdbinfo/mdblishe.htmwar im Internet (Stand: Ende Februar 2000) eine tabellarische Übersicht der Abgeordneten mit Homepage und E-Mail Adresse veröffentlicht. Nach Auskunft des Referenten für Öffentlichkeitsarbeit des Deutschen Bundestages verfügen zwar mittlerweile fast alle Abgeordnete über einen E-Mail Anschluß, die Bundestagsverwaltung veröffentlichte aber auf der o.a. Seite waren aber nur die E-Mail Adressen der Abgeordneten, die ihre Adresse hierfür freigegeben haben. Das waren 52 von insgesamt 669 Abgeordneten. Die Redaktion interessierte die Frage, wie das neue Medium von den Abgeordneten eingesetzt und bewertet wird. Die Abgeordneten wurden per E-Mail am 17.01.2000 über ihre Erfahrungen mit E-Mail anhand eines zur Orientierung beigefügten, sieben Fragen umfassenden Fragenkatalogs befragt. Es wurden folgende Fragen gestellt:Abs. 2
1.)Nutzen Sie die E-Mail Kommunikation überwiegend, um auf Anfragen zu reagieren oder nutzen Sie die E-Mail Kommunikation auch "aktiv", um sich beispielsweise selbst mit Informationen zu versorgen?
2.)Sind E-Mail-Anfragen häufiger als herkömmliche Briefanfragen oder wird diese Möglichkeit im Gegenteil noch kaum genutzt?
3.)Welche thematischen Schwerpunkte sind in E-Mail-Anfragen festzustellen?
4.)Unterscheiden sich diese Schwerpunkte von den Themen in herkömmlichen Briefanfragen?
5.)Glauben Sie nach Ihren bisherigen Erfahrungen, daß die E-Mail Kommunikation den Kontakt des Abgeordneten zum Bürger verbessern kann oder überwiegen nach Ihrem bisherigen Eindruck eher negative Implikationen?
6.)Wird das Instrument der E-Mail auch zur Kommunikation unter Abgeordneten eingesetzt bzw. ist dies in Zukunft vorstellbar?
7.) Empfinden Sie die E-Mail-Kommunikation als Arbeitserleichterung oder eher als Mehrbelastung?
Abs. 3
Bei der Befragung der Abgeordneten ging es nicht darum, ein repräsentatives Bild über den Einsatz der E-Mail seitens der Abgeordneten zu zeichnen. Dies müsste zwangsläufig bereits daran scheitern, dass der Redaktion die (intern gehaltenen) E-Mail Adressen sowie etwaige weitere privat genutzte E-Mail Adressen der Abgeordneten nicht bekannt waren und desweiteren davon auszugehen war, dass angesichts der Arbeitsbelastung der Abgeordneten nicht mit Antworten aller in der Liste verzeichneten Volksvertreter gerechnet werden konnte.Abs. 4

2. Statistisches

Von den 52 Abgeordneten in der Online-Liste sind 20 weiblich, 32 männlich. Nach Parteizugehörigkeit aufgeteilt, ergibt sich folgendes Bild:
ParteiGesamt-Abgeordnetee-Mail laut Online-Liste gesamtWeiblichMännlich
SPD29718711
CDU/CSU2451349
Bündnis 90/Grüne47101
F.D.P.43303
PDS371798
669522032
Abs. 5
Auffällig ist, daß bei der PDS die E-Mail Verbindung überproportional häufig in der Online-Liste bekanntgegeben worden ist, während bei Bündnis 90/Grüne nur ein Abgeordneter dort verzeichnet ist. Abs. 6
Nach Altersgruppen ergibt sich folgendes:
Bis 29 J.30 - 39 J.40 - 49 J.50 - 59 J.60 - 69 J.Über 70 J.
BT-Gesamt: 9 BT-Gesamt: 109BT-Gesamt: 253BT-Gesamt: 275BT-Gesamt: 18BT-Gesamt: 5
410111881
Abs. 7
Von den 52 Abgeordneten der Liste mit E-Mail haben 34 ihren Wahlkreis in den alten Bundesländern, 18 in den neuen Ländern bei insgesamt 126 Abgeordneten aus den neuen Ländern (ohne Berlin).Abs. 8
Mit Stand vom 22.02.2000 haben 23 Abgeordnete entweder selbst oder über Ihre Büros geantwortet. Dabei orientierten sich alle Abgeordneten an dem übersandten Fragenkatalog. Abs. 9

3. Inhaltliche Auswertung

a.) Aktive oder reaktive Nutzung der E-Mail?

Bei der Frage, ob die E-Mail Kommunikation genutzt wird, um auf Anfragen zu reagieren oder selbst aktiv, um Informationen zu beschaffen, zeigte sich ein weitgehend einheitliches Bild. Von 21 Abgeordneten gaben 19 an, E-Mails sowohl aktiv als auch reaktiv zu nutzen, nur die Abgeordneten Hendricks und Mattischeck gaben an, E-Mail Kommunikation "reaktiv" bzw. "eher reaktiv" zu nutzen. Der Abgeordnete Brinkmann nutzt E-Mail "selbstverständlich ... auch zur allgemeinen Kommunikation, Recherchen, Anfragen etc.". Der Abgeordnete Martin Mayer nutzt E-Mails als Antwort auf eingehende E-Mails, zur internen Kommunikation zwischen seinen Büros in Berlin und Siegertsbrunn sowie zum Versand von Informationsmaterial an örtliche Mandatsträger in seinem Wahlkreis, außerdem, um Informationen einzuholen. Die Abgeordnete Dr. Knake-Werner nutzt E-Mail wie die normale Briefpost zur Beantwortung von Anfragen an das Büro, wie auch zur eigenen Informationsbeschaffung. Bei dem Abgeordneten Dr. Danckert stellt die Reaktion auf Anfragen bei externen Kontakten den größten Teil der Kommunikation dar. Bei der Informationsbeschaffung spielen nach seinen Angaben eher die Homepages der Institutionen eine Rolle, sofern auf diesem Wege eine Frage aber nicht zu klären sei, werde auch eine E-Mail abgesetzt. Die Häufigkeit dieser Art der Informationsbeschaffung betrage "allerdings höchstens 1 Mal pro Woche". Der Abgeordnete Simmertnutzt persönlich die E-Mail für "Recherchearbeit und Kommunikation zu BürgerInnen, Parteifreunden oder Institutionen/Verbänden, aber auch privat". Sein Büro nutzt die E-Mail zur Kommunikation mit der Fraktion für Anfragen, Recherche etc. Der Abgeordnete Goldmann nutzt E-Mail vor allem zu Beantwortung von Anfragen, die per E-Mail eingehen, Kommunikation zwischen Wahlkreisbüro und Bundestagsbüro, Kommunikation zwischen Bundestagsbüro und Landesgeschäftsstelle der Partei. Der Abgeordnete Glosernutzt E-Mail nach eigenen Angaben in"eingeschränktem Umfang, aber mit steigender Tendenz", während die Abgeordnete Mascher E-Mail "in der Regel zur internen Kommunikation" einsetzt. Der Abgeordnete Klaus Holetschek sowie seine Mitarbeiter nutzen E-Mail sehr häufig. Sie reagieren dabei nicht nur auf eingegangene Anfragen, sondern setzen E-Mail zur Informationsbeschaffung "inner- wie auch außerhalb des Deutschen Bundestages" ein. Die Abgeordnete Lötzer nutzt E-Mail auch aktiv, um sich mit Informationen zu versorgen, daneben als Kommunikationsmittel zur Verständigung über Inhalte oder Termine, um andere mit Informationen zu versorgen und als Verteiler für regelmäßige Informationen. Das Büro des Abgeordneten Fink nutzt E-Mail im Auftrag des Abgeordneten bei der Erledigung der im Arbeitsgebiet anfallenden Aufgaben auch "aktiv" für Nachfragen und zum Erhalt von Informationen. Der Abgeordnete Hoyer nutzt E-Mail "sehr gerne auch aktiv". Der Abgeordnete Dr. Westerwelle beantwortet Anfragen auf digitalem Wege und "beschafft ... (sich)... zunehmend Informationen aus dem Internet."Abs. 10

b.) Häufigkeit von E-Mail-Anfragen im Vergleich zu Briefpost-Anfragen

Auf die Frage, ob E-Mail-Anfragen im Vergleich zu herkömmlichen Briefpostanfragen häufiger seien, wurde überwiegend geantwortet, daß zwar Briefpost-Anfragen (noch) häufiger seien, die E-Mail-Anfragen aber stark zunehmen. Bei einzelnen Abgeordneten überwiegen jedoch bereits jetzt die E-Mail-Anfragen.Abs. 11
Der Abgeordnete Brinkmann äußerte sich dahingehend, dass das neue Kommunikationsmittel immer häufiger genutzt werde. Auch Anfragen aus dem Wahlkreis kämen mittlerweile per E-Mail häufiger als mit Briefpost. Der Abgeordnete Gröheteilte mit, dass bisher die herkömmlichen Briefanfragen noch vorne lägen, die E-Mail-Anfragen aber zunähmen. Ähnlich antwortete der Abgeordnete Martin Mayer. Bei der Abgeordneten Dr. Hendrickssind E-Mail-Anfragen seltener. Im Büro der Abgeordneten Dr. Knake-Werner überwiegt die Briefpost momentan noch gering, die Mails nähmen aber zu. Im Wahlkreisbüro des Abgeordneten Dr. Danckert machen Briefpostanfragen nach wie vor den größten Teil aus. Es falle auf, dass "insbesondere junge Menschen sich gerne der E-Mail bedienen, z.B. Schüler, wenn es um den Politikunterricht geht oder um den Schüleraustausch des parlamentarischen Patenschaftsprogramms". Ansonsten gingen E-Mails mit weit gestreuten Themen ein, z.B. dass jemand mit einer bundesrechtlichen Regelung nicht einverstanden ist und seine Meinung gleich allen mit E-Mail erreichbaren Mitglieder des Bundestages mitteilen will. Der Abgeordnete Simmert konnte die Frage nicht generell beantworten. Das E-Mail Aufkommen seines Büros sei verglichen mit anderen Büros hoch, da er als jugendpolitischer Sprecher seiner Fraktion sehr viel mit jungen BürgerInnen kommuniziere. Bei Betrachtung der allgemeinen Anfragen liege das Aufkommen bei E-Mails (von täglichen Schwankungen abgesehen) höher als bei der normalen Briefpost. Der Abgeordnete Goldmann äußerte, dass Briefpostanfragen noch in der Mehrzahl seien. Bei der Abgeordneten Mattischeck gibt es noch deutlich weniger E-Mail-Anfragen, aber die Tendenz sei steigend. Das Büro des Abgeordneten Dr. Gysi teilte mit, daß das Verhältnis von Briefpostanfragen zu E-Mail-Anfragen ungefähr 4:1 sei, mit steigender Tendenz der E-Mails. Im Büro des Abgeordneten Scheer sind E-Mail-Anfragen nicht häufiger als Briefpostanfragen, nehmen aber zu. Für das Büro der Abgeordneten Jünger halte sich das Verhältnis in etwa die Waage mit eventuell ganz leichter Dominanz der Briefpost. Der Abgeordnete Gloser äußerte, dass Briefanfragen immer noch häufiger seien als E-Mail-Anfragen, letztere aber mit steigender Tendenz. Im Büro der Abgeordneten Mascher ist die normale Post häufiger, der Anteil von E-Mails steige. Auch bei dem Abgeordneten Holetschek werden häufiger Briefpostanfragen eingereicht. Es komme aber des öfteren vor, dass E-Mail-Anfragen an ihn gerichtet würden. Im Büro des Abgeordneten Dr. Brauksiepe ist das Verhältnis von Briefpost- und E-Mail-Anfragen 1:1. Im Büro der Abgeordneten Luft überwiegen hingegen die Briefanfragen. Dies sieht wiederum im Büro der Abgeordneten Lötzer anders aus, denn dort werden E-Mail-Anfragen häufiger genutzt als Briefpostanfragen. Im Büro des Abgeordneten Zumkley ist festzustellen, dass E-Mail-Anfragen immer häufiger genutzt werden. Insbesondere offene Briefe an eine große Zahl von Empfängern würden sehr oft schon als E-Mails verschickt. Das Büro des Abgeordneten Fink teilte mit, dass E-Mail-Anfragen zunehmen. Eine genaue Statistik liege nicht vor. Geschätzt lasse sich sagen, dass die per E-Mail eingehende Post einen ähnlichen Umfang wie die traditionelle Post habe. Mitunter kämen die Sendungen auch (zur Sicherheit) auf beiden Wegen. Die Anfragen von Bürgern seien geringer als diejenigen von Organisationen und Einrichtungen. Diese hätten eher die technischen Voraussetzungen. Auch innerhalb der Fraktion der PDS werde die E-Mail langsam zum bevorzugten Informationsmedium gegenüber Fax und Post. Der Abgeordnete Meister antwortete, dass die herkömmlichen Kommunikationswege (Brief, Telefon, Fax) immer noch eindeutig überwiegen. Die Anzahl der E-Mail-Anfragen wachse deutlich. Beim Abgeordneten Hoyer überwiegt noch die herkömmliche Korrespondenz. Ebenso sieht es beim Abgeordneten Dr. Westerwelle aus, wo herkömmliche Anfragen überwiegen, aber die Anzahl der E-Mail-Anfragen kontinuierlich zunimmt.Abs. 12

c.) Thematische Schwerpunkte der E-Mail-Anfragen im Vergleich zu Briefpostanfragen

Die Antworten zu den Fragen 3 und 4 des Fragenkatalogs lassen keine einheitliche Tendenz feststellen. Wenn überhaupt, kann man allenfalls resümieren, dass in E-Mail-Anfragen eher aktuelle politische Themen oder "moderne" Themen (z.B. mit Technikbezug) aufgegriffen werden. Abs. 13
Der Abgeordnete Brinkmann äußerte, dass es eher "moderne Themen wie Umwelt, Bioethik-Konvention, Energie etc." seien, die über E-Mail nachgefragt werden. Auch Arbeitsloseninitiativen benutzten E-Mail immer häufiger. Nach Auffassung des Abgeordneten Gröhe ist der Schwerpunkt der E-Mail-Anfragen "technischer Natur, d.h. die Absender wollen Unterlagen, Parteiprogramme oder sonstige Informationen abrufen". In Briefanfragen werde eher ausführlich argumentiert. Der Abgeordnete Martin Mayer teilte mit, dass bei Themen, "die das Internet betreffen, die Briefe ausschließlich per E-Mail" kämen. Es sei außerdem zu beobachten, dass bei sehr aktuellen Themen, bei denen die Bürger auf bestimmte Medienmeldungen reagieren, zunehmend die E-Mail genutzt werde. Nach Ansicht des Büros der Abgeordneten Dr. Hendricks sind Schwerpunkte der E-Mail-Anfragen nach Bildautogrammen und Selbstdarstellungen, die Schwerpunkte unterschieden sich von Briefpostanfragen. Demgegenüber äußerte das Büro der Abgeordneten Dr. Knake-Werner, dass man einen Schwerpunkt nicht feststellen könne und auch kein Unterschied zu Briefpostanfragen festzustellen sei. Das Wahlkreisbüro des Abgeordneten Dr. Danckert konnte die Schwerpunkte Familie und Jugend, persönliche Probleme und Ideen (z.B. ein privat erdachtes Verkehrskonzept, Anfrage eines Soldaten, der sich benachteiligt fühlt, etc.) sowie Verkehr ausmachen. Diese Themenschwerpunkte unterschieden sich auch von herkömmlichen Briefpostanfragen, weil die Klientel der E-Mail Nutzer jünger sei. Zudem gehe es eher um kurze Statements und nicht die klassische Eingabe an den Abgeordneten mit Schilderung von Behörden-Problemen und 25 Kopien als Anlage, der Ansprechpartner werde bei der E-Mail weniger wahlkreisspezifisch ausgewählt, so dass auch durchaus E-Mails aus anderen Bundesländern eingingen, mit anderen Schwerpunkten. Der Abgeordnete Simmert meinte, dass sich die aktuelle Medienberichterstattung über politische Ereignisse eher auf E-Mails als auf Brief-Anfragen niederschlage. Ansonsten beträfen die Anfragen generell Bündnis 90/Grüne und seine Arbeitsschwerpunkte. Nach Ansicht des Abgeordneten Goldmann sind, abgesehen von Anfragen, die sich mit modernen Kommunikationsmitteln beschäftigen und die auschließlich über E-Mail kommen, keine besonderen Schwerpunkte festzustellen. Die Themen der Anfragen seien breit gestreut ebenso wie bei herkömmlichen Briefen, meinte die Abgeordnete Mattischeck. Die eingehenden Mails beschäftigten sich aber meist mit ganz aktuellen politischen Ereiegnissen. Das Büro des Abgeordneten Dr. Gysi teilte mit, dass die Themen der Mails das gesamte Spektrum der politischen Diskussion in unserer Gesellschaft widerspiegelten. Der markanteste Unterschied zwischen Mails und Briefpost sei, dass Briefeschreiber "schneller zum Punkt kommen" und konzentrierter formulierten, während etwa ein Drittel der Mails offensichtlich von Surfern käme, die sich mehr oder weniger zufällig bei der PDS meldeten und nach dem Motto "was ich schon immer mal sagen wollte" alles Mögliche zum Besten gäben. Dieser Teil der Mail gehe jedoch kontinuierlich zurück. Nach Einschätzung des Büros des Abgeordneten Scheer gebe es keine thematischen Schwerpunkte, alle Themen würden quer durch behandelt, es hänge von der technischen Verfügbarkeit "und - sicherlich statistisch - vom Alter des Absenders ab". Ein Unterschied zur Briefpost sei nicht festzustellen. Die Abgeordnete Jünger konnte keine thematischen Schwerpunkte und auch keine Unterschiede zur Briefpost ausmachen. Der Abgeordnete Gloser stellte fest, dass es sich bei Mails meist um Serienbriefe handele, die einen bestimmten Themenkomplex umfassten. Überwiegend seien es aktuelle politische Themen. Unterschiede zwischen E-Mail und Briefen seien gelegentlich nur stilistischer Art. Das Büro der Abgeordneten Mascher konnte keine thematischen Schwerpunkte und auch keine Unterschiede zwischen E-Mail und Briefpostanfragen feststellen. Demgegenüber geht es nach Einschätzung des Abgeordneten Holetschek in E-Mails meist um allgemeine politische, meistens aktuelle Themenbereiche, zu denen Fragen gestellt werden (Beispiel: CDU-Spendenaffäre). Unterschiede zwischen E-Mail und Briefpostanfragen seien nicht feststellbar. Das Büro des Abgeordneten Dr. Brauksiepe konnte keine Schwerpunkte in E-Mail-Anfragen und auch keine Unterschiede zur Briefpost ausmachen. Nach Ansicht der Abgeordneten Luft sind bei E-Mails keine thematischen Schwerpunkte erkennbar, wobei die Themen der E-Mails vielfältiger seien. Bei Briefen hingegen wüssten die Absender offensichtlich weit öfter, womit sich die Abgeordnete beschäftige. Konträr dazu stehen die Erfahrungen der Abgeordneten Lötzer. Sie nannte als Hauptthemen der E-Mails Fragen zu politischen Schwerpunkten des Büros, inhaltliche Nachfragen, Anfragen nach Papieren und Stellungnahmen. Ein Unterschied zwischen E-Mail-Anfragen und Briefanfragen liege darin, dass die Briefanfragen eher allgemeiner Art seien oder sich mit bestimmten aktuellen Auseinandersetzungen und Gesetzentwürfen beschäftigten. E-Mail Kommunikation bestehe eher mit Leuten, die mit ihrer Arbeit im Bundestag vertraut seien und darüber kommunizieren wollten oder ihr Informationen zukommen lassen wollten oder Informationen anforderten. Für den Abgeordneten Zumkley sind keine thematischen Schwerpunkte der Mails erkennbar, auch seien keine Unterschiede zu Briefanfragen feststellbar. Das Büro des Abgeordneten Fink teilte mit, dass die Mails sich überwiegend mit den Aufgabengebieten des Abgeordneten als kultur- und wissenschaftspolitischer Sprecher befassten, darüber hinaus werde man mit einer Flut von Rund-Mails konfrontiert, die Standpunkte zu politischen Themen beziehen oder einfordern. Diese seien thematisch vielfältig, wobei ein Teil sich auf die neuen Medien, Internet u.a. beziehe. Die Frage nach den Unterschieden zwischen Mail-Anfragen und Briefpostanfragen sei ohne Analyse nicht zu beantworten. Die Unterschiede lägen wohl weniger im inhaltlichen Bereich als im Kreis der Absender, die eher jung, politisch engagiert und organisiert seien. Der Abgeordnete Meister konnte keine thematischen Schwerpunkte feststellen, auch nicht im Vergleich zur Briefpost, es würden grundsätzlich alle politisch relevanten Fragen aufgegriffen. Der Abgeordnete Hoyer antwortete, dass eher technische Fragen (Termine, Sachanfragen etc.) überwiegen, darüber hinaus mehr Spontanäußerungen zu aktuellen politischen Fragen in E-Mail-Form. Dr. Westerwelle äußerte, dass es bei E-Mail-Anfragen genau wie bei Briefanfragen um die unterschiedlichsten Themen gehe, derzeit seien es viele Anfragen zu den Skandalen von CDU und SPD, aber allgemein wiesen die Themen eine große Bandbreite auf.Abs. 14

d.) Verbesserung des Kontakts Bürger - Abgeordneter durch E-Mails?

Bei den Antworten zu der Frage, ob durch E-Mails der Kontakt zwischen Bürger und Abgeordneten verbessert werden kann, überwogen die Meinungen, die eine Verbesserung des Kontakts bzw. eine Möglichkeit zur Verbesserung annahmen. Andere waren jedoch der Ansicht, dass E-Mail weder Verbesserung noch Verschlechterung, sondern nur eine zusätzliche Kommunikationsmöglichkeit sei, während eine dritte Gruppe negative Auswirkungen im Vordergrund sah, weil die Kommunikation "beliebig" werde und die Gefahr bestehe, dass Abgeordnete mit Rund-Mails überhäuft würden. Abs. 15
Für den Abgeordneten Brinkmann ist E-Mail eine eindeutige Verbesserung der Kommunikation. Der Abgeordnete Gröhe meint hingegen, dass es weder Verbesserung noch Verschlechterung sei, sondern die Form der E-Mail die herkömmliche Form einfach nur ersetze. Demgegenüber verweist der Abgeordnete Martin Mayer auf die einfache Handhabung der E-Mail und ist daher der Ansicht, dass E-Mail eine Verbesserung des Kontaktes zum Bürger herstellt. Das Büro der Abgeordneten Dr. Hendricks hält die Kommunikation nicht für verbessert, sondern für "beliebig". Das Büro der Abgeordneten Dr. Knake-Werner bejahte die Frage nach einer Verbesserung im Hinblick auf die Möglichkeit der schnellen Beantwortung. Nach Auffassung des Büros des Abgeordneten Dr. Danckert kann E-Mail den Kontakt nur verbessern oder ihn gar nicht berühren (im Falle der Nichtbeantwortung der Mails). E-Mails seien für bestimmte Arten von Anfragen ideal, da kurze, formlose, schnelle Antworten möglich seien. Der Abgeordnete Simmert antwortete: "Grundsätzlich verbessert sich die Kommunikation zu den BürgerInnen. Deutlich sichtbar wurde dies durch die Berichterstattung über meine Offenlegung meiner Abgeordneten-Bezüge in der vergangenen Woche. Dort war es den BürgerInnen durch die eingerichtete E-Mail-Funktion auf meiner Homepage möglich, Fragen zum Sachverhalt direkt an mich zu stellen, die ich unmittelbar beantworten konnte. Die Reaktionen waren sehr positiv, da ich persönlich individuell und zeitnah Stellung nehmen konnte. Dabei ist allerdings zu bedenken: die Verbreitung von E-Mail ist leider immer noch auf einen bestimmten Bereich in der Bevölkerung begrenzt und immer noch ein Stück weit einkommensabhängig. Ein Thema, das in der Zukunft in der Politik (Stichwort Informationsgesellschaft) eine größere Rolle spielen muß und zwangsläufig auch wird". Für das Büro des Abgeordneten Goldmann birgt die E-Mail Kommunikation gute Chancen, den Kontakt zwischen Bürger und Abgeordneten zu verbessern. Hingegen meint die Abgeordnete Mattischeck, dass E-Mail den Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern nicht verbessern kann, da es noch ein ganz bestimmter Personenkreis sei, der die Kommunikation auf diese Weise suche. Es seien vorwiegend jüngere, meist männliche User mit den entsprechenden finanziellen Möglichkeiten, die sich per E-Mail an sie wendeten. Andere Bevölkerungsgruppen nutzten dieses Medium wenig bis überhaupt nicht. Das Büro des Abgeordneten Dr. Gysi sieht in E-Mails ein zusätzliches Medium der Kommunikation, das den Kontakt zu Bürgerinnen und Bürgern, die dieses Medium aktiv nutzen, verbessern kann. Das Büro des Abgeordneten Scheer ist der Auffassung, dass E-Mail die Kommunikation "in Grenzen verbessern" kann, es sei eine direkte Möglichkeit der Kommunikation, allerdings müsse auch die Gefahr gesehen werden, dass die Büros mit Rundmails "zugemüllt" würden. Die Abgeordnete Jünger wollte keine Festlegung treffen, E-Mail wirke aber unkomplizierter. Da E-Mail schneller und leichter geht, nicht formvollendet sein muß, könnte es durchaus mehr Kontakt ermöglichen. Der Abgeordnete Gloser sieht die Chance für eine Verbesserung der Kommunikation, es komme aber darauf an, wie man mit dem Medium umgehe. Für die Abgeordnete Mascher überwiegen negative Implikationen. Der Anteil der Massen-E-Mails, die nicht persönlich, sondern an alle Abgeordneten geschickt würden, sei sehr hoch. Der Abgeordnete Holetschek ist der Ansicht, dass in der zukünftigen Informations- und Kommunikationsgesellschaft E-Mail den Kontakt alleine schon deshalb entscheidend verändern wird, weil das für viele Bürger oft mühselige Verfassen von Briefen wegfalle. Briefe und Anfragen per PC zu verfassen, sei um einiges leichter, abgesehen von dem zeitlichen Vorteil. Das Büro des Abgeordneten Dr. Brauksiepe sieht eine Verbesserung der Kommunikation als "sicherlich möglich" an. Die Abgeordnete Luft sieht ebenfalls eine Verbesserung des Kontakts. Das sieht auch die Abgeordnete Lötzer so. Für das Büro des Abgeordneten Zumkley wird der Kontakt insofern verbessert als er einfacher und unkomplizierter wird. Das Büro des Abgeordneten Fink ist der Ansicht, dass E-Mail den Kontakt mit jenen Bürgern verbessert, die über die Möglichkeit dazu verfügen. Darin liege das Problem. Die Möglichkeit bestehe zur Zeit noch nur für einen begrenzten Personenkreis. Der Abgeordnete Meister sieht in E-Mails eine Ergänzung der Kommunikation. Der Kontakt könne beschleunigt und vereinfacht werden. Allerdings dürften die Erwartungen der Nutzer nicht überdehnt werden, um nicht nicht-erfüllbare Erwartungen zu erzeugen. Das Zeitbudget der Abgeordneten ändere sich auch in der E-Mail Zeit nicht. Der Abgeordnete Hoyer sieht die Kommunikation "schneller, aktueller, spannender, lebhafter". Man müsse aber auch den Mut haben, "Mist in den elektronischen Papierkorb" zu werfen. Dr. Westerwelle sieht die Chancen einer Verbesserung des Kontaktes, insbesondere junge Menschen nutzten das Internet, um mit den Abgeordneten Kontakt aufzunehmen. Abs. 16

e.) E-Mail als (internes) Kommunikationsinstrument unter Abgeordneten

Bei den Antworten auf die Frage, ob E-Mail als internes Kommunikationsinstrument unter Abgeordneten eingesetzt wird bzw. dies vorstellbar ist, war eine überwiegende Tendenz dahin festzustellen, dass E-Mail immer häufiger unter den Abgeordneten zum Einsatz kommt. Nur wenige Abgeordnete äußerten sich dahingehend, dass der Einsatz von E-Mail unter den Abgeordneten noch wenig verbreitet sei.Abs. 17
Der letztgenannten Auffassung war der Abgeordnete Brinkmann, der bedauerte, dass es "leider immer noch wenige" Abgeordnete seien, die dieses Medium nutzen. Demgegenüber teilte der Abgeordnete Gröhe mit, dass E-Mail unter Abgeordneten schon eingesetzt werde. In dieselbe Richtung ging die Antwort des Abgeordneten Martin Mayer, der auf einen zunehmenden Einsatz von E-Mail unter Abgeordneten hinwies. Auch die Abgeordneten Dr. Hendricks und Dr. Knake-Werner bejahten die Frage nach dem E-Mail Einsatz. Das Büro des Abgeordneten Dr. Danckert verwies darauf, dass E-Mail zwischen den Büros des Abgeordneten eingesetzt werde, zwischen den Abgeordneten auch, aber "spärlich". Als Grund hierfür gab er an, dass durch Anfragen, Antworten, Kontakte etc. fallbezogene, manchmal umfangreiche Akten entstünden. Wenn diese an einen anderen Abgeordneten weitergereicht werden sollen, sei E-Mail "doch ein wenig aufwendig". Der Abgeordnete Simmert bejahte die Frage nach dem E-Mail Einsatz unter Abgeordneten und präzisierte, dass dies vor allem in der Fraktion und darüber hinaus innerhalb der Partei geschehe. Der Abgeordnete Goldmann teilte mit, dass "seit einigen Wochen ... innerhalb der Fraktion Terminabsprachen auf diesem Weg koordiniert" werden. "Die E-Mails werden hier sicher auch künftig noch mehr Bedeutung bekommen". Die Abgeordnete Mattischeck bejahte die Frage. Das Büro des Abgeordneten Dr. Gysi antwortete, daß in der Fraktion der PDS das Instrumnent der E-Mails unter Abgeordneten wie Mitarbeitern gerne genutzt werde und ein zusätzliches, zum Teil sehr effektives Mittel der Kommunikation sei. "E-Mail und Intranet gehören inzwischen zum Alltag." Das Büro des Abgeordneten Scheer wird E-Mail "in zunehmendem Umfang" praktiziert, es sei schneller als faxen, vor allem für Dokumente und Rund-Mail-Infos. Die Abgeordnete Jünger setzt E-Mail "gern und häufig" ein. Allerdings hänge das mit der Bereitschaft der Abgeordneten und ihrer MitarbeiterInnen zusammen, sich mit dieser Technologie auseinander zu setzen. Es gäbe "durchaus auch im Bundestag Leute, die nicht wissen wie ein PC funktioniert und denen die Rohrpost technisch näher ist". Der Abgeordnete Gloser nutzt E-Mail auch zur Kommunikation mit Abgeordnetenkollegen. Auch die Abgeordnete Mascher bejahte die Frage nach der Nutzung der E-Mail zwischen den Abgeordneten. Der Abgeordnete Holetschek ist der Meinung, daß E-Mail die direkte Kontaktaufnahme zwischen den Abgeordneten nicht ersetzen könne, jedoch stelle es eine alternative Ergänzung dar, wenn es um komplexe Sachverhalte oder um den Austausch von Informationen gehe. Der Abgeordnete Brauksiepe bejahte die Frage, schränkte aber ein, daß die Kommunikation nur zwischen den Büros bestehe. Die Abgeordnete Luft teilte mit, dass die E-Mail Kommunikation im Verhältnis zu den Briefen überwiege. Die Abgeordnete Lötzer hält eine intensivere Nutzung für "sinnvoll und erstrebenswert". Der Abgeordnete Zumkley setzt E-Mail "immer öfter" ein. Das Büro des Abgeordneten Heinrich Fink teilte mit, dass E-Mail jetzt schon ein Instrument der Kommunikation unter Abgeordneten sei, jedenfalls innerhalb der Fraktion - wobei das arbeitsorganisatorisch zumeist über die MitarbeiterInnen der Abgeordneten laufe. Der Abgeordnete Meister nutzt auch "diese Form der Binnen-Kommunikation, wenngleich auch mit dem Schwerpunkt 'Gruppenkommunikation' (Ersatz von schriftlichen Einladungen etc.) weniger in der one-to-one-Kommunikation". Allerdings müsse die technische Voraussetzung in den Büros noch verbessert werden, um es effizient nutzen zu können. Eine weitere Voraussetzung sei, dass alle Abgeordneten zeitnah mitarbeiteten. Der Abgeordnete Hoyer bejahte die Frage. Der Abgeordnete Dr. Westerwelle meinte, die Kommunikation unter Abgeordneten laufe in den meisten Fällen im direkten Gespräch, das werde auch in Zukunft aufgrund des schnelleren und direkteren Austausches die bevorzugte Kommunikationsweise sein. In den Abgeordnetenbüros der F.D.P. würden allerdings organisatorische Fragen und Terminabsprachen über E-Mail geregelt. Abs. 18

f.) E-Mail als Arbeitserleichterung oder Mehrbelastung?

Mit der letzten Frage sollten die Einschätzungen der Abgeordneten hinsichtlich der Effizienz des neuen Mediums abgefragt werden. Wird E-Mail von den Abgeordneten als Erleichterung der Arbeit gesehen oder als Mehrbelastung? Bei den Antworten auf diese Frage überraschte ein wenig, dass nicht durchgängig die Erleichterung durch Wegfall von Papiervorlagen gesehen wurde, sondern zum Teil sowohl Erleichterung als auch andererseits Mehrbelastung angenommen wurde. Abs. 19
Der Abgeordnete Brinkmann hält E-Mail "unter dem Strich" für eine Arbeitserleichterung. So sieht es auch der Abgeordnete Gröhe "in vielen Fällen". Eine Mehrbelastung liegt sicherlich nicht vor, da die meisten Mails früher als Briefpost oder Fax gekommen wären. Der Abgeordnete Martin Mayer sieht auch die Erleichterung im Vordergrund, gab aber zu bedenken, dass "die technischen Voraussetzungen im Deutschen Bundestag für eine Arbeit an zwei verschiedenen Orten noch nicht optimal gelöst" seien. Die Abgeordnete Hendricks sieht hingegen "kein(en) Unterschied zur Briefpost". Die Abgeordnete Dr. Knake-Werner sieht die Arbeitserleichterung im Vordergrund, man spare eine Menge Papier, was dann wieder der Umwelt zugute komme. Allerdings bekomme man auch viel Post, die eigentlich nicht in ein Abgeordnetenbüro gehöre. Das Büro des Abgeordneten Dr. Danckert teilte mit, dass E-Mail eine Arbeitserleichterung insoweit sei, als bestimmte Anfragen nicht mehr auf dem Postweg kämen, sondern über E-Mails, was die Einsparung von Arbeitsschritten bedeute. Allerdings gebe es andererseits auch Anfrageneingang, der ohne E-Mail sicherlich gar nicht gekommen wäre (z.B. aus anderen Bundesländern). Dieser Mehraufwand lasse sich momentan noch gut verkraften. Der Abgeordnete Simmert antwortete, dass E-Mail auf der einen Seite eine Arbeitserleichterung sei, besonders durch seine Homepage, auf der alle Texte, Reden, Positionspapiere eingestellt seien, da das Büro bei Anfragen dann nur auf die Homepage hinweisen müsse. Gleiches gelte für die E-Mail Listen für die Verbreitung seiner politischen Aktivitäten. Auf der anderen Seite führe der Einsatz dieser Medien zu zwei zentralen Problemen: 1. Info-Overflow, sowohl er als Sender müsse genau abschätzen, wann, welche Information über welchen Kanal zu streuen sei, als auch sein Büro; er müsse mit kurzen Reaktionszeiten und mit E-Mail Schrott zurechtkommen. 2. Die Arbeitsbelastung steige teilweise erheblich, da die Reaktionszeiten verkürzt seien und es bei E-Mail natürlich eine Erwartungshaltung bezüglich kurzfristiger Informationsbeschaffung gebe. Seine Tagesroutine mache dies deutlich. Der 16-Stunden-Arbeitstag sei erst dann beendet, wenn er seine täglich eingegangenen E-Mails über diverse Adressen gesichtet und beantwortet habe. Der Abgeordnete Goldmann antwortete mit "sowohl als auch". Einerseits Erleichterung, weil die Kommunikation einfacher als per Brief erfolge, andererseits werde die Zahl der Anfragen sicher steigen. Auch die Abgeordnete Mattischeck sieht beide Aspekte. Arbeitserleichterung, weil Mitteilungen schnell und ohne große Umstände gemacht werden können. Mehrbelastung, weil dadurch noch mehr Anfragen zu beantworten seien als bisher und die Erwartung vorherrsche, dass die Anfragen sehr schnell bearbeitet würden. Das Büro des Abgeordneten Dr. Gysi sieht ebenfalls beide Aspekte. Was die innerfraktionelle Kommunikation anbelange, bringe E-Mail schon rein zeitliche Vorteile mit sich; Texte aus verschiedenen Gremien und Arbeitsgruppen seien jederzeit abrufbar und das eigene Büro könne umgehend und schnell Informationen an die Abgeordneten und/oder Mitarbeiter mailen. Was die E-Mail Kommunikation mit Bürgerinnen und Bürgern anbelange, wirke sie teilweise arbeitserleichternd, teilweise aber auch, vor allem was die Surfer anbetreffe, erschwerend und zeitraubend. Das Büro des Abgeordneten Scheer sieht ebenfalls beide Antworten als zutreffend, während die Abgeordnete Jünger eine "eindeutige Erleichterung" sieht. Der Abgeordnete Gloser meint, es werde dann zu einer Mehrbelastung, wenn eine Vielzahl von Massen-E-Mails eingingen, deren Beantwortung nicht in den eigentlichen Aufgabenbereich gehörten. Manchmal entstehe der Eindruck, dass man durch das neue Medium leichter alle Abgeordneten bedienen könne. Bei einem Massenbrief überlege sich der einzelne den Aufwand mehr als bei E-Mails. Das Büro der Abgeordneten Mascher sieht trotz des steigenden Anteils von Junkmails E-Mail aufgrund der Möglichkeiten für die interne Kommunikation als Arbeitserleichterung. Der Abgeordnete Holetschek sieht den Austausch per E-Mail als "weitaus einfacher und zeitsparender" an. E-Mail sei daher zweifellos eine Arbeitserleichterung. So sieht es auch das Büro des Abgeordneten Brauksiepe, wo die Kostenersparnis im Vordergrund gesehen wird. Auch die Abgeordnete Luft sieht eine Arbeitserleichterung. Ebenso sieht es die Abgeordnete Lötzer aufgrund des möglichen regelmäßigen Kommunikations- und Informationsaustauschs. Das Büro des Abgeordneten Zumkley sieht "in der Regel ... eine Arbeitserleichterung". Die zunehmende Anzahl von E-Mail-Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern von außerhalb des Wahlkreises sei jedoch auch eine gewisse Mehrbelastung, da diese jedesmal an den zuständigen Wahlkreis-Abgeordneten zwecks Beantwortung weitergeleitet werden müssten. Im Büro des Abgeordneten Heinrich Fink sieht man eine Arbeitserleichterung im Vordergrund im Vergleich zum umständlichen langsamen Postweg. Bei beidem - Post und E-Mail - sei allerdings eine Flut von Informationen, auch von Werbung, zu konstatieren, so dass die Sichtung und das Herausfiltern von Wesentlichem immer mehr Mühe bereite. Der Abgeordnete Meister erwartet künftig Arbeitserleichterungen durch E-Mail. Gegenwärtig sei es als zusätzlicher Kommunikationsweg noch eine Mehrbelastung. Der Abgeordnete Hoyer sieht eher eine Arbeitserleichterung mit der Einschränkung, dass (E-Mail)-"Mist in den elektronischen Papierkorb" gehöre. Der Abgeordnete Dr. Westerwelle sieht E-Mail als "deutliche Arbeitserleichterung".Abs. 20

4. Fazit und persönliche Einschätzung

Die Umfrage zeigt eine Momentaufnahme mit Stand von Ende Februar 2000. Es zeigt sich, dass die Kommunikation via E-Mail in vielen Abgeordnetenbüros noch in den Anfängen steckt und verlässliche Erfahrungen bzw. ein fester Workflow noch nicht bestehen. Als Belastung - dies wird wohl auch ein Grund dafür sein, warum nur 52 Abgeordnete in der offiziellen Liste des Bundestags verzeichnet waren - sehen viele Abgeordnete, dass die Tendenz zur Überschwemmung mit Rundmails oder inhaltlich nicht seriösen Anfragen von Gelegenheits-Surfern zunimmt. Überraschend waren die Antworten auf die Frage nach der E-Mail als Arbeitserleichterung deshalb insoweit, als hier der unbestreitbare Vorteil der Schnelligkeit des Mediums und der Papierersparnis teilweise von anderen Argumenten überlagert wurde. Soll E-Mail zu einer Verbesserung der Kommunikation führen, ist sicherlich neben der Schaffung optimaler technischer Voraussetzungen aus externer Sicht zweierlei notwendig: 1. Ein Umdenken bei allen Abgeordneten in dem Sinne, dass das neue Medium als eine mögliche Verbesserung angenommen und zu einem Routine-Arbeitsinstrument wird und 2. Die Einführung eines individuell zugeschnittenen und feststehenden Workflows (Trennung von Wichtigem und Unwichtigem, Arbeitsaufteilung zwischen Büro und Abgeordneten, Arbeitsaufteilung zwischen Bundestagsbüro,Wahlkreisbüro sowie Fraktion) für die Abarbeitung der Mails. Abs. 21
Im Saarland hat sich die Landesregierung zum Ziel gesetzt, demnächst eine erste "papierlose" Kabinettssitzung abzuhalten. Es bleibt abzuwarten, wann der Bundestag - zumindest in Teilbereichen - ebenfalls "papierlos" arbeiten wird.

(WK)
JurPC Web-Dok.
52/2000, Abs. 22
[online seit: 02.05.2000]
Zitiervorschlag: Titel, JurPC Web-Dok., Abs.
Zitiervorschlag: -WK-, Redaktion, Über die Erfahrungen der Bundestagsabgeordneten mit E-Mail - JurPC-Web-Dok. 0052/2000